mein Leben ist turbulent. Andauernd passiert was. Oder noch was. Und dann halt noch was.
Und zwar immer, wenn ich denke: Ach, so ’ne kleine, ruhige Phase wäre jetzt mal ganz schön… Ja, Pustekuchen. *seufz*
Aber, was auch passiert, besonders draußen, und nicht mehr zu übersehen ist: Es wird Herbst. Besonders den Duisburger Kastanienbäumen sieht man das an, und zwar schon seit Juli oder so, die haben nämlich ganz braune Blätter. Ich vermute, dass da wohl diese olle Miniermotte dran rumknabbert. Die will natürlich auch leben, aber: Die armen Blätter! Ich hoffe mal, dass die Bäume sich im nächsten Jahr vielleicht wieder berappeln können.
Den Kastanien in Veere/Zeeland (also in den Niederlanden) geht’s da noch etwas besser und deshalb sind wir letzte Woche Freitag auch extra da hingefahren, um eine besonders schöne Winterbegleiterin zu finden! Jetzt liest sich das natürlich so, als wären wir nur aus Kastaniengründen mal eben zweieinhalb Stunden herumgebrettert und dann wieder den ganzen Weg zurück, wir gemeinen, verantwortungslosen Umweltschweinchen! Deswegen will ich mal lieber gleich dazusagen, dass wir ja sowieso für eine Woche in Domburg waren, um u.a. ordentlich stürmische Herbstnächte in unserem geliebten Strandhäuschen zu verleben. (Wer sich jetzt auskennt, weiß, dass beide Orte nur ca. 20 min auseinander liegen.) Tagsüber konnte man sich übrigens prima sandstrahlen lassen, aber nur, wenn man wollte. Ich wollte oft lieber drinnen sitzen und die allerleckersten Pralinen naschen, die hatten wir noch schnell auf dem Hinweg in Antwerpen besorgt. Und wenn die Sonne rauskam, wurde es auch gleich so schön, dass man gar nicht wieder reinwollte. (Die Sonne hatten hauptsächlich A. und C. im Gepäck, liebe Freunde, die uns dort für 1-2 Tage kurzbesuchten. Wer also trotz schlechter Voraussage schönes Wetter im Urlaub brauchen kann, sollet die Beiden dazubuchen. Den Kontakt kann ich bei Bedarf übrigens gern herstellen.)
Und am letzten Urlaubstag fuhren wir halt nach dem Aufräumen und Verabschieden -wie immer- noch mal kurz nach Veere, zum Herumspazieren und Teetrinken und so. Und diesmal hatte dieser süße, kleine Fischerort eben auch noch zwei frisch geschlüpfte Kastanien für uns. Inzwischen ist das auch schon wieder eine gute Woche her, weshalb ist meine Bolle auch schon leichter und etwas schlanker geworden ist, aber sie schmeichelt der Hand in der Tasche wie sie soll und ist mir schon richtig ans Herz gewachsen.
Da nun eigentlich alle, die hier mitlesen, die Kastanienbewegung schon seit Jahren kennen, spare ich mir in diesem Jahr eine ausführliche Gebrauchsanweisung. Wer mag, kann sich unter dem tag Kastanienbewegung ein bisschen einlesen, da finden sich alle alten Beiträge aus den (immerhin 10!) Voraktionen der letzten Jahre. Nur so viel: Die Kastanienbewegung wird traditionell gemeinschaftlich angewendet gegen Herbst-/Winterblues. Dass Viele jedes Jahr mitmachen, hilft ungemein, und das gemeinsame „Freilassen“ der kleinen Taschenbewohnerin im Frühjahr macht jedes Mal gute Laune und warme Füße. (Also, das mit der guten Laune kann ich zumindest garantieren!)
Macht also einfach wieder mit und kommentiert mir auch bitte wieder fleißig, wo ich Eure Blogeinträge o.ä. finden kann, dann kann ich das alles schön verlinken. (Wer keinen Blog hat, lässt vielleicht wenigstens einen Kommentar da und macht mir damit eine kleine Freude.)
Also, ich freue mich auf Euch und eure Winterbegleiterinnen!
Hier im Ruhrgebiet ist heute ein wenig unfreundlicher Himmel, alles ist ein bisschen zu grau, aber immerhin (vorübergehend) trocken. Wir sind vorhin gegen 11:00 Uhr losgezogen, Richtung Duisburger Stadtforst. Dort ist es gerade windig, matschig und durchnässt, aber das sollte uns nicht schrecken. Auch die Blättchen tun was sie sollen, nämlich das Licht suchen.
Heimlich, still und leise bereitet sich die Natur darauf vor, demnächst mal so richtig zu explodieren. Feuerwerk und so.
Auf dem Weg zur Abwurfstelle halte ich übrigens Ausschau nach kräftigen, herabgefallenen Ästen, die ich für meinen Balkon(!!!) gebrauchen kann. (Ich habe nämlich zum ersten Mal einen und bin ganz aufgeregt!) Was ich damit will? Ach, das zeige ich Euch bald, wenn es soweit ist… Erstmal muss ja der Frühling gestartet werden, sonst nützt einem auch der netteste Balkon nüscht. Als wir zur Wiese kommen, an deren Rand wir werfen werden, machen wir’s wie immer: Erstmal Sekt einschenken, Kastanie aus der Tasche befreien, sie ein letztes Mal gründlich befühlen und versonnen betrachten.
Nebenbei immer der Blick auf die Uhr. Noch drei Minuten. Wir überlegen zusammen, wer jetzt wohl gerade ebenfalls irgendwo in der Budnik steht und auf den Moment wartet. Ich sage der kleinen, glattgestreichelten Bolle noch mal herzlich „Danke.“ und denke kurz zurück an die letzten Monate. Aber wirklich nur kurz, denn jetzt wird es gerade 12:00 Uhr und ich zähle: „Dreeeeiiii – zweeeiii – eiiiins – looos!!!“ – Und da fliegen sie, hurra! (Hab‘ ich da etwa zwei kleine, leise Juchzer gehört?) Frühling is‘! Wir haben’s geschafft. Weiter weg vom nächsten Winter könnten wir gerade nicht sein. Ein schöner Moment. Wir stoßen an, nehmen einen guten Schluck und Zufriedenheit breitet sich aus, dann proste ich noch in alle Richtungen allen Kastanienmitwerfern zu und nehme direkt zwei-drei Schlucke hinterher. Prost Frühling, Ihr Lieben!
Da irgendwo liegen sie, die Beiden, und schmieden vielleicht Pläne für die neue Freiheit: Einmal um die um die ganze Welt rollen? Dann eine Baumschule in Norwegen gründen? Oder lieber ab nach Spanien, ’n paar feurige Castagnettos kennenlernen? Oder doch erstmal gemütlich liegen bleiben und den Rotkehlchen zuhören? Und vielleicht kommt ja doch noch die Sonne raus?
Der Liebste und ich jedenfalls sammeln still Sektgläser, Täschchen, Äste und Zeug ein und machen uns wieder auf den Weg, zurück ins Warme. Das hier draußen, das dauert noch ein bisschen, aber nicht mehr lange… Versprochen. Und damit war’s das mit:
Danke & Wie schön, dass Ihr wieder mitgemacht habt! Das wärmt mein Herz.
– So langsam wird’s doch, oder? Seid Ihr schon kribbelig?
Hier im Ruhrgebiet, wo ich ja jetzt bald seit einem Jahr lebe, sprießen die ersten zartgrünen Blättchen und zwinkern unübersehbar von den Zweigen. (Und wir wissen ja: Krokus und Narzisse gelten uns nicht, wir wollen echtes Blättchengrün!) In Berlin oder noch weiter östlich geht es wahrscheinlich etwas zaghafter zu, denn dort ist es meist deutlich kühler, doch auch dorthin wird’s das freundliche Grün bald wehen, bestimmt!
Und damit wird es allmählich Zeit für unseren kollektiven Kastanienwurf, der die diesjährige Bewegung krönend abschließt! YEAH! Als unseren „magischen Moment“ habe ich ausgewählt:
Sonntag, den 19.03./12:00 Uhr
Ihr wisst ja, wie es geht: Schnappt Euch den ollen Mantel mit der lieben Winterbegleitertaschenbolle und geht rechtzeitig nach draußen. Mit etwas Glück haben wir sogar schönes Spaziergangwetter… Mal gucken. Gegen kurz vor zwölf jedenfalls solltet Ihr einen guten Kastanienwurfort aufgesucht haben. Schaut Euch Eure Kastanie noch mal an und bedankt Euch artig für die reizende Begleitung durch manch olle, fisselige, graue, doofe, dunkle, kalte und windige Zeit der letzten Monate. Seid gewiss, es stehen zur selben Zeit alle Kastanienbeweger irgendwo draußen und tun dasselbe. (Wer mag, macht sich an dieser Stelle einen Piccolo auf. Also, ich mach’s. Und ich werde Euch in alle Richtungen zuprosten.) Und um punkt 12:00 Uhr holen wir kräftig aus und werfen die Kastanie fort, so weit es geht! Und mit Ihr den Winter, hurra! Die kleine Handschmeichlerin loszulassen fällt zwar nicht immer leicht, man kennt ja inzwischen jede ihrer kleinen Dellen und fürchtet, sie danach in der Tasche zu vermissen, aber: Früüühling! wird dann sein, allüberall. (Also, wenn das Geprassel der weltweit fallenden Kastanien verklungen ist.) Die Farben kommen bald zurück, das Licht, die Wärme… Hach, ich freu‘ mich auf diesen Moment mit Euch und werde hier natürlich direkt im Anschluss ein bisschen berichten. – Bis dann!
Liebfeinste Grüße Eure Theo
PS: Wie war Euer Winter eigentlich? Für mich war er nur dunkel und kalt, aber eigentlich nicht besonders winterlich. Ich war merkwürdig abwesend, vielleicht weil ich mich hier in der neuen Wohnung und so erst noch richtig einfinden muss. Es wird aber. Schnee habe ich übrigens nur einmal gesehen, ausgerechnet an dem Tag (11.02), als wir von Düsseldorf aus mal eine Woche nach Palma de Mallorca fliegen wollten. Natürlich haben die unfassbaren Schneemassen (3 cm *hüstel*) gleich mal Chaos ausgelöst und alles um eine gute Stunde verzögert wegen der nötigen Flugzeugenteisung. Später, als wir abends bei Tapas draußen saßen, war uns das aber schon wieder ganz egal.
In einem seiner Bücher („Guten Tach. Auf Wiedersehn“) hat Helge Schneider mal eine kleine Szene beschrieben, in der er während eines Auftritts quasi in Zeitlupe ziemlich lustig zu Boden geht. Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich da jetzt drauf komme, eigentlich wollte ich nur mal eben erzählen, wie bei mir dieses Jahr die Vorweihnachtszeit so läuft. Gestern z.B. wollte ich bloß ein bisschen Weihnachtspost erledigen. Schon die Voraussetzungen waren aber irgendwie ungünstig: Mich drückte die Zeit. Seit einigen Jahren schicke ich spätestens eine Woche vor Weihnachten ein paar Päckchen mit kleinen „Ich denk‘ an Dich“s an ein paar Leute, die fern von mir sind, sich aber nicht so anfühlen. Mein Väterchen bekommt eins, ein paar liebe Blogfreunde bekommen eins und die zauberhafte Freundin T. sollte diesmal ebenfalls was kriegen, denn durch meinen Umzug sehen wir uns leider nur noch sehr selten. Freundlichweise bekomme auch ich zu Weihnachten immer wieder sehr liebe Post und weiß daher, wie herzerwärmend das ist.
Eine Hauptzutat meiner Päckchen ist immer ein bisschen selbstgemachtes Genasche: Gebackenes, Marmeladiges und/oder Schokoliertes. Normalerweise kriege ich es auch in der ersten Dezemberhälfte hin, dass sich nach 2-3 mal Backen und Werkeln die Blechdosen allmählich füllen mit Kipferln, Zitronen-Marzipan-Plätzchen, Mandelbergen, „Karierten“ Keksen, Pralinchen, oder Toffees. Mir macht das ja auch total Spaß, aber es braucht eben Zeit. Und die hatte ich in diesem Jahr nicht. Im Job ist seit drei Wochen Land unter, weil die halbe Belegschaft krank ist und die andere Hälfte sich als Notbesetzung so durchschnorchelt. Ratet mal kurz, zu welcher Hälfte ich gehöre… Aber nicht schummeln! Der Liebste ist ebenfalls gerade mächtig ausgelastet mit bockiger Technik, überbordendem Auftragsaufkommen und sonstigen Katastophen. Abends schleppen wir uns also mal mehr, mal weniger gemeinsam vom Esstisch zur Couch zum Bett zur Arbeit. Da müssen wir durch. Das heißt aber u.a.: Für die Freunde des Hauses gibt’s in diesem Jahr leider keine selbstgestaltete Weihnachtskarte von uns! (Dabei hatten wir sogar ein-zwei ganz gute Ideen, die nun eben bis zur nächsten Gelegenheit warten müssen.) Ham’wa nich‘ geschafft… Wir sind betrübt, aber gefasst. – Nächstes Jahr wieder!
Doch wenigstens die Päckchen müssen sein!
Also habe ich Freitag extra etwas früher Schluss gemacht, bin in die Stadt gejagt, Kleinigkeiten und noch ein paar Zutaten besorgen, und habe dann bei der Post einen Schlag bekommen, als ich die Warteschlange sah: Also, wenn man bis auf die Straße und fast bis gegenüber ins Café Dobbelstein steht, nur um ein paar mittelkleine Packsets zu bezahlen, dann ist das vielleicht ganz toll, weil man sich gleich noch ein leckeres Stück Torte dazubestellen kann, aber ich hatte es ja eilig. „Bestimmt haste zuhause noch ausreichend Kartonage, das wird schon.“, dachte ich und drehte bei. Leider dachte ich nicht daran, dass ich diesmal ja gar auch keine Weihnachtskarten hatte (s.o.). Das sollte mir erst später wieder einfallen… Zuhause angekommen, suchte ich erstmal geeignete Kartons zusammen. Dass ich den jeweiligen Inhalt erstmal dafür im Arbeitszimmer ausleeren musste, machte ja nix. Wozu hat so ein Zimmer schließlich blickdichte Türen? Bald darauf glühte jedenfalls in der Küche der Backofen, rösteten obendrüber Mandelblättchen und schmolz Schokolade… -Wusstet Ihr übrigens, dass Hagelzucker auf dem Boden fast genauso schön knirscht wie verharschter Schnee, wenn man so drüber läuft? Also, falls jemand größere Mengen Puderzucker braucht…
Am späten Abend hatte ich dann ein bisschen was gebacken, eingewickelt, vertütet, foliert, erst in Grüppchen auf dem Teppich ausgebreitet und danach in den teilweise etwas übergroßen Kartons arrangiert, mithilfe von reichlich Füllpapier. Von der Anmutung wirkte das irgendwie ungewollt sparsamer als sonst, aber der Gedanke zählt. (Das Wohnzimmer sah vielleicht aus! Passte aber sehr gut zur Küche. Durchgängige Gestaltung.) Tja, aber jetzt kam: Und wo schreibe ich nun die Weihnachtsgrüße rein? Äh. Hmpf. Uff.
Ach, erstmal schlafen…
Gestern morgen stand ich schon wieder gegen halb sieben vorm Schreibtisch. Ich wollte so kleine Weihnachtsbriefe am Rechner gestalten und schreiben. Die Idee! Schnell ausgedruckt und fertig! (Man ahnt schon: Von wegen. Aus meiner Zeit in der Grafik weiß ich nämlich noch: Schnell-mal-eben-Ausdrucken dauert mindestens zwei Stunden!) Und was was soll ich sagen? Ich hatte rasch ein schönes Motiv für einen Brief, schrieb den ersten für meinen Vater (was dann ein bisschen dauerte, weil der Arme schon wieder länger nichts von mir gehört hat), wollte ihn drucken, und…
>ping!<
Der Drucker legt sich hin und will nicht mehr. Er kann mittenmal nur noch Photoschwarz, die anderen vier Patronen sind mal eben Milch holen. Meine Nerven liegen blank. Schwarz-weiße Weihnachtsbriefe aus dem Drucker erfüllen gleich mal alle Qualitätskriterien nicht! Es ist schon acht Uhr durch, ich bin ungeduscht, habe noch mindestens drei Briefe zu schreiben, um zehn machen die Postschalter auf, und ich will nicht die sein, die weit weg davon vorm Kuchentresen stehen muss! Da sind doch noch diese Auffülldinger und Spritzen… Wo hab‘ ich die hin…? Ach, da… – Keine halbe Stunde später bin ich von oben bis unten mit schwarzer Tinte vollgesaut, fluche wie ein Buntspecht, bebe vor Wut und ziehe meterweise Küchenkrepp hinter mir her. Die Tischplatte und alles, was darauf ist, verschwindet fast unter Sprenkeln. – Wenn mich heute jemand fragt sollte, ob ich Punkte sammel‘, raste ich aber aus! Ich beiße in meinen Unteram, um nicht einfach loszubrüllen, denn ich wohne hier erst sieben Wochen, und was sollen schließlich die Nachbarn denken, wen sie sich da ins Haus geholt haben? (Immerhin habe ich selbst auf einem „ruhigen Haus“ als Grundbedingung bestanden.) Statt jetzt den Drucker und alles Umstehende aus dem Fenster zu werfen, versuche ich, ruhig zu bleiben und die aufgefüllten Patronen wieder einzusetzen. Drucktest. Drucktest. Langsam wird auch das Papier knapp. Der Drucker druckt jetzt immerhin nicht mehr schwarz. Er druckt gar nichts mehr. Die 14. Intensivreinigung aktiviert irgendwann cyan und gelb, aber das reicht mir nicht. Ich bin ein verwöhntes Biest und möchte anständige Weihnachtsgrüße oder gar keine! Es ist kurz vor zehn. Eine Entscheidung muss her. Mit letzter Kraft und kilometerweise Klebeband versiegele ich die Päckchen, schreibe zitternd darauf „Weihnachtskarte kommt separat!“, packe sie in große Tragetaschen und rufe meinen Mann an. Eigentlich wollten wir uns gleich entspannt in der Stadt treffen, jetzt muss er mich erstmal beruhigen und trösten, ich fühle mich nahezu reif für die Station. Wir beschließen, dass ich jetzt erstmal heiß duschen gehe, dann später beim Losgehen eine Nachricht schicke, und er mir bei der Post beisteht. Wir treffen uns dort. Nicht, dass ich noch aus Versehen zur Axtmörderin werde.
Die Dusche funktioniert immerhin, doch die Tintenflecken wollen nicht ganz abgehen. Wenigstens hat das Gesicht nix abgekriegt. Echt Glück im Unglück, haha. Ich ziehe mich an, ignoriere das Chaos um mich herum, packe mein Zeug und marschiere zur Post. Und die Post ist voll. Sehr voll. Vor mir in der Schlange ein junger Mann in Lederblouson und Jogginghose, dazwischen jede Menge bloßer, haariger unterer Rücken. Ich konzentriere mich auf seine Schultern. Hinter mir ein älterer Herr, der erstaunlich viele Knietschgeräusche aus seinem Kaugummi rauszuholen versteht. Ich schaff‘ das. Mein Mann kommt gleich. Ich schaff‘ das. Mein Mann kommt gleich. Die Schalterjungs sind zu Plauereien aufgelegt. Meine Taschen schiebe ich mit dem Fuß zentimeterweise voran. Schon 20 Minuten. Der Blouson vor mir ist dran und beugt sich zutraulich über den Tresen. Gleich werde ich erblinden. Auch schon egal. Ich schaff‘ das. Mein Mann… Der Kaugummimann wird immer nervöser, schiebt sich näher an mich, neben mein Ohr. Ich möchte jetzt gern eine Ohnmacht vortäuschen.
– Ach, bin ich dran? Der Schaltermann fragt, ob der Inhalt meiner Päckchenlawine denn wertvoll sei. Grimmig antworte ich: „Sie können nicht ermessen, wie!“ – „Dann behalte ich die lieber gleich hier, höhö!“ Er zwinkert mich voll, donnert gut gelaunt alle möglichen Sticker drauf, nimmt mir eine Menge Geld ab und schenkt mir dafür einen schäbigen Zettel. Das wars.
Plötzlich bin ich frei.
Als ich mit halb zugekniffenen Augen wieder an die süße, frische Luft trete, kommt da gerade mein besorgt blickender Mann angelaufen.
Wir gehen frühstücken. Im Dobbelstein.
Und später auch noch Weihnachtskarten kaufen. Die kommen separat.
gerade eben waren’s noch über 30°C, ich lag japsend auf’m Diwan und murmelte ermattet: „Also, raus gehste aber erst, wenn das Wetter wieder zur Vernunft gekommen ist!“ Sommer ist ja wirklich ganz schön – Aber muss das denn immer alles so ruckartig sein?!? Uff.
Und als sich am Freitag dann die vielen kleinen Grad Celsiusse urplötzlich über Nacht schon wieder irgendwohin verzogen hatten, wo es jetzt vielleicht noch bunter zugeht, radelte ich in frühster Morgenkühle frisch zur Arbeit und fand dort beim Parkplatz prompt meine erste Kastanie des Jahres auf mich warten. Sowas!
Sie war offensichtlich gerade erst absichtlich vom Baum gefallen (bestimmt, weil sie mich schon gegenüber an der Ampel hatte stehen sehen), schimmerte fein und roch nach ganz frischem Herbst. Eine passende Manteltasche hatte ich nu‘ noch nicht dabei, also Hosentasche. Dafür zeigte ich ihr abends erstmal den Balkon (der ja auch gleich ’nen viel hübscheren Bildhintergrund ergibt als so ein oller Parkplatz):
Gestatten: Brominenwinterbegleitung und persönliche Bluesabwehrbeauftragte.
Da standen wir nun. Und obwohl man gar nicht viel mehr hörte als ein bisschen Vogelzwitschern und etwas Stadtgebrumm, war das natürlich der Startschuss für
Das Banner ist neu, wie jedes Jahr. Aber den Rest kennt Ihr ja schon. Trotzdem zur Erinnerung und für Neueinsteiger hier noch mal die Regeln:
Finde eine Kastanie. Die erste, die Dir vor die Füße rollt, ist Deine Winterkastanie. Deine Taschenbewohnerin. Deine Bollenfreundin für die nächsten Wochen und Monate.
Kommentiere unter diesem Eintrag, dass Du auch mit dabei bist! Ich nehme Dich dann gern (ggf. verlinkt) in die unten stehende Liste der Teilnehmer auf.
Die Kastanie wandert nun in Deine Mantel- oder Jackentasche. Dort bleibt sie bis zum Frühjahr. Wenn Du die Jacke wechselst, wandert die Kastanie natürlich immer mit, denn sie soll ja bei Dir sein, wenn Du draußen unterwegs bist und es dort mal ungemütlich wird. Dann seid Ihr schon mal zu zweit. Und außerdem sind da ja noch all die anderen Kastanienbeweger, denen es womöglich gerade ebenso geht. Es hat sich herausgestellt, dass das gegen feucht-kalten Trübsinn ausgezeichnet hilft.
Wenn es in einigen Monaten dann ganz langsam wieder heller, wärmer und zartgrün wird, dann rufe ich hier rechtzeitig einen bestimmten Tag, eine bestimmte Stunde aus, zu der jeder von uns (an seinem Ort), die Kastanie hervorholt, sich freundlich bei ihr bedankt, und dann werfen wir die liebe Bolle alle gleichzeitig mitsamt dem Winter weit, weit, weit fort. – So werden wir den Frühling einläuten! Wirst sehen, bis dahin wird sie Dir ans Herz gewachsen sein, und sie dann wieder „frei“ zu lassen, wird ein besonderer und auch feierlicher Moment sein. Das ist jedes Mal so, und je mehr von Euch mitmachen, umso schöner wird’s.
Und welchen Sinn soll das jetzt haben?
Naja, also, ich mache das schon seit bestimmt 20 Jahren so, dass ich die erste Kastanie, die ich finde, jeweils in die Tasche stecke. Dort dient sie über den Herbst/Winter als Handschmeichlerin und erinnert mich vor Allem daran, dass auch die ungemütlichen, grauen Zeiten wieder vergehen und es dann wieder heller wird. Mit anderen Worten: Eine kleine Selbstmedikation gegen Stimmungsdurchhänger in funzligen, usseligen Jahreszeiten, für die ich ziemlich anfällig bin. Andere offenbar auch, denn nachdem ich mal darüber gebloggt hatte, machten spontan ganz viele mit, seither heißt die Sache „Kastanienbewegung“. Das gemeinsame Ritual des Winter-Wegschmeißens im Frühling hilft wohl nicht nur meinen Lebensgeistern. Aber auch ohne Winterblues ist so ein kleines Ritual ganz hüsch. (Übrigens ist das dann in diesem Jahr schon die 10. Kastanienbewegung!)
Jedenfalls: Wenn Du ebenfalls Blogger bist, freue ich mich natürlich besonders über einen Eintrag, der Deine Kastanie beschreibt und/oder zeigt, am liebsten getaggt mit „kastanienbewegung“ und einer Verlinkung hier herüber. Das obige Banner kannst Du natürlich gern einfügen. Gib‘ mir in Deinem Kommentar einen Wink, wo ich Deinen Eintrag finden kann, damit ich Deinen Namen in der Teilnehmerliste auch vernünftig zurückverlinken kann. Ich weiß, dass es Teilnehmer und Leser gibt, die sich da sehr gern durchstöbern und dabei auch schon mal neue Blogs für sich entdecken. (Außerdem mag ich es, wenn sich Kreise schließen.)
Auch falls Du keinen Blog betreibst, bist Du natürlich hier willkommen. Einfach mal in den Kommentaren zwinkern oder „Piep!“ machen oder so. Manche von Euch sind vielleicht auch bei faceb**k, auch da kannst Du vielleicht ein Bildchen posten… – Ich freue mich, Dich zu sehen. So oder so oder so… – Los geht’s!
Das letzte Einhirn hat mich, es ist nun schon ein bisschen her, für diese Aktion nominiert. Ich wusst‘ allerdings erstmal gar nicht: Was hat es denn mit diesem Award überhaupt auf sich, der da im Netz offenbar so verbreitet ist? Die kurze Recherche ergibt: Es scheint sich um eine Art netten Kettenbrief zu handeln, den man an Blogs weitergibt, die einem gut gefallen. Die man also gern liest, und auf die man gern mal hinweisen möchte. Und so verlinkt sich alles miteinander hübsch kreuz und quer, was für mich sowieso immer ein wichtiger Aspekt im Bloggen überhaupt war: Stöbern gehen, gute Texte finden, innerlich bereichert werden, Kontakt herstellen. – Preisverleihungen im eigentlichen Sinne gibt’s übrigens keine, aber jeweils ein bisschen verdiente Aufmerksamkeit für Menschen, die sich gern mal etwas krummlegen für’s geschrieben Wort.
Es gilt also einen Fragebogen auszufüllen, dessen Fragen wohl ihren Ursprung im klassischen FAZ-Fragebogen haben. Der ausgewählte Blogger sollte wenigstens 11 Fragen daraus beantworten, darf sich aber auch gern eigene ausdenken, was die Sache noch ein wenig persönlicher/origineller/spannender/überrraschender machen kann. Anschließend wird der Award weiter gereicht, samt anständiger Verlinkung zur nächsten Station. – Das zu den Regeln, die ich so gefunden habe. Und nun Obacht. Hier kommt meine Bleiwüste…
Was ist für Sie das größte Unglück?
Na, das fängt ja sonnig an. Ich glaube, das größte Unglück ist, unter Zwängen zu stehen, die einen daran hindern, der zu sein, der man ist. Vermutlich macht nichts Menschen unglücklicher.
Wo möchten Sie leben?
An einem Ort, an dem gleichzeitig (oder abwechselnd) Leben und Ruhe stattfindet. Ich mag die vielen, anregenden Möglichkeiten einer Stadt, bestehe dort aber auf einer ruhigen Seitenstraße. Spazierfläche mit Wasser darf auch gern in der Nähe sein. – Und vor allem Bäume! Und sowieso: Ein anständiges Süßwarengeschäft. Diffuser Plan: Der Liebste sorgt irgendwann für angemessenen Wohnraum mitten in der Stadt, aber so-richtig-idyllisch, und ich mache an der nächsten Ecke eine ordentlich brummende Feinkostbude auf.
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?
Mit mir selbst im Reinen zu sein. Von Lebensfreude gekitzelt zu werden, bis ich lachen muss. Die Umarmung des Liebsten.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Wenn jemand wirklich nicht anders konnte…
Ihre liebsten Romanhelden?
Pünktchen und Anton. Leo Hertzberg. Frau K. – Die fallen mir spontan ein.
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Hm. Möff… Geschichte, ja?
Ihr wichtigster Lehrmeister?
Ganz ehrlich? Ich selbst. In meiner Kindheit war ich mir meistens selbst überlassen und habe früh gelernt: Lies viel, hör‘ viel zu, guck‘ Dir ab, wie’s geht. Pick‘ Dir raus, was Du brauchst. Bis Mitte Zwanzig war ich dennoch ziemlich chaotisch, wurschtelte mich mehr oder weniger durch. Dann muss es plötzlich im Kopf irgendwo „Ping!“ gemacht haben, seither übe ich mich in Eigenverantwortung. – Klappt heute noch ganz gut.
Ihr Lieblingskomponist?
Miss A., always.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten? Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Na, die Zwei fasse ich direkt mal zusammen. Ich mag bei Beiden gleichermaßen: Wenn jemand zuhören kann und des Sehens fähig ist, Respekt und Interesse für Andere hat (die vielleicht sogar so richtig anders sind). Und ich mag Leute, die nicht nur selbst Humor haben, sondern ihn auch an anderen wertschätzen und ihm Platz einräumen.
Ihre Lieblingstugend?
Ehrlichkeit, bitte unbedingt gepaart mit freundlicher Diplomatie.
Ich verabscheue z.B. hingekübeltes Runterputzen, das mit einem nachgeschobenen „Ich bin wenigstens ehrlich!“ legitimiert werden soll. – Diplomatie und Empathie sind Königsdisziplinen. Hätte ich gern öfter in der Welt.
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Gucken und Atmen. So ein bisschen Herum-Sein. Noch schöner mit Handhalten und/oder Kuchen.
Wer oder was hätten Sie sein mögen?
Im nächsten Leben: Mauersegler. Die sind immer in der Luft. (Wer’s nicht glaubt, sollte mal g**geln.)
Ihr Hauptcharakterzug?
Uff. Da behauptet jetzt wahrscheinlich eh‘ jeder was Anderes… – Helft mir mal!
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?
Siehe etwas weiter oben.
Ihre größte Schwäche?
Die Unfähigkeit, rauszukriegen, wie das mit dem dicken Fell geht. Immer noch, nach all‘ den Jahren… (Und: Sätze mit drei Pünktchen beenden.)
Ihr Traum vom Glück?
Ganz profan und doch so schwer: Zeit und Mittel zu haben, um den ganzen Tag zu tun, was ich möchte. Manchmal möchte ich schlichtweg stundenlang große Löcher in die Luft gucken, während mir alles Mögliche durch’s Hirn tollen darf, manchmal lieber in einer Werkstatt ganz praktisch mit irgendwas Schönem spontan loslegen können. – Also: Freiheit.
Ihre Lieblingsfarbe?
Diese Frage ist schwerer zu beantworten als gedacht. Früher, in den 90ern, war es mal Blau. Je mehr, desto besser. Ich glaube aber, dass eine Lieblingsfarbe einem immer das geben soll, was gerade im Leben fehlt. Blau steht für Klarheit, aber auch für Distanz, Ferne, Kühle. Blau entfernt bzw. entzieht sich. Offenbar fehlte mir das mal. In den 2000ern hatte ich auch mal eine Pinkphase, die ich mir jedoch nicht richtig gestattete, weil Pink nun mal doof assoziiert ist. Ich wollte nicht, dass man das auch auf mich überträgt, also habe ich sparsam dosiert oder kombiniert. Grundsätzlich liebe ich Farbe, mag Weiß als Bühne für bunte Akzente, mag es wild, aber auch gern Ton in Ton. Schwarz aber gibt’s bei mir nur als Klamotte, in meiner Einrichtung kommt es nur aus Versehen einmal vor: Der Schreibtischstuhl, den gab’s nur in schwarz. Ich überlege seit Jahren, ihm mal einen Überzieher zu nähen. Aber ich hab‘ das Gefühl, er möchte eigentlich lieber bleiben, wie er ist. Braun lehne ich schon aus politischen Gründen ab. Aber z.B. als Baumstamm, zierliches Gezweig oder Schokolade ist es natürlich willkommen.
Ihre Lieblingsblume?
Pfingstrose. Und da ich immer um Pfingsten herum Geburtstag habe, bekomme ich manchmal sehr schöne Sträuße aus den Gärten der Freundinnen.
Ihr Lieblingstier?
Na, Mauersegler! Und der Hase. Und Eichhörnchen. Eigentlich alles. Außer Mücken.
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Es gibt keine Nummer eins.
Kästner, S. Hustvedt, F. Müller, H. Miller, Capote, Fitzgerald, Willemsen, Borowiak, Juretzka, J. Zeh, (…)
Ihr Lieblingslyriker?
Rainer Maria Rilke. (Eignet sich auch hervorragend als Stoßseufzer, übrigens.)
Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Tapfere Mädchen. Die halten irgendwie alles zusammen.
Was verabscheuen Sie am meisten?
Flauschiges Zeug im Kühlschrank? Ungerechtigkeit und Aggression kann ich aber auch nur schwer aushalten.
Welche Erfindung bewundern Sie am meisten?
Sprache und Schrift, vielleicht.
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? *dicker Seufzer* Langmut.
Wie möchten Sie sterben?
Bewusst und friedlich. Wenn’s eventuell ginge, sogar fröhlich.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Wenn ich auch hier ganz ehrlich bin: Ich habe mich gerade ein bisschen verloren und hoffe, mich bald wiederzufinden. Ich vermisse mich mitunter nämlich ganz schön.
Ihr Motto?
„Wenn im Zweifel, – tu’s nicht.“
(Alternativ: „Männer weichen ein, Frauen waschen ab.“ – Danke dafür an Frau Müller.)
Eigene Frage: Wozu Bloggen? – Was ist Bloggen für Sie?
Eine Möglichkeit, mich in Texten auszuprobieren und das Ergebnis einer kleinen Öffentlichkeit hinzuhalten. Ist immer mal jemand dabei, der ahnt, was ich da sagen möchte. Wenn in Kommentaren dann noch gute Gespräche entstehen, ist es eine Erfüllung. Seit 2007 blogge ich, früher bei Blog.de, wo ich mit erstaunlich vielen herzensguten, klugen, witzigen Menschen und einigen absolut Bekloppten in Kontakt kam. Ein paar Jahre war der allgemeine Austausch sehr intensiv, ich war zeitweise ganz elektrisch, hatte erfreulich viele Leser, bloggte was das Zeug hielt, wurde später dann zunehmend ruhiger, auch vorsichtiger. So wie fast alle. Insgesamt hat Bloggen deutlich Einfluss auf mein Leben gehabt. Beispielsweise hat es mir, neben ordentlich Trubel, eine lange Fernbeziehung, eine spätere Eheschließung und schließlich einen Umzug nach Duisburg eingebracht. Mittlerweile, auf der eigenen Webseite, fehlt mir die Vernetzung von Früher doch ganz schön, weil man eher in einen weiten Raum spricht und zögerlicher Antwort bekommt. Ich versuche aber, nicht zu sehr mit Früher zu vergleichen und schreibe ab und zu, wenn ich merke, dass sich da wieder mal Webstaben im Kopf zusammenrotten und gern raus möchten.
Eigene Frage:Genusstyp oder nicht?
Ja. Jajaja. Ja! Ich genieße, wo und wann ich kann. Gutes Essen, Berührung, wohlige Stimmung, Ausblick, Geräusch, Nähe, Stille, Bewegung, Harmonie. Menschen, die es sich nicht ab und zu mal richtig nett machen können, irritieren mich. Ist ganz egal, ob Süßkram oder lieber Chips, Sofa oder Freeclimbing, Modellbau oder Kochen: Jeder sollte etwas haben, das er genießt, das ihn ab und zu aus dem Alltag rettet.
Gemopste Frage von „Das letzte Einhirn“:Welcher Geruch erinnert Dich sofort an früher?
Der Geruch, der aus manchen Kellern kommt. Diese feucht-dunkel-erdige. Ich bin dann wieder das kleine Mädchen, das vorsichtig die Kellertreppe im Reihenhäuschen der Großeltern in Springe heruntertappst, nachdem es mit dem Drehschalter Licht angeknipst hat, um für den Opa eine Flasche Bier zum Abendbrot hochzuholen, oder eine der Mettwürste, die am Regal hängen. Oder ein Glas von Omas eingekochten Kirschen oder so. Wenn ich bei meinen Großeltern war, durfte ich zum Abendbrot ein Schnapsglas voll Bier trinken. Das wurde vorher zum Anwärmen auf die Heizung gestellt und sollte wohl sicherstellen, dass das Kind bald müde wird und schön durchschläft. Das waren noch andere Zeiten! Heute müssen die Kinder mit Conny-Geschichten ins Bett.
So. Ja. Puh, das war’s soweit.
Nominieren fällt mir jetzt schwer, ich würde mich freuen, wenn die liebe Bellona vielleicht…? Wenn Zeit und Lust vorhanden…? Ansonsten betrachte sich bitte jeder als eingeladen, diesen Fragebogen weiterzutragen und nach Herzenslust zu verkürzen oder zu erweitern. (Gern auch in den Kommentaren, übrigens. Es hat ja nicht jeder einen Blog.) Hier sind auch noch mal die Fragen:
Was ist für Sie das größte Unglück?
Wo möchten Sie leben?
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Ihre liebsten Romanhelden?
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Ihr wichtigster Lehrmeister?
Ihr Lieblingskomponist?
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten?
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Ihre Lieblingstugend?
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Wer oder was hätten Sie sein mögen?
Ihr Hauptcharakterzug?
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?
Ihre größte Schwäche?
Ihr Traum vom Glück?
Was möchten Sie sein?
Ihre Lieblingsfarbe?
Ihre Lieblingsblume?
Ihr Lieblingstier?
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Ihr Lieblingslyriker?
Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Ihre Lieblingsheldinnen in der Wirklichkeit?
Was verabscheuen Sie am meisten?
Welche Erfindung bewundern Sie am meisten?
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Wie möchten Sie sterben?
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Ihr Motto?
Gestern habe ich mich was getraut. Etwas, wovon ich bis vor einem Jahr nicht gedacht hätte, dass es für mich mal was mit „sich trauen“ zu tun haben könnte. Ich hab‘ nämlich einigen Kollegen erzählt, dass ich bald schon wieder umziehen werde. Nicht, dass das nun was besonders Schlimmes wäre. (Mal abgesehen vom Umziehen an sich.) Allerdings bin ich ja gerade erst vor 3 Monaten nach Duisburg gezogen, zu meinem werten Herrn Ehegatten. Das hatte ich im Büro schon relativ freimütig erzählt, obwohl es ja eher ungewöhnlich ist, dass wir zwar verheiratet sind, jedoch vorher noch nie zusammen gewohnt haben. Aber dass wir jetzt nach bald sechs Jahren Fernbeziehung auch nur übergangshalber zusammen wohnen, weil der Plan immer klar war, dass wir auch in der selben Stadt wieder getrennte Wohnungen haben möchten, – das hatte ich bisher eher unter den Tisch fallen lassen.
Ich hatte schlichtweg keine Lust, mich zu erklären, womöglich zu rechtfertigen. Keine Lust auf Reaktionen wie: „Ahaaa… Das ist ja interessant… Naja, jeder wie er mag… Hm. – Aber ich könnte das nicht!“ Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich mittlerweile in einem Unternehmen beschäftigt bin, in dem man fast Beamtenstatus hat, also ist alles ziemlich konservativ. Ich wirke dort ja bereits ein wenig flippig, weil ich morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit komme und nicht mit dem regelmäßig frisch polierten Wagen. Und in der Pause esse ich Bio(!)joghurts oder auch schon mal Curry oder selbstgemachte thailändische Sommerrollen. Das ist fast hippiesk. Wenn die wüssten, das ich auch gar nicht CDU wähle! Und nun bin ich zwar verheiratet, will aber gar nicht mit meinem Mann zusammen sein! Und davor bloß Fernbeziehung, aber heiraten! Versteh‘ das einer! Was ist das denn für ’ne Beziehung!? Und was das auch kostet, so mit zwei Wohnungen!
Meine neuen Kollegen hier sind aber übrigens alle sehr nett und manche sind sogar deutlich witzig. Einige von denen habe ich mittlerweile richtig gern. Vielleicht habe ich mich deswegen gesorgt, dass sie mich erst recht „komisch“ finden, wenn ich ein anderes Lebensmodell habe als sie. Ich hatte es hier im Blog ja noch nicht richtig erzählt, aber in der letzten Stelle in Hannover (im selben Unternehmen *räusper*) hatte ich zwei sehr garstige Kolleginnen, die übel mit mir umgesprungen sind. Ich verwende in diesem Zusammenhang selbst nicht gern das Wort „Mobbing“ (jedoch allerdings einige, die es direkt mitbekommen haben oder denen ich davon erzählt habe), aber eine deutliche Vorstufe war’s ganz sicher. Diese Kolleginnen waren sehr gehässig, gern schadenfroh und jederzeit auf lustige Macht- bzw, Erniedrigungsspielchen aus. Wer da ein bisschen anders war und es auch bleiben wollte, kriegte den ganzen Tag auf’s Fell. Leider war meines bald dünn und an einigen Stellen sogar kahl. Hilfreich beigesprungen ist mir leider erstmal niemand, teils aus Angst, selbst zur Zielscheibe zu werden (Kollegen), teils wegen Nicht-mitgekriegt (Chefs). Da wird man natürlich ziemlich vorsichtig, traurig und wütend. Auch als Individuum möchte man doch ganz gern einer Gruppe zugehörig sein oder wenigstens nicht dauernd beharkt werden. Vor allem, wo man doch im Job so viel Lebenszeit miteinander verbringt!
Die Reaktion auf meine Erzählung gestern war denn auch erstmal genau wie oben erwähnt, erstaunt, verwundert und irritiert. Aber dann glücklicherweise trotzdem nett. Nach kurzer Erklärung, wieso und warum, waren wir dann schnell schon wieder bei Mietverträgen, Quadratmetern, Wohnvierteln, Umzugsorganisation und schlimmen Tapetenmustern. Vermutlich wird man demnächst trotzdem hinter meinem Rücken so ein bisschen rätseln, wie eine Beziehung denn überhaupt so funktionieren kann, aber nuja…
Aber jetzt mal meine Frage: Wieso denn eigentlich nicht??? Verdorrinochmal!
Bloß, weil es eben allgemeiner Standard ist, dass Paare auch zusammen wohnen? (Erst recht verheiratete?) Die Zimmer teilen, Tisch und Bett und Unterbuxe? Das hatte ich übrigens schon zweimal, beide Male über Jahre (bis auf die Sache mit der Unterbuxe). Und war beide Male froh, als ich hinterher wieder meine eigene Bleibe hatte. Erstens bin ich einfach unheimlich gern alleine in meiner Wohnung, mache die Tür von innen zu und bin „für mich“. Punkt. Das kennt vermutlich fast jeder. Zweitens ist es so, dass sobald da noch mehr Leute sind, ganz viel von mir eben „für Andere“ ist. Meine Aufmerksamkeit richtet sich offenbar rasch nach außen. Wenn nämlich außer mir noch jemand da ist, bekomme ich auch immer nebenbei mit, was er gerade tut, sebst wenn wir grad‘ gar nichts zusammen machen. Ich sitze vielleicht einfach im Wohnzimmer und kriege mit: Aha, er geht in die Küche und trinkt ein Glas Wasser. Jetzt geht er ins Bad. Er sucht im Flur in seiner Tasche herum… – Ich habe also quasi immer meine Antennen draußen. Ich weiß, dass viele Menschen es total beruhigend finden, wenn da jemand in der Nähe ist. Mich macht das irgendwann unruhig, es kann mich sogar stressen (dafür gibt’s allerdings auch handfeste, uralte Gründe). Ich komme nicht richtig in die Ruhe, die ich brauche, um mich vom „Draußen“ und den Anforderungen des Alltags zu erholen. Auch nicht, wenn mir der Mensch sehr, sehr lieb und vertraut ist.
Also nehme ich mir die Freiheit, den Liebsten dann um mich zu haben, wenn wir beide das gern wollen und uns danach ist. – Erfreulicherweise ist das erstaunlich oft der Fall! Und ebenso erfreulicherweise braucht und genießt er sein Alleinsein dazwischen ebenso wie ich. Es wurde natürlich auch von außen mal kritisch gemutmaßt, wir kennten so ja nur die Sonnenseiten miteinander; – zur Beruhigung kann ich aber versichern, dass dem nicht so ist. Auch wir haben ab und zu hohe Wellen und müssen uns dann wieder einkriegen. Übrigens: Nicht etwa, dass ich ein Fan von Jürgen von der Lippe wäre. Echt nicht. Aber er wurde in einem Interview mal gefragt, wie das denn käme, dass er nun schon soundso viele Jahre mit seiner Ehefrau glücklich sei. Das wäre doch gerade im Showbiz ziemlich selten… Seine gut gelaunte Antwort: „Getrennte Wohnungen.“ Und ich weiß genau, was er meint. Der Liebste sieht mich normalerweise nicht mit Lockenwicklern und halbleergefutterter Pralinenschachtel in einem Zeitschriftenhaufen liegen, und ich rege mich nicht über schlecht zugeschraubte Zahnpastatuben auf, über nicht runtergebrachten Müll, oder darüber, wer mit was „dran“ ist. Sind wir bei mir, ist er ein bisschen mein Gast, bin ich bei ihm, ist es andersherum. Der Gastgeber kauft jeweils ein und kocht und hat meistens sogar sauber gemacht. Man geht auch irgendwie anders miteinander um. Das ist schön (weniger kompliziert, als man meint) und für uns ganz normal. Außerdem hat jeder gleich zwei Zuhause. Und dazu teilen wir die gemeinsame Zukunftsidee, eines Tages wohl auch mal ein gemeinsames Häuschen zu bewohnen: Einer unten, einer oben.
Und wisst Ihr, was auch ganz witzig ist? Manche sind erst mal verwundert wegen unseres Wohnmodells, besonders Paare, aber oft kommt nach einer Weile einer von Beiden (häufiger die Frau…) und raunt: „Könnt‘ ich mir, ehrlich gesagt, auch mal ganz gut vorstellen, sowas.“, gern mit verstohlenem Augenrollen zum Partner hin.
Ich kann mich gerade nicht entscheiden: Schreibe ich etwas über Tee oder über’s Recht auf Faulenzen? Das klingt ja erstmal gar nicht sehr weit voneinander entfernt, wenn man sich so vorstellt, dass jemand in Ruhe eine schöne Tasse Tee genießt und sich dabei mal kurz ausklinkt. Oder? Genauer betrachtet sind es dann aber doch zwei ganz unterschiedliche Themen. Und zwar weil: Bei dem Einen geht’s um ein immer wieder kehrendes gastronomisches Ärgernis, bei dem Anderen um eine immer wieder kehrende Amüsiertheit meinerseits.
Wattauchimma! Wie’s aussieht, ist heute Beides dran. Also Tee zuerst. Meinetwegen.
Ich trinke Tee. (Vor langer Zeit -lass‘ es 9 Jahre her sein- bloggte ich bereits einmal ausführlich dazu. Ist jetzt aber lange genug her, finde ich.) Schwarzen Tee. So ungefähr wie viele Ostfriesen. Oder von mir aus auch Briten. Aber geh‘ mal hierzulande in ein Lokal und bestell‘ Dir einen! Schwarzen Tee haben manche Lokale gar nicht erst auf der Karte. Dafür aber lustige Früchtetees (gern wild aromatisierte) mit so Namen wie „Erdbeer-Rhabarber-Einhorngarten“, „Tropical-Schlachmichtot“ oder „Waldbeeren-Inferno“. Kräutertee gibt’s auch schon mal (nicht näher definiert, es existieren ja eigentlich auch nur zwei Kräuter. Vieleicht auch vier.), manchmal sogar ambitionierten Grüntee… Wenn es jedoch „Schwarzen Tee“ gibt und ich ihn bestelle („Einen schwarzen Tee mit Milch, bitte.“), bekomme ich sehr oft Darjeeling. Der ist sicher ganz lecker, hat seine Liebhaber, wird aber eigentlich ob seiner zarten Blumigkeit überhaupt nicht mit Milch getrunken. Eher mit einem Spritzer Zitrone. Nur mal so als Randnotiz für kleine Besserwisser. Und Servicepersonal. Wenn ich keinen Darjeeling bekomme, dann wird mir leider genauso oft Earl Grey serviert, den finden viele wohl schick, weil er so einen eleganten Namen hat. Earl Grey ist aber ein heftig mit Bergamotte aromatisiertes Zeug, das eigentlich mit Schwarztee nur noch so viel gemeinsam hat, wie ein Radler mit einem Bier. Er schmeckt deutlich nach Zitrusöl, das soll ja auch so. Das wissen die Lokalbetreiber bzw. Servicekräfte aber fast nie, weil sie selber sowas nie im Leben trinken möchten. Ebenso wenig wie ich übrigens, denn das muss man schon mögen. Ich mag’s nicht.
Ich mag Assam-Tee. Übrigens ist sowohl in „English Breakfast“- als auch in „Ostfriesen-Tee“-Mischungen der überwiegende Teil Assam. Und der ist so kräftig-malzig-erdig im Geschmack, dass man ihn hervorragend mit Milch oder Sahne trinken kann, so dass er ein rundes, stärkendes Gebräu ergibt. Besonders mit ordentlich Zucker.
In Konditoreien und klassischen Caféhäusern hat man oft noch Glück und bekommt auf Nachfrage Assam-Tee. (Beutel oder lose ist mir im Übrigen schnurz. Auch loser kann von loser Qualität sein, während Beutel durchaus öfter angenehm lecker daherkommen. Also: – Pffft!) Wer jetzt oben beim Lesen aufgepasst hat, weiß nun, dass ich Tee immer mit Milch bestelle. Und was bekomme ich in 95% der Fälle hingestellt?
Kaffeesahne. *örks*
Kaffeesahne ist eine schlimme Erfindung sadistischer Lebensmittellaboranten, die sich die Welt mittels eines perfiden Plans irgendwie unterwerfen wollen. Ich weiß noch nicht, wie das genau vonstatten gehen soll, aber mit Kaffesahne fängt es an, und sie ist überall. – Kaffeesahne will man ja nicht mal im Kaffee haben! Und so gucke ich immer wieder neidisch auf den Milchkaffee des Liebsten, der mit fluffig aufgeschäumter Haube daherkommt, und kippe mir grummelnd das gelblich-ölige angebliche Molkereiprodukt in den Tee. Ich weiß schon, wie das schmeckt, bevor ich nur dran genippt habe. Ich könnte jetzt einen Aufstand machen und noch mal nach Frischmilch fragen, aber glaubt mir, ich habe schon alles gehört: „Die ist doch frisch!“ – „Haben wir nicht!“ (???) – „Weiß nicht, wie ich das bonieren soll…“ – „Wir haben haben leider nicht diese kleinen Kännchen, wissense?“ Ich trink’s und leide (mehr oder weniger) still. Jedesmal denke ich, ich frage nächstes Mal vorher, ob es richtige Frischmilch gibt, aber wenn sie dann „Leider nein.“ sagen, schleppe ich dann meine Begleitung wieder raus und woanders hin?
Es geht auch anders: In Hannover gibt’s beispielsweise ein zauberhaftes Eiscafé am Lindener Markt. Dort stehen nicht nur verschiedene Schwarztees auf der Karte (in einem Eiscafé!), man bekommt dann auch noch das Kännchen auf einem kleinen Stövchen serviert mit (und jetzt kommt’s!) einem Timer, der drei Minuten runterzählt. So weiß man zum Beispiel, dass der Tee nicht schon 20 Minuten ziehend am Tresen herumstand. Das Ding piepst also, man nimmt den Beutel raus, schüttet etwas frische Milch(!) aus einem possierlichen Kännchen dazu und hat den perfekten Teegenuss. Klar ist das ein bisschen Brimborium, das weiß ich. Aber ich nehme sonst auch gern einen schlichten, frisch aufgebrühten Beuteltee im einfachen Becher. Kandis, Keks* und Schickimicki muss übrigens auch überhaupt nicht sein, nur eben etwas frische Milch, büddebüdde…! Macht doch sogar weniger Arbeit als ein Cappuchino, oder? – Danke.
* Ach so. Extrathema: Diese ewigen Karamellspekulatiuskekse, die offenbar billig in der M*tro wachsen. Bäh!
* * *
Und nun zum Faulenzen. Dazu erstmal eine kurze Erläuterung. Ich habe stressige, kraftraubende Zeiten hinter mir und stecke dennoch schon wieder mittendrin. So, als ob sich mein Energiehaushalt stetig bei einem Kontostand von 30-50% bewegt. Das macht mir Sorgen. Und wenn ich deswegen wieder mal besonders durchhänge, macht’s auch dem Liebsten Sorgen. Und so verhänge ich in gewissen Abständen, und wenn es passt, mal Tage an denen ich „Nix!“ mache. Diese Tage kündige ich lange vorher an, mitunter 2 Wochen im Voraus, und sage deutlich, dass ich dann wirklich mal „Nix!“ machen werde. Nur das, worauf ich Lust habe und was mich entspannt, z.B, Lesen, Fernsehen, Nickerchen einlegen, im Netz rumgurken… Und keine Hausarbeit, keine Verabredungen, keine „Sachen-die-gemacht-werden-müssen“. Die erledige ich meistens vorher, damit’s mit der Entspannung auch wirklich klappt. Klare Sache, eigentlich. Oder? Der Liebste fragt mich dann trotzdem regelmäßig, ob ich vielleicht wenigstens mit ins Café gehe oder auf einen kleinen Spaziergang…? „Und was machste dann am Sonntag?“ – „Ja, nix! Hab‘ ich doch gesagt!“ – „Ich geh‘ mit Schwesterchen Eis essen, möchtest Du da vielleicht mit?“ – „Nee, ich will einfach nur rumliegen und entspannen.“ – „Hm.“ Er kennt das irgendwie nicht und kriegt es darum wohl auch schwer in den Kopf. Und da wir bis vor Kurzem nicht zusammenlebten, hat er’s bisher auch nie mit mir erlebt. Mich amüsiert das ja, aber ich verstehe wiederum nicht, was daran so schwer… Naja.
Heute ist übrigens so ein Tag. Nachdem wir auf dem Balkon gefrühstückt haben (obwohl ich an solchen Tagen sogar meistens das klassische Frühstück ausfallen lasse), saß ich erst noch eine Weile lesend in der Sonne, während er wohl spontan noch eine Maschine Wäsche anwarf. Später, als ich dann schon in meinem Zimmerchen gemütlich auf dem Diwan herumlag, kam er, um sich kurz zum Schwesterchentreff zu verabschieden. Und um mich zu fragen, ob ich denn dann später die Wäsche aufhänge…?
– Den Rest der Konversation könnt Ihr Euch bestimmt denken, nehme ich an.
*freundlich abwink’*
Meine Güte! Jetzt ist das auch schon wieder zwei Monate her! Irgendwie stolpere ich mir selbst nur noch hinterher… *grummel*
Also. Seit zwei Monaten neue Heimat Duisburg. Neuer Job, neue nette Kollegen, neuer Stress. Ich glaube wirklich langsam, es gibt gar keine Jobs mehr, in denen man „normal“ arbeiten kann. Es gibt nur noch solche, in denen man jede einzelne Minute grob entrissen oder säuberlich zubetoniert kriegt. Überall, wo irgendein „Controlling“ schon mal war, zieht es eine Schneise der Erschöpfung hinter sich her. Früher durfte es im Wechsel turbulente und ruhigere Arbeitsphasen geben, heute gibt’s nur noch Hetze und Optimierungssystemwahn. Erholungspausen sind was für Weicheier. Wer heutzutage arbeiten gehen muss, hat ‚hard boiled‘ zu sein! – Ein Ergebnis: Übervolle Lottobuden… Ich hab‘ ja beim Lotto leider so gar kein Glück, das nur nebenbei, male mir aber gern aus: Was-wäre-wenn. So wie alle. Und danach geh‘ ich wieder malochen. (Immerhin mal für halbwegs vernünftiges Gehalt, das kenne ich schließlich auch ganz anders. – Aber ich brauch ja auch nix. In meinem Alter hat man ja schon alles…)
Was die Ankommerei in der neuen Stadt angeht, kann ich noch gar nicht viel mehr sagen als neulich. Das große Heimweh hat mich glücklicherweise bisher nicht gepackt, aber mal gucken wie das wird, wenn ich demnächst für ein kurzes Seminar nach Hannover reisen werde. Hauptsächlich sehe ich dann dort die ehemaligen Kollegen wieder, obwohl mir ein-zwei von denen mal lieber nicht im Dunklen begegnen sollten. Für Freunde, die Stadt und komische Gefühle wird allerdings kaum Zeit sein. Dabei wollte ich eigentlich sowieso erst wieder nach Hannover, wenn sich aus mir selbst das Bedürfnis danach meldet. (Ich bin schließlich kein lustiger Comicschwamm und deshalb auch nicht immer von Natur aus zu allem „bereit!!!“ Aber ich hab‘ ja auch keine fünfeckigen Freunde.) Könnte aber Nachwehen geben.
Wahrscheinlich denke ich aber schon wieder zu viel. Das bekomme ich immer wieder mal zu hören: „Du denkst einfach zu viel!“ – Ja, geht das denn???
Ich bin gern bereit zuzugeben, dass ich mir oft einen Kopp um noch Ungeschehenes mache. So fühle ich mich irgendwie vorbereiteter, wenn der Fall dann eintritt und habe ihn schon mal von allen Seiten geistig betastet. Ich finde das nützlich und bilde mir ein, es hilft mir, ein gewisses Sicherheitsgefühl zu erzeugen. Vielleicht ist das aber auch totaler Quatsch und macht mich bloß marode in der Birne. Pffft! Zumindest scheint es wohl so zu sein, dass Frauen deutlich mehr und komplexer über ihre Lebensituation und soziale Zusammenhänge grübeln als Männer. Das hört nämlich offenbar auf, wenn geborene Frauen sich auf medizinischem Wege zu Männern umgestalten. Man liest das immer wieder. Mit dem Absinken des Östrogens und dem Ansteigen des Testosterons schrumpft das Chaos im Kopf auf wesentlich übersichtlicheres Maß zusammen und wird (stark vereinfacht) zu: „Joh.“ oder „Nö.“ – Also, ich finde das faszinierend! (Und es bestätigt übrigens ALLE meine ganz unwissenschaftlichen Beobachtungen, jawoll. ) Und es versöhnt mich ein wenig mit mir selbst.
Übrigens regnet es gerade mal wieder. Das erinnert mich daran, dass es in den ersten Wochen meiner Duisburgschaft quasi nur geschüttet hat. Weltuntergang, jeden Tag. NRW ist ständig abgesoffen. Passte ausgezeichnet zu meiner surrealen Stimmung, versehentlich in eine fremde Handlung geraten zu sein. Aus der Heimat wegzugehen, ist ja schon komisch: Man macht alles wie sonst, trotzdem ist alles anders, wie spiegelverkehrt oder in einer ulkigen Sprache. Und man selbst ist auch anders, weil der gewohnte Kontext fehlt. Diese Gefühl dauert übrigens an und wird es auch sicher noch eine ganze Weile. Zumindest aber wache ich nachts schon nicht mehr auf und denke, ich fahre bald wieder „nach Hause“. „Nach Hause“ scheint gerade gar nicht so recht zu existieren, anstelle dessen nur ein Alltagszustand, der sich hoffentlich irgendwann verpuppen und als freundlich-vertrauter „Ich fühl‘ mich allmählich wieder angekommen“-Schmetterling leise wieder hervorkrabbelt. – Na, auf den ersten Flügelschlag freue ich mich schon!
Bis dahin geh‘ ich einfach mal Kartoffeln schälen.
Der Liebste kommt gleich, es ist Dienstag und ich bin ganz profan mit Essenkochen dran…
Seit heute Morgen halb zehn bin ich nun auch offiziell Neu-Duisburgerin. So steht’s jetzt jedenfalls auf meinem Ausweis. – Ist das nicht eine verrückte Welt? Vergangenen Samstag habe ich all‘ mein fragiles Gescherbel auf einen dicken LKW verladen lassen (ich habe die besten Freunde der Welt), mich dazu, und los ging’s. Aber nicht ohne vorher noch einen kleinen, heftigen Tränenanfall beim Zuziehen der hannöverschen Wohnungstür zu haben. War schon schwer…
Bis ich das alles so richtig begreife, wird’s noch dauern, soviel ist klar. Im Moment befinde ich mich in einem merkwürdigen Zwischenzustand, in dem ich abwechselnd ein bisschen heule, mich ablenke (neues, bierdeckelflaches Netbook!) oder von außen betrachte, während ich organisatorischen Listenkrempel abhake. Das Gefühl zur Situation ist eventuell auch noch auf Höhe Hamm unterwegs, vermutlich zu Fuß. Egal. Trotzdem. Lange genug über alles nachgedacht hab‘ ich ja nun wirklich. Vielleicht kommt die innere Verarbeiterei ja auch häppchenweise, mal gucken. Kurz vorm Umzug wurde zur Bekräftigung aber noch deutlich, dass es mit ’nem feinen Jopp in der neuen Heimat auch wunderbar hingehauen hat. Und ich bin ja so eine, die dann sofort meint: Dann soll das sowieso auch so! Am Mittwoch geht’s da jedenfalls schon los mit neuen Kollegen, neuen Aufgaben, neuem Alles.
Jetzt bin ich erstmal froh, dass die letzten Wochen überstanden sind. – Ach, ’ne kleine OP hatte ich ja auch noch mittendrin! Nix Schlimmes, aber watt mutt, datt mutt eben. Und so kam ich nun auch endlich mal in den Genuss einer richtigen Vollnarkose, sowas war mir bisher ja auch noch nicht untergekommen. Meine Meinung: Einmal reicht. Die ganze Aufregung! Und man darf 6 Stunden vorher zuletzt was essen. Meine OP sollte vormittags sein, also habe ich mir tatsächlich -nicht lachen!- einen Wecker für 4:00 Uhr nachts gestellt, um dann im Dunkeln ein vorgeschmiertes Marmeladenbrot zu verzehren. Ein freudloseres Frühstück im Bett gibt es nicht. Das schlimm trockene Schinkenbrot nach der OP habe ich jedenfalls mit deutlich größerem Vergnügen gemümmelt. Und nachmittags konnte ich schon wieder Kuchen. Da lag ich bereits fein auf’s heimische Küchensofa drapiert und wurde vom treusorgenden Gatten -naja- eben treu umsorgt. Das berühmte Möbelstück lagert derzeit übrigens in Essen in einer Lagerbox, zusammen mit meinem restlichen Hausrat, bis sich hier neue Einsatzmöglichkeiten auftun. Dann wird’s bestimmt schon wieder aufregend!
Von mir aus kann der Rest des Jahres dann übrigens gern stinklangweilig werden…