(Für die Überschrift kann ich nix, ich hatte Getränke.)
Nach’m Vorstellungsgespräch vorhin direkt in die Stadt auf den Weg zur japanischen Freundin M. gemacht, schnell noch zweimal Blumen (Bündchen für ihr, Bündchen für mir) und einmal Sekt geholt. Dann gab’s erst Kuchen, dann fix mal zusammengerolltes Sushi, ebenjene Prickelsache, 2 heimliche Küchenzigaretten (ich glaub‘ fast, ich gewöhn’s mir vielleicht…, ach nee, doch nicht wieder an), Kindergejoller der zwei Lütten (2 und 4) und Reden über Jungs und so.
Die Vierjährige auf die Frage, was sie mal werden will, wenn sie groß ist: „Pffft! Weißäch näch!“ – „Polizistin?“ (Gott bewahre!) – „Näää!“ (Braves Kind.) – „Blumenverkäuferin?“ – „Näää!“ – „Bäcker?“ – „Nääää!“ – „Ja, was denn?!?“ – „Ich! Werde! HA-SE!“ (Die muss irgendwie von mir sein!)
Jedenfalls: vorzüglicher Nachmittag mit Abendanteil dran. Mit nach Hause gebracht: angenehme Schullichkeit und Sushi für’s Frühstück.
Ach so: Vorstellungsgespräch lief meines Erachtens gut (Herzlicher Dank an dieser Stelle an alle Daumendrückerer!), aber was hab‘ ich schon zu erachten! Das Ergebnis werde mir beizei- ten mitgeteilt. Eventuell gibt es noch ein zweites Gespräch, aber das halte ich, ehrlich gesagt, für Säbelgerassel.
Ich tippe mal, ich bekomme nächste Woche einen Anruf, ob oder ob nicht.
Das heißt auch: noch 3 Tage Komplettüberwachung meiner Ernährungsgewohnheiten durch die Kollegin von der anderen Uferseite des Schreibtischs. Mal ohne, meistens mit tadelndem Blick: „Was!? Rosinensemmel schon zum Frühstück!?“, „Mmmh, das sieht aber gut aus, was ist denn das?“ (Baguette mit Putenbrust/Tomate-Mozzarellabrötchen/Nussecke), „Sie mit ihren Keksen, immer!“, „Oh, heute mal eine Apfelsine?“
Jedes Stück Schokolade, das ich mir in den Mund schiebe, wird unauffällig mitgezählt. Alles Anbieten hilft aber nix, es läuft dort nämlich ein innerer Kalorienzähler mit.
Nicht nur, was ich esse, wird protokolliert, auch Getränke müssen erfasst werden. „Was trinken sie denn da immer?“ – „Einen sauleckeren Trinkjoghurt. Wollense auch?“ (Ich weiß aber schon, was jetzt kommt.) – „Nee, um Gottes Willen! Zuviele Kalorien!“ (Bingo. Wenn es IHN allerdings gibt, hat er die Kalorien sicher miterfunden.) – „Ach, der hat ganz wenig. Die ganze (Halbliter-)Pulle nur 300, und komplett BIO isser auch noch! Mit echter Mango und Vanille.“ – „Neeneenee, lassense mal, das ist nix für mich…“ (Dann frag‘ doch nicht…)
Ich wette, Madame ist noch aus der Generation, für die BIO was mit Schmuddel und Un- gekämmtsein ist. (Und wer will schon ungekämmten Joghurt trinken.) Das erkennt man schon daran, dass sie sich ausschließlich von gekümmeltem Kochkäse, Streichmett- wurst und hartgekochten Eiern ernährt. Und natürlich Halbfettmargarine. Und mittags schnell heißgewellte Sauerkrautkartoffelstippe mit Speckstücken drin. Es muss also entweder fest in Plastik verschweißt sein oder gewissenhaft zerkocht. UnBIOiger geht’s gar nicht.
Halbfettmargarine käme mir ja nicht aufs Brot. Damit würd‘ ich nicht mal mein Fahrrad schmieren! Überhaupt: Margarine, pfui. Manche Leute denken ja „Margarine“ käme von „Mager“, aber das ist bloß eine akustische Täuschung. Margarine ist genauso fett wie Butter, schmeckt aber fies. Ein völlig überflüssiges Produkt, wenn man mich fragt.
Frag‘ mich doch endlich mal einer!
Ich würde rundheraus behaupten, Butteresser seien schöner, gesünder, stilvoller, klüger und hätten den besseren Sex. Und wer mir da mit „Cholesterin“ käme, dem würde ich sagen: „Ach ja. Cholesterin. Mömömömömö… Der Zusammenhang zwischen erhöhten Cholesterinwerten und Arterienkasper ist noch immer nicht nachgewiesen.* Sicher laufen irre viele Leute mit haushohen Werten herum, deren Herz aber vorzüglich vor sich hin- rumpelt. Untersucht werden ja immer nur die Kranken.“ Genau das würde ich sagen, weil ich das nämlich immer sage. Sogar ungefragt. (Ich spüre gerade etwas. Nanü, ein kleines Erdbeben? – Ist das eine Tablettenfabrik oder gar ein Pharmariese, der wo erzittert?)
Neulich sprach die Kollegin jedenfalls kurz vor der Mittagspause: „Werden sie mir jetzt aber nicht neidisch!“ und kramte geheimnisvoll in ihrer Tasche herum. „Ich habe heute Grünkohl dabei!!!“ und hielt stolz eine (leider transparente) Plastkdose in die Luft. Über ihre komplette Fehleinschätzung der Situation habe ich sie lieber nicht aufgeklärt. Ich konnte mich beim Neidischsein aber ziemlich gut beherrschen.
Gestern Abend war ich zu faul, mir was zu kochen, also habe ich mir ein Schnitzel mit Kroketten und Gurkensalat bestellt. Der Salat war erstmal ein Berg aus rohen Zwiebeln. Darunter hatte man eine Handvoll Gurkenscheiben versteckt. Dabei dachte ich eigentlich, Ostern wäre erst im April. Nicht dass ich vorhätte, wenn’s soweit ist, dann ebenfalls nach Gurkenscheibchen zu suchen, aber wenn wer wo was versteckt, muss ich eben immer gleich an Ostern denken, das olle Versteckerfest.
Jedenfalls vermutete ich gestern zunächst, man hätte mir vielleicht den falschen Salat… Andererseits: wer bestellt sich denn ernsthaft Zwiebelsalat? -Niemand. Oder steht viel- leicht in der „V*gue“, dass Zwiebeln die neuen Gurken sind, und ich bin mal wieder nicht auf der Höhe der Zeit? -Nee. Eben.
Und weil das Zeug trotzdem irgendwohin muss, drängt man’s Leuten auf, die sich ihr Essen herbeitelefonieren, statt sich vernünftigerweise selbst an den Herd zu stellen. Das hat man dann davon. Zwiebeln als schlechtes Gewissen. Man gut, dass ich mir kein Tiramisu geordert hatte…
Ich habe also die grobgehackten Ringe zur Seite gekratzt und die total verseuchten Gurken darunter gegessen. Nach der Hälfte hatte ich natürlich keine Lust mehr dazu, stellte die Reste in die Küche (Mülleimer mal wieder voll) und legte mich bald schlafen. – Und wachte auf in Zwiebelland! Dabei habe ich neulich sogar noch Irgendwas gelesen, dass wir uns in diesem kalten Winter alle irgendwie wie an Zwiebeln orientieren sollen, ich glaube, das war in dieser Krankenkassenzeitschrift. Und es steht ja meines Wissens auch schon in der Bibel:
„Seid wie die Zwiebeln: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie kleiden sich schichtweise, und der liebe Gott…“
– Irgend sowas.
Der Odeur ist hier jedenfalls in allen Zimmern gleichmäßig deutlich, dabei müsste sich mein Geruchssinn ja eigentlich über Nacht dran gewöhnt haben. Und nun möcht‘ ich gar nicht wissen, wie das wird, wenn ich gleich rausgehe (Notiz: unbedingt Müll mitnehmen!), gemütlich für’s Wochenende einkaufe, und dann wieder reinkomme.
Wahrscheinlich tränen mir dann ordentlich die Augen… (Notiz: Taschentücher mitbringen.)
Heute musste ich im Treppenhaus lachen. Wahrscheinlich denken die Nachbarn jetzt, ich würde langsam gaga, weil ich plötzlich in irres Lachen ausbreche. Hab aber nur meine neue Rentenhochrechnung bekommen. Mal sehen, wie ich das noch hinkriegen kann, was ich mir unter meinem Lebensabend vorstelle. Eigentlich möchte ich so eine von diesen durchgeknallten Alten werden, die ohne Schuhe im Superladen stehen und mit den Kartoffeln reden. Zuhause werde ich mir die Kartoffeln wohl sowieso nicht leisten können. Das würde ja gerade noch passen.
Allerdings stelle ich mir außerdem eigentlich vor, mit anderen Alten meiner Generation eine lustige, hedonistische Villa-WG zu gründen, in der den ganzen Tag getrunken, ge- kokst und gepokert wird. Also alles, was ich mir jetzt nicht recht erlaube. Dazu wirds Pflegepersonal geben, das hauptsächlich nach Knackigkeit und Nervenstärke ausgesucht wird und in der Küche steht die allerbeste Köchin der Welt und macht mir immerzu die tollsten Bratkartoffeln. Das ist es nämlich, was ich den Kartoffeln vorher erzähle: Was für ein unglaubliches Glück sie haben werden, auf diese wunderbarste Weise ums Eck ge- bracht zu werden. Und beruhigend streicheln werde ich sie bestimmt auch mal.
Einige meiner Freunde haben sich übrigens schon auf WG-Zimmer beworben. Dann muss ich mich jetzt aber wirklich mal ranhalten mit den Rentenbeiträgen, damits auch was werden kann…
Gestern hatte ich mal so gar keine Lust. Ich rede mich aufs Wetter raus, das mal hü ist, und mal hott. Und wenn das Wetter schon so unentschlossen daher kommt… Ach, und heute könnte ich auch bestimmt den ganzen Tag hier liegen. Gerade mache ich mir Gedanken über Kellnerinnen. Über solche, denen man anmerkt, dass sie nie eine Aus- bildung zur Restaurantfachfrau gesehen haben. Solche, die vielleicht während des Studiums oder aus ganz normalen Geldver- diengründen kellnern gehen. Ich habe das übrigens vor ca. 15 Jahren auch eine ganze Weile in verschiedenen Läden gemacht, und vielleicht achte ich deshalb etwas mehr darauf, wie die Damen mit den Gästen umgehen. Machen wir uns nichts vor, meistens sind es Damen.
Obwohl das ja immer gern behauptet wird, sagen sie fast nie: Draußen nur Kännchen! Auch Kollegin kommt gleich! habe ich, glaubich, noch nie zugerufen bekommen. Was ich aber schon öfter gehört habe, ist: Das ist nicht mein Tisch! Und dann denke ich: Naja, ich hatte jetzt auch nicht gedacht, dass sie jeden Tag ihren eigenen Tisch mitbringen muss. Das wäre ja eine ziemlich merkwürdige, wenn nicht unzulässige Vertragsklausel, und wenn sie kein Auto hat, ist das auch ganz schön schwierig für sie. Der Tisch wird also schon wahrscheinlich ihrem Chef oder ihrer Chefin gehören. Aber ich weiß ja, was sie meint und warte, bis die Kollegin kommt.
Wenn sie dann kommt, fragt sie manchmal streng: Wissen sie schon, was sie wollen? Dann komme ich mir vor, als stünde ich vor meinen Eltern, die mich fragen, was ich denn nun aus meinem Leben zu machen gedenke. Und möchte antworten: Naja, ich dachte, ich verdien jetzt erstmal ein bisschen Geld, dann reise ich vielleicht erstmal nach Norwe- gen, da wollte ich immer schon mal hin, Fjorde gucken. Und dann, wenn ich wieder hier bin, weiß ich bestimmt auch, wies weiter gehen soll. Vielleicht mache ich mich ja selbst- ständig oder so… Das verkneife ich mir aber, denn wenn ich sie jetzt ärgere, kriege ich später kein Schirmchen auf mein Eis.
Wenn sie dann wieder kommt, um das Bestellte zu bringen, sagt sie bestimmt: Sooo…!, während sie es abstellt. So! heißt ja angeblich halb fertig. Im Café heißt es aber: Jetzt räum doch bitte mal Deinen Krempel zur Seite und nimm die Ellbogen vom Tisch, denn das Ding hier ist schwer/heiß/sperrig, mir fällt gleich die Hand ab und ich hab’s eilig.
Wenn sie eine nicht so gute Kellnerin ist, fasst sie die Gläser ganz oben am Rand an. Dann hoffe ich, dass sie wenigstens halbwegs saubere Fingerchen hat. Leider sehe ich dieses Glas-oben-am-Rand-Anfassen ziemlich häufig und wundere mich immer, dass das von den Chefs nicht geahndet wird. Denn die wollen ja nach außen gerne einen properen Eindruck vermitteln. Was aber z.B. manchmal so hinter Theken passiert, oder sogar in der Küche, würde dem Gast schon mal den Appetit verderben. Darum ist er normalerwei- se froh, wenn ers nicht mitbekommt. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte die kommenden drei Zeilen überspringen.
Wenn man nämlich mal gesehen hat, wie eine Bierleitung aussehen kann, die länger nicht gereinigt wurde, der bestellt fortan nur noch Flaschenbier. Denn dann ist es auch schon total egal, wo das Bierglas beim Servieren angefasst wird und womit.
Wenn ich also meine Bestellung bekommen habe und mich vielleicht gerade daran gemacht habe, Messer und Gabel aus der Serviette zu wickeln und alles zurecht zu schieben und loszulegen, kommt bestimmt jemand zum Abkassieren, weil jetzt Schichtwechsel ist. Dann legt man das Besteck wieder hin, fummelt das Portemonnaie raus, dabei fällt einem das Messer runter und man weiß gar nicht, wer kriegt denn jetzt das Trinkgeld? Sie oder ihre später abräumende Kollegin? Übrigens ist mir auch mal aufgefallen, dass Servicepersonal noch so patzig sein kann, wenns aber ans Bezahlen geht, sind sie die Lebensfreude selbst. Komisch, oder? Naja, hab ich bestimmt genau so gemacht, damals.
Wenn die Teller leer gegessen da stehen, wird abgeräumt und dabei hastig gefragt: Hats geschmeckt? Nach meiner Erfahrung reicht als Antwort ein knappes Ja., denn entweder ist die Servierdame schon längst wieder weg, oder sie kann mit Kritik nicht recht umgehen (Das soll so!). Es ist also fast immer sinnlos, ein Gespräch anfangen zu wollen. Selten landet die Anregung da, wo sie hingehört: In der Küche. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Köche darauf reagieren. Im günstigen Fall mit Schulterzucken. Im ungünstigen Fall mit launigen Vorschlägen, die der Gast lieber nicht hören möchte.
Der Gast möchte sich ja bloß entspannen. Und es interessiert ihn eigentlich nicht, ob das Personal gerade total im Stress ist. Ich erinnere mich noch gut, wie schwer es manchmal war, freundlich zu bleiben, wenn man gar nicht mehr wußte, wo einem der Kopf stand. Aber dennoch habe ich es immer vermieden, den Gästen mein Herz auszuschütten oder sie anzublaffen. Manche, die verständnisvoll aussahen, habe ich gelegentlich freundlich um Geduld gebeten, weil viel los war. Netterweise waren das dann meistens die, die das beste Trinkgeld gegeben haben. Nur mal so als Tipp.
Und natürlich gibt es unangenehme, doofe Gäste. Die einen 5 mal rennen lassen für ein Extratütchen Zucker, einen neuen Kaffeelöffel, ein Glas Leitungswasser, die Eiskarte und doch noch einen kleinen Salat, Dressing aber extra. Und dann geben sie 15 ct. Trinkgeld und fragen noch, warum man sie frech angrinst. Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.
Heute war es trotz Regens und den damit verbundenen Dämmerlichtverhältnissen ganz lustig in der Agentur. Obwohl nicht mal die Rechner Bock auf Arbeit hatten und immer heimlich nach Hause wollten, wenn man mal kurz nicht hingeguckt hat.
Gegen späten Mittag wurde ich total müde und kochte mir einen Aufwecktee.
Eine halbe Stunde später fiel er mir auch prima wieder ein, und wenn ich den getrunken hätte, hätte ich nicht mal Zeit gehabt, den Tassenarm wieder zu senken, bevor ich ein- geschlafen wäre, also neuer Versuch.
Wiederum eine halbe Stunde später war ich schon echt müde und hatte den Tee wieder vergessen! Er sah aus wie Kaffee und hätte bestimmt geschmeckt wie Zigarette. Der dritte wurde es dann aber! (Ich weiß, schon, warum die 3 mir die beste Zahl von allen ist.)
Während ich also den dritten Tee nun endlich genießen konnte und die Herren von der Fa. Meßm*r Tee sich wahrscheinlich die Hände rieben, weil sie genau wussten: Die Theobromine muss bald schon wieder neue Beutel kaufen, kriegte die Chefin einen Anruf ihrer Freundin.
Diese hatte sich das Auto geliehen, weil die Züge sich ja heute Müllsäcke überstülpen und streiken wollten. Sie hatte das Auto bis auf den vorletzten, den letzten und sogar auf den Tropfen nach dem letzten leer gefahren und war damit stehen geblieben. Als sie wieder Sprit einfüllen wollte, kriegte sie den Tankdeckel nicht auf! Auch die hilfreichen umgebenden Herren kriegten den Tankdeckel nicht auf! Nicht mal in der Werkstatt kriegten sie ihn auf!
Nun ist die Freundin auch noch seit Tagen und Wochen total im Dauerstress, hat einen minutiös ausgestalteten Terminplan, in dem sie jede verlorene Minute gleich um Monate zurückwirft. Die brüllenden Kinder sitzen beim Babysitter in der nächsten Stadt und war- ten. Ist sie natürlich angespannt. Klar.
Die Chefin vermutet am Telefon, dass sich im Tank durch Motordurst ein Vakuum ge- bildet hat, das den Tankdeckel von innen kräftig anzutzelt und deswegen nicht mehr freigibt. Sie hat das schon mal mit einem anderen Wagen erlebt, damals wurde die Rohrzange geholt und der Deckel mit Gewalt entfernt. Dies rät sie der Freundin, eben- falls zu tun oder notfalls sogar ein Luftloch hinein zu bohren, und legt auf. Wir haben ja alles mitgehört und sie fragt noch: Ja was willste denn da sonst machen?! Scheiß doch auf den blöden Deckel…!
Eine Pause entsteht.
Ich sitze da so mit meinem Tee, werde grade langsam wieder wach, überlege mal kurz und sage dann: Los. Ruf die noch mal an! Die sollen das so machen wie die Hausfrau mit den Marmeladengläsern… Einfach das Autochen umdrehen und von unten mal ordentlich gegendotzen. Wirst sehen, dann geht der Tankdeckel ganz leicht!
Aber keine Sorge: Ich werde morgens genauso patzig wie ein Kaffeetrinker, wenn ich mein Zeug nicht kriege: Stämmiger schwarzer Tee ausm Beutel. Die Gerüchteküche raunt: Teebeutel sind des Teufels Stimmt aber gar nicht so immer. Warum sollten sich anerkannte Teebeutelteeabfüller die Mühe machen, extra schlechten Tee einzukau- fen und einzutüten? Der Tee ist lediglich meistens kleiner gebröselt als der lose. (Und der wird ja nun auch überwiegend in, wenn auch größeren, Beuteln verkauft.) Und ich habe auch schon häufig genug richtig schlimmen losen Tee trinken müssen! Die Form bestimmt also nicht unbedingt die Qualität.
Mein derzeitiger Freund heißt schlichtweg „Me*mer Klassik“ und wohnt hier in handli- chen 100er Packs, die so ’nen Monat vorhalten. Der ist gut genug für mich. Dazu habe ich zwei dicke, schwere geräumige Tassen, die erwirken genau das richtige Beutel-/ Wasserverhältnis, also bette ich das niedlich gefaltete Tütchen rein, schütte bis einen Damendaumenbreit untern Rand kochend Wasser drauf und tippe auf ein Piepsding, das dann den Countdown von 3:30 runterzählt. Wenn es fiept, drücke ich den Teebeutel mit bloßer Pfote („huarlk!“) über der Tasse aus, genieße das zart fauchende Geräusch, das der Zucker macht, wenn er vom Löffel in den Tee rauscht und fülle das Ganze mit guter Vollmilch auf.
Wenn ich woanders übernachte, habe ich immer Teebeutel dabei. Man weiß ja nie. Meine Freunde sind meistens rührend bemüht, kramen dann aber oft irgendwas altes, zerknittertes aus den Küchenschrank und wollen es mir gern aufbrühen. Allerdings ist manchmal auch keine Milch im Haus, oder nur H-Milch („Brrrr!“) oder fettarmes Milch- wasser oder sogar Kaffeeweißer, von dem keiner weiß, wie alt der schon ist und was da eigentlich genau drin ist. Da muss ich dann durch, will dann aber auch bald nach Hause.
Auch im Profibereich macht man schlechte Erfahrungen. In Cafés kriegt man oft warmes Wasser mit traurigem Schwimmkörper. Das Wasser ist nicht warm genug, um beleben- de Essenzen entstehen zu lassen. Irgendwann setzt eine Art Schlierenbildung ein, man beginnt, den Teebeutel im Glase auf und ab zu bewegen, quasi Herzlungenmassage. Doch es hilft nix. Blasse Brühe bleibt’s.
Und dann gibt’s auch noch so Tassen mit Deckelchen und Siebeinsatz, in dem sich uffjedunsene Teeblätter befinden. Nie sagt einem der Service dazu, wie lange das Zeug schon gärt. Man hebt also den Siebeinsatz zum Gucken an und schon hat man Schwei- nerei. Wieso kriege ich den Tee nicht fertig gezogen gebracht? Kaffee wird doch auch nicht am Tisch aufgebrüht! („Hier. Halten’se doch mal den Filter!“) Dazu gibt’s merkwür- diges Zeug. Ein Monster der Verpackungsindustrie: Kaffeesahne oder Kondensmilch. Weder das eine noch das andere hat was mit Milch zu tun, da bin ich sicher. Immerhin bin ich trickreich genug, mich damit nicht auch noch einzusauen. Und sollte ein Zucker- streuer auf den Tisch stehen, kann ich davon ausgehen, dass die Zuckerkristalle sich dadrin aneinanderkrallen und auf keinen Fall voneinander getrennt werden wollen, was mich dazu zwingt, das Streuerteil auf den Tisch zu donnern…
Gucken wieder alle.
Im Café bestelle ich darum meistens Cappuccino oder Milchcafé. Da muss ich nicht rumhantieren, schließlich will ich mich ja entspannen. Und wenn da ein Streuer steht, trinke ich das Zeug eben ungesüßt.
Das hab‘ ich ja noch gar nicht erzählt! Zwei Wochen ist das jetzt schon wieder her, da waren Freundin T. und ich erneut in der Sauna. Also, als wir rein gingen, waren wir eher renovierungsbedürftig, erneut waren wir erst beim Rauskommen.
Man kennt das ja: erst heiß, dann kalt, dann liegen. Dann Hunger. Wir gehen in den Bistrobereich. (Ich mag ja irgendwie das Wort „Bereich“. Während man sich da aufhält, müsste man doch eigentlich Kohle bis Dorthinaus kriegen, oder?) Freundin T. entdeckt auf dem Nachbarsteller Kartoffelknödel und will sofort auch welche, – egal was es dazu gibt! Mir ist das aber nicht egal, denn sie versucht mir den dazugehörigen Sauerbraten aufzuschwatzen, obwohl ich heute die Entenbrust will, die ich beim letzten Mal leider nicht bekommen habe, weil sie „aus“ war. Da will T. auch lieber Ente, mit Klösschen.
Die Servierkraft ist neu hier und kriegt nichts auf die Reihe. Wir bestellen zweimal Ente, einmal mit Klösschen-wenn-das-geht, einmal normal. („Normal“ ist mit Schupfnudeln, das sind übrigens Klösschen-in-längs.) Dazu wollen wir spontan beide ein schönes, perliges Malzbier. Die Kellnerin gibt alles in eine Art PS2-Controller ein und meint, sie müsste aber erstmal gucken, ob Malzbier überhaupt noch da sei.
„Och nee!“, sage ich, „Machen’se mich nicht schwach… Ich brauch‘ jetzt’n Malzbier!“ Also geht sie nachgucken und kehrt bald darauf zurück: „Malzbier haben wir!“ Dann steht sie kurz da, rollt die Augen und spricht: „Ich müsste auch mal fragen, ob wir noch Ente haben…“ – „Nicht ihr Ernst!!!“ Sie zuckt die Schultern, schiebt ab und kommt wieder: „Doch. Ist auch noch da.“
Kurz überlege ich, noch etwas Drittes zu bestellen, verkneife mir das aber dann doch. Wir müssen schließlich irgendwann auch mal wieder nach Hause, und wenn’s noch so lustig ist. Um den Hunger zu überbrücken, fange ich an, von einer ausgesprochen interessanten Begebenheit zu erzählen. Aber bloß kurz. Der Nachbartisch mischt sich ein und wünscht viel Glück mit der Ente. Wir bedanken uns artig und ich fahre fort: „Jedenfalls hat er…“ Da kommt ein Malzbier. Eins. Diskussion. Ich fahre fort: „Jedenfalls habe ich…“ Da kommt das zweite Malzbier. Ich fahre fort: „Wo war ich? Also…“ Nachfrage: Ob wir denn wirklich nur eine Ente möchten. Nein, wir möchten zwei. Zwei Enten! Eine mit Klösschen, eine normal. Diskussion. Ich lege die Stirn zum Kühlen auf die Tischplatte und seufze laut: „Ichkannimehr!“ Die Kellnerin guckt erschrocken. Freundin T. bekringelt sich. „Ich versu- che hier schon die ganze Zeit, was zu erzählen, stattdessen muss ich immerzu dieselbe Bestellung aufgeben!“ Nun schleichen sich erstmal alle. Unser Tisch ist vorübergehend Bannzone. „Jeeeedenfalls…“, – jetzt habe ich natürlich den Faden verloren, und das Malzbier ist auch noch total warm.
Das Essen kommt. Ohne Besteck. Dafür mit Kännchen. „Sie können sich ja schomma um die Sauce streiten!“ ruft die Serviermamsell schmissig. Mit nachgeliefertem Besteck stellen wir dann fest, dass die Ente in etwa die Temperatur des Malzbieres hat. Mittel- europäische Durchschnittstemperatur, wahrscheinlich. Ich überlege kurz, den Teller später mit in die Sauna…, aber ich hab‘ wirklich Hunger.
(Ach, und von dem Rentner, der die ganze Zeit, mindestens dreimal mit seinen Quietsche- latschen ganz nah am Tisch hin und her gelaufen ist, will ich hier mal lieber gar nicht erst anfangen…)
Später, in dem schon mal beschriebenen wunderschönen Ruheraum mit dem großzügig ausgestreuten „Spezial“granulat, überlegen wir kurz, womit wir denn so einen Raum aus- legen würden. Wir sind uns einig, dass edler Holzfußboden schick passen würde, auch Naturstein oder ein dicker luxuriöser Teppich. Lustiger wären aber noch Reisszwecken, gekochter Sushireis, Kirschtomaten, Luftpolsterfolie…
Jetzt dröselt sich mir nachträglich doch noch auf, wieso hier mit Sägespänen gehandelt wird… – Ich hab‘ bloß vorher immer die Brötchentüten nicht anständig gelesen!
(Morgen bestell‘ ich mir vielleicht mal ’ne „Kleine Tischlerplatte“. Mal sehen, was ich dann bekomme…)