Ist jetzt zwar auch schon wieder ein paar Tage her, aber ich könnte eigentlich genausogut behaupten, es wär‘ gestern oder sogar gerade eben gewesen, dass Freundin T. und ich erneut in der Sauna waren. Merken würde das doch wahrscheinlich keiner. Aber es würde natürlich gar nicht stimmen…
Egal jetzt. Als wir ins Gebäude kommen, geht’s gleich rund, weil da eine Großfamile rund um den Kassentresen tobt. Also, die Mutter selbst tobt nicht. Sie versucht, mit der nervö- ser werdenden Kassiererin abzurechnen, während ihre Blagen grade das Foyer mit Verve in Schutt und Asche legen. Na, Prost. Ich bin nur froh, dass die offenbar gerade gehen wollen. Freundin T. ist schon durch die Schranke, als eins der Kinder bei meinem Anblick den Alarmknopf drückt, der am Tresen (zugegebenermaßen etwas unglücklich) ange- bracht ist. Die Kassiererin fragt entsetzt: „Hat er jetzt etwa den Alarmknopf gedrückt?!?!“ Die Mutter nur cool: „Ja, klar.“ und wendet sich wieder ihrem Portemonnaie zu, um weitere Berge an Kleingeld rauszufummeln und gemächlich die Münzen miteinander zu vergleichen.
Ich enthalte mich eines Kommentars, wünschte, ich hätte so Werkstatt-Ohrenschützer dabei und warte darauf, dass ich endlich mein Magnetschlüsselbändchen bekomme, um die Szenerie verlassen zu können. Bis es dazu kommt, kann ich aber noch in aller Ruhe begucken, was man sich heutzutage so unter Erziehung vorstellt, nämlich nix. Die Kinder werden weder elterlich kommentiert noch sonstirgendwie strafverfolgt. Außerdem weiß ich jetzt aus eigener Anschauung, was eine „papierne Blässe“ ist, dafür muss ich nur einen Blick auf die Kassiererin werfen, als sie mir endlich das rote Gummiding über’n Tresen schiebt. Das anhaltende Piepen des Alarms scheint sie gar nicht mehr zu bemerken. Bevor eine dunkel geschminkte Sondereinsatztruppe mit quietschenden Reifen vor der Tür halten kann, bin ich aber fix durch die Schleuse zum Saunabereich.
In der Umkleide versuche ich, einen Schrank aufzubekommen, doch alles, woran ich den Schlüssel halte, blinkt rot oder muckst gar nicht erst. Ein Mitarbeiter mit Poloshirt und Geschirrtuch um die Hüften behauptet im Vorbeihuschen, ein freier Schrank müsse grün blinken, ohne dass wir groß nachgefragt hätten. T. hat ihren Schrank natürlich wieder aufgemacht, ohne zu gucken, wierum der jetzt geblinkt hat. Genau so habe ich das sonst auch getan, bloß heute wollte ich’s wohl mal wissen und habe hingesehen…
Währen Freundin T. sich auspellt, laufe ich also wieder raus zum Kassenfrollein und melde, der Schlüssel sei kaputt. Sie behauptet frech das Gegenteil und funkelt mich an. Ich überlege kurz, den Alamknopf auch noch mal zu drücken, kann mich aber gerade noch zusammenreißen. Ich will endlich ins Warme, verdammt noch mal! Stattdessen werde ich belehrt, dass ich den Schlüssel angeblich am Eingang an einen Automaten halten muss, damit der mir freundlicherweise sagt, wo ein Schrank frei ist und mir dessen Nummer anzeigt. Angeblich ist das auch „schon immer“ so.
Na klar, schon im Mittelalter sind die Edelleute vom Ross gestiegen, um sich Automaten- rat einzuholen. Und in der Bibel ist das Ding sicher auch erwähnt: „Und GOtt schuf Himmel und Wasser und den Saunaschlüsseldingsautomaten. Und siehe, es war gut.“ Bloß die Bromine und ihre Freundin latschen jahrelang gedankenlos durch die Schöpfung und reißen Schränke einfach so ohne zu gucken auf wie es ihnen grad‘ frommt.
Ich halte also vorschriftsmäßig den Schlüssel an das magische Dings, und das Dings sagt „332“. Netterweise ist das genau der Schrank neben dem von Freundin T., der eben noch rot geblinkt hatte, als ich was von ihm wollte. Wir stellen also fest: ein freier Schrank blinkt rot. Das ist logisch, das kann man sich prima merken, da hat sich einer was bei gedacht. Zaudern vor roten Lämpchen ist hier nicht angebracht. Mir ist’s egal, Hauptsa- che, ich komme endlich aus meinen Klamotten raus.
Zum Ausgleich für den Anfangsärger sind wenigstens heute mal die Duschen warm, das war beim letzten Mal nämlich nicht so. Da wussten wir auch erstmal, wie gut wir’s zuhause eigentlich haben!
Im Saunabereich geht unser erster Blick auf die Tafel mit den Aufgusszeiten. Schade, M. hat heute keinen Dienst. Der war uns nämlich beim letzten Mal als besonder nett und witzig und nicht unattraktiv aufgefallen. Dann gehen wir eben einfach in die Polarsauna, die ist nicht weit weg, trotz des merkwürdigen Namens schön mollig, und den einzigen Mann darin haben wir bald herausgehühnert. Ich finde das ja immer blöd, dass man in der Sauna und auch in den Ruheräumen nicht reden soll. Wenn ich mir allerdings anhöre, was Andere manchmal so zu erzählen haben, finde ich’s gleich wieder gut. Es müsste meines Erachtens wenigstens einen Ruheraum geben, in dem man komfortabel liegen kann, aber auch leise sprechen darf. Kein Wunder, dass man sonst anfängt, dann eben pantomi- misch Mätzchen zu machen.
Freundin T. und ich sind durch ein Gesellschaftsspiel, das wir früher oft und mit Begeis- terung gespielt haben, in der Lage, uns pantomimisch quasi blind zu verstehen. Eben teilt sie mir mit, dass sie beim Zurücklehnen und -klappen ihrer Liege das typische „ploink!“ vermisst, dass die Gummifüße des Dings normalerweise beim Aufprall auf die Fliesen machen. Ich schlage gleich vor, es noch mal mit richtig Schmackes zu versuchen, auf die Gefahr hin, dass die Stahlrohrliege sich dann in ein Katapult verwandelt und der Rückstoß sie an die verglaste Fensterfront schleudert, wo sie dann hängen bleibt wie diese Plüsch- monster, die Leute sich hinten an ihre Autoscheiben saugnäpfeln. Sie will es auch gleich ausprobieren, kann es aber vor unterdrücktem Gekicher nicht. Und ich hab‘ sowieso die Kamera nicht dabei.
Und so gehen wir mit Genuss abwechselnd ins Warme, ins Kalte, ins Ruhige…
Zwischendrin gehen wir was essen. Und diesmal wird alles sofort und ohne Umschweife gebracht, die Getränke sind kalt, das Essen heiß, es gibt Besteck und Brot und es laufen auch keine Quietschrentner vorbei. Sofort notiere ich mir das Datum.
Bevor wir müde, tiefenentspannt und leergekichert gehen wollen, fällt mir noch Einer auf, auf dessen Handtuch doch tatsächlich „Sc*tch Brite“ steht. Sind das nicht so Topfkratzer, eigentlich? Und ist das dann nicht eine etwas unglückliche Aufschrift für Handtücher? Ich meine, wer muss sich denn schon am ganzen Körper (womöglich angebrannte) Lebens- mittelreste abschrubben? Außer vielleicht junge Mütter nach der Fütterung.
Gut, dass ich so ein Handtuch nie brauchen werde! Schließlich habe ich beim Reinkom- men schon gesehen, was man sich mit Nachwuchs so einbrockt…