Draußen

Gestern war ich so’n bisschen blogfaul…
Stattdessen bin ich endlich mal wieder spazieren gegangen! Mit’m Heuschnuppen geht’s jetzt nämlich wieder besser, und so hab’ ich mich mal wieder auf meine alte Spazierrunde getraut, um „meine“ olle Weide zu besuchen. – Und hab’ mich gleich geärgert, weil ich die Kamera nicht mitgenommen hatte. In meiner Quarantäne war mir nämlich tatsächlich ent-
gangen, dass der Frühling inzwischen volle Pulle losgelegt hat! Es sind schon reichlich Insekten unterwegs, die Vögel schreien aus vollem Hals (man gut, dass der Mensch das allgemein als angenehm empfindet), überall wird geblüht wie Bolle und in der Weide war ein Nest mit frischen Halmen drin. Ich vermute aber, das da kein Rasen ausgebrütet werden soll, sondern vielleicht Meisen oder so.

Und am schönsten: Die Mauersegler sind auch wieder da. Die krakeelen zwar besonders laut, aber ihre Kamikazeflüge kann ich mir stundenlang begucken. Dass die nie landen! (Außer in der Brutzeit.) Ist doch irre, oder?

Ganz in der Nähe der Weide bildet ein Seitenarm eines Baches einen kleinen Tümpel. Dass da richtig Betrieb war, konnte ich von weitem schon hören. Anscheinend wurde dort diskutiert, wer die tollsten Schenkel hat und die knackigste Brauntönung. Als ich näher kam und mich vorsichtig dazu setzte, ging überall um mich herum erstmal ein großes Gehopse los, beruhigte sich dann aber bald wieder. Die meisten waren vor mir ins Wasser geflüchet… Ich glaube, dass das Erdkröten waren, aber ich konnte nicht so genau sehen, ob sie nun kupferfarbene Augen hatten oder nicht. Da guckte zwar immer eine aus dem Wasser zu mir rüber, aber jedes Mal, wenn ich zurückguckte, kniff sie schnell die Augen zu. So lange bis ein Typ im Jogginganzug sein Klapperfahrrad vorbeischob. Dass der den Anzug nicht zum Joggen hatte, sah man sofort. „Na, willze Frösche fang’?!?“ rief er mir zu, aber ich tat so, als wüsste ich gar nicht so richtig, was ich mit Fröschen soll.

Nachdem er wieder abgeschoben war, machte ich mich auch wieder auf dem Weg, an dem einen Ufer des Baches entlang. Dort kam mir ein Paar auf Fahrrädern entgegen und (keine Ahnung wieso) der Mann rief mir fröhlich zu: „Wennse ihr’n Mann suchen: Der geht da drüben!“ Da hab’ ich natürlich sofort geguckt wo denn, und sah auf der anderen Seite des Baches einen Typen mit modischer Glatze, Metal-Shirt und Schäferhund durch die Rabatten stapfen. Das konnte also schon aus mehreren Gründen gar nicht meiner sein. „Das is’ überhaupt nich’ meiner!“ rufe ich dem Radfahrer dann auch hinterher und überlege, ob ich noch „Netter Versuch! Aber völlig unnötig!“ hinterherschicken soll, aber da ist er schon zu weit weg. Stattdessen zucke ich mit den Schultern. Schließlich hat „meiner“ Haare und verweigert sowohl T-Shirts als auch Hunde. Und am kommenden Wochenende geht er sicherlich auch gern wieder mit mir spazieren.

Heute allerdings ist erstmal Freundinnenprogramm dran. Die liebe T. kommt heut’ Abend und schleppt ein halbes Picknick mit. Per e-mail hat sie mir mitgeteilt, sie bringe

Polentastückchen
Quark mit Schnittlauch
Tomatenbutter
Kräuterbutter
Römersalat
Wassermelone

und Wurzelbrot (superlecker, zum Aufbacken)

mit. Also bin ich los und habe noch Käse, Tomaten und Frikadellenzutaten besorgt, damit wir komplett sind. Außerdem ist da noch eine Flasche Cidre, die wir beim letzten Mal (vor gefühlten hundert Jahren) nicht geschafft haben. Und wenn ich dann nachher schon zum Anfang der Woche etwas beduselt bin, gebe ich einfach den Schweden die Schuld! Der Möbelelch hat mir nämlich vor einigen Tagen in seinem „Family“-Newsletter mitgeteilt: „Leichtes Schwanken hilft Körper und Geist beim Entspannen.“

Da ging es zwar eigentlich um Hängematten, aber ich will da jetzt nicht so kleinlich sein.

Fürsiche an und pfirsich.

In ein paar Wochen ist es soweit: Miss T. durchbricht eine Schallgrenze! Beziehungsweise steigt sie mal eben über ein zierliches Mäuerchen. – Ja, was denn nu? Herrjeh, es fühlt sich eben mal so und mal so an…

Tausende Artikel sind darüber bestimmt schon weltweit verfasst worden. Es passiert stän-
dig überall. Mir ist es zwar noch nie passiert aber es wird mir bald passieren. Zum Glück aber wohl nur einmal. Wissenschaftliche Untersuchungen führender Labors auf der ganzen Welt haben ergeben, dass es Jedem eigentlich nur einmal passiert. Reicht ja auch. Aber es wird eben darüber geredet und auch geseufzt. Also bitte, hier kommt jetzt die Stelle, an der geseufzt wird: Seufz.

Wieso seufz? Hatte ich das noch gar nicht gesagt? Ach so. Ich werde 40.

Ja, seufz. Sag’ ich doch. Die alte Leier.
Ist schon komisch, dass man sich von einem Datum so erschrecken lässt. Es ist ja nicht so, dass ich über Nacht, BAM!, altere, und wenn ich dann morgens in den Spiegel gucke, sind da plötzlich 20 Jahre mehr im Gesicht abgeheftet.

Trotzdem wird mich die Zahl stören, weil ich finde, sie steht mir nicht. Mir sind nämlich manche Zahlen schon immer unsympathisch, und die 2 und die 4 mochte ich noch nie, ganz besonders die 4 nicht. Die ist mir irgendwie zu pieksig. Meine Lieblingszahl ist und bleibt die 3, und die gebe ich jetzt auch ganz ungern her. Meinetwegen könnte ich jetzt noch 10 Jahre lang irgendwas mit 3 davor sein, und dann direktemang 50 werden. Die 5 hab’ ich nämlich auch ganz gern und die steht mir dann bestimmt auch wieder viel besser.

Eventuell hat der Argwohn gegenüber der 40 auch was mit solchen Zeichen zu tun, dass z.B. die Damen in „Liebe her!“-Anzeigen immer höchstens 39 sein sollen und wollen. Dahinter beginnt wohl so eine Art Niemandsland. Wer will da schon hin. Das hätte dann also was mit der Angst vor schwindender Attraktivität zu tun. Jetzt sagen natürlich alle: „Quatsch! Wieso soll eine Frau mit 40 denn nicht attraktiv sein? Da musste doch drüber stehen!“ Schon, aber deswegen kann es mir ja trotzdem mal auffallen, oder? Das merke ich aber sowieso schon länger, dass die Jungs nicht mehr so gucken wie früher. Zuerst dachte ich: nanü, die gucken ja gar nicht mehr. Werde ich vielleicht langsam unsichtbar? Aber weil im Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich niemand Probleme hatte, mich optisch auszumachen, dachte ich dann: Ach, phhhh…, wer will denn schon von Jungs beguckt werden! – Die Männer, die gucken nämlich schon noch… 

Und Frauen, die vierzig sind, kriegen außerdem meistens keine Kinder mehr. Da findet also schon eine Art heimliche Staffelübergabe statt und da sagt irgendsoein Steinzeittrieb eventuell „Abwinken“. Da kann man sich noch so gut gehalten haben.

Was die Kinderfrage angeht, bin ich ja sowieso etwas verdreht. Früher wollte ich durchaus eines Tages Mutter werden. Aber irgendwie wollten die Männer, mit denen ich ernsthaft zusammen war, auf gar keinen Fall Kinder. Bis auf einer. Der sagte irgendwann, er wün-
sche sich sogar ganz doll eins von mir. Bevor ich aber richtig überlegen konnte, ob ich ihm das nun zum Geburtstag oder lieber zu Weihnachten schenken soll, machte er sich vom Acker. Man gut, dass wir noch nicht angefangen hatten damit! Direkt auf der anderen Seite des Ackers stand übrigens die Frau, der er das Kind noch viel lieber machen wollte. Und heute bin ich amüsiert und sogar richtig froh drüber, dass es so gelaufen ist. Der wär’ nämlich wirklich der Falsche dafür gewesen. Das eigentlich Irre ist aber: Alle diese Herr-
schaften, mit denen ich länger zu tun hatte, wurden in der Beziehung nach der unseren Vater. (Bis auf Freund M. Der will das nämlich wirklich nicht.)

Eventuell bin ich also keine Frau, mit der man Kinder will, obwohl ich eigentlich gar nicht so richtig wüsste, wieso. Und vielleicht ist das auch gar wirklich nicht so, es wäre aber eigentlich nicht schlimm. Mit dem Thema bin ich inzwischen sowieso, nach sorgfältiger Auseinandersetzung damit, durch. Nur, wenn mal wieder eine Freundin muttert (so wie Freundin M. zurzeit), flackert kurz auf, dass das ja eigentlich schon ganz schön ist, so was… – Aber ich kenn’ das schon, das ist nichts Ernstes, dauert ungefähr 2-3 Monate und geht dann von alleine wieder weg. Was man von Kindern nun wieder nicht behaupten kann.

Müsste ich mich jetzt eigentlich für diesen ziemlich privaten Exkurs entschuldigen? Nö. Da denke ich halt so drüber nach. Ich behaupte jetzt mal frech: Das ist evolutionär so angelegt, das Frauen um die vierzig immer mal über Quark nachdenken müssen. Da können die nix für. Aber es reinigt die Hirnwindungen, also lass ’se mal.

Das sind eben die Sachen, die einem so einfallen können, wenn man 40 wird. Ob Männer das dann wohl mit der 50 haben? Dieses etwas unangenehme Gefühl, mal gucken zu müssen, was man eigentlich bis hier geschafft hat, und ob man noch irgendwo hin will? Hin will ich schon irgendwo, weiß aber im Moment nicht so Recht, wohin.

„Wohin?“ fragen mich gelegentlich auch Freunde und so. Da denke ich manchmal direkt bergeweise drüber nach, und weiß hinterher immer: Nee, da war jetzt noch nix dabei. Es muss schon laut und deutlich „PLINGGG!“ machen. Und Vieles hab’ ich ja auch schon gemacht: Ausbildung, Arbeiten in einigen total unterschiedlichen Sparten, Entwicklung von Universaltalenten, Musikmachen, Selbständigkeit, Liebe mit Zusammenwohnen, Liebe mit Getrenntwohnen, Freundschaft, Trennung, Krisen, Wiederaufstehen, Weitermachen.

Soweit also die Bilanz.

Und was mache ich denn an meinem Geburtstag? Also, soll ich das auch noch feiern, oder wie? Und mir launige Sprüche über die 40 anhören? Mich „altes Haus“ nennen lassen? Mein ganzes Taschengeld für Bier ausgeben, damit die Gäste dann fröhlich behaupten, ich sähe „keinen Tag älter aus als 39!“? Ich sehe sowieso höchstens wie 36 aus, dass das mal klar ist.

Eigentlich würde ich viel lieber wegfahren, ich vermisse das Meer sowieso schon seit län-
gerer Zeit. Und Muscheln stellen auch keine doofen Fragen und schenken einem keine T-Shirts, auf denen draufsteht: „Ich bin 40, bitte helfen sie mir über die Straße!“ O.K., das machen auch meine Freunde nicht, da würd’ ich denen nämlich was husten. Ebenso, wenn mir einer auf die Schulter haute und riefe: „Na? Und? Schon Mitleidskrise? Hahaha!“ Schließlich habe ich das oder Ähnliches im letzten Jahr bei Freundin S. beobachten kön-
nen, die mir zum Glück neulich mal erzählte, ihr sei die 40 auch immer noch nicht recht geheuer, obwohl sie schon ein Jahr damit rumläuft. Leider reicht aber meine Haushalts-
kasse nicht so richtig zum Wegfahren. Und wenn ich nach Hause käme, müsste ich die Biere ja trotzdem noch ausgeben. Ich könnte mich eventuell tot stellen. Aber auf Beerdi-
gungen wird ja für gewöhnlich sogar noch mehr gesoffen als auf runden Geburtstagen. Weiß ich also noch nicht…

Na, bis mir was einfällt, altere ich einfach noch ein bisschen vor mich hin…

Huch, das ging ja fix!

1Vorgestern sagte eine Frau einen tollen Satz aus meinem Fernseher heraus. Und das war wirklich nett von ihr, denn der Satz passt heute prima hier hin:

„Ich mache eine Sache so lange, bis sich sie so haben will, wie ich sie mir vorstelle!“

Genau. Und da ich noch nicht so ganz si-
cher bin, ob und was ich mir überhaupt genau vorstelle, und wo ich das schon wieder hin habe, und wie ich’s dann auch vielleicht will, wenn ich eventuell möchte, also, gesetzt den Fall…, – mache ich die Sache einfach noch ein bisschen weiter…

Ich möcht‘ mich gern mal bedanken bei denen, die hier immer mal vorbeischauen:

Danke für die vielen warmen Gedanken, witzigen Wortspielereien und guten Taten!

Eure Theobromina

Aus aktuellem Anlass… (Schollenente 2)

Nachdem ich ja neulich im Museum diese, öhm, angebliche Schollenente fotografiert und hier beschrieben hatte, fragte mich NetRat, ob ich nicht eventuell Lust hätte, das mal vor-
zulesen.

Und dabei aufzunehmen natürlich, damit sie das in der Dienstags-„Frühschicht“ bei Radio Unerhört Marburg senden kann. Und zwar in der schönen Reihe „Vogel der Woche“, die sie schon seit Jahren dort betreibt und in der sie uns Vögel vorstellt, die das menschliche Auge und Ohr bisher selten entdeckten.

Es war mir jedenfalls eine Ehre und (trotz hörbarer Heuverschnupfung) ein Spaß.
Also schrieb ich das Ding etwas um und hier ist das Ergebnis:


Schollenente

(MP3 – 1,8 Mb)


„QUAK QUAK QUAK!!!“

Erstmal: Herzlich Willkommen, Rrrita!

Falls einer fragt, wer mich vorgestern freundlicherweise eingeladen hat, und wessen Einladung ich natürlich freudig angenommen habe: Rrrita war’s. *g*

Was gibt’s noch zu erzählen?

Seit Samstag renoviere ich nicht mehr bei Freundens herum, sondern erstmal an mir selber. Will heißen: Ich hab’ zwei Tage nicht viel mehr gemacht als Rumliegen, Lesen, Keksverkosten, Carameldinger mit Schokoklecks drauf aus ihren Plastiknäpfchen pulen, immer mal den Fernseher umschalten und dabei gelegentlich wegratzen. Das tat gut.

Gestern hab’ ich mich sogar mal wieder rausgetraut, aber da hat’s dann geregnet, also hab’ ich mich so schnell wie möglich wieder reingetraut. Vorbei an dem Autorepariermann hinten im Hof. Der hat da seine Werkstatt und lauert hinter seinen zerlegten Patienten auf mich. Wenn ich mein Fahrrad aus dem Schuppen hole, schleicht er sich gern von hinten an, und wenn ich mich umdreh’, fragt er: „Hallo, wie geht’s?!? Was gibt’s Neues?“ und dann muss ich ganz knapp antworten: „Gut. Nix. Schöntachnoch!“, sonst komm’ ich da nie wieder weg und muss mir womöglich den Durchzug der Jahreszeiten hinten im Hof angucken. Und seinen ulkigen, wattierten 70er-Jahre-Overall dazu. Das will man ja nich.

Die Freundereifamilie von der Renovierstelle will übrigens am Samstag endlich umziehen, aber da habe ich gleich meine arme verknickte Wirbelsäule vorgeschoben, also zumindest theoretisch. Ich bin mir übrigens sicher, dass dieser Umzug nervenfetzend chaotisch wird, denn wahrscheinlich sind bis morgens noch keine Kartons gepackt, die Klamotten werden schnell in Plastiksäcke gestopft und es müssen bestimmt erst noch mehrere Schränke auseinandergebaut werden. Beschriftet wird sicher auch nix, weswegen alles in den fal-
schen Zimmern landen wird.

Ich weiß übrigens nicht, wieso das so ist, vielleicht kann mir das ja endlich mal einer er-
klären, aber sowas wie einen Umzug zu organisieren, gilt in manchen Kreisen immer noch als total unlässig. Meiner Meinung nach ist es eher unzulässig, deshalb halte ich mich da sicherheitshalber raus. Sonst muss ich mir noch gutgelaunte Sprüche anhören, in denen dann „Schrebergartenmentalität“ oder „vollverspießt“ vorkommen.

Außerdem bekomm’ ich übermorgen endlich mal wieder Besuch bis Sonntag, und das wurde auch langsam mal Zeit, aber eben die hatte ich vorher ja nicht. Deswegen gehen dieser Besuch und ich erst abends mal gucken und kontrollieren, ob nun alles vorschrifts-
mäßig herumtransportiert wurde. Wir ziehen dann vielleicht auch eine von mir noch zu schmiedende Spinatquiche mit um, denn der gute Umzugs-Freund A. hat es passender-
weise so arrangiert, dass er am Samstag auch gleich noch Geburtstag hat, darum rechne ich mit ordentlich Hallo und mehreren Kisten Bier in der Bude.

Und heute? Wenn ich die „Frühschicht“ auf RUM zuende gehört habe, geh’ ich erstmal schön in die Stadt. Kontrollgang, selbstverständlich. In den Lieblingsbudiken mal wieder die Kleiderbügel grade rücken und so…

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 10) – Schweigend genießen

TheobrominenfuesseEigentlich, wenn man’s genau nimmt, sollte hier heute gar kein Text neben dem Foto ste-
hen. Aber noch eigentlicher spreche ich ja nicht, weil ich das, das ich sagen will, schließ-
lich schreibe. Und die Zeiten, in denen ich beim Schreiben noch mitsprechen musste, sind zum Glück ungefähr 30 Jahre her. Weil das Schreiben aber nun mal eine Form des Sagens ist, kann man wiederum auch nicht richtig behaupten, dass ich heute schweige. – Sei’s drum.

Es geht also ums Schweigen. Schweigen ist eigentlich ganz einfach. Man muss nur mal eben den Mund halten. Dennoch fällt es vielen Menschen immer schwerer. Sie haben das Bedürfnis, sich immer und überall mitzuteilen. (Manche führen sogar ständig Selbstge-
spräche, – aber das ist ein ganz anderes Thema.) Es soll ja beispielsweise überall und ständig telefoniert werden, aus dem Fernseher heraus teilen uns ebenfalls dauernd Leute ihre privaten Ansichten mit. Und wenn sie nicht im Fernseher sind, dann bloggen sie viel-
leicht. Entschuldigung, aber: Ist doch wahr. Klar, man will ja auch irgendwohin mit den ganzen Eindrücken, die man so aufnimmt.

Hingegen ein Freund von mir ist ein ziemlicher Schweiger. Seine Antworten bestehen oft aus Einwortsätzen. Es macht ihm nichts aus, Pausen entstehen zu lassen, da bleibt er ganz er selbst. Eigentlich spricht er nur, wenn er auch wirklich was zu sagen hat. Oder wenn seine extrem redefreudige Frau mal ein Päuschen macht. (Oder aber, wenn er ziem-
lich betrunken ist. Das ist allerdings auch wieder ein ganz anderes Thema. Und außerdem versteht man das, was er dann sagt, sowieso nicht. Zum Glück ist ihm das aber ganz egal.) Er und seine Frau passen erstaunlich gut zusammen. Ihn stört’s nicht, dass sie viel redet. Sie mag’s, wenn er schweigt.

Ich weiß eigentlich erst seit Kurzem, dass ich auch gern mal schweige. Früher war mir das gar nicht so aufgefallen. Ich dachte nämlich immer, dass ich eher gern überall meinen Senf dazu gebe. Vielleicht hat das mit dem Gelegentlichgernschweigen aber auch gerade erst angefangen, das weiß ich nicht so genau. Eine Freundin von mir könnte jetzt protes-
tieren und sagen: „Aber so bist Du doch, seit ich Dich kenne!“, und das sind immerhin gute 12 Jahre.

Es gab nämlich zwischen uns ziemlich häufig folgende Situation: Wir gehen spazieren, die Sonne scheint, das Gras ist grün, der Himmel blau, und vielleicht sind da auch Blüm-
chen irgendwo. Vermutlich rauscht auch ein Bach oder ein Baum, und es piepen Vögel. Aber davon höre ich kaum was, weil die Freundin die ganze Zeit (und immer wieder von vorn) aufzählt, was sie sieht: „Hach…! Guck’ mal, wie blau der Himmel ist! Und wie toll die Sonne scheint! Ist das schön! Und da ist ein Baum! Und da ist noch ein Baum! Und da ist noch…“ Jaja, wahrscheinlich sind wir im Wald.

O.k., ich gebe zu, ich habe jetzt ein bisschen übertrieben, wir führen häufig auch gute Ge-
spräche über Dinge, die uns gerade beschäftigen, – sie wird es mir hoffentlich nachsehen. Aber garantiert sagt sie irgendwann noch: „Hör’ mal: die Amseln (die Meisen, der Bach, usw.)! Ist das schön!!!“ Schon oft habe ich zu ihr gesagt: „Ja-ha, ist ja gut jetzt! Ich bin doch auch hier und sehe das alles!“ Und ich würde das auch alles hören, wenn… Hält sie mich vielleicht für tumb? Wir könnten doch auch mal ein paar Minuten nicht sprechen und die Umgebung einfach wirken lassen. Aber es will unbedingt aus ihr heraus, da kann man wohl nichts machen.

Das ist ähnlich wie mit dem Publikum eines Feuerwerks. Überall wird „Oooooooooh!“ und „schööööön!“ gerufen und fleißig kommentiert, oder sogar gefachsimpelt. Wozu nur? Mir schmälert es das Vergnügen, wenn gleich alles so abgehandelt wird. Ich finde Feuerwerke fast immer ergreifend und möchte dieses Ergriffenwerden gern genießen können. Ein eifri-
ger Kommentator in meiner Nähe wirkt dann auf mich schon mal so wie eine Praline, die mittenmal eine Leberwurstfüllung hat. Wieso drängt der mir seine Gefühlsäußerungen auf? Dass er Feuerwerk schön findet, kann ich mir doch denken, sonst wäre er schließlich zu-
hause geblieben! Vielleicht sollte auch lieber ich zuhause bleiben, aber da gibt’s so selten Feuerwerk. Eigentlich sogar nie. Die Decken sind zu niedrig. Aus diesem Grund suche ich mir, wenn ich ein Feuerwerk besuche (und es möglich ist), einen Platz abseits, von wo ich es vielleicht nicht ganz so gut sehen kann, aber dann wenigstens in Ruhe.

Aber ich bleibe jetzt mal beim Spazierengehen, weil das so ein schönes Beispiel ist. Und schön ist eben auch, wenn man mal gemeinsam ein Stückchen schweigend gehen kann, in einem guten Rhythmus. (Ich hatte nämlich vor langer Zeit mal einen Freund, der blieb immerzu stehen, wenn er einen Gedanken ausformulieren wollte. Das hat mich ganz be-
kloppt gemacht. Irgendwann verlor er meine Hand aus seiner, weil ich einfach weiter ging. Aber das ist nun wirklich ein ganz anderes Thema.)

Vielleicht bin ich einfach zu oft allein spazieren gegangen. Das mache ich nämlich schon seit vielen Jahren. Auch, weil das Gehen mir den Kopf sortiert, ohne dass ich viel dazu tun muss. Dabei beobachte ich und lausche. Es werden Pflanzen beschnuppert, angefasst. Ich mache den Kopf frei, nehme Eindrücke, Bilder, Geräusche auf. Und dabei schieben sich heimlich innere Dinge zurecht. Und wenn ich in Begleitung gehe, dann genieße ich das alles ebenfalls, und dazu das Zusammensein, ein gutes Gespräch. Wenn ich aller-
dings immerzu sagen soll, wie schön ich nun alles um uns finde, komme ich kaum zum Genießen. Und das lässt sich zwar nicht auf alle, aber doch auf viele Situationen über-
tragen.

Irgendwer hat mir mal erklärt, dass, wenn man ein Gefühl eilig herauslässt, dann ist es: draußen. Und eben nicht mehr drinnen. Ich finde das eigentlich ganz treffend, denn man-
che Gefühle behalte ich wirklich ganz gern erstmal ein bisschen drinnen. Und wenn man sich ein bisschen kennt und mag, dann teilt man eine schöne Stimmung doch auch mal ein paar Minuten ohne Worte…

Schwedische Machenschaften

Ich weiß nicht, wie die das machen, da bei IKEA.

Jetzt habe ich übrigens hin- und herüberlegt, ob ich vielleicht lieber IHKÄA schreiben soll. Oder „schwedisches Möbelhaus“. Um keine Werbung zu machen für die. Ich könnte auch „die mit dem Elch“ oder „die mit den fiesen Fleischbällchen, die immer falsch ausgespro-
chen werden“ schreiben. Oder „da, wo immer Schrauben fehlen, – kennt man doch!“. Oder „wo Alle immer Teelichte kaufen“ (obwohl die da gar nicht billiger sind als anderswo, eher teurer). Oder „wo die Sachen so lustige Namen haben, wie Hjverssön oder Krödenplöty, haha.“ Habe ich jetzt ungefähr alle IKEA-Klischees durch?

Jedenfalls weiß ich nicht, wie die das machen. Es wirkt unspektakulär, das ist gerade das Perfide, scheint aber doch Methode zu haben. Als ich mir vor zwei Jahren meine neuen Küchenschränke da kaufen wollte, hat man mir in der Küchenabteilung eine dufte Liste für alle Teile ausgedruckt, trotzdem habe ich aus Versehen die falschen Einlegeböden mitge-
nommen. Nachdem ich das gemerkt hatte, musste ich natürlich noch mal hin.

Und wenn man noch mal hin muss, dann kauft man auch noch mal Teelichte (also ich nicht, aber sonst alle, die ich kenne) oder einen kleinen Flickenteppich und zwei Kaffee-
becher und Bettwäsche. Und zuppdiedulli sind noch mal 50 Euro weg.

Und gestern waren Freundin M. und Mann und Tochter ebenfalls dort, um ihre Küchen-
schränke zu kaufen, sogar aus derselben Serie. Und sie waren noch total froh, dass alles vorrätig war, und sie alle Teile gleich mitnehmen konnten. Und dann? Stellt sich beim Zusammenbauen raus, dass sie aus Versehen einen Unterschrank zuviel mitgenommen haben. Dabei hat man ihnen doch extra eine Liste… Und jetzt müssen sie noch mal hin!

Ich glaube, in der Küchenabteilung werden vielleicht so spezielle „Komm-wieder-und-
kauf’-dann-noch-was-Hormone“ versprüht. Doch, bestimmt. Bei zwei Vorfällen dieser Art kann man jetzt vielleicht noch von Zufall sprechen. Oder launig behaupten: „gleich und gleich gesellt sich eben gern“ und damit die Vermutung, dass mein Freundeskreis und ich eben Küchenkaufspezialisten seien, heftig bezwinkern.

Ich glaube aber jetzt schon an ein System. Und deshalb brauche ich jetzt noch mindes-
tens einen Dritten im Bunde, dem das auch genauso passiert ist, mit „Küche und Liste und dann eins falsch und: muss noch mal hin„, denn meiner Meinung nach ist’s ab dem 3. Mal kein Zufall mehr, sondern schon eine verdächtig wirkende Reihung. Das lässt sich übrigens auf alle Lebensbereiche übertragen: An drei Tagen hintereinander morgens was gegessen? Aha! – Frühstücker!

Und, ach so: Ja, ich renoviere noch. Noch bis zum Wochenende habe ich mich in Staub-
hausen eingemietet. Danach ist erstmal tiefes Luftholen dran…

Wie war noch mal der Name?

TapeteHeute und morgen hab’ ich mal renovierfrei, zum Glück. Hier paaren sich nämlich auch schon die Wollmäuse in den Ecken, – dabei wollte ich mich eigentlich doch mal von dem Staub erholen… Sei’s drum! Im Vergleich zur Tapetenvorhölle ist das hier ein OP.

Außerdem weiß ich vor lauter Baustelle bald bestimmt nicht mehr, wie ich eigentlich heiße. Im Moment wird das gerade noch verhindert von der zweijährigen M.N., die da ja auch rumläuft. Und zwar immer hinter mir her. Dabei ruft sie fast ununterbrochen meinen Namen: „D….! D….! D….! D….! D….! D….!!!“ Wahrscheinlich, weil es in den leeren Räumen so schön hallt.

Es ist wirklich unheimlich viel Arbeit. Aber ganz neben-
bei habe ich in den letzten Tagen herausgefunden, dass meine Gummihandschuhe, wohl, weil sie eine Nummer zu klein sind, ein lustiges Geräusch machen, wenn ich eine Faust balle. Dieses hübsche Geräusch wurde nach einer spontanen Kurzabstimmung in der Teepause „Kin-
derpups“ getauft.

Genau dasselbe hätte ich vorgestern gern mit dem Elek-
triker gemacht, der mittags da war. Ich dachte immer, Elektriker zeichneten sich vor allem dadurch aus, dass in ihrer Nähe ein unheimlicher Dreck entsteht (das muss so ein altes Elektrikerritual sein, das vor allem mit Putzfräsen gefeiert wird). Dieser aber kam, meckerte erstmal richtig los und schritt dann die Bude ab wie ein Großgrundbesitzer. Es passte ihm nämlich nicht, dass der Schlimme-Sprüche-Typ überall schon neue elektrische Leitungen unter den Putz gelegt hat. Den Auftrag hätte der elektrische Großtön sicher gern selbst gehabt. Jetzt soll er nur noch alles in Betrieb nehmen und den Sicherungskasten…, na ja, eben irgendwie sichern. Mit Elektrik kenne ich mich nicht aus. Ich kann ja nun auch nicht alles wissen.

Jedenfalls polterte der Mann so los, dass Freundin M. und die Lütte richtig Angst beka-
men. Also, ich sollte mit meinen Kunden vielleicht ab demnächst auch so reden, dann gehorchen sie bestimmt gleich viel besser! Und wenn nicht, nehme ich sie eben zusätz-
lich noch ordentlich in den Schwitzkasten!

Jedenfalls hatte der Mann Glück, dass ich da nicht die Hausherrin bin, sonst hätte ich ihm erstmal anständige Manieren abverlangt und dann einen netteren Kollegen herbestellt. So blieb mir nur, die kleine und die etwas größere Freundin beruhigend zu drücken, während Freund A. geduldig Punkt für Punkt mit dem Mann durchging. Bewunderungswürdig. Die Nerven hätt’ ich nicht gehabt…

Und schließlich, gestern Abend, da stand ich so da, guckte dösig auf die vielen leeren und halbvollen Farbeimer, und mir fiel plötzlich auf, dass da überall „Jumbopack“ drauf steht. – Ich dachte bisher ja immer, das wären diese pubertierenden Baldgroßflugzeuge, die hier im Viertel immer an den Häuserecken rumlungern…

Telekommt Donnerstag

Eigentlich sollte das ein vergnüglicher Abend werden, gestern. Aber als ich noch mal schnell ins Blog wollte, bevor Freundin S. mit den Getränken einbummelt, stellte ich fest, dass mein Internet tot ist und mein Telefon auch. Forschende Anrufe ergaben, dass das langhaarige Flatrate-Frollein keine Schuld trifft, sondern die gute alte Tante Teledings an meiner Leitung herumgeruckelt hat. Und zurückruckeln sei erst morgen, am Samstag möglich. Von wegen! Ist es nämlich nicht, weil ich da dann weggefahren sein werde…
Und wenn ich das nicht persönlich beaufsichtigen kann, ruckelt niemand an meinen Sachen herum! So weit kommt’s noch.

Also wird die Leitung erst nächste Woche Donnerstag untersucht und hoffentlich auch gleich durchgepustet. Freundin S. hat mich beim Telefonieren übrigens tatkräftig unter-
stützt, in dem sie jedes Mal, wenn ich zur Weiterleitung in der Service-Hotline ein Wort besonders deutlich sagen musste, mit den Bierflaschen in Kühlschrank herumgeklötert hat. Und dann sagte die automatische Servicemamsell: „Hm. Ich habe sie leider nicht verstanden. Wiederholen sie bitte.“ Ich erwarte von einem Apparat sowieso kein Verständ-
nis, denn das setzt ja Verstand voraus. Aber ich möchte auch irgendwie nicht, dass er „Hm.“ zu mir sagt. Da bin ich eigen, sowas irritiert mich. Später hatte ich dann eine patzige Schwäbin dran, die verstand mich eben sowenig. Wahrscheinlich aus den selben Gründen. Donnerstag jedenfalls kommt der Techniker, bis dahin kann ich ja eventuell von unterwegs bloggen. Jetzt sitze ich glücklicherweise gerade beim lieben Freund M. am Rechner. – Danke, M.

Trotzdem wurde es gestern noch ein toller Abend, denn S. und ich schauten, so wie wir uns das vorgenommen hatten, Germanysnexttopmodel und regten uns so richtig schön über diesen Viehmarkt auf. Als erstes fiel mir auf, dass Frau Klum in ihrer schmalen Hose sehr dünne Beine hatte, und spekulierten, ob das vielleicht ein neues Vakuumhosenmo-
dell sei. Und ob man das nicht eventuell mal mit Bratschläuchen in der eigenen Küche ausprobieren sollte, – oder doch lieber nicht.

Eins der ausgestellten Mädchen erklärte ernst, dass sie von Klamotten und ihrem Kauf eher wenig Ahnung hätte. Sie sprach: „Ich kaufe lieber Pferde ein, die halt etwas teurer sind. Davon hat man dann aber auch länger was.“
Finde ich ja auch, aber sie sind schwerer zu tragen, oder?

Später wurde dann noch „das Gesicht für den TV-Spot ‚Schuhe‘gesucht, und ein anderes Mädchen berichtete aufgeregt, sie habe ein „breites, langes Kleid“ angehabt. Genau. Das ist es, wonach ich auch immer noch suche, leider vergebens. Vielleicht könnte ein Kleiderhersteller sich das mal zu Herzen nehmen: Wir wollen breite Kleider, bittesehr. Und tief. Tief sollen sie auch sein. Ginge das?

Der Rest des Abends führte dann noch mit immer unverständlicherem, aber höchst vergnüglichem Durcheinandergerede in die Nacht…