Das letzte Einhirn hat mich, es ist nun schon ein bisschen her, für diese Aktion nominiert. Ich wusst‘ allerdings erstmal gar nicht: Was hat es denn mit diesem Award überhaupt auf sich, der da im Netz offenbar so verbreitet ist? Die kurze Recherche ergibt: Es scheint sich um eine Art netten Kettenbrief zu handeln, den man an Blogs weitergibt, die einem gut gefallen. Die man also gern liest, und auf die man gern mal hinweisen möchte. Und so verlinkt sich alles miteinander hübsch kreuz und quer, was für mich sowieso immer ein wichtiger Aspekt im Bloggen überhaupt war: Stöbern gehen, gute Texte finden, innerlich bereichert werden, Kontakt herstellen. – Preisverleihungen im eigentlichen Sinne gibt’s übrigens keine, aber jeweils ein bisschen verdiente Aufmerksamkeit für Menschen, die sich gern mal etwas krummlegen für’s geschrieben Wort.
Es gilt also einen Fragebogen auszufüllen, dessen Fragen wohl ihren Ursprung im klassischen FAZ-Fragebogen haben. Der ausgewählte Blogger sollte wenigstens 11 Fragen daraus beantworten, darf sich aber auch gern eigene ausdenken, was die Sache noch ein wenig persönlicher/origineller/spannender/überrraschender machen kann. Anschließend wird der Award weiter gereicht, samt anständiger Verlinkung zur nächsten Station. – Das zu den Regeln, die ich so gefunden habe. Und nun Obacht. Hier kommt meine Bleiwüste…
Was ist für Sie das größte Unglück?
Na, das fängt ja sonnig an. Ich glaube, das größte Unglück ist, unter Zwängen zu stehen, die einen daran hindern, der zu sein, der man ist. Vermutlich macht nichts Menschen unglücklicher.
Wo möchten Sie leben?
An einem Ort, an dem gleichzeitig (oder abwechselnd) Leben und Ruhe stattfindet. Ich mag die vielen, anregenden Möglichkeiten einer Stadt, bestehe dort aber auf einer ruhigen Seitenstraße. Spazierfläche mit Wasser darf auch gern in der Nähe sein. – Und vor allem Bäume! Und sowieso: Ein anständiges Süßwarengeschäft. Diffuser Plan: Der Liebste sorgt irgendwann für angemessenen Wohnraum mitten in der Stadt, aber so-richtig-idyllisch, und ich mache an der nächsten Ecke eine ordentlich brummende Feinkostbude auf.
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?
Mit mir selbst im Reinen zu sein. Von Lebensfreude gekitzelt zu werden, bis ich lachen muss. Die Umarmung des Liebsten.
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Wenn jemand wirklich nicht anders konnte…
Ihre liebsten Romanhelden?
Pünktchen und Anton. Leo Hertzberg. Frau K. – Die fallen mir spontan ein.
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Hm. Möff… Geschichte, ja?
Ihr wichtigster Lehrmeister?
Ganz ehrlich? Ich selbst. In meiner Kindheit war ich mir meistens selbst überlassen und habe früh gelernt: Lies viel, hör‘ viel zu, guck‘ Dir ab, wie’s geht. Pick‘ Dir raus, was Du brauchst. Bis Mitte Zwanzig war ich dennoch ziemlich chaotisch, wurschtelte mich mehr oder weniger durch. Dann muss es plötzlich im Kopf irgendwo „Ping!“ gemacht haben, seither übe ich mich in Eigenverantwortung. – Klappt heute noch ganz gut.
Ihr Lieblingskomponist?
Miss A., always.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten?
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Na, die Zwei fasse ich direkt mal zusammen. Ich mag bei Beiden gleichermaßen: Wenn jemand zuhören kann und des Sehens fähig ist, Respekt und Interesse für Andere hat (die vielleicht sogar so richtig anders sind). Und ich mag Leute, die nicht nur selbst Humor haben, sondern ihn auch an anderen wertschätzen und ihm Platz einräumen.
Ihre Lieblingstugend?
Ehrlichkeit, bitte unbedingt gepaart mit freundlicher Diplomatie.
Ich verabscheue z.B. hingekübeltes Runterputzen, das mit einem nachgeschobenen „Ich bin wenigstens ehrlich!“ legitimiert werden soll. – Diplomatie und Empathie sind Königsdisziplinen. Hätte ich gern öfter in der Welt.
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Gucken und Atmen. So ein bisschen Herum-Sein. Noch schöner mit Handhalten und/oder Kuchen.
Wer oder was hätten Sie sein mögen?
Im nächsten Leben: Mauersegler. Die sind immer in der Luft. (Wer’s nicht glaubt, sollte mal g**geln.)
Ihr Hauptcharakterzug?
Uff. Da behauptet jetzt wahrscheinlich eh‘ jeder was Anderes… – Helft mir mal!
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?
Siehe etwas weiter oben.
Ihre größte Schwäche?
Die Unfähigkeit, rauszukriegen, wie das mit dem dicken Fell geht. Immer noch, nach all‘ den Jahren… (Und: Sätze mit drei Pünktchen beenden.)
Ihr Traum vom Glück?
Ganz profan und doch so schwer: Zeit und Mittel zu haben, um den ganzen Tag zu tun, was ich möchte. Manchmal möchte ich schlichtweg stundenlang große Löcher in die Luft gucken, während mir alles Mögliche durch’s Hirn tollen darf, manchmal lieber in einer Werkstatt ganz praktisch mit irgendwas Schönem spontan loslegen können. – Also: Freiheit.
Ihre Lieblingsfarbe?
Diese Frage ist schwerer zu beantworten als gedacht. Früher, in den 90ern, war es mal Blau. Je mehr, desto besser. Ich glaube aber, dass eine Lieblingsfarbe einem immer das geben soll, was gerade im Leben fehlt. Blau steht für Klarheit, aber auch für Distanz, Ferne, Kühle. Blau entfernt bzw. entzieht sich. Offenbar fehlte mir das mal. In den 2000ern hatte ich auch mal eine Pinkphase, die ich mir jedoch nicht richtig gestattete, weil Pink nun mal doof assoziiert ist. Ich wollte nicht, dass man das auch auf mich überträgt, also habe ich sparsam dosiert oder kombiniert. Grundsätzlich liebe ich Farbe, mag Weiß als Bühne für bunte Akzente, mag es wild, aber auch gern Ton in Ton. Schwarz aber gibt’s bei mir nur als Klamotte, in meiner Einrichtung kommt es nur aus Versehen einmal vor: Der Schreibtischstuhl, den gab’s nur in schwarz. Ich überlege seit Jahren, ihm mal einen Überzieher zu nähen. Aber ich hab‘ das Gefühl, er möchte eigentlich lieber bleiben, wie er ist. Braun lehne ich schon aus politischen Gründen ab. Aber z.B. als Baumstamm, zierliches Gezweig oder Schokolade ist es natürlich willkommen.
Ihre Lieblingsblume?
Pfingstrose. Und da ich immer um Pfingsten herum Geburtstag habe, bekomme ich manchmal sehr schöne Sträuße aus den Gärten der Freundinnen.
Ihr Lieblingstier?
Na, Mauersegler! Und der Hase. Und Eichhörnchen. Eigentlich alles. Außer Mücken.
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Es gibt keine Nummer eins.
Kästner, S. Hustvedt, F. Müller, H. Miller, Capote, Fitzgerald, Willemsen, Borowiak, Juretzka, J. Zeh, (…)
Ihr Lieblingslyriker?
Rainer Maria Rilke. (Eignet sich auch hervorragend als Stoßseufzer, übrigens.)
Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Tapfere Mädchen. Die halten irgendwie alles zusammen.
Was verabscheuen Sie am meisten?
Flauschiges Zeug im Kühlschrank? Ungerechtigkeit und Aggression kann ich aber auch nur schwer aushalten.
Welche Erfindung bewundern Sie am meisten?
Sprache und Schrift, vielleicht.
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
*dicker Seufzer* Langmut.
Wie möchten Sie sterben?
Bewusst und friedlich. Wenn’s eventuell ginge, sogar fröhlich.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Wenn ich auch hier ganz ehrlich bin: Ich habe mich gerade ein bisschen verloren und hoffe, mich bald wiederzufinden. Ich vermisse mich mitunter nämlich ganz schön.
Ihr Motto?
„Wenn im Zweifel, – tu’s nicht.“
(Alternativ: „Männer weichen ein, Frauen waschen ab.“ – Danke dafür an Frau Müller.)
Eigene Frage: Wozu Bloggen? – Was ist Bloggen für Sie?
Eine Möglichkeit, mich in Texten auszuprobieren und das Ergebnis einer kleinen Öffentlichkeit hinzuhalten. Ist immer mal jemand dabei, der ahnt, was ich da sagen möchte. Wenn in Kommentaren dann noch gute Gespräche entstehen, ist es eine Erfüllung. Seit 2007 blogge ich, früher bei Blog.de, wo ich mit erstaunlich vielen herzensguten, klugen, witzigen Menschen und einigen absolut Bekloppten in Kontakt kam. Ein paar Jahre war der allgemeine Austausch sehr intensiv, ich war zeitweise ganz elektrisch, hatte erfreulich viele Leser, bloggte was das Zeug hielt, wurde später dann zunehmend ruhiger, auch vorsichtiger. So wie fast alle. Insgesamt hat Bloggen deutlich Einfluss auf mein Leben gehabt. Beispielsweise hat es mir, neben ordentlich Trubel, eine lange Fernbeziehung, eine spätere Eheschließung und schließlich einen Umzug nach Duisburg eingebracht. Mittlerweile, auf der eigenen Webseite, fehlt mir die Vernetzung von Früher doch ganz schön, weil man eher in einen weiten Raum spricht und zögerlicher Antwort bekommt. Ich versuche aber, nicht zu sehr mit Früher zu vergleichen und schreibe ab und zu, wenn ich merke, dass sich da wieder mal Webstaben im Kopf zusammenrotten und gern raus möchten.
Eigene Frage: Genusstyp oder nicht?
Ja. Jajaja. Ja! Ich genieße, wo und wann ich kann. Gutes Essen, Berührung, wohlige Stimmung, Ausblick, Geräusch, Nähe, Stille, Bewegung, Harmonie. Menschen, die es sich nicht ab und zu mal richtig nett machen können, irritieren mich. Ist ganz egal, ob Süßkram oder lieber Chips, Sofa oder Freeclimbing, Modellbau oder Kochen: Jeder sollte etwas haben, das er genießt, das ihn ab und zu aus dem Alltag rettet.
Gemopste Frage von „Das letzte Einhirn“: Welcher Geruch erinnert Dich sofort an früher?
Der Geruch, der aus manchen Kellern kommt. Diese feucht-dunkel-erdige. Ich bin dann wieder das kleine Mädchen, das vorsichtig die Kellertreppe im Reihenhäuschen der Großeltern in Springe heruntertappst, nachdem es mit dem Drehschalter Licht angeknipst hat, um für den Opa eine Flasche Bier zum Abendbrot hochzuholen, oder eine der Mettwürste, die am Regal hängen. Oder ein Glas von Omas eingekochten Kirschen oder so. Wenn ich bei meinen Großeltern war, durfte ich zum Abendbrot ein Schnapsglas voll Bier trinken. Das wurde vorher zum Anwärmen auf die Heizung gestellt und sollte wohl sicherstellen, dass das Kind bald müde wird und schön durchschläft. Das waren noch andere Zeiten! Heute müssen die Kinder mit Conny-Geschichten ins Bett.
So. Ja. Puh, das war’s soweit.
Nominieren fällt mir jetzt schwer, ich würde mich freuen, wenn die liebe Bellona vielleicht…? Wenn Zeit und Lust vorhanden…? Ansonsten betrachte sich bitte jeder als eingeladen, diesen Fragebogen weiterzutragen und nach Herzenslust zu verkürzen oder zu erweitern. (Gern auch in den Kommentaren, übrigens. Es hat ja nicht jeder einen Blog.) Hier sind auch noch mal die Fragen:
Was ist für Sie das größte Unglück?
Wo möchten Sie leben?
Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?
Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten?
Ihre liebsten Romanhelden?
Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Ihr wichtigster Lehrmeister?
Ihr Lieblingskomponist?
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Mann am meisten?
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einer Frau am meisten?
Ihre Lieblingstugend?
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Wer oder was hätten Sie sein mögen?
Ihr Hauptcharakterzug?
Was schätzen Sie bei Ihren Freunden am meisten?
Ihre größte Schwäche?
Ihr Traum vom Glück?
Was möchten Sie sein?
Ihre Lieblingsfarbe?
Ihre Lieblingsblume?
Ihr Lieblingstier?
Ihr Lieblingsschriftsteller?
Ihr Lieblingslyriker?
Ihre Helden in der Wirklichkeit?
Ihre Lieblingsheldinnen in der Wirklichkeit?
Was verabscheuen Sie am meisten?
Welche Erfindung bewundern Sie am meisten?
Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen?
Wie möchten Sie sterben?
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Ihr Motto?
Viel Spaß damit!
Pingback: Ich vergab und es wurde gegeben (Liebster Award) – Das letzte Einhirn
Ich bin ausserordentlich entzückt! Oh welch reichhaltig gedeckte Tafel! *schwärm* Ne, echt. Ich bin total begeistert, wie ausführlich und spannend Du die Fragen beantwortet hast. Merci 😀
Avec plaisir, mein Lieber. Und wenn ich mal mehr Zeit habe, zeige ich vielleicht noch das Video, in dem man lernt, wie man Waschbären das Glühbirne-Einschrauben beibringt. 😉
Das ist lieb, dass du mich willst für deine Fragen. 😉 Ich wurde tatsächlich schon mehrmals nominiert und wenn ich einmal mitmache, muss ich alle Fragen von allen… Um es kurz zu machen, ich packe es einfach nicht. Nimm es mir nicht krumm meine Liebe, ich fühle mich wirklich geschmeichelt, dass du an mich gedacht hast. 🙂
Nee, ist nicht schlimm, Du Liebe. 🙂
Ich habe mich um die Beantwortung auch eine Weile gedrückt, weil ich auch schon wusste: Das dauert! Auch, wenn’s dann Spaß gemacht hat… Aber Du hast ja auch viel um die Ohren und so. Wer mag, nimmt sich das Stöckchen einfach und fertig!