Brötchen (Morgendialog)

„Ich hab’ Brötchen geholt!“

„Schön. Haste Brötchen auch mitgebracht?“

„Nein, ich hab‘ jetzt nur Brötchen. Ich dachte, das wäre eventuell eine gute Idee.“

„Aber wenn Du ohnehin losgehst, dann hättest Du doch gleich noch Brötchen mitbringen können!“

„Brötchen? Wieso? Wolltest Du denn welche?“

„Ja, Du wolltest doch welche holen!“

„Naja, ich war in diesem Laden, dieser Bäckerei, eigentlich um Brötchen zu holen. Und da hab’ ich gedacht: Wenn du schon hier bist, kannste ja gleich auch noch Brötchen mitbringen.“

„Tolle Idee! Und? Hatten sie welche? Brötchen, mein’ ich.“

„Ja, hab’ ich gleich mal welche mitgebracht. Die werden Dir sicher gefallen, schau mal. Aus der Bäckerei.“

„Ach. Das ist ja irre! Da in der Brötchentüte? Guck‘ ich gleich mal. Aber  sag‘ mal, wenn Du in der Bäckerei warst, dann hättest Du ja sogar Brötchen mitbringen können! Oder haben sie keine gehabt? Hast Du denn gefragt?“

„Ja, ich habe schon daran gedacht, dort mal danach zu fragen. Aber dann habe ich doch lieber ein paar Brötchen mitgebracht.“

„Echt? Brötchen? Wenn ich ehrlich bin, wollte ich doch aber lieber ein paar einfache Brötchen haben! Da hatte ich mich so drauf gefreut. Naja, wird schon gehen…“

„Naja, ich ging halt so auf die Bäckerei zu, dachte: ach, holste mal so Brötchen. Deswegen war ich ja überhaupt auch erst losgegangen, weißt Du? Und als ich so im Laden stand, und die ganzen Brötchen sah, habe ich völlig vergessen, nach Brötchen zu fragen. Dann hab’ ich einfach Brötchen gekauft, ohne groß drüber nach zu denken.“

„Aha. Du! Brötchen! Mensch! Das sollten wir denen überhaupt mal vorschlagen da, dass sie auch Brötchen verkaufen. Das ist doch die Geschäftsidee! Die werden uns dankbar sein.“

„Genau! Gleich morgen gehen wir da mal vorbei und fragen, ob sie sich das vorstellen könnten, auch Brötchen zu verkaufen. Ich mein’, das würde ja auch total gut ins Sortiment passen da. Zu den Brötchen und so. Ist doch auch Gebäck.“

„Die werden vielleicht erst mal skeptisch gucken, aber wenn sie den Gedanken mal zulassen und es einfach mal ausprobieren… Bestimmt gibt’s auch noch andere Leute, die sowas kaufen würden. Zum Frühstück oder so. Vielleicht sogar belegte. Das ist doch was für alle Tage!“

„Und wenn der Rubel dann erstmal rollt, werden sie uns noch dankbar für die Anregung sein. Schade, dass wir jetzt gar keine Brötchen haben. Das wäre jetzt schön, oder?“

„Aber wir können ja stattdessen die Brötchen essen, die Du mitgebracht hast. Da kann ich jetzt irgendwie auch total drauf. Die sehen aber lecker aus!“

„Da bin ich aber froh. Ich dachte schon, ich muss noch mal los…“

Ich will Himbeerbollos, verdorri nomma!

Freundin T. hat Schuld.
Vor ein paar Wochen hat sie mich mit Himbeerbollos infiziert. Ein berühmter Hersteller von so Hustelutschsachen hat eine neue Sorte mit Himbeergeschmack in so niedliche kleine Schachteln getütet und Freundin T. ist denen prompt auf den Leim gegangen und hat sie probiert. Und mir begeistert davon berichtet. Also habe ich auch probiert, und das habe ich jetzt davon. Ich kann nicht mehr ohne. In Hannover gibt’s die Dinger an jeder Ecke zweimal. Da, wo ich zurzeit weile, nirgends.

Nicht im Superladen, nicht im Kaufhaus, nicht in der Drogerie. Ich war überall. Freundin T. wird mir eine Schuhneubesohlung springen lassen müssen, das ist das mindeste! Ich sitze hier in einer fremden Stadt, die so schön sein könnte, wären die Einwohner fähig und willens, Himbeerbollos einer ganz bestimmten Sorte feilzubieten oder im Laden danach zu verlangen. Mir ist nämlich schon ganz blümerant. Wenn ich nach Hause komme, kaufe ich sofort eine Anstaltspackung und kippe die Hälfte davon in meinen Koffer, damit mir das nicht wieder passiert!

Einkauf wagen

Vorhin wieder. Beim Pennie-Markt. Ich stehe in der Kassenschlange, lehne mich gemütlich mit aufgestützten Armen über den Einkaufswagen, will noch den Fuß… und trete heftig ins Leere.
Als wollte ich eine unsichtbare Mofa starten. Die blöden Wagen bei Penny haben nämlich keine Querstange unten dran, auf die man seinen Fuß setzen könnte. Dauernd passiert mir das! Und ich bin sicher, dass ich nicht die Einzige bin, der das so geht. Wahrscheinlich muss ich erst ausrutschen und dabei unglücklich hinfallen, Pennie auf Millionen verklagen und Recht bekommen, bevor die sich da mal vernünftige Wagen mit Theobrominen-Fußstützen anschaffen. Überhaupt: Einkaufswagen!

Ich erinnere mich: Als es noch ganz neu war, dass man in die Wagen 1,- DM Pfand reinstecken musste, wurde man oft von Leuten angesprochen, die einem den Wagen verlegen grinsend „abkaufen“ wollten, noch bevor man ihn wieder anketten konnte.
Heute passiert einem das nur noch sehr selten.

Dazu habe ich hier zwei Theorien vorliegen: Die erste besagt, dass die Wagenabkäufer zu oft zu hören bekamen: „Geht leider nicht. Da ist so ein Plastikding drin!“ Die zweite Theorie besagt, das lustige Wagenabkaufen war anfangs eine kollektive Neusituations-
bewältigungsmaßnahme. Wagenpfand will erstmal gemeinsam ulkig gefunden werden, bevor es zur Normalität wird. Danach ist lieber wieder jeder mit seinem Wagen allein und es kommt einem auch nicht mehr doof vor, zu warten, bis der Vorbenutzer das Ding ganz zurückgebracht und mühselig angekettet hat, bevor er endlich genau so eine Münze daraus hervorholt, wie man selber vorhat, hineinzustecken.
Eine Theorie ist von mir, eine nicht. Wahrscheinlich stimmen beide.

Was Schönes habe ich übrigens neulich in einer außerhannöverschen PLÜS-Filiale erlebt: Nur eine Kasse geöffnet, lange Schlange davor und die Kassiererin eine echte Walküre. Riesig, rosig, kräftig, sogar muskulös, mit Donnerstimme. Sie zieht 6er-Packs Wasser-
flaschen bestimmt über den Scanner wie nix, um dann die zu zahlende Endsumme dem ganzen Laden bekannt zu geben, und dazu noch das, was ihr sonst so dazu einfällt. Das hat mich schon belustigt.

Am schönsten ist aber, dass sie diese dreieckigen Warentrenndinger aus Plastik jeweils mit so viel Schmackes zu den anderen in die Schiene am Gummitransportband hinein-
pfeffert, dass das jeweils hinterste Teil mit Karacho herausschießt und im ungünstigen Fall einen unvorsichtigen Kunden trifft, der da grade seine Milchschnitten und Olivengläs-
chen auf’s Band packen möchte. Ansonsten fliegt es eben meterweit und es gibt einen ordentlich lauten Knall, wenn es zu Boden scheppert. Und irgendwer bückt sich bestimmt, um das Ding aufzuheben, als auch schon wieder das nächste angeraketet kommt. Die Kassiererin lässt sich aber nicht anmerken, ob sie das extra zur inneren Belustigung macht, oder gar nicht erst mitkriegt. Aber plötzlich reden wieder alle miteinander, und es werden belustigte Blicke und Bemerkungen getauscht.
Ganz genau wie anfangs bei den freizukaufenden Einkaufswagen.

"Entschuldigung? Gleis 16?"

Verreisung ist ein dolles Ding.
Besonders, wenn man am Tag zuvor irgendwas ganz Verkehrtes gegessen hat und die Verreisung mit’m Zug vornimmt, der mal eben vier Stunden durch die Pampa gökelt, Um-
steigen nicht mal inbegriffen. Eigentlich ist damit schon fast alles erzählt. Es ist nicht schön, im Zug zu sitzen und alle fünf Meter zu denken: Ich will nicht in das schlimme Kabuff da müssen! Mir schräg gegenüber sitzt ein junger Mann, der immer besorgter herüberschaut. Ich versuche, beruhigend zurück zu schauen. Hinter mir sitzt Einer mit lautem Rasierwasser, davon wird mir auch nicht besser.

Beim Umsteigen stelle ich fest, dass auf diesem Bahnhof Gleis 11 und Gleis 16 an einem Bahnsteig liegen. Gut, dass ich nicht Harry Potter lese, sonst würde ich glauben, ich müsste gegen die Pfeiler rennen. Ich bin aber nur beim Aussteigen aus Gleis 11 sofort ohne zu gucken die Treppe runter gehechtet, um dann in der Halle zu sehen, dass ich direkt wieder hoch muss, wenn ich von Gleis 16 weiterfahren will. Auch gut, dass ich nicht von Gleis 13 weiter fahren muss! Das liegt dann vielleicht neben Gleis 7, oder sogar in einem anderen Bahnhof. Womöglich in einer anderen Stadt.

Während ich also auf dem richtigen Bahnsteig warte und versuche, beruhigend auf meinen Magen einzudenken, stelzt ein Mann um mich herum. Er ist groß und trainiert. Außerdem ist er sich sicher, dass er ungeheuer attraktiv ist und wartet nun auf den Moment, in dem ich das auch merke. Ich lächle ihn auch strahlend an, aber das liegt nur daran, dass er einen großen Brötchenkrümel neben dem Mund kleben hat. Ich könnte fragen: „Was war denn drauf?“ und mir dann Verwirrung angucken. Aber ich will jetzt sowieso nicht ans Essen denken. Nachher sagt er: „Wurstsalat!“ oder so was.

Als ich es mir im Anschlusszug so gemütlich wie möglich gemacht habe, befinde ich mich schräg einer Vierer-Sitzgruppe gegenüber. Dort zieht ein völlig übermüdet wirkender junger Dynamo-Dresden-Fan ein, hängt sich in den Sitz, wohl um zu schlafen. Alles still. Ich krame meine Zeitung raus und beginne zu lesen, als der Kontrolleur kommt. Der Dresden-Fan lümmelt sich herum und quetscht sich ein „wissema… die faahkadde hamodda …wie?“ raus. Jetzt merke ich: Der Typ ist total besoffen und heiser und braucht eine Generalüberholung!

Kaum ist wieder Ruhe im Waggon eingekehrt, halten wir und es steigen vier junge Türken zu. Ein Mädchen, drei Jungs. Das Mädchen setzt sich mit zwei der Jungs zu dem armen Fußballfan, der dafür seine Beine wieder umbauen muss, der dritte Junge hockt sich gegenüber hin. Sofort ist richtig Ramenter in der Bude. Das Mädchen sendet auf einer unglaublichen Frequenz, die Flimmerhärchen in meinen Ohren knistern nur so. Sie hat jede Menge Neuigkeiten zu erzählen, zu allem eine Meinung. Die Jungs antworten ruhiger, aber auch alle gleichzeitig. Ich verstehe nur jeden zweiten Satz, der Rest ist wahrschein-
lich türkisch. Ich bewundere das immer wieder, wie man zwei Sprachen gleichzeitig sprechen kann. Dazu hat jeder von ihnen mindestens zwei Handys, die auch alle piepen und fiepen, in Mörderlautstärke. An Zeitunglesen ist kaum mehr zu denken. Der Dresden-
Fan fällt in Duldungsstarre. Ich versuche das Kreuzworträtsel.

„Da! Alles voll mit Arbeit, ey!“ schreit das Mädchen. Hat sie sich bekleckert? Mit Arbeit? „Das ist alles voller Arbeit!“ Ich schiele rüber. Ach so, sie zeigt Handyfotos ihrer Kollegen herum. Wir erfahren jetzt genau, wer was wann zu wem gesagt hat, und ob das eine Unverschämtheit war oder so. Außerdem will sie immerzu wissen, „was geht!?!“ Die anderen wissen es aber jetzt auch nicht so genau.

Nach einer Stunde steigen sie wieder aus, der Dresden-Fan erhebt sich ebenfalls und sieht jetzt noch viel schlimmer aus als vorhin. Hoffentlich schafft er’s bis nach Hause!
Und ich? Bin vergnügt, denn ich bin auch bald am Ziel und habe inzwischen tatsächlich völlig vergessen, dass mir schlecht ist.

So ja nun nicht.

Gestern hatte ich mal wieder die Postille meiner Krankenkasse im Briefkasten. Und gleich auf der Titelseite blafft mich der Herr Wickert an:

 Wickert

Unsere Kinder?
Entschuldigung, – aber: Lieber Ulrich, wir haben ja gar keine Kinder!

Ich weiß nicht, wie Du darauf kommst, aber ich bin mir da eigentlich ziemlich sicher. Woher auch? Wenn Du mal in meinem Wohnzimmer aufgetaucht bist, dann ja wohl eher aus Versehen. Und gelaufen ist da sowieso nie was! Das hätte ich doch wohl merken müssen, nein? Naja, und wenn dabei womöglich mehrere Kinder rumgekommen wären, hätte mir das doch wohl als Erster auffallen sollen, oder wie?

Zur Sicherheit und damit Ruhe ist, habe ich aber eben noch mal überall nachgeguckt. Da sind wirklich keine.

Komme schon!

Heute hatte ich hier eigentlich Einiges zu tun…

Stattdessen saß ich am Rechner und zuckte immer wieder zusammen. Das liegt nur daran, dass ich oben an der Wohnungstür keine Klingel hab’. Also, doch, ich hab’ schon ’ne Klingel, bloß klingelt die nicht. Auch nicht, wenn man drauf drückt.

Den Klingeldraht hat meine frühere Hausbesitzerin mal durchgeknipst, weil mein Vormie-
ter sich beschwert hatte, dass es aus dem Klingelkasten immerzu summte. Nun hatte die gute Frau den Herrn sowieso gefressen, seit er mal versucht hatte, eine ziemliche Menge benutzter Katzenstreu über den Abfluss der Spüle zu entsorgen. Das hatte zur Folge, dass einige Rohre nicht nur verstopften, sondern richtiggehend zubetoniert waren und mehrere Wände aufgestemmt werden mussten, um da Abhilfe zu schaffen und anschlie-
ßend wieder neues Geröhr reinzuverlegen. Trotzdem war ihm das gar nicht peinlich und er beschwerte sich bei ihr ständig wegen Irgendwas. So eben auch über den Klingeldraht, den summenden. Die Vermieterin kam also mit der Zange, machte kurzen Prozess, knipste das Ding durch, fragte: „Besser so?“ und ging wieder.

Das hat sie mir später selbst erzählt, als ich hier gerade einzog. Wir mochten uns näm-
lich auf Anhieb und hielten öfter mal Schwätzchen auf dem Hof oder bei den Briefkästen. Und als sie vor ein paar Jahren das Haus verkaufen musste und wegzog, strickte sie mir zum Abschied sogar noch zwei Paar Socken! Das war damals ihr neuestes Hobby, weil sie sich das Kettenrauchen gerade abgewöhnte und die Hände lieber nicht frei haben wollte, so abends beim Fernsehen. Und sie hatte schon ihre ganze Familie mit Socken und mehr Socken und auch noch Socken terrorisiert. Ich war dagegen dankbare Abneh-
merin, denn ich liebe selbstgemachte Socken. Vor lauter Erleichterung darüber strickte sie mir gleich noch passende Pulswärmer dazu, bevor sie verschwand.

Jedenfalls: Die Klingel. Weil die nicht tut, klebt daneben ein Schildchen: „Klingel geht nicht. Bitte klopfen!“ Jetzt haben wir aber die Handwerker im Haus, in der Wohnung unter mir. Und die schrauben und bohren und stemmen und bollern, dass es eine reine Pracht ist. Oft aber wird auch nur mal eben behutsam was beklopft. Und dann zucke ich jedes Mal und will zur Tür rennen, weil ich denke, da will bestimmt einer was…

So kommt man doch zu nix!

Na, Prost Mahlzeit!

Gestern wurde mir gesagt, ich solle möglichst in nächster Zeit nix Scharfes mehr essen, nur ganz wenig Zucker und, jetzt kommt’s: nur noch gaaanz wenig Schokolade!
Das mir! Der Theobromine!!!
Es hat wohl was mit der Bildung von Serotoninkörnchen und der Herstellung körpereigener Melatoninsüppchen oder so zu tun. Meine Zirbeldrüse ist nämlich in den Urlaub gefahren. Und davon kommt, dass ich nicht gut schlafe. Und nicht gut schlafen macht schlapp.

Oder, um es auf den Punkt zu bringen: Ich kann mir aussuchen, ob ich nun schlapp, aber glücklich bin. Oder wieder fitter werde, aber immer schlechter gelaunt. Ein klassisches Dilemma also.

Ach so, da war noch was unten drin in der Geschenktüte, nämlich dieser kleine Trost: Dafür dürfe ich aber z.B. gerne Bier trinken, das täte mir gut…

Monday, Monday, nanaaa… nanananaaa…

Das ist von „The Mamas and the Papas“, oder? Jedenfalls geht’s mir heute nicht aus dem Sinn. Aber es passt ja ganz gut. Ein anderes Montagslied ist „I don’t like Mondays“ von den Boomtown Rats. Meiner Freundin T. (die ja jahrelang meine Chefin war) und mir war damals mal in der Werkstatt aufgefallen, dass das eigentlich nie montags im Radio läuft. Wir hörten es vor allem dienstags, und das fanden wir merkwürdig. Ob die Radiostationen-
betreiber Angst hatten, montags einen zerstörerischen Impuls auszulösen? Einen, der an den anderen Tagen der Woche nicht funktioniert? Wahrscheinlich waren wir aber wieder mal die einzigen, denen so was überhaupt auffiel. Zudem stellten wir fest, dass Phil Collins fast immer um „20 vor“ gespielt wurde. (Wir hörten aus Kompromissgründen ein sog. Formatradio, das nur mal zur Erklärung der Senderwahl.)

Heute also „Nanaaa, nanananaaa…“ Das kann ich nachher in der Praxis vorsingen, in die ich heute gehe. Mal sehen, was sie dort für einen Zinnober mit mir veranstalten werden. Nee, ich bin nicht krank. Nur schlapp. Man weiß ja gar nicht mehr, ob das noch Früh-
jahrsmüdigkeit ist (oder haben wir schon Sommer? Watt denn? Der war schon?!? Das müsst Ihr mir doch sagen!) oder Herbstdepression oder eventuell Winterschlaf. Die gute Frau L. soll mir mal sagen, welche Ausrede ich benutzen soll, wenn ich mal wieder ab Mittag ins Stottern und Spotzen komme, um dann langsam auszurollen und für den Rest des Tages zu müde bin, um die Arme richtig zu heben. Also, nicht, dass ich die nun unbedingt in einer Tour heben müsste, aber vielleicht will ich das ja mal und dann kann ich’s vielleicht gerade nicht.

Mein Hausarzt sagt immer, ich soll mich mehr bewegen. „Was meinen sie denn, Herr Dokter, wie ich hierher gekommen bin? Teleportation, oder wie?“ Da guckt der nur. Ich hab’ dem schon mehrfach aufgezählt, was bei mir an Bewegerei so zusammen kommt, und finde, das ist nun wirklich nicht zu wenig. Aber er ist auch so ein sehniger Mara-
thontyp und bestimmt jedes Wochenende mit so einem benummerten Leibchen unterwegs, Bananenstücke vom Straßenrand pflücken.

Sport ist einfach meine Sache nicht. Tut mir leid. Bewegung ja. Am liebsten zackig ein Stündchen durch die Landschaft marschieren. Aber bitte ohne Stöckchen. Ein richtig netter Orthopäde hat mal zu mir gesagt: „Schnelles Gehen! Das ist alles, was man braucht. Gehen sie immer so, als bräuchten sie unbedingt noch einen Liter Milch und ED*KA machte in drei Minuten zu!“ Den Mann hätte ich küssen mögen, denn er hatte meine bevorzugte Fortbewegungsart erkannt und sie mir quasi verschrieben. Und wenn nicht gegangen wird, wird Rad gefahren. Und dann wohne ich auch noch in der dritten Etage, da muss man ja auch mehrmals täglich raufkommen. (Der Trick wäre, gleich oben zu bleiben, aber das machte nur halb soviel Spaß.) Und dann noch die schon mal hier beschriebenen Pilates-Übungen dreimal die Woche. Also, Bewegung habe ich eigentlich durchaus.

Mal sehen, welche Erkenntnisse ich heute Mittag dazu gewinnen werde. Frau L. weiß vielleicht mehr als der Marathonarzt. Eventuell muss ich in die isses Jodmangel und ich soll mich ab sofort täglich von Kopf bis Fuß mit orangefarbener Tinktur bepinseln. Vielleicht muss ich auch Kaffeebäder nehmen, mir Traubenzucker spritzen und dazu den ganzen Tag über Kopfhörer Pauken- und Trompetenkonzerte hören.

Och watt, ich kauf’ mir einfach ’ne Brille, wo vorne so Augen draufgemalt sind…