Berlin in Einzelteilen! (3)

Und am dritten Tage ging’s ins Museum.

Allerorten wurd’s empfohlen: „Na, dieser Typ, der so heißt wie dieser Aschevulkan da!“Olafur Eliasson, nämlich. Im Martin-Gropius-Bau. Da war auch gleich ordentlich was los, denn Herr Eliasson macht duftes Zeug über Wahrnehmung innen und außen und beson- ders in der Stadt. Wer Gelegenheit (und ein bisschen Geld zuviel) hat, soll sich’s mal ruhig begucken, so wie das Väterchen und ich. Wer keins von beidem so recht ausgeben will oder kann, kriegt hier wenigstens drei heimlich geknipste Bilder:

Berlin_Eliasson_1
Vaddern hat fümf Schatten, eena dafon is jelb.

Berlin_Eliasson_2
Große bunte Lampe. Find‘ ich prisma!

Berlin_Eliasson_3
Wer sich traut, mal komplett die Orientierung abzugeben, tappt hier durch mehrere, mit nix als buntem Nebel möblierte Durchgangszimmer. Klingt jetzt wahrscheinlich ulkig, ist aber sehr empfehlenswert!

Oben drüber übrigens wohnt zur Zeit Frida Kahlo, aber die Dame hatte so viel Besuch, dass wir stattdessen lieber in die Kantine des Kreuzberger Rathauses gingen, um dort vom 10. Stock aus über Berlin zu gucken und Nudeln und Schöllchen zu verputzen. Aber nicht zu doll, denn für abends war ich ja noch bei Freundin A. in Neukölln eingeladen, die „uns was in den Ofen schieben“ wollte.

Nämlich handelte es sich dabei um Brötchen, die es zu einer ausgesprochen leckeren Rote Bete-Süßkartoffel-Suppe gab (wo bleibt eigentlich das Rezept, hm?). Den Sekt dazu bezog Madame dann aber doch lieber aus dem Kühlschrank, was den Vorteil hat, dass er dann kalt ist. Und Sekt muss kalt sein! Und während ich des Langen und Breiten erzählte, was mir so alles neulich und jüngstens wiederfahren ist, hatte A. klammheimlich ihre Zim- merpflanze angewiesen, ihre Blätter in Form eines süßen, zungestreckenden Häschens zu drapieren. Ausgeprochen aufmerksam, das!

Berlin_Hasenpflanze

Zur Belohnung durfte auch Freundin A. dann gelegentlich was sagen und mir sogar ver- beulte Bilder ihres Flauschigen zeigen. Ein feiner Abend auch dieser! Müd‘, vollgefressen und zufrieden trottete ich nach Kreuzberg zurück und schlief wie eine Kartoffel.

Mittwoch früh ging es dann noch mal mit dem Väterchen auf Rundgang über’n Kreuzberg zum Schinkeldenkmal hin, wo schon die geliebten Mauersegler durch die Luft flitzten, und durch’s Gleisdreieck, wo ich gleich mal lernte, was Berliner Kinder heutzutage so alles dürfen und was nicht:

Berlin_Kinder_düfen

Und dann fuhr leider auch schon wieder der Zug nach Hause…

Frau T. spricht in Zungen und erlebt sich so durch.

Immer, wenn ich nach Berlin fahre, holt mich ein spezielles Phänomen ein: Kaum, dass ich zwei Stunden da bin, fange ick mittenmal det Berlinern an. Und det hält denn onnoch wochenlang an! Ooch wennick schon längst wieder zuhause bin und schon allen jeröhich damit uffde Nerven jeh‘. Det kommt aba davon, det meine ersten fünf Lehmsjahre sich in  Kreuzberg und Moabit begaben, so dettick ersma Hochdeutsch lern’n musste, wie ick bei Hannover denn plötzlich einjeschult wern sollte. – Hat aber fix geklappt, seither weiß ich, dass ich wohl über ein Dialekte- und Sprachtalent verfüge.

Ach so, ach ja, ich hatte ja eigentlich vor, von hier aus immerzu und geradezu stündlich zu bloggen, was mir so widerfährt, aber nun widerfährt mir die ganze Zeit so viel, dass ich gar nicht dazu komme. Ständig treffe ich mich mit den allernettesten Menschen, laufe kilometerweit Boulevards entlang, springe in U-Bahnen und wieder raus (und dann wieder rein, weil’s doch die richtige war, aber das ist ’ne andere Geschichte). Und sobald das Väterchen meiner ansichtig wird, erklärt es mir die Welt, die Stadt, die politische Lage und Zeug. Also, alles so wie immer. Und so ging das gleich am Sonntag los und ist bis jetzt auch gar nicht besser geworden.

Und nachher fahre ich auch schon wieder nach Hause und werde versuchen, die anderthalb Stunden im Zug wenigstens mal vernünftig zu nutzen…

Verklemmt!

Hilfe, ich klemme! Und zwar zwischen Baum und Borke, wie es gerne mal heißt. Oder klemm‘ ich zwischen Tür und Angel? Zwischen Herz und Verstand? Zwischen Stühlen?
– Nee, ach, dann lieber das mit dem Baum…

Und das kommt so:
Ich will nach Berlin für’n paar Tage. Ich könnt‘ glatt morgen oder Samstag losrudern. Aber: Die Personaldame von neulich schrieb mir vor ein paar Stunden, es sei noch nix entschie- den, es gäbe eventuell noch ein zweites Vorstellungsgespräch, sie meldet sich. Und wenn ich nun morgen nach Berlin sause, ruft sie bestimmt nachmittags an und muss mit dem Band reden, weil sie mich Montag sehen möchte (da will ich aber noch in B weilen, lohnt sich doch sonst alles nicht). Und wenn ich hierbleibe, meldet sie sich garantiert nicht vor Donnerstag…

Und dort anrufen, doof fragen, ob ich weg kann und die Pferde scheu machen, will ich auch nicht, weil, das macht einen unguten Eindruck. Wo ich doch gerade erst zweimal guten Eindruck hinterlassen habe.

Außerdem ist übermorgen 1. Mai. Und zwar ganz besonders in Berlin. Also, wenn irgend- wo 1. Mai ist, dann ja wohl da. Und in Hamburg noch. Letztes Jahr war hier auch 1. Mai, das weiß ich noch genau, da bin ich in einer Demo gegen Rechts mitgelaufen. Eigentlich hieß es, dass wir wahrscheinlich auch tatsächlich gegen Rechts laufen, aber Rechts war woanders pullezeilich aufgehalten worden, und das war mir dann, ehrlich gesagt, auch lieber so, sonst hätte ich da bestimmt angefangen, mit richtungsgeschwächten jungen Leuten rumzuzanken und mich bloß wieder aufgeregt.

Für den Berliner Maianfang fühle ich mich im Moment allerdings nicht aufbrausend genug, den müsste ich wohl eher umgehen, was eventuell per Zuganreise gar nicht so einfach wäre, aber da fehlt mir die Erfahrung. Ich weiß bloß noch, wie ich mal aus Versehen qual- voll im Zug verkeilt saß, weil ich übersehen hatte, dass in meiner Reiserichtung eine „Love-Parade“ stattfinden sollte. Gereist wurde dann aber kaum, sondern in knallvollen Waggons in knallvollen Bahnhöfen herumgestanden, bis der BGS kam und sich mal eben dazustellte. Also, schön war das nicht. Dafür hat’s ordentlich gedauert und um mich rum waren alle stinkbesoffen. (Mai-Randale und Love-Parade darf übrigens nur vergleichen, wer so eine Zugfahrt überlebt hat.)

Deswegen bleib‘ ich erstmal noch ein bisschen hinter meiner Borke und warte einfach die nächsten Stunden ab. Vielleicht wird mir die Entscheidung ja irgendwie bequem abgenom- men. Ich habe mal gehört, dass manche Leute so ganz gut durchs Leben kommen sollen, dann kann ich das ja auch ruhig mal ausprobieren…

Aber erst wird entschlossen gefrühstückt.

Die neue Freiheit: Am See sitzen und öffentlich an Heizkostenabrechnung denken.

Premiere. Heute blogge ich zum erstem Mal von unterwegs!

Eben nämlich war ich beim Brominen-TÜV und habe jetzt eine gute Stunde Zeit, ein Täss- chen Tee im Café am Rathaussaal zu trinken und dabei über’n Bildschirm hinweg auf den zum Saal, quatsch, zum Rathaus gehörigen See zu blicken. Nämlich immer dann, wenn die Sonne mal so schneit, dass ich mein eigenes Display nicht mehr erkenne. So hat doch jedes Wetter sein Gutes: Entweder kann ich hier was erkennen und schreiben, oder ich kann mich warm anscheinen lassen und Enten begucken. Hauptsache, es schneit nicht, ich hab‘ nämlich keinen Schal dabei.

Später habe ich dann noch einen Termin und dann, wenn ich wieder zuhause bin, kommt Freundin T. und kann mit mir zusammen verfolgen, wie mein Vermieter mal so richtig die Klappe aufmacht.

Hinter der Klappe wohnt ein kleiner Kasten, der eigentlich das An- und Ausgehen meiner Molligkeitszufuhr (nee, nicht Kalorien, Heizung!) regeln soll. Zudem soll das Gerät für uns aufschreiben, wie oft es diesen komplizierten Vorgang ausgeführt hat und wie lange. Allerdings hat der werte Herr H. das Kästlein irgendwann zu Beginn dieses harten Winters untauglich geknipst, weil es immer wieder herumbockte und mir meine Molligkeit (selbst- verständlich auch hier wieder bezogen auf die Raumtemperatur, ich bin ja nu schlank, kann ich ja nix für!) nur nach Gutdünken gewähren wollte. So hatte ich’s zwar  trotzdem im Winter durchaus warm, doch keiner weiß genau, wie sehr. Auf die Abrechnung dieser Heizkosten bin jetzt schon gespannt, denn der gute Mann wird schätzen müssen, wie viel Wärme eine Bromine so braucht.

Natürlich werde ich heute Abend dann immer mal wieder fallen lassen, dass es quasi mein allerausgeprägtestes Hobby ist, zuhause in dicken Wollsocken unter gemütlichen Decken zu liegen… Freundin T. wird rechtzeitig gebrieft, was sie wann zu bekräftigen hat. „Ja, liebe D., sowohl dein Socken- als auch dein Deckenkonsum ist ja geradezu legendär und weit über die Stadtgrenzen Hannovers hinaus bekannt. Sogar bei uns in Apelern hört man davon immer mal raunen!“ – Und wenn er weg ist, werden wir kichern und einen Rha- barbersaft dazu trinken.

Das also der Plan für den Rest des Tages.
Ach, guck‘, und da kommt die Sonne auch schon wieder raus…

Traditionen und Althergebrachtes.

Und zwar Alt-hergebrachtes-und-dann-ans-fenster-gehängtes!

Und dawiederummit setze ich endlich mal die Tradition des „Fensterdeckenphänomen-Dokumentierens“ fort, das es so wohl nur hier zu geben scheint. Also, sowohl das Phä- nomen an sich, als auch das Dokumentieren. Weil, das Eine geht zwar ohne das Andere, aber umgekehrt wär’s natürlich Essig.

Hier ein vor wenigen Tagen aufgenommenes, also österlich zu verstehendes Schaustück:

Fensterdecke_04_10

Die zwar durchaus frühlingsfrische, aber sympathisch schräggemeinte Farbgebung links (vermutlich das Küchenfenster) steht etwas im Kontrast zum leicht perfiden Aufbau des rechten Motivs. Dort sieht’s ja auch erstmal irgendwie hell und freundlich aus, doch im Détail zeigt sich das ganze Elend eines kummervollen Daseins:

Gepardensehnsucht

Dieser Gepard der Sehnsucht sagt unmissverständlich: „Ich bräucht‘ mal dringend ’ne Befreiung, ich krieg‘ hier keine Luft! Meine einzige Gesellschaft sind zwei Blechlaternen, eine doofer als die andere, und ein vollgestaubtes Duftkerzendings. Mein Herr putzt niemals die Fenster und bügeln kann er auch nicht. – Hol den Vorschlaghammer!“

Wer sich nun zum Retter berufen fühlt, kann die Adresse per PN anforden.

Blaublütig.

Wer heute auf dem Lindener Bergfriedhof die Scillablüte sehen wollte, musste erstmal eine geeignete Lücke im vorbeiziehenden Hobby-Fotografenstrom abwarten. Meine vor- sichtige Schätzung: Mehr Kameralinsen als Blüten! Ich wette, das Web wird heute mit Scillafotos vollgestopft bis an die Kanten.

Ich stopfe aber trotzdem mit, einfach, weil die Pracht in jedem Jahr und immer wieder so beeindruckend ist…

scilla

scilla2
(Das ist übrigens nur ein kleiner Teil der Blütenfelder. Aber meine einzigen Bilder ohne knipswütige Menschenmengen drauf.)

Wer nix macht, macht nix falsch. Ich mach‘ trotzdem.

Leute haben Sorgen…!

Gestern Abend zum Beispiel sorgte sich ein angehendes Topmodel: „Ich hab‘ zuviel Hüfte gemacht.“ Ja, hab‘ ich da gedacht, das ist mir auch schon passiert, – schlimm war das! „Zuviel Hüfte machen“ kann Einen ja nahezu ruinieren. Da muss man schon gucken, wie man die Situation gerettet kriegt. Zum Beispiel kann man beim nächsten Mal einfach mal „weniger Hüfte machen“ und hoffen, dass sich das dann schon irgendwie ausgleicht. Mit etwas Glück kommt man damit sogar durch.

Meine Hüfte ist gottoderdemseinbruderseidank, wie sie sein soll, gerade habe ich extra noch mal nachgesehen. Meine Sorge ist heute eine andere: wie werde ich mein Koppaua, verursacht von „zuviel Sekt trinken und Zigarettenrauchen machen“ wieder los? Zum Glück ist das eine Sorge, die ich schon mal irgendwann hatte und daher weiß ich auch noch, wie ich die loswerde: Ordentlich herzhaft frühstücken und dann raus an die frische Luft.

Darum werde ich jetzt, naja, eben erstmal ordentlich herzhaft frühstücken und danach mal „auf den Lindener Berg gehen und nach der Scilla-Blüte gucken machen“. – Bis später!

I did it.

Gestern. Ich habe den Knopf gedrückt.

Und mir das netbook bestellt. (Die sind ja so klein, da muss man sie sicher auch klein schreiben, oder? So wie flöhe, staubkörnchen und wachtelküken ja auch.) Ich dachte nämlich mittenmal: „Ach, Dreck, was soll’s! Her damit jetzt!“

Und nu bin ich janz uffjereecht, wann das Ding hier ankommt. (Höchstvermutlich Anfang der Woche.)

Nächste Tat: Telefon- und I-Net-Anbieter wechseln, zwecks schnellerer Herumsausung dessen, was man heutzutage so herumzusausen lassen wünscht. Vom auch noch dabei „Ersparten“ gibt’s einen UMTS-Stick fürs böökchen. Also gibt’s wohl bald mal Live-Über- tragung mit Budenbier von dem Ihme-Auen aus…

Kastanienverabschiedung 2010

Den ganzen Vormittag über war ich natürlich vorfreudig…

Als ich gegen halb zwölf vor die Tür komme: feiner Sprühregen. Aber frische, milde Früh- lingsluft. So eine, wo man glatt meint, man atmet sich damit durch und durch sauber.

Kastanienwurf_2010_1

Ich brauch‘ keine Sonne.
Mir reicht, dass es heute Frühling wird. Und da sind sie, die ersten Blättchen:
Kastanienwurf_2010_2

Und hier:
Kastanienwurf_2010_3

Und hier schießen sogar schon die Karotten!
(Deswegen sicher auch das Absperrband. Reine Vorsicht.)
Kastanienwurf_2010_4

An „meiner“ Weide angekommen, stehe ich zwar zentimetertief im Matsch, aber damit habe ich gerechnet. Ich lehne mich einfach schön an und rufe: „Prost auf die 3! Und her mit dem Frühling!“
Kastanienwurf_2010_5

Dann schraube ich mir das Püllchen auf und gehe in aller Ruhe innerlich die Liste der Mitwerfer durch, wünsche jedem einzelnen Glück & viel Sonne und trinke ein erstmal Schlückchen darauf. Um mich herum tobt ein Konzert aus Meisengezeter, Amselempö- rung und Wildgansgetröte. Man streitet sich vermutlich um die angenehmste Nachbar- schaft, die besten Wohnungen und die tollste Möblierung derselben.

Kurz vor Zwölf hole ich endlich meine Kastanie aus der Tasche und bedanke mich artig für ihren Beistand in den letzten Monaten. Das hat sie gut gemacht.
Kastanienwurf_2010_6

Sie bekommt sogar noch ein Küsschen aufgedrückt, die Kirchenglocken beginnen, zum Mittag zu läuten,
– und dann fliiiegt sie!

Ein bisschen ist das, wie wenn man sich als Kind so richtig schön langgesemmelt hat und dann kommen Mama, Papa oder Tante zum Pusten, zeigen irgendwohin und behaup- ten: „Guck! Da fliegt es!“ Und man guckt und strengt sich an, ob man vielleicht noch was erkennen kann und das Weh geht darüber einfach vergessen.

Und ich muss zugeben, mir rollt glatt ein Tränchen, weil ich so erleichtert bin. Und weil mir plötzlich dermaßen das Herz aufgeht, dass ich erstmal schnell noch einen Schluck nehmen muss… Nicht, dass ich plötzlich noch wildfremde Passanten umarme, wegen Frühling und so.
Kastanienwurf_2010_7

Da irgendwo liegt sie jetzt. Und es dauert gar nicht mehr lange, dann ist hier eine ganze Blumenwiese drumherum gewachsen…

– Und? Wie war’s bei Euch? (Ich glaub’s fast nicht: just kam hier tatsächlich ein dicker Sonnenstrahl vorbei!)