Saunier‘ mir! (4)

Freundin T. war das Grauwetter leid und verfügte, es wäre mal wieder Zeit für die Sauna.

Eigentlich muss sie da nicht großartig verfügen, weil ich mich ja sowieso jedes Mal freue, wenn sie mal Zeit für sowas und mich hat. Aber wenn sie gern ein bisschen verfügen möchte, dann lass‘ ich sie natürlich. Übrigens kann sie nicht nur prima verfügen, sondern sogar auch verfugen! Selbst gesehen habe ich das! Allerdings ist das eine ganz andere Geschichte…

Also, wir sind ins Warme. Herrlich, sich auszupellen und dann schummerbeleuchtet aufs Schwitzen zu warten! Wo macht man das schon sonst? (Naja. Jetzt fällt mir vielleicht doch noch ein weiteres Szenario ein…) Und endlich mal warme Füße! Hach. Und außer- dem diesmal netterweise lauter schwatzhafte Herren um uns (um das Glück komplett zu machen, dabei auch noch ausschließlich mit sich selbst beschäftigte) sodass wir diesmal einen Freibrief zum Schnattern haben. Also schnattern wir. Über den Job, wer was wann weshalb zu wem gesagt hat, ob man wirklich gern etwas trinken möchte, das „Antioxi- dant“ heißt und darüber, dass es hier aber mal ganz schön warm ist.

Nach zwei Gängen mit anschließender gehöriger Abschreckung (sicherlich kann man mir jetzt ganz leicht die Schale abpellen, aber zum Glück gibt es niemanden, der so eine Un- geheuerlichkeit auch nur andächte) und nachgeschobenem Nickerchen am Kamin gehen wir ins Bistro. Freundin T. meint dann, kaum dass wir sitzen, wir müssten wohl noch ein bisschen „abschwitzen“ und ich erkläre ihr (erklären, ja das tut sie gern), dass das bei Pferden so heißt: Abschwitzen. Bei Rennpferden z.B. Die würden meines Wissen sogar nach dem Lauf abgerakelt, wenn es sein muss. Freundin T. amüsiert die Vorstellung, wir seien Pferdchen, die quietschend abgezogen werden, da kommt auch schon der Kellner angetrabt, er bringt mein Malzbier.

„Wenn das jetzt auch noch kalt ist, drehe ich geradewegs durch!“ behaupte ich. Immerhin kann man es durchaus als kühl bezeichnen und T. bietet gleich an, mich später in die nächste Pferdepsychiatrie zu fahren. Leider haben wir auf dem Weg zum Saunabad aber bloß eine Kleintierpraxis gesehen und sind nicht sicher, ob die uns nehmen. „Wieso?“, führt T. an, „Früher diese Urpferdchen, die waren doch auch nur so groß wie Hunde!“ – „Ja, aber da waren die Hunde bestimmt noch größer, so Stockmaß von 2 m, bestimmt!“ – „Hm, hm.“

Jetzt kommt das Essen. Meinen Salat mit Spargel hat man mit einem besonderen Phäno- men bedacht: Spargel, der ab-so-lut geschmacksneutral ist. Ich meine, Spargel hat ja normalerweise schon einen eigenen Geschmack. Aber der hier ist ganz sicher eine teure Spezialzüchtung für Leute, die keinen Spargel mögen, und schmeckt nicht mal nach Lei- tungswasser. – Irre! Das versprochene Bärlauchbaguette ist dafür ein Kürbiskernbrot, aber kleine Pferdchen müssen wohl auch irgendwann mal lernen, dass sie nicht einfach immer so alles bekommen können, was sie wollen. Und wenn es noch so auf der Karte steht!

Dennoch sind wir echt vollgefuttert, als wir uns zum dritten Gang aufmachen. Eigentlich gehen wir ja bloß in die Sauna, weil der Ruheraum mit Kaminfeuer im großen Holzhaus so schön ist. Mal ehrlich gesagt. Wir liegen da also gemütlich (nachdem T. wieder ungefähr zwanzig Minuten gebraucht hat, sich ihrer inneren Vorschrift gemäß in die Decken einzu- wickeln), haben sogar den Ruheraum für uns allein (können also schwatzen), als unser Lieblingssaunameister M. reinkommt. Gerade rege ich mich so schön darüber auf, dass es in der Stadt nur noch so „Kunstlederjackensch…“ gibt, als er (wieder mal echt gut aussehend) fragt, ob er für uns denn noch mal einen neuen Scheit aufs Feuerchen legen soll. „Ach, das wäre aber reizend!“ flöte ich. Da bringt er gleich zwei und hampelt direkt vor uns mit seinem Geschirrtuchläppchen rum, das seine Arbeitskleidung darstellt. Muss wohl offensichtlich sein, dass wir uns bannich wohl fühlen, denn er meint: „Und jetzt noch ein Gläschen Rotwein, was?“ – „Au ja. Und Schnittchen! Mit Wurst und Ei.“ – „Und am besten noch ein Schnittchen, dass die Schnittchen serviert?“ – „Gern. Nix dagegen!“

M. verschwindet und wir überlegen direkt, ob man eine spezielle Ausbildung braucht, um solche Geschirrtücher tragen zu dürfen. „Koch, bestimmt.“ – „Meinste?“ – „Also, wenn er gut ist, kommt er in fünf Minuten mit zwei Gläsern Rotwein wieder.“ – „Aber bloß keine Schnittchen, ich kann nix mehr essen!“

Nach sechs Minuten stehen wir dann aber auf und gehen gut gelaunt kichernd allmählich den schönen Abend beschließen.

Saunier‘ mir! (3)

Ist jetzt zwar auch schon wieder ein paar Tage her, aber ich könnte eigentlich genausogut behaupten, es wär‘ gestern oder sogar gerade eben gewesen, dass Freundin T. und ich erneut in der Sauna waren. Merken würde das doch wahrscheinlich keiner. Aber es würde natürlich gar nicht stimmen…

Egal jetzt. Als wir ins Gebäude kommen, geht’s gleich rund, weil da eine Großfamile rund um den Kassentresen tobt. Also, die Mutter selbst tobt nicht. Sie versucht, mit der nervö- ser werdenden Kassiererin abzurechnen, während ihre Blagen grade das Foyer mit Verve in Schutt und Asche legen. Na, Prost. Ich bin nur froh, dass die offenbar gerade gehen wollen. Freundin T. ist schon durch die Schranke, als eins der Kinder bei meinem Anblick den Alarmknopf drückt, der am Tresen (zugegebenermaßen etwas unglücklich) ange- bracht ist. Die Kassiererin fragt entsetzt: „Hat er jetzt etwa den Alarmknopf gedrückt?!?!“ Die Mutter nur cool: „Ja, klar.“ und wendet sich wieder ihrem Portemonnaie zu, um weitere Berge an Kleingeld rauszufummeln und gemächlich die Münzen miteinander zu vergleichen.

Ich enthalte mich eines Kommentars, wünschte, ich hätte so Werkstatt-Ohrenschützer dabei und warte darauf, dass ich endlich mein Magnetschlüsselbändchen bekomme, um die Szenerie verlassen zu können. Bis es dazu kommt, kann ich aber noch in aller Ruhe begucken, was man sich heutzutage so unter Erziehung vorstellt, nämlich nix. Die Kinder werden weder elterlich kommentiert noch sonstirgendwie strafverfolgt. Außerdem weiß ich jetzt aus eigener Anschauung, was eine „papierne Blässe“ ist, dafür muss ich nur einen Blick auf die Kassiererin werfen, als sie mir endlich das rote Gummiding über’n Tresen schiebt. Das anhaltende Piepen des Alarms scheint sie gar nicht mehr zu bemerken. Bevor eine dunkel geschminkte Sondereinsatztruppe mit quietschenden Reifen vor der Tür halten kann, bin ich aber fix durch die Schleuse zum Saunabereich.

In der Umkleide versuche ich, einen Schrank aufzubekommen, doch alles, woran ich den Schlüssel halte, blinkt rot oder muckst gar nicht erst. Ein Mitarbeiter mit Poloshirt und Geschirrtuch um die Hüften behauptet im Vorbeihuschen, ein freier Schrank müsse grün blinken, ohne dass wir groß nachgefragt hätten. T. hat ihren Schrank natürlich wieder aufgemacht, ohne zu gucken, wierum der jetzt geblinkt hat. Genau so habe ich das sonst auch getan, bloß heute wollte ich’s wohl mal wissen und habe hingesehen…

Währen Freundin T. sich auspellt, laufe ich also wieder raus zum Kassenfrollein und melde, der Schlüssel sei kaputt. Sie behauptet frech das Gegenteil und funkelt mich an. Ich überlege kurz, den Alamknopf auch noch mal zu drücken, kann mich aber gerade noch zusammenreißen. Ich will endlich ins Warme, verdammt noch mal! Stattdessen werde ich belehrt, dass ich den Schlüssel angeblich am Eingang an einen Automaten halten muss, damit der mir freundlicherweise sagt, wo ein Schrank frei ist und mir dessen Nummer anzeigt. Angeblich ist das auch „schon immer“ so.

Na klar, schon im Mittelalter sind die Edelleute vom Ross gestiegen, um sich Automaten- rat einzuholen. Und in der Bibel ist das Ding sicher auch erwähnt: „Und GOtt schuf Himmel und Wasser und den Saunaschlüsseldingsautomaten. Und siehe, es war gut.“ Bloß die Bromine und ihre Freundin latschen jahrelang gedankenlos durch die Schöpfung und reißen Schränke einfach so ohne zu gucken auf wie es ihnen grad‘ frommt.

Ich halte also vorschriftsmäßig den Schlüssel an das magische Dings, und das Dings sagt „332“. Netterweise ist das genau der Schrank neben dem von Freundin T., der eben noch rot geblinkt hatte, als ich was von ihm wollte. Wir stellen also fest: ein freier Schrank blinkt rot. Das ist logisch, das kann man sich prima merken, da hat sich einer was bei gedacht. Zaudern vor roten Lämpchen ist hier nicht angebracht. Mir ist’s egal, Hauptsa- che, ich komme endlich aus meinen Klamotten raus.

Zum Ausgleich für den Anfangsärger sind wenigstens heute mal die Duschen warm, das war beim letzten Mal nämlich nicht so. Da wussten wir auch erstmal, wie gut wir’s zuhause eigentlich haben!

Im Saunabereich geht unser erster Blick auf die Tafel mit den Aufgusszeiten. Schade, M. hat heute keinen Dienst. Der war uns nämlich beim letzten Mal als besonder nett und witzig und nicht unattraktiv aufgefallen. Dann gehen wir eben einfach in die Polarsauna, die ist nicht weit weg, trotz des merkwürdigen Namens schön mollig, und den einzigen Mann darin haben wir bald herausgehühnert. Ich finde das ja immer blöd, dass man in der Sauna und auch in den Ruheräumen nicht reden soll. Wenn ich mir allerdings anhöre, was Andere manchmal so zu erzählen haben, finde ich’s gleich wieder gut. Es müsste meines Erachtens wenigstens einen Ruheraum geben, in dem man komfortabel liegen kann, aber auch leise sprechen darf. Kein Wunder, dass man sonst anfängt, dann eben pantomi- misch Mätzchen zu machen.

Freundin T. und ich sind durch ein Gesellschaftsspiel, das wir früher oft und mit Begeis- terung gespielt haben, in der Lage, uns pantomimisch quasi blind zu verstehen. Eben teilt sie mir mit, dass sie beim Zurücklehnen und -klappen ihrer Liege das typische „ploink!“ vermisst, dass die Gummifüße des Dings normalerweise beim Aufprall auf die Fliesen machen. Ich schlage gleich vor, es noch mal mit richtig Schmackes zu versuchen, auf die Gefahr hin, dass die Stahlrohrliege sich dann in ein Katapult verwandelt und der Rückstoß sie an die verglaste Fensterfront schleudert, wo sie dann hängen bleibt wie diese Plüsch- monster, die Leute sich hinten an ihre Autoscheiben saugnäpfeln. Sie will es auch gleich ausprobieren, kann es aber vor unterdrücktem Gekicher nicht. Und ich hab‘ sowieso die Kamera nicht dabei.

Und so gehen wir mit Genuss abwechselnd ins Warme, ins Kalte, ins Ruhige…

Zwischendrin gehen wir was essen. Und diesmal wird alles sofort und ohne Umschweife gebracht, die Getränke sind kalt, das Essen heiß, es gibt Besteck und Brot und es laufen auch keine Quietschrentner vorbei. Sofort notiere ich mir das Datum.

Bevor wir müde, tiefenentspannt und leergekichert gehen wollen, fällt mir noch Einer auf, auf dessen Handtuch doch tatsächlich „Sc*tch Brite“ steht. Sind das nicht so Topfkratzer, eigentlich? Und ist das dann nicht eine etwas unglückliche Aufschrift für Handtücher? Ich meine, wer muss sich denn schon am ganzen Körper (womöglich angebrannte) Lebens- mittelreste abschrubben? Außer vielleicht junge Mütter nach der Fütterung.

Gut, dass ich so ein Handtuch nie brauchen werde! Schließlich habe ich beim Reinkom- men schon gesehen, was man sich mit Nachwuchs so einbrockt…

Saunier mir! (2)

(Das Mal davor.)

Das hab‘ ich ja noch gar nicht erzählt! Zwei Wochen ist das jetzt schon wieder her, da waren Freundin T. und ich erneut in der Sauna. Also, als wir rein gingen, waren wir eher renovierungsbedürftig, erneut waren wir erst beim Rauskommen.

Man kennt das ja: erst heiß, dann kalt, dann liegen. Dann Hunger. Wir gehen in den Bistrobereich. (Ich mag ja irgendwie das Wort „Bereich“. Während man sich da aufhält, müsste man doch eigentlich Kohle bis Dorthinaus kriegen, oder?) Freundin T. entdeckt auf dem Nachbarsteller Kartoffelknödel und will sofort auch welche, – egal was es dazu gibt! Mir ist das aber nicht egal, denn sie versucht mir den dazugehörigen Sauerbraten aufzuschwatzen, obwohl ich heute die Entenbrust will, die ich beim letzten Mal leider nicht bekommen habe, weil sie „aus“ war. Da will T. auch lieber Ente, mit Klösschen.

Die Servierkraft ist neu hier und kriegt nichts auf die Reihe. Wir bestellen zweimal Ente, einmal mit Klösschen-wenn-das-geht, einmal normal. („Normal“ ist mit Schupfnudeln, das sind übrigens Klösschen-in-längs.) Dazu wollen wir spontan beide ein schönes, perliges Malzbier. Die Kellnerin gibt alles in eine Art PS2-Controller ein und meint, sie müsste aber erstmal gucken, ob Malzbier überhaupt noch da sei.

„Och nee!“, sage ich, „Machen’se mich nicht schwach… Ich brauch‘ jetzt’n Malzbier!“
Also geht sie nachgucken und kehrt bald darauf zurück: „Malzbier haben wir!“ Dann steht sie kurz da, rollt die Augen und spricht: „Ich müsste auch mal fragen, ob wir noch Ente haben…“ – „Nicht ihr Ernst!!!“ Sie zuckt die Schultern, schiebt ab und kommt wieder: „Doch. Ist auch noch da.“

Kurz überlege ich, noch etwas Drittes zu bestellen, verkneife mir das aber dann doch. Wir müssen schließlich irgendwann auch mal wieder nach Hause, und wenn’s noch so lustig ist. Um den Hunger zu überbrücken, fange ich an, von einer ausgesprochen interessanten Begebenheit zu erzählen. Aber bloß kurz. Der Nachbartisch mischt sich ein und wünscht viel Glück mit der Ente. Wir bedanken uns artig und ich fahre fort: „Jedenfalls hat er…“ Da kommt ein Malzbier. Eins. Diskussion. Ich fahre fort: „Jedenfalls habe ich…“ Da kommt das zweite Malzbier. Ich fahre fort: „Wo war ich? Also…“ Nachfrage: Ob wir denn wirklich nur eine Ente möchten. Nein, wir möchten zwei. Zwei Enten! Eine mit Klösschen, eine normal. Diskussion. Ich lege die Stirn zum Kühlen auf die Tischplatte und seufze laut: „Ichkannimehr!“ Die Kellnerin guckt erschrocken. Freundin T. bekringelt sich. „Ich versu- che hier schon die ganze Zeit, was zu erzählen, stattdessen muss ich immerzu dieselbe Bestellung aufgeben!“ Nun schleichen sich erstmal alle. Unser Tisch ist vorübergehend Bannzone. „Jeeeedenfalls…“, – jetzt habe ich natürlich den Faden verloren, und das Malzbier ist auch noch total warm.

Das Essen kommt. Ohne Besteck. Dafür mit Kännchen. „Sie können sich ja schomma um die Sauce streiten!“ ruft die Serviermamsell schmissig. Mit nachgeliefertem Besteck stellen wir dann fest, dass die Ente in etwa die Temperatur des Malzbieres hat. Mittel- europäische Durchschnittstemperatur, wahrscheinlich. Ich überlege kurz, den Teller später mit in die Sauna…, aber ich hab‘ wirklich Hunger.

(Ach, und von dem Rentner, der die ganze Zeit, mindestens dreimal mit seinen Quietsche- latschen ganz nah am Tisch hin und her gelaufen ist, will ich hier mal lieber gar nicht erst anfangen…)

Später, in dem schon mal beschriebenen wunderschönen Ruheraum mit dem großzügig ausgestreuten „Spezial“granulat, überlegen wir kurz, womit wir denn so einen Raum aus- legen würden. Wir sind uns einig, dass edler Holzfußboden schick passen würde, auch Naturstein oder ein dicker luxuriöser Teppich. Lustiger wären aber noch Reisszwecken, gekochter Sushireis, Kirschtomaten, Luftpolsterfolie…

… und dann muss T. mal kurz weggenickert sein.

Saunier‘ mir!

Freundin T. hat rigoros entschieden, ich bräuchte jetzt „was Warmes, Kuscheliges“, und wo sie Recht hat, hat sie nun mal Recht. Es stellt sich dann aber raus, dass sie bloß mit mir in die Sauna will. Und weil ich am Wochenende direkt mal eben 1 1/2 Kilo abgenom- men habe, finde ich mich auch ausreichend schön dafür. Das finden eventuell auch die anderen Saunierer, denn wenn nicht neugierig geguckt wird, dann erklärt man uns sogar gerne, wo wir was am schönsten machen können, obwohl wir eigentlich gar nicht gefragt haben und nur so gucken.

Wir saunen antizyklisch, Freundin T. und ich. Antizyklismus bringt’s. Das ist nicht etwa ein neuer Wellness-Trend, sondern bedeutet lediglich, dass immer da, wo wir reingehen, die Anderen gerade rauswollen. Das Gute dabei ist natürlich, dass wir auch in der Sauna schwatzen können und uns ohne die Aufgüsse dabei sogar sehen können, weil keine lästigen Dampfschwaden zwischen uns wabern.

Wenn wir fix und fertig sind, gehen wir ins Wasser.
Und dann kommen wir wieder raus und legen uns in den Ruheraum.

Saunageschredder Einer der beiden Ruheräume ist ein riesiges Holzgebäude im Garten, mit luftiger Decke und Kamin. Es heißt sogar „Silentium“ und drinnen herrscht absolute Stille. Bis auf das Herumgekrame der Ruhenden natürlich.

Außerdem ist ein Holzgranulat ausgestreut, das fast soviel Lärm macht wie frisch ge- harkter Kies. Und wenn man die Schlappen auszieht, muss man ganz tapfer sein und sich zusammenreißen, um nicht vor Fuß- schmerzen laut „Kartoffelsalat!!!“ zu rufen.

Der Planer muss ein Witzbold gewesen sein, der bestimmt immer noch zuhause sitzt und sich verschmitzt die kleinen Händchen reibt vor Schadenfreude.

Kaum, dass wir liegen, kommt ein Fräulein vom Personal sehr leise durch die Tür, macht sehr leise die Kamintür auf, legt ausgesprochen leise ein paar Scheite hinein und versucht dann, leise ein Blatt Zeitungspapier zu zerknüllen. Wer Spaß dran hat, kann jetzt ja mal raten, ob es ihr gelungen ist…

Als wir fertig „geruht“ haben, und wieder in den Saunabereich wollen, hält uns ein netter Herr die Tür auf. Prompt kommen noch jede Menge andere Gäste und er kann die Tür nicht loslassen. Verdammte Höflichkeit. Ich sage noch: „Na, da haben sie jetzt aber den Abend lang zu tun, was?“, da hält uns zufälligerweise sein Freund gleich noch die zweite Tür dahinter auf. Wir bedanken uns artig und bekommen daraufhin den Türaufhalter sofort als „Hermann“ angeboten. Ich gucke kurz, brauchbar sieht er ja aus, der Hermann, aber dann fällt mir ein, dass ich ja noch drei Hermänner zuhause habe. Bei denen handelt sich zwar um Teig, aber Kuchen ist mir eventuell zurzeit ohnehin lieber. Der streitet sich nicht mit mir rum, und wenn, bring‘ ich ihn einfach um die Ecke und trinke noch Tee dazu.

Wir lassen Hermann also links liegen und muckeln uns wieder ins Warmheiße, bevor ich mich unter Fiepen komplett in sehr, sehr kaltes Wasser tunke, und wir danach im zweiten Ruheraum landen. Dort überlege ich bald, mal heimlich eine Kamera aufzustellen, die den ganzen Tag nur das ewige Deckenauf- und Zugefalte filmen darf. Jeder, der kommt, findet eine gefaltete Decke vor und hinterlässt eine ebensolche. Ein Kommen und Gehen und Wedeln und Ausschütteln und Falten ist hier an der Tagesordnung, dass die Luft nur so zirkuliert! Später stellen wir sogar fest, dass es wohl sogar den Beruf des Deckenfalters geben muss, denn da läuft einer vom Personal herum, der tut nichts anderes, als Decken zu falten. Ich stelle mir dann vor, wie ich irgendwo einen netten Herrn kennenlerne, und dann frage ich ihn, was er denn so beruflich tut. Und dann sagt der: „Ich bin Plaidfolding Manager in einem großen Wellness-Unternehmen!“

Weil T.’s Magen inzwischen so laut grumbelt, dass wir gegen die Ruheverordnung versto- ßen, kehren wir im Bistro ein. Ich bin entsetzt, dass sie dort gar nicht mehr dieses irre leckere Roastbeef mit Bratkartoffeln auf der Karte haben, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut habe. Als ich mich dann endlich für die Entenkeule in Orangensauce entscheide, gibt’s die auch nicht mehr. T. bemüht sich, während des Essens nicht einzu- schlafen und ich versuche, die Beinchen adrett übereinanderzuschlagen. Es geht leider nicht, weil der Tisch zu niedrig ist. Wahrscheinlich hat den ebenfalls das Männlein entworfen, das auch das Granulat auf den Gewissen hat.

Als wir kurz darauf noch mal ruhen wollen, sind T.s Füße vom Essen so schwer gewor- den, dass sie ihre Liege fast nur mit tatkräftiger Hilfe nach hinten gekippt bekommt. Zum Glück ist Hermann grad‘ außer Sichtweite. Ein paar Reihen hinter uns hält sich jemand auf, den wir zwar auch nicht sehen können, aber: Ey du! Du, mit der rascheligen Plastik- tüte, in der du minutenlang herumgesucht hast, nur unterbrochen vom hektischen Auf- und Zuziehen des Reißverschlusses deiner Sporttasche, bis du dann unter lautem Schlapfen und Türenklappen den Raum verlassen hast: sag‘ uns ruhig nächstes Mal Bescheid, wenn du in die Sauna gehst! Ich bring‘ dann meine Bohrmaschine, den Staub- sauger und meine anstrengende Kollegin mit, dann wollen wir doch mal sehen! – Keine Ahnung, wie T. bei dem Lärm schlafen kann… Ich liege wach, gucke den hellen Nebel- schwaden draußen zu, die vom Solebecken aufsteigen und versuche, was Schönes zu denken.

Als T. wieder wach wird, saunieren wir noch mal, tauchen uns in noch kälteres Wasser (mindestens – 10 °C, wahrscheinlich Flüssigstickstoff), ruhen noch mal (eine Frau, die vor uns schläft, seufzt auf eine Weise, der man anmerkt, dass sie sich im Traum ausgespro- chen wohl fühlt. Ich würde ja jetzt gern behaupten, dass ich das war, aber das wäre leider gelogen.), dann reibt sich T. aus Versehen noch statt mit Körperlotion mit Duschgel ein, und dann gehen wir.

Und sind uns wieder mal einig: sowas machen wir jetzt öfter.