Kunstbetrieb

Gestern war ich mit Freund M. auf einer Vernissage eines gemeinsamen Freundes. Ich hatte mich darauf schon gefreut, denn ich hatte seine früheren Bilder länger nicht gesehen und kannte die neuen noch nicht. Ich vermutete schon vorher, dass dort wahrscheinlich ein ganz spezielles Publikum auftauchen würde. Doch das Publikum war noch spezieller. Es waren richtig viele Alt-Toscanisten um die 60 da, die sich prompt nach der Rede auf den Shiraz und die Wurst- und Käsehäppchen stürzten. Sicherlich waren das die Stamm-
gäste der Galerie. Man trug entweder Leinen- oder bunt gemusterte Freizeithemden mit Sacco drüber. Untenrum Bundfalten, aus Stoff oder Jeans. Alles so Möchtegern-Karasek-
typen, irgendwie, jedenfalls die Männer. Karasek konnte ich übrigens noch nie leiden. Die Frauen passten auch richtig gut dazu, und sie bewachten den Wein fast noch schärfer als die Männer. Dabei war man überall damit beschäftigt, entweder jovial oder unterschwellig zynisch zu sein und Visitenkarten zu tauschen.

Das Erstaunliche für mich war dabei, dass ich tatsächlich auch einige Leute dort traf, die ich von Irgendwoher kannte. Einen ehemaligen Mitmusiker z.B., aber darüber habe ich mich gefreut. Wir laufen uns nämlich immer mal alle paar Jahre über’n Weg und erzählen uns dann im Schnelldurchlauf, was wir in der Zwischenzeit so gemacht haben und was wir jetzt so machen. Er möchte nämlich auch bald in dieser Galerie ausstellen. Dann haben wir Visitenkarten getauscht.

Außerdem habe ich einen Exfreund meiner Mutter erkannt (denn er sieht noch genauso aus wie vor dreißig Jahren), aber er mich nicht (ich seh’ nicht mehr so aus wie vor dreißig Jahren), einen ehemaligen Geschäftspartner (mit dem hätte ich eigentlich gleich einen hübschen Streit anfangen können, aber da wär’ vorher mehr von dem Shiraz nötig gewe-
sen) und ein paar Gesichter, die mir bekannt vorkamen, wahrscheinlich von ähnlichen Veranstaltungen.

Zum Glück war ich aber mit M. da, und es tauchte bald noch ein guter alter Freund von ihm auf, der immer genau so redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, was ich ganz erfrischend finde und mich selbst nur selten traue. M. traf auch noch einen früheren Pro-
fessor aus seiner Studierzeit wieder, der dann sehr sympathisch mit uns in der Gegend herumstand. Wir sprachen ein bisschen über die mit den Jahren zunehmende Unmög-
lichkeit, über Zäune zu springen. Bevor er und M. Visitenkarten tauschten.

Irgendwann hatte der liebe Künstler auch mal kurz Zeit, sich ein bisschen zu uns zu stel-
len und da konnte ich auch von Nahem sehen, was mir von Weitem schon aufgefallen war: Er war ganz zufrieden. Sicherlich lag das auch daran, dass an einigen Bildern schon rote Punkte klebten, und ich dachte die ganze Zeit: „Das gönn’ ich dem!“ Hoffentlich kommen da in den nächsten Wochen noch ein paar dazu.

In 14 Tagen gibt es in der Galerie noch ein „Künstlergespräch“, da muss er sich den Fra-
gen eines interessierten Publikums stellen. Ich hab’ zufällig mal erlebt, wie sowas vor sich gehen kann, und zwar anlässlich einer Ausstellung von Peter Basseler. Da waren lauter ehemalige Grundschullehrerinnen aufgetaucht, original mit Pottfrisuren und Häkelwesten. Sie verstanden seine Schaukästen irgendwie nicht, wollten andauernd Erklärungen von ihm und kamen ihm mit merkwürdigen Szenen aus der Literatur und so. Ich litt mit dem Künstler und gab gestern meiner Hoffnung Ausdruck, dass sowas dem guten C. dann nicht auch passiert. Schnell waren wir uns einig, dass es eventuell hilft, wenn er dann die Gesprächsrichtung ein bisschen vorgibt. Auf die Schnelle fielen uns ein: „Kurt Beck“ und „Die Spargelernte in Mecklenburg-Vorpommern“.

Ohrenkuss

„Rehe, das ist eine Seele mit vier Beinen und haben einen großen Hals und einen großen Kopf.“ (Tobias Wolf)

Diesen ganz wunderbaren Satz und noch viele weitere findet man auf der Webseite des Magazins „Ohrenkuss“. ohrenkuss_titel_heft20

Ich hatte von diesem Projekt schon vor einigen Jahren mal gelesen, damals öfter dort ge-
stöbert und dann, wie das eben manchmal so ist, rutschte es mir in den weniger aktiven Be-
reich des Hinterkopfes.

Bis neulich: ich lag so auf dem Sofa, und da war mittenmal ein Bericht darüber im Fernsehen, der mich glücklicherweise wie-
der daran erinnerte. – Und was ist denn nun ein „Ohrenkuss“?

Den hat jeder schon erlebt:

Man hört und sieht ganz vieles – das meiste davon geht zum einen Ohr hinein und sofort zum anderen Ohr wieder hinaus.

Aber manches ist auch wichtig und bleibt im Kopf – das ist dann ein Ohrenkuss.

Einen Ohrenkuss gibt es alle sechs Monate.

Und zwar seit inzwischen zehn Jahren als wunderbar gestaltetes Heft, das man über ein Abo beziehen kann. Auch auf der Webseite findet man einen großen Teil der Texte und ruckzuck ist beim Stöbern ein Stündchen vergangen, weil man sich mit Lust verspaziert hat.

Wer sind die Macher vom Ohrenkuss?

Mehr als 20 Personen machen beim Ohrenkuss-Team in Bonn mit:

Zwölf Personen mit Down-Syndrom schreiben die Texte.
Drei Personen begleiten die Menschen mit Down-Syndrom.
Drei Personen kümmern sich um das Geld und um das Verschicken der Hefte.
Mehrere Leute fotografieren für den Ohrenkuss.
Eine Person gestaltet den Ohrenkuss.
Eine Person macht das Stimm- und Kommunikationstraining.
Im Moment arbeiten mindestens vier Menschen an der Internet-Seite des Ohrenkuss.
Und fast vierzig Personen mit Down-Syndrom, die nicht in Bonn leben, schreiben Texte für den Ohrenkuss.

Das aktuelle Impressum findet sich übrigens hier.

Damit ist ja eigentlich alles erklärt?

Nee, da sollte man schon mal selber gucken! Ich sitze jetzt selbst wieder immer mal total durchgerührt vor dieser Webseite, und möchte Euch das ebenfalls ganz nah ans Herz legen. Die Texte sind kraftvoll, bildreich, überraschend, bewegend und witzig. Die Autoren schreiben sie entweder direkt selbst oder diktieren sie einem Assistenten. Es wird nicht korrigiert oder sonstwie drüber gefahren, nur in Form gebracht.

Jedes Heft behandelt ein Thema, und zwar von allen Seiten (zurzeit geht’s um das „Aben-
teuer Liebe“, aber ich empfehle unbedingt, auch mal ins Archiv zu schauen. Den Satz über Rehe findet man z.B. im Heft „Tiere“), die Fotos sind super und man sieht eigentlich schon auf den ersten Blick, wie viel Herzblut und Können im ganzen Projekt steckt. Und dann liest man sich fest…

Und hier noch ein paar Kostproben, bevor Ihr dort selber mal entdecken geht:

(Aus dem aktuellen Heft: „Abenteuer Liebe“ 20/2008):

Wie es ist

Kuscheln, streicheln und einen Freund.
Liebhaben ist schön, aber auch anstrengend.
Das ist so.

Mirco Kuball

Ich liebe Dich

Ich scheinken dir ein Herz mit Blumenstrauß
mit einen vogel über die Liebe ich will dich wieder sehen
ich will mit dir verabreden
ich will mit dir zusammen sein
ich will wieder mit dir einkaufen
ich will wieder liebe.
Viele Grüße für von Mädchen.
Ich liebe dich.

Verena Günnel

(Aus dem Heft „Tiere“ 12/2004):

Der Hahn krähte wie ein Berserker

Als die von dem großen trip von Bremen / es doch nicht klappte und schon dann schon schliefen erstmal / aber als einer von den Räuber kam und / und das feuer legen wollte / sprang auf ihm und spie und kratzte in seinem Gesicht / und dann der hund biss ihn dolle / so das er aufschrie / und irgentwie dann der Esel der ihm in den hintern vollekanne eins so richtig volle tritt / und dann der han der sehr laut krähte wie ein berserker / und der Räuber suchte sich das weite und dann schliefen sie weiter.

(Kaylynn)

Lächeln, bis der Arzt kommt.

Eben habe ich gelesen, dass beruflich verordnetes Lächeln krank macht.

Und das überrascht mich nun überhaupt nicht. Leider ist nicht zu befürchten, dass diese Nachricht die zuständigen Arbeitgeber bald erreichen wird, aber die müssen ja auch nicht zwangslächeln. Als repräsentative Gruppe wurden übrigens Stewardessen angegeben. Die können von der Lächelei Depressionen, zu hohen Blutdruck (wahrscheinlich bis zu 12.000 m) und Herz- Kreislaufprobleme bekommen. Die Armen. Sicher ist es noch ein Weilchen hin, bis das als Berufskrankheit anerkannt wird. Vorerst wird den Betroffenen empfohlen, sie sollten gelegentliche Pausen einlegen und sich dann zurückziehen.

Ich stelle mir also vor, wie sich die Stewardessen auf Flügen immer mal in einer winzigen Kabine zusammendrängen, um dort unter erleichtertem Seufzen wenigstens für ein Minüt-
chen ganz grimmig zu gucken.

Mir geht diese vertraglich zugesicherte Fröhlichkeit schon lange auf die Nerven, weil ich meistens sehr genau merke, ob mich jemand freiwillig anlächelt oder nicht. In Bäckereien zum Beispiel. Da wird man manchmal empfangen, als sei man zehn Jahre weg gewesen und schrecklich vermisst worden, und jetzt können endlich alle aufhören, um mich zu wei-
nen. Und dann wird man geradezu zu Boden gelächelt und muss womöglich auch noch zurücklächeln, obwohl einem grade gar nicht danach ist. Und das nur, damit die Verkäufe-
rin keinen Ärger mit dem Chef kriegt. Schließlich muss ich als Kunde so gut gelaunt aus der Filiale treten, dass ich da in Zukunft nicht nur Brötchen kaufe, sondern mir auch mei-
nen täglichen Glückskick abholen gehe. Na, und dann ist Pfingstmontag geschlossen.

Tatsächlich habe ich mich schon mal in der Sache beschwert, und zwar bei einem großen Filialisten hier in Hannover. Dort machte man nämlich den Fehler, alle Verkäuferinnen auf „überbordende Freundlichkeit“ umzuschulen und anschließend seine Brötchentüten mit einem denunzierenden Fragebogen zu bedrucken. Man konnte da ankreuzen, wie freund-
lich man in der dabei anzugebenden Filiale bedient worden war, und wie zufrieden man überhaupt sei und so, und dann die Brötchentüte an die Bäckerei schicken. Dafür sollte es als Dankeschön einen Gutschein geben.

Ich kreuzte, – nein, ich kreuzte eben nicht!
Denn dafür gab’s gar kein Feld… Es gab: „Unfreundlich“, „freundlich“, „sehr freundlich„. Ich schrieb darunter: „anstrengend überfreundlich!„, und kreuzte eben das dann an. Und dazu schrieb ich noch, dass das aber nicht nötig sei, denn ich wolle ja nur Brötchen kaufen und das sei eigentlich kein Begeisterung auslösender Vorgang.

Eine richtige Antwort bekam ich nicht (wie unfreundlich!), nur einen Standardbrief, – den aber mit Gutschein: über sage und schreibe zwei Brötchen!

Eventuell probiere ich eines Tages aus, wie viele Brötchen ich wohl bekomme, wenn ich mal das „sehr freundlich“-Feld ankreuze.

Mus ja.

Also bin ich wieder da. Ich war ja auch gar nicht richtig „weg“. Manche wollen mich sogar leibhaftig irgendwo gesichtet haben. Bloß zuhause war ich eben nicht. Jetzt aber wieder. Schön hier, doch. Und kaum schlage ich ein Werbeblättchen auf, da purzelt’s mir auch schon wieder entgegen:

Aepfel

Noch habe ich mich nicht im Laden persönlich überzeugt, ob die Gläschen wirklich so sparsam beschrieben sind. Denn da, wo ich vorhin eingekauft habe, gab’s kein solches Mus. Aber wenn ich mir nachher einzwei Cheeseburger bastle, dann natürlich mit fiesen Schmelzkäsescheibe, dänischen Röstzwiebel, eingelegten Gewürzgurke, und selbstver-
ständlich frisch gewaschenen Salatblätt.

Im leckeren Bröt.

Affenlos, aber kommunikationswillig.

Lemiers

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, nach „Lemuria“ zu fahren, aber irgendwie habe ich mich wohl total vertan und bin jetzt stattdessen in der Gegend von „Lemiers“ gelandet. Hier ist es gar nicht mal übel, sogar richtig schön eigentlich. Die Sonne scheint wie ver-
rückt, es gibt dies und das zu entdecken, aber ich hab’ hier bis jetzt noch kein einziges Äffchen gesehen! Nicht mal den allerkleinsten Halbaffen. Das ist natürlich schon ein klei-
nes bisschen enttäuschend, aber dafür habe ich hier einen prima ortskundigen Begleiter, der freundlicherweise vorgestern mit mir in die Stadt ging, um „mal so zu gucken“. Dabei fiel mir auf, dass die Verkäuferinnen hier mitunter ein bisschen komisch sprechen, denn als ich was fand, das ich anprobieren wollte, nahm ich den Begleiter kurz entschlossen mit in eine der beiden Ankleidekabinen, um mich von ihm beraten zu lassen. Als wir den Vorhang zugezogen hatten, und uns schon eine Weile in normaler Lautstärke über die Klamotten und deren Sitz unterhalten hatten, fragte eine Angestellte von draußen: „Sind sie da drin?“

Eventuell bekommt sie ja grundsätzlich Angstzustände, wenn zwei Leute zusammen in eine Kabine gehen, das wäre dann also vielleicht eine Bipersonale Kabinenstörung oder so was. Jedenfalls antworteten wir überflüssigerweise und nur, um sie zu beruhigen, be-
lustigt mit: „Jaaa…, wir sind hier drin.“ Ich konnte mir allerdings nicht verkneifen, hinterher zu schieben: „Was ist das denn für’ne Frage!?!“. Leider bekam ich keine Antwort. – Ich hätte an ihrer Stelle aber auch keine gewusst.

Und gestern hörte ich hier eine Frau mehrmals hintereinander den Satz rufen: „Sie können auch hinter mir auflegen!“ Es schien sie kaum zu irritieren, dass niemand so recht reagie-
ren wollte, deshalb rief sie’s gleich noch mal: „Sie können auch hinter mir auflegen, wenn sie wollen!“ Also entweder waren die Anderen auch alle aus Norddeutschland, oder wir hatten es hier mit einem typischen Beispiel für die mangelnde Fähigkeit zum Perspektiv-
wechsel zu tun. Die Dame saß nämlich an einer Supermarktkasse und sah die Schlange der beladenen Kunden davor immer länger werden. Ihre Kollegin hatte wohl versprochen, gleich die Kasse hinter ihr zu öffnen. Statt aber zu merken, dass die Kunden mit ihrer selbstgebastelten Formulierung nichts anfangen konnten, und vielleicht stattdessen zu rufen: „Die Kasse nebenan wird gleich geöffnet, sie können sich auch schon mal drüben anstellen!“ wiederholte sie ihren Satz einfach immer wieder: „Sie können auch hinter mir auflegen!“ Das wurde nur von ungläubigem Seufzen unterbrochen. Als dann die Kol-
legin kam und fragte, warum sich denn niemand zu ihrer Kasse gestellt hatte, erklärte sie überzeugt: „Die wollen wohl alle nicht!“

Ich hätt‘ sonst schon gewollt, aber ich stand ohnehin günstig weit vorne und fand eigent-
lich nur schade, dass da kein einziger DJ mit Plattenköfferchen in der Kassenschlange gewesen war…

"Ich bin dann mal weg!" kann man ja inzwischen eigentlich gar nicht mehr schreiben. Mist.

AstralreiseÜber Pfingsten bin ich nämlich mal wieder unterwegs, und ich weiß noch nicht, ob ich zum Bloggen kommen werde. Das Wetter soll ja auch so schön werden…

Bestimmt bin ich dann lieber draußen und gehe vielleicht ein bisschen…, nee, nicht Jakobsweg. Aber wie wär’s mit „Schama-
nischer Astralreise“? Ach, da fällt mir ein: das wird nix, ich hab‘ ja immer noch nicht den Anfängerkurs besucht. Mal ganz zu Schweigen vom normalen oder dem „Fort-
geschrittenenkurs“. Ich weiß also nach wie vor nicht, was ich da so machen müsste und wie weit ich dann überhaupt von mei-
nem Leib fort schreiten dürfte (man will sich ja mal ein Eis holen oder so) und verlaufe mich nachher womöglich noch.

Schade. Hm.

Vielleicht mache ich dann ja mal eine hüb-
sche Radtour nach „Lemuria“. Ich vermute irgendwie, dass es dort eventuell putzige Äffchen gibt. Weiß gar nicht, wie ich da jetzt drauf komme… Oder ich gucke kurz in Atlantis vorbei, schaue ein bisschen nach dem Rechten und frage mal nach, was denn eigentlich mit den ganzen anderen „Chakren“ pas-
siert ist. Vielleicht kann ich ja was rauskriegen. – „Kanseyan“, – kann nicht sein.

Ich sing’ dann Bescheid…

Irgendwann muss auch mal Schluss sein…

Gestern haben Freundin T. und ich in meinem kleinen Küchenlabor eine weltbewegende Erkenntnis und höchst nützlich Lebenshilfe ausgetüftelt. Mal eben so. Aus der Lameng. Ja, so sind wir…

Nämlich haben wir rausgefunden, wie man ganz automatisch nie zuviel trinkt und darum am nächsten Morgen fit ist wie irgendein Obst. Das Obst kann sich jeder selbst aussu-
chen. Avocado vielleicht. Die Versuchsanordnung lässt sich auch in heimischen Gefilden ohne weiteres nachvollziehen:

Trinkstopper1Man fülle ein bevorzugtes Getränk (z.B. Cidre) in ein Behältnis (in dieser Versuchsanordnung ein hübsches Becherchen), das ganz genau die gleiche Farbe vorweist wie die Tischdecke da-
runter (in diesem Fall beide pink!). Siehe dazu: Abb.1.

Nun kann frisch von der Leber weg und in aller Ruhe losgetrunken werden. Es kann überhaupt nichts passieren, das Sicherheitssystem ist in sich stabil und arbeitet einwandfrei. Das Gefäß kann beliebig oft aufgefüllt und wieder geleert werden. Während des Versuchs darf angeregt gesprochen werden, auch kleine Snacks dürfen gereicht und verzehrt werden.

Trinkstopper22. Durch das fortwährende Konsumieren der in den Becher eingefüllten gehaltvollen Getränke steigt der Alkoholpegel der Testperson nun all-
mählich an. Sie erreicht früher oder später ein Stadium, in dem sie das Gefäß auf der Tisch-
decke optisch schlichtweg nicht mehr auszu-
machen vermag, was sie am Wiederauffüllen des Gefäßes hindert. – Weil sie’s einfach nicht wieder findet! Verblüffend!

Siehe dazu Abb.2.

Eine ganz einfache Methode, die man schnell erlernen und mit deren Hilfe man sich viel Ärger und Kopfschmerzen ersparen kann. 

Gern geschehen. Und beim nächsten Mal erkläre ich eventuell, warum man Kinder viel-
leicht lieber nicht im Versandkasten spielen lässt…

Draußen

Gestern war ich so’n bisschen blogfaul…
Stattdessen bin ich endlich mal wieder spazieren gegangen! Mit’m Heuschnuppen geht’s jetzt nämlich wieder besser, und so hab’ ich mich mal wieder auf meine alte Spazierrunde getraut, um „meine“ olle Weide zu besuchen. – Und hab’ mich gleich geärgert, weil ich die Kamera nicht mitgenommen hatte. In meiner Quarantäne war mir nämlich tatsächlich ent-
gangen, dass der Frühling inzwischen volle Pulle losgelegt hat! Es sind schon reichlich Insekten unterwegs, die Vögel schreien aus vollem Hals (man gut, dass der Mensch das allgemein als angenehm empfindet), überall wird geblüht wie Bolle und in der Weide war ein Nest mit frischen Halmen drin. Ich vermute aber, das da kein Rasen ausgebrütet werden soll, sondern vielleicht Meisen oder so.

Und am schönsten: Die Mauersegler sind auch wieder da. Die krakeelen zwar besonders laut, aber ihre Kamikazeflüge kann ich mir stundenlang begucken. Dass die nie landen! (Außer in der Brutzeit.) Ist doch irre, oder?

Ganz in der Nähe der Weide bildet ein Seitenarm eines Baches einen kleinen Tümpel. Dass da richtig Betrieb war, konnte ich von weitem schon hören. Anscheinend wurde dort diskutiert, wer die tollsten Schenkel hat und die knackigste Brauntönung. Als ich näher kam und mich vorsichtig dazu setzte, ging überall um mich herum erstmal ein großes Gehopse los, beruhigte sich dann aber bald wieder. Die meisten waren vor mir ins Wasser geflüchet… Ich glaube, dass das Erdkröten waren, aber ich konnte nicht so genau sehen, ob sie nun kupferfarbene Augen hatten oder nicht. Da guckte zwar immer eine aus dem Wasser zu mir rüber, aber jedes Mal, wenn ich zurückguckte, kniff sie schnell die Augen zu. So lange bis ein Typ im Jogginganzug sein Klapperfahrrad vorbeischob. Dass der den Anzug nicht zum Joggen hatte, sah man sofort. „Na, willze Frösche fang’?!?“ rief er mir zu, aber ich tat so, als wüsste ich gar nicht so richtig, was ich mit Fröschen soll.

Nachdem er wieder abgeschoben war, machte ich mich auch wieder auf dem Weg, an dem einen Ufer des Baches entlang. Dort kam mir ein Paar auf Fahrrädern entgegen und (keine Ahnung wieso) der Mann rief mir fröhlich zu: „Wennse ihr’n Mann suchen: Der geht da drüben!“ Da hab’ ich natürlich sofort geguckt wo denn, und sah auf der anderen Seite des Baches einen Typen mit modischer Glatze, Metal-Shirt und Schäferhund durch die Rabatten stapfen. Das konnte also schon aus mehreren Gründen gar nicht meiner sein. „Das is’ überhaupt nich’ meiner!“ rufe ich dem Radfahrer dann auch hinterher und überlege, ob ich noch „Netter Versuch! Aber völlig unnötig!“ hinterherschicken soll, aber da ist er schon zu weit weg. Stattdessen zucke ich mit den Schultern. Schließlich hat „meiner“ Haare und verweigert sowohl T-Shirts als auch Hunde. Und am kommenden Wochenende geht er sicherlich auch gern wieder mit mir spazieren.

Heute allerdings ist erstmal Freundinnenprogramm dran. Die liebe T. kommt heut’ Abend und schleppt ein halbes Picknick mit. Per e-mail hat sie mir mitgeteilt, sie bringe

Polentastückchen
Quark mit Schnittlauch
Tomatenbutter
Kräuterbutter
Römersalat
Wassermelone

und Wurzelbrot (superlecker, zum Aufbacken)

mit. Also bin ich los und habe noch Käse, Tomaten und Frikadellenzutaten besorgt, damit wir komplett sind. Außerdem ist da noch eine Flasche Cidre, die wir beim letzten Mal (vor gefühlten hundert Jahren) nicht geschafft haben. Und wenn ich dann nachher schon zum Anfang der Woche etwas beduselt bin, gebe ich einfach den Schweden die Schuld! Der Möbelelch hat mir nämlich vor einigen Tagen in seinem „Family“-Newsletter mitgeteilt: „Leichtes Schwanken hilft Körper und Geist beim Entspannen.“

Da ging es zwar eigentlich um Hängematten, aber ich will da jetzt nicht so kleinlich sein.

Fürsiche an und pfirsich.

In ein paar Wochen ist es soweit: Miss T. durchbricht eine Schallgrenze! Beziehungsweise steigt sie mal eben über ein zierliches Mäuerchen. – Ja, was denn nu? Herrjeh, es fühlt sich eben mal so und mal so an…

Tausende Artikel sind darüber bestimmt schon weltweit verfasst worden. Es passiert stän-
dig überall. Mir ist es zwar noch nie passiert aber es wird mir bald passieren. Zum Glück aber wohl nur einmal. Wissenschaftliche Untersuchungen führender Labors auf der ganzen Welt haben ergeben, dass es Jedem eigentlich nur einmal passiert. Reicht ja auch. Aber es wird eben darüber geredet und auch geseufzt. Also bitte, hier kommt jetzt die Stelle, an der geseufzt wird: Seufz.

Wieso seufz? Hatte ich das noch gar nicht gesagt? Ach so. Ich werde 40.

Ja, seufz. Sag’ ich doch. Die alte Leier.
Ist schon komisch, dass man sich von einem Datum so erschrecken lässt. Es ist ja nicht so, dass ich über Nacht, BAM!, altere, und wenn ich dann morgens in den Spiegel gucke, sind da plötzlich 20 Jahre mehr im Gesicht abgeheftet.

Trotzdem wird mich die Zahl stören, weil ich finde, sie steht mir nicht. Mir sind nämlich manche Zahlen schon immer unsympathisch, und die 2 und die 4 mochte ich noch nie, ganz besonders die 4 nicht. Die ist mir irgendwie zu pieksig. Meine Lieblingszahl ist und bleibt die 3, und die gebe ich jetzt auch ganz ungern her. Meinetwegen könnte ich jetzt noch 10 Jahre lang irgendwas mit 3 davor sein, und dann direktemang 50 werden. Die 5 hab’ ich nämlich auch ganz gern und die steht mir dann bestimmt auch wieder viel besser.

Eventuell hat der Argwohn gegenüber der 40 auch was mit solchen Zeichen zu tun, dass z.B. die Damen in „Liebe her!“-Anzeigen immer höchstens 39 sein sollen und wollen. Dahinter beginnt wohl so eine Art Niemandsland. Wer will da schon hin. Das hätte dann also was mit der Angst vor schwindender Attraktivität zu tun. Jetzt sagen natürlich alle: „Quatsch! Wieso soll eine Frau mit 40 denn nicht attraktiv sein? Da musste doch drüber stehen!“ Schon, aber deswegen kann es mir ja trotzdem mal auffallen, oder? Das merke ich aber sowieso schon länger, dass die Jungs nicht mehr so gucken wie früher. Zuerst dachte ich: nanü, die gucken ja gar nicht mehr. Werde ich vielleicht langsam unsichtbar? Aber weil im Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich niemand Probleme hatte, mich optisch auszumachen, dachte ich dann: Ach, phhhh…, wer will denn schon von Jungs beguckt werden! – Die Männer, die gucken nämlich schon noch… 

Und Frauen, die vierzig sind, kriegen außerdem meistens keine Kinder mehr. Da findet also schon eine Art heimliche Staffelübergabe statt und da sagt irgendsoein Steinzeittrieb eventuell „Abwinken“. Da kann man sich noch so gut gehalten haben.

Was die Kinderfrage angeht, bin ich ja sowieso etwas verdreht. Früher wollte ich durchaus eines Tages Mutter werden. Aber irgendwie wollten die Männer, mit denen ich ernsthaft zusammen war, auf gar keinen Fall Kinder. Bis auf einer. Der sagte irgendwann, er wün-
sche sich sogar ganz doll eins von mir. Bevor ich aber richtig überlegen konnte, ob ich ihm das nun zum Geburtstag oder lieber zu Weihnachten schenken soll, machte er sich vom Acker. Man gut, dass wir noch nicht angefangen hatten damit! Direkt auf der anderen Seite des Ackers stand übrigens die Frau, der er das Kind noch viel lieber machen wollte. Und heute bin ich amüsiert und sogar richtig froh drüber, dass es so gelaufen ist. Der wär’ nämlich wirklich der Falsche dafür gewesen. Das eigentlich Irre ist aber: Alle diese Herr-
schaften, mit denen ich länger zu tun hatte, wurden in der Beziehung nach der unseren Vater. (Bis auf Freund M. Der will das nämlich wirklich nicht.)

Eventuell bin ich also keine Frau, mit der man Kinder will, obwohl ich eigentlich gar nicht so richtig wüsste, wieso. Und vielleicht ist das auch gar wirklich nicht so, es wäre aber eigentlich nicht schlimm. Mit dem Thema bin ich inzwischen sowieso, nach sorgfältiger Auseinandersetzung damit, durch. Nur, wenn mal wieder eine Freundin muttert (so wie Freundin M. zurzeit), flackert kurz auf, dass das ja eigentlich schon ganz schön ist, so was… – Aber ich kenn’ das schon, das ist nichts Ernstes, dauert ungefähr 2-3 Monate und geht dann von alleine wieder weg. Was man von Kindern nun wieder nicht behaupten kann.

Müsste ich mich jetzt eigentlich für diesen ziemlich privaten Exkurs entschuldigen? Nö. Da denke ich halt so drüber nach. Ich behaupte jetzt mal frech: Das ist evolutionär so angelegt, das Frauen um die vierzig immer mal über Quark nachdenken müssen. Da können die nix für. Aber es reinigt die Hirnwindungen, also lass ’se mal.

Das sind eben die Sachen, die einem so einfallen können, wenn man 40 wird. Ob Männer das dann wohl mit der 50 haben? Dieses etwas unangenehme Gefühl, mal gucken zu müssen, was man eigentlich bis hier geschafft hat, und ob man noch irgendwo hin will? Hin will ich schon irgendwo, weiß aber im Moment nicht so Recht, wohin.

„Wohin?“ fragen mich gelegentlich auch Freunde und so. Da denke ich manchmal direkt bergeweise drüber nach, und weiß hinterher immer: Nee, da war jetzt noch nix dabei. Es muss schon laut und deutlich „PLINGGG!“ machen. Und Vieles hab’ ich ja auch schon gemacht: Ausbildung, Arbeiten in einigen total unterschiedlichen Sparten, Entwicklung von Universaltalenten, Musikmachen, Selbständigkeit, Liebe mit Zusammenwohnen, Liebe mit Getrenntwohnen, Freundschaft, Trennung, Krisen, Wiederaufstehen, Weitermachen.

Soweit also die Bilanz.

Und was mache ich denn an meinem Geburtstag? Also, soll ich das auch noch feiern, oder wie? Und mir launige Sprüche über die 40 anhören? Mich „altes Haus“ nennen lassen? Mein ganzes Taschengeld für Bier ausgeben, damit die Gäste dann fröhlich behaupten, ich sähe „keinen Tag älter aus als 39!“? Ich sehe sowieso höchstens wie 36 aus, dass das mal klar ist.

Eigentlich würde ich viel lieber wegfahren, ich vermisse das Meer sowieso schon seit län-
gerer Zeit. Und Muscheln stellen auch keine doofen Fragen und schenken einem keine T-Shirts, auf denen draufsteht: „Ich bin 40, bitte helfen sie mir über die Straße!“ O.K., das machen auch meine Freunde nicht, da würd’ ich denen nämlich was husten. Ebenso, wenn mir einer auf die Schulter haute und riefe: „Na? Und? Schon Mitleidskrise? Hahaha!“ Schließlich habe ich das oder Ähnliches im letzten Jahr bei Freundin S. beobachten kön-
nen, die mir zum Glück neulich mal erzählte, ihr sei die 40 auch immer noch nicht recht geheuer, obwohl sie schon ein Jahr damit rumläuft. Leider reicht aber meine Haushalts-
kasse nicht so richtig zum Wegfahren. Und wenn ich nach Hause käme, müsste ich die Biere ja trotzdem noch ausgeben. Ich könnte mich eventuell tot stellen. Aber auf Beerdi-
gungen wird ja für gewöhnlich sogar noch mehr gesoffen als auf runden Geburtstagen. Weiß ich also noch nicht…

Na, bis mir was einfällt, altere ich einfach noch ein bisschen vor mich hin…