Tut mir leid!

Also, der Mann. Mir tut der irgendwie leid. Schon seit Tagen. Man muss sich ja bloß mal die ganze Abstrampel-Geschichte angucken: Erst dauert es Dekaden, bis er endlich Minipräsident werden kann (und es klappt auch erst, als der Schröder sich von hier aus auf Bundesebene verzieht und eine Lücke hinterlässt, die für ihn schmal genug ist), dann kriegt er den Absprung zur Bundespolitik nicht so richtig, obwohl Muddi ihn überall anpreist wie Sauerbier, dann wird er sogar überraschend, aber ungeliebt Bundespräsident im zweiten Anlauf… – Und noch immer zeigt niemand den Respekt, den er sich so wünscht! Die verstehen ihn alle einfach nicht!

Ganz im Gegenteil. Bei erster Gelegenheit stolpert er zur Hintertür schon wieder raus, kaum, dass er vorne reingeeiert war. War alles ein Nümmerchen zu groß. Und eben ist das passiert, da kübelt seine Tätowierte noch ein Eimerchen Doofdreck hinterher, indem sie Eheprobleme auf ewig zwischen Buchdeckeln festhält und u.a. alle wissen lässt, was völlig offensichtlich ist. Nämlich, dass der Mann keine „Ecken und Kanten“ habe. Soso. Nuja. Und deswegen lässt sie ihn nun mit seiner neuen Brille allein. Ich find ja sowieso, die steht ihm viel besser als die Frau.

Bisher hatte ich ja für Herrn Wulff kein einziges freundliches Wort übrig, fand immer schon ihn lächerlich-schwiegersohnig-farblos, und gewählt habe ihn selbstverständlich auch nie, diesen quakenden Polokragen, den. Möcht‘ auch gar nichts Genaueres wissen über niedersächsische Verfilzungen und so, da wird’s schon genug schwache Momente gegeben haben. Die kommen dann ja demnächst alle noch zum Vorschein, nehme ich an.

Aber was er jetzt so alles an Rundum-Häme über berufliches und privates Versagen einstecken muss, das gönne ich Keinem. Gab’s nicht mal so was wie Boxerehre?: Einen, der schon am Boden liegt, den tritt man nicht? Ich find das irgendwie alles ein bisschen zu viel. Und deshalb ist jetzt was eingetreten, was ich nie-im-Leben! gedacht hätte: Wenn ich den Mann im Fernseher seh‘, dann denke ich tatsächlich: Lasst den doch in Ruhe, der kann donnich mehr…

Verklemmt!

Hilfe, ich klemme! Und zwar zwischen Baum und Borke, wie es gerne mal heißt. Oder klemm‘ ich zwischen Tür und Angel? Zwischen Herz und Verstand? Zwischen Stühlen?
– Nee, ach, dann lieber das mit dem Baum…

Und das kommt so:
Ich will nach Berlin für’n paar Tage. Ich könnt‘ glatt morgen oder Samstag losrudern. Aber: Die Personaldame von neulich schrieb mir vor ein paar Stunden, es sei noch nix entschie- den, es gäbe eventuell noch ein zweites Vorstellungsgespräch, sie meldet sich. Und wenn ich nun morgen nach Berlin sause, ruft sie bestimmt nachmittags an und muss mit dem Band reden, weil sie mich Montag sehen möchte (da will ich aber noch in B weilen, lohnt sich doch sonst alles nicht). Und wenn ich hierbleibe, meldet sie sich garantiert nicht vor Donnerstag…

Und dort anrufen, doof fragen, ob ich weg kann und die Pferde scheu machen, will ich auch nicht, weil, das macht einen unguten Eindruck. Wo ich doch gerade erst zweimal guten Eindruck hinterlassen habe.

Außerdem ist übermorgen 1. Mai. Und zwar ganz besonders in Berlin. Also, wenn irgend- wo 1. Mai ist, dann ja wohl da. Und in Hamburg noch. Letztes Jahr war hier auch 1. Mai, das weiß ich noch genau, da bin ich in einer Demo gegen Rechts mitgelaufen. Eigentlich hieß es, dass wir wahrscheinlich auch tatsächlich gegen Rechts laufen, aber Rechts war woanders pullezeilich aufgehalten worden, und das war mir dann, ehrlich gesagt, auch lieber so, sonst hätte ich da bestimmt angefangen, mit richtungsgeschwächten jungen Leuten rumzuzanken und mich bloß wieder aufgeregt.

Für den Berliner Maianfang fühle ich mich im Moment allerdings nicht aufbrausend genug, den müsste ich wohl eher umgehen, was eventuell per Zuganreise gar nicht so einfach wäre, aber da fehlt mir die Erfahrung. Ich weiß bloß noch, wie ich mal aus Versehen qual- voll im Zug verkeilt saß, weil ich übersehen hatte, dass in meiner Reiserichtung eine „Love-Parade“ stattfinden sollte. Gereist wurde dann aber kaum, sondern in knallvollen Waggons in knallvollen Bahnhöfen herumgestanden, bis der BGS kam und sich mal eben dazustellte. Also, schön war das nicht. Dafür hat’s ordentlich gedauert und um mich rum waren alle stinkbesoffen. (Mai-Randale und Love-Parade darf übrigens nur vergleichen, wer so eine Zugfahrt überlebt hat.)

Deswegen bleib‘ ich erstmal noch ein bisschen hinter meiner Borke und warte einfach die nächsten Stunden ab. Vielleicht wird mir die Entscheidung ja irgendwie bequem abgenom- men. Ich habe mal gehört, dass manche Leute so ganz gut durchs Leben kommen sollen, dann kann ich das ja auch ruhig mal ausprobieren…

Aber erst wird entschlossen gefrühstückt.

Männer und Frauen.

Das ist mal ’ne Überschrift! Die zieht, da kann einfach jeder was mit anfangen.
Eigentlich könnt‘ ich hier auch schon wieder aufhören, wenn es mir nur um die Aufmerk- samkeit ginge. Sogar als Buchtitel würde das fast reichen, um’s zu verkaufen. Wenn jetzt noch „Sex“ dazukäme, dann müsste auch gar nix mehr drinstehen, in dem Buch. Das ginge trotzdem weg wie geschnitten Brot.

Meine Kollegin z.B. behauptet gern: „Männer und Frauen passen nicht zusammen!“ Aber das ist natürlich so ’ne typische Kokettbehauptung von Leuten, die diese Bücher lesen, die wohl irgendwas mit Parken auf dem Mars zu tun haben. Oder wie man mit besonders klugen Ratschlägen sein Leben simplifiziert. Oder auch dieses Glücksbuch von diesem Arzt, der mir so auf die Nerven geht, dass ich immer ganz glücklich bin, wenn er mal nicht zu sehen ist.

GeschirrhandtuecherJedenfalls find‘ ich schon, dass Männer und Frauen eigentlich ganz gut zusammen passen, nur vielleicht manchmal nicht zur selben Zeit oder im selben Raum. Ansons- ten muss man sich ziemlich Mühe geben, wenn man nicht die ganze Zeit aneinander vorbei agieren oder bekloppt werden will.

Bei der Arbeit z.B. gehe ich manchmal lieber kurz raus, weil der Kollege mitten in einer summenden und brummenden Küche steht, die voll durchbeschriftet ist. Auf allen Türen und Schubladen kleben Schildchen, auf denen steht: „Gabel, Messer, Löffel“, „Große Teller“ oder „Geschirrhandtücher“ (die sind nur für den Fall, dass unser Ge- schirr mal Hände bekommen sollte). Und dann fragt der Kollege: „Hamwamaln Löffel?“ und macht eine Schranktür in Augenhöhe auf. Da kann man ja nur entweder vor Freude in die Hände klatschen oder rausgehen! Und, wie gesagt, ich geh‘ lieber raus, sonst ist beim In-die-Hände-klatschen da irgendwie der Kollege mit zwischen.

Man muss Verständnis haben, alles liegt nur daran, dass wir in verschiedenen Welten leben, die aber gleichzeitig stattfinden, und irritierenderweise ist es möglich, sich zu berühren oder sich mal was rüberzureichen, obwohl das ja eigentlich gar nicht gehen kann. Männer halten sich eben nicht gern mit Haushaltsdingen auf, die befassen sich lieber mit Politik und allem, was die Welt zusammenhält (Frauen). Manchmal gewinne ich den Eindruck, sie hätten teilweise Schwierigkeiten, sogar ihre eigenen Füße zu finden, und hoffe dann, das trifft nicht auch ausgerechnet auf die Exemplare zu, die die Weltge- schicke leiten! Männer wissen oft auch ganz selbstverständlich, was Herr Putin zu Herrn Obama sagt (und vor allem, was er wirklich damit meint!), aber die eigene Liebste ver- stehen sie nicht, weil Frauen ja so irre kompliziert sind.

Bestimmt wäre die Welt noch viel toller, wenn Männer sich nicht auch noch mit Löffel- suche aufhalten müssten. Dann könnten sie noch mehr die großen, weit entfernten Dinge bereden und dabei verhungern. Ich glaube ja heimlich, dass Politik eigentlich auch nicht viel anders ist als Weibertratsch, nur eben global und nicht so interessant. Aber es ist bestimmt schon besser so, dass noch immer überwiegend Männer den Job machen. Ich könnte das mit den ständigen Feindbildern und Drohgebärden auf Dauer ja gar nicht. Ich wäre viel auch zu mitfühlend, um ganze Konzerne wegzurationalisieren oder die dritte Welt mit Wohlstandsmüll vollzukübeln.

Eine Welt, in der Frauen das Geschehen lenken würden, stelle ich mir hingegen schreck- lich langweilig und harmonisch vor. Jeder säße am liebsten zufrieden zuhause und würd‘ sich’s nett machen, Nachbarn laden sich gegenseitig ab und an mal ein, oder bringen sich Nudelsalat und Gebäck rüber. Und wenn einer wochenlang weg wäre, wüsste man, der ist entweder im Urlaub oder da stimmt was nicht. Also, wenn sich jeder in einem bestimmten Radius um seine unmittelbare Umgebung kümmern würde, wären zwar alle versorgt, aber das wäre viel zu einfach und macht natürlich auch nix her. Dann müsste man ja auch die- se ganzen schönen Territorialsachen abschaffen, weil die dann völlig überflüssig werden.

Aber ich geb’s langsam auf, das ganze Theater noch mit Vernunft begreifen zu wollen. Offenbar ist gerade das Immer-unübersichtlicher-werden das Interessante am politischen und wirtschaftlichen Weltgeschehen. Und dazu braucht’s immerzu Wachstum, weil es nie gut genug ist, wie es ist, und darum muss immer Einer den Anderen fressen, bis nur ein einziges, fettes und ziemlich einsames Monster übrig ist.

Manchmal stelle ich mir vergnügt vor, dass Frauen eines Tages mal nach dem Frühstück beschließen, die Macht des Internets nutzen, um sich weltweit zu verbünden und der alten Geschichte von Lysistrata mal Leben einzuhauchen. (Frauen sprechen nämlich untereinander durchaus ebenfalls über Politik und so, aber sie hören klugerweise lieber damit auf, sobald ein Mann den Raum betritt. Weil die nämlich meistens gleich zeigen müssen, wie Bescheid sie wissen. Also reden wir einfach über Kindererziehung, bis er wieder weg ist.) In Kenia schien es bereits Ansätze dazu zu geben, wie ich eben mit Wohlwollen festgestellt hab.

Sicher fiele das ganz schön schwer, aber wenn sich alle dran hielten, so für’s große Ganze… – wer weiß, wer weiß! (Und vor allem die anschließende Freudenfeier könnte doch interessant werden.) Und bis dahin könnte man ja vielleicht auf Schokokuchen ausweichen…

Geschenke! Geschenke!

Also, ich finde ja, wenn einer Chef vons Janze ist, sollte er ruhig geradeaus sprechen können. Aber natürlich ist das nur meine persönliche Meinung und niemand ist gezwun- gen, sich der anzuschließen… – Schade, eigentlich. Ich hab‘ aber auch gut reden, ich muss schließlich nicht Horst heißen. Ich kenne übrigens einen niedlichen Witz über diesen Namen, werde den aber lieber nicht hier hin schreiben, sonst heißt es noch, ich sei irgendwie intolerant Hörsten gegenüber.

Jedenfalls fiel mir gestern das hier aus einer Zeitschrift entgegen:
Geschenk_mit_dir

Mich erinnerte das spontan an einen meiner Lieblingssätze, den ich mal im Radio gehört hatte. Und zwar oft. Ich hatte mich also nicht etwa verhört, sondern es handelte sich dabei um den wesentlichen Bestandteil einer fast stündlich wiederholten schwedischen Trocken- brotbewerbung:

„Ich wär‘ wieder so gern wie früher!“

Ich vermute, es ging hier um den Wunsch, eine alte Form oder besondere Knäckigkeit wiederzuerlangen. (Ich hab‘ hier bestimmt auch schon irgendwo drüber geschrieben, wie gesagt: ein Lieblingssatz…) Mitgeteilt wurde mit diesem Satz aber, dass da jemand da- rüber spekuliert, dass sie irgendwann eventuell wieder gern ist. So gern wie eben früher. Wahrscheinlich morgens. Wattweißich.

Und der Herr Horst wollte bestimmt ausdrücken, dass er jede Stunde mit seiner Eva als Präsident empfindet. Hat er aber nicht. Eher hat er gesagt, dass die Eva irgendwie eine Zugabe zum tollen Zeitgeschenk ist. Vielleicht baumelt sie ja dekorativ an der Schleife oder so.

Hoffentlich bekomme ich heute nicht solche Merkwürdigkeiten. Schließlich habe ich mir ganz viele Bilderrahmen gewünscht…

Wums!

Entschuldigung, aber ich bin ratlos: was bedeutet dieses Plakat?
Wums
Meines Wissens ist ein Getriebe, in dem es ordentlich gewumst hat, hinterher kaputt.

„Mit WUMS für ein besseres Europa“ – Soll das etwa ein versteckter Aufruf sein, das olle System endlich hopsgehen zu lassen, indem man ein bisschen „Wumsgerät“ reinwirft? (Wenn ich hier „Bombe“ hinschreibe, kriegt Herr Schäuble wieder Puls.)  Sollte es etwa sein, dass die Grünen sich endlich für die Systemabschaffung einsetzen?

Eher nicht. Ich vermute vielmehr, „WUMS“ soll energisch und durchsetzungsstark wirken. Irgendwie erinnert mich „WUMS“ aber eher an ein schwerfälliges Tier mit langem Fell (also quasi ein schwerfelliges? – lassen wir das), oder vielleicht auch noch an „BamS“, aber das muss mal wieder an mir liegen…

Jedenfalls habe ich hier bisher noch keinen Grünen rumwumsen sehen, und das ist mir, glaub ich, auch lieber so.

Stolz und Unvorteil.

Ich hab’ nicht viele Eigenschaften, auf die ich besonders stolz wäre.

Beispielsweise gehört nicht dazu, zwischen speziellen Grenzsteinen auf die Welt gekom- men zu sein, schließlich kann ich da ja nix für. Es soll wohl Leute geben, die wegen so was ständig ganz aufgeregt sind, aber das habe ich vielleicht auch bloß wieder irgendwo aufgeschnappt oder falsch verstanden, weil: kann ja eigentlich nicht sein.

Wenn überhaupt, könnten höchstens meine Eltern stolz drauf sein, aber die haben zum Glück anderes zu tun. Zum Beispiel könnten sie sich streiten, wieso ich eigentlich dann doch nicht in Berlin geboren wurde, sondern eben in Springe (das war, weil meine Mutter im Streit abgehauen ist zu ihren Eltern), oder über anderen überflüssigen Mist. Das tun sie aber schon deshalb nicht, weil sie seit mindestens 20 Jahren kein Wort mehr mitein- ander gewechselt haben. Davor verwendeten sie übrigens hauptsächlich Wörter, für die man eigentlich einen Stall bräuchte. – Was das wiederum für meine Abstammung be- deutet, darüber möchte ich lieber nicht nachdenken…

Neulich ist mir aber doch was eingefallen, worauf ich tatsächlich ein bisschen stolz bin.
Und zwar: Ich habe tatsächlich kein einziges Poloshirt im Schrank.

Jetzt würde ich natürlich gern behaupten, dass das schon immer so war, aber das wäre leider gelogen, denn ich den 80ern hatte ich eins. Ein weißes. Das hatte ich mir aber nur gekauft, weil ich einen Typen gut fand, von dem ich vermutete, der stünde vielleicht auf Poloshirtmädchen. Dass so Einer damit ohnehin nix für mich sein konnte, habe ich mit meinen 19 Jahren natürlich noch nicht so richtig überblickt.

Poloshirts! Diese Dinger sind so hässlich und gehen einfach nicht tot, ich versteh’ das gar nicht! Allein, wie diese Kragen sich immer so rundbiegen… Und dann dieser furchtbare Pikeestoff… – Und jetzt komm’ mir bitte keiner mit praktisch! Mülltüten sind z.B. auch praktisch (schließlich will man seinen tropfenden Müll nicht gern in der bloßen Hand runter tragen), aber anziehen will sie richtigerweise trotzdem keiner. Überhaupt, wer seine Kleidung nach praktischen Gesichtspunkten auswählt, hat auch als Erwachsener noch Klettverschlüsse an den Schuhen und trägt Brustbeutel. Ach, auch ganz schlimm: Seersucker-Hemden. Am besten noch Kurzarm.

Sowas alles findet man überall in der Stadt, wenn man losgeht, um sich ein schlichtes, weißes T-Shirt zu kaufen. Nur ein T-Shirt findet man nicht. Eins, das vielleicht sogar einen schönen Rundhals-Ausschnitt hat und leicht tailliert ist. Und: blickdicht.

Gibt’s aber nicht. Es gibt keine blickdichten, weißen Shirts.

Die meisten sind sowieso mit irgendeinem „Motiv“ bedruckt. Ich werd’ ja nie verstehen, warum Leute freiwillig mit Beschriftung herumziehen, aber bitte. Ich möchte bloß mal ein schlichtes T-Shirt, das Geheimnisse wahren kann. Was ich „drunter“ trage, geht schließ- lich nur sehr wenige Menschen was an, da bin ich irgendwie ganz altmodisch. Und ich glaube zudem, es ist kein Zufall, dass man seit 2-3 Jahren wieder Westen trägt. Das ist sicher nur, weil die T-Shirts so durchsichtig sind! Ich teste das beim Stöbern übrigens immer so: ich schiebe das Etikett unter den Stoff, und wenn ich dann trotzdem noch den Preis lesen kann, weiß ich, dass man quasi auch bei mir alles „lesen“ könnte.

Umfragen im Freundinnenkreis ergaben übrigens erstens volle Zustimmung und zweitens spürbar erschöpfte Resignation. Gerüchte kursieren zwar, welche Marken „gerade noch so gehen“, aber der Überprüfung halten sie dann oft doch nicht Stand.

Und neulich hatte ich dann tatsächlich sogar den Fall, den Freundin S. schon mal am Telefon dunkel vorausgeahnt hatte: sie prophezeite, dass selbst die letzte tragbare Res- source, nämlich die schwarzen Hemdchen, wahrscheinlich demnächst auch nicht mehr blickdicht seien. Und was soll ich sagen? Nur wenige Tage später stand ich in einer Kabine und konnte es nicht fassen… Ich schöre, mein Kinn hätte fast gezittert!

Da fällt mir ein: wieso ist das eigentlich kein Wahlkampfthema?

Also, eine Partei, die mir endlich ein gut geschnittenes, unverziertes, blickdichtes weißes T-Shirt bietet, würde ich vielleicht eventuell unter Umständen glatt wählen; – so verzweifelt bin ich nämlich schon. Fast.

Ich trau’ mich gar nicht…

… richtig, den Fernseher anzumachen. Als ich das zum letzten Mal gemacht habe, wurde mir alle fünf Minuten erklärt, dass Barack Obama „der erste schwarze Präsident der Ver- einigten Staaten“ werden wird. – Na, Potzblitz! Ich weiß jetzt nicht, wer das wohl kürzlich rausgekriegt hat, aber alle Anderen schreiben offensichtlich bei dem ab, anders kann ich mir das nicht erklären. Sogar in Italien hat man anscheinend irgendwas gemerkt. Also, ich vermute mal, dass Herr Obama noch einige weitere Eigenschaften mitbringt, die er dann irgendwie für’s Präsidentsein gut gebrauchen kann.

Ich hab’ aber seit heute Morgen einen ganz anderen Gedanken:

Es gibt bei solchen Wahlen ja immer diesen speziellen Zeitraum zwischen der Wahl an sich und der Einsetzung des Designierten ins Amt. Bis dahin regiert der Vorgänger noch so ein bisschen herum, aber auch gar nicht mehr so richtig. Also muss das ja eine Phase relativ stark eingeschränkter Regiererei sein. Und nun wüsste ich gern mal, ob nun diese Phase nicht vielleicht sogar positive Auswirkungen auf die Regierten hat. Stimmungsmäs- sig oder so. Oder auf die Wirtschaft. Oder die diplomatischen Beziehungen, meinetwegen. Ob es dazu eventuell Studien gibt? Wenn nicht, dann hätte ich ganz gern mal welche, wäre doch vielleicht interessant.

Nachher käm’ da nämlich raus, dass es für ein Volk eigentlich am allerbesten ist, gar nicht regiert zu werden…

Hohe erstläufige Vorrechnung

So. Heute ist ja wohl ein wichtiger Tag in history.

Ich sage jetzt einfach mal frech voraus, dass sich die Amiwahlen heute nicht direkt ent-
scheiden werden. Sondern, dass es wieder wochenlang Streit geben wird, so richtig mit Heulen und Zähneklappern, bis endlich klar ist, wer wo mehr Stimmen abgekriegt hat. Das Erstnochklärenmüssen ist ja seit ein paar Jahren überall der neue Trend, und ich glaube sogar, dass die Amis selber damit angefangen haben, als der Herr Busch sich seinen Sessel damals unter’n Nagel gerissen hat.

Das liest sich jetzt aber doch ein bisschen merkwürdig: „sich einen Sessel unter den Nagel reißen“. Das müsste ja wirklich ein ziemlich kleiner Sessel sein… Oder ein echt großer Nagel. Ich glaube aber, mal gesehen zu haben, dass der Präsidentensessel ganz normal protzig dimensioniert ist. Und Herrn Busch möchte ich nun wirklich nicht gern als groß bezeichnen. Nicht mal seine Nägel. Sagen wir also lieber, „als er sich damals an die Macht rangemacht hat“. (Und diesmal meine ich sicher keine Fernbedienung.)

Jedenfalls, dieses Verfahren des Wirwissennochnichtgenauwergewonnenhat haben doch dann die Deutschen direkt nachgemacht. Als der Schröder’sche der Angela verbieten woll-
te, irgendso’ne Kirche aus dem Ort zu entfernen.

– Und die Italiener? Da war doch auch sowas, oder nicht? Sogar in Hessen und eigentlich ü-ber-all wird das inzwischen so betrieben. Also, ich glaube ja fast, dass da irgendein merkwürdiger Trick drin steckt, dessen Nutzen sich mir noch nicht erschließen will. Ich weiß ja, wir sind alle politikverdrossen, es gibt kaum noch klare Positionen (und wenn, wird einem schomma ganz schnell übel), ja, was soll man da auch wählen… Und darum sollen angeblich die Wahlergebnisse so figeliensch ausfallen.

Ich glaub’ das aber nicht recht. Verschwörungstheorien sind eigentlich gar nicht mehr so meins (außer ich hab’ zwei Bier getrunken und Lust, rumzuspinnen), aber meine Vermu-
tung ist, die Herrschaften janz oben tricksen da vielleicht jeweils ein bisschen was, um mehr Zeit zu haben für ihre Aktenschredderei oder so. Oder sie wollen gar nicht regieren und drücken sich eher um die Wette, wer den Mist jetzt weiter managen muss. Oder sie wollen noch ein Monatsgehalt mitnehmen. Vielleicht haben sie auch nur keine Lust, ihre Schränke aus- und wieder einzuräumen, weil ihnen dann zerbröselte Keksriegel, staubige Wollmäuse, Ehrenbürgerschaften und olle Notizzettel entgegenfallen, auf denen steht: „Nicht vergessen: Nelson Mandela, 20 Dollar!“ Und dann wissen sie wieder nicht, kriegt der die noch, oder hatte er sich die geliehen? Damals, im Regierungssitz-Stehcafé…

Also, ich war’s jedenfalls nicht

Heute Morgen beim Wahlgang konnte ich live sehen, wie erloschenes Leben aussieht. In dem Raum mit der richtigen Zahl dran saßen 6 Männer, in kein Gespräch vertieft. Und alle bis auf einen sahen aus wie altgewordene Taxifahrer, die die ganze Nacht durch gefahren sind und dabei jeweils eine Stange Zigaretten weggeraucht haben. Niemand antwortete auf meinen Gruß. Bei dem Einen gab ich mein Kärtchen ab, der nickte nach sorgfältiger Prüfung einem Zweiten zu, der mir wortlos unter Aufbietung all seiner Restkraft den Wahl-
zettel 10 cm hoch über den Tisch hielt. Die anderen erschöpften sich im Zugucken, wie ich mich hinter die Pappwand verdrückte.

Meine zwei Kreuzlein hatte ich schnell gemacht, überlegte noch kurz, ob ich dazu schrei-
ben sollte: „Das gildet aber 7,9 Millionen Mal, bitteschön!“, denn so viele Einwohner soll’s hier geben, und ich hab’ Sorge, dass die überwiegend Mist ankreuzen werden. Dann ver-
kniff ich’s mir aber doch. Während ich meinen Zettel in die gelbe Tonne pfriemelte, wurden den Herren die Augenlider immer schwerer…

Beim Rausgehen rief ich fröhlich: „Tschüssi!“, und da muss einer aufgewacht sein. Denn als ich schon durch die Tür war, hörte ich ein leises „Wiederseh’n…“

Haltlose Versprechen

Morgen wird ja nun gewählt. Obwohl alle nach Hessen gucken, machen die Niedersach-
sen auch mit. Ich ebenfalls. Das Milchbrötchen ohne Eigenschaften hab’ ich mir nu’ lange genug angeguckt…

FDP_MamaDen Preis aber für das doofste Plakat kriegt diesmal die FDP. Ich mein’, ich wähle die so-
wieso nicht, weil mir bisher noch niemand richtig erklären konnte, wofür die überhaupt da ist. Aber Hannover mit beklebten Hartfaser-
platten vollstellen, das können sie genauso gut wie alle Anderen. Auf meinem Radweg zur Agentur konnte ich beobachten, wie sich eins davon scheinbar vor Verlegenheit schon los-
reißen wollte, um im Gebüsch Schutz vor Blicken zu suchen. Einen Kabelbinder hatte es schon durchgeknabbert und flatterte vorfreudig.

Papas trinken also Bier, Mamas Milch? Find’ ich gemein, sowas. Mama wird ja wohl auch mal ein Bierchen trinken dürfen! Und wieso müssen denn die Papas überhaupt zu Mamas werden? Die Mamas sind doch schon die Mamas! Brauchen Kinder keine Papas? Und was wird dann aus den Mamas, wenn die Papas Mama werden? Leider hat die FDP uns das nicht näher beantwortet. Oder soll man sagen: Zum Glück?