Gemüseviecher

Das ist ja das Schöne: wenn man mal gar nicht weiß, was man heute so Schönes bloggen soll, geht man einfach mal Einkaufen. Ich stehe also im beliebten „Wahnsinns“-Discounter in der Kassenschlange, als sich hinter mir zwei Herren unterhalten.

 „Salatgurke für 49 cent ist echt günstig!“

„Joh, bei K*ufland kostet die mehr.“

„Ungespritztes Gemüse ist mir inzwischen zu unsicher.“

„…“

„Das mache ich nicht mehr. Da können ja Viecher drin sein, dann.“

„Öhö.“

„Ja, musste mal überlegen! Dann doch lieber behandelte Gurke. Diese Chemikalien sind ja auch genau berechnet, dass das nicht gefährlich ist.“

„..?“

„Das machen die doch so ganz ausgewogen! Das ist dann ja auch nicht schädlich für den Menschen. Aber diese Viecher, die gehen dann doch tot. Die können doch sogar BSE übertragen, wusstest Du das gar nicht?“

„Nö.“

„Ja, hat man doch festgestellt, dass so Gemüseviecher BSE übertragen können! Und die sind dann auf diesem Bio-Gemüse drauf. Da staunste, was?“

„Hm, hm.“

„Ja, eben. Und ZACK, haste BSE!!! Und dann? Guckste. Ich ess’ nur noch gespritzte Sachen. Sicher ist sicher.“

Gut, dass ich noch Einkaufen war, denn jetzt habe ich endlich mal eine gute Entgegnung, wenn mich jemand mal wieder fragt, was man denn „heutzutage überhaupt noch essen“ könne. Sicher ist sicher.

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

Theobrominenfuesse Gestern hatte ich mal so gar keine Lust. Ich rede mich auf’s Wetter raus, das mal hü ist, und mal hott. Und wenn das Wetter schon so unentschlossen daher kommt… Ach, und heute könnte ich auch bestimmt den ganzen Tag hier liegen. Angeregt durch einen von Trithemius’ Abendbummeln mache ich mir Gedanken über Kellnerinnen. Über solche, denen man anmerkt, dass sie nie eine Aus-
bildung zur Restaurantfachfrau gesehen haben. Solche, die vielleicht während des Studiums oder aus ganz normalen Geldver-
diengründen „kellnern“ gehen. Ich habe das übrigens vor ca. 15 Jahren auch eine ganze Weile in verschiedenen Läden gemacht, und vielleicht achte ich deshalb etwas mehr darauf, wie die Damen mit den Gästen umgehen. Machen wir uns nichts vor, meistens sind es Damen.

Obwohl das ja immer gern behauptet wird, sagen sie fast nie: „Draußen nur Kännchen!“ Auch „Kollegin kommt gleich!“ habe ich, glaubich, noch nie zugerufen bekommen. Was ich aber schon öfter gehört habe, ist: „Das ist nicht mein Tisch!“
Und dann denke ich: Naja, ich hatte jetzt auch nicht gedacht, dass sie jeden Tag ihren eigenen Tisch mitbringen muss. Das wäre ja eine ziemlich merkwürdige, wenn nicht unzulässige Vertragsklausel, und wenn sie kein Auto hat, ist das auch ganz schön schwierig für sie. Der Tisch wird also schon wahrscheinlich ihrem Chef oder ihrer Chefin gehören. Aber ich weiß ja, was sie meint und warte, bis die Kollegin kommt.

Wenn sie dann kommt, fragt sie manchmal streng: „Wissen sie schon, was sie wollen?“ Dann komme ich mir vor, als stünde ich vor meinen Eltern, die mich fragen, was ich denn nun aus meinem Leben zu machen gedenke. Und möchte antworten: „Naja, ich dachte, ich verdien’ jetzt erstmal ein bisschen Geld, dann reise ich vielleicht erstmal nach Norwegen, da wollte ich immer schon mal hin, Fjorde gucken. Und dann, wenn ich wieder hier bin, weiß ich bestimmt auch, wie’s weiter gehen soll. Vielleicht mache ich mich ja selbstständig oder so…“ Das verkneife ich mir aber, denn wenn ich sie jetzt ärgere, kriege ich später kein Schirmchen auf mein Eis.

Wenn sie dann wieder kommt, um das Bestellte zu bringen, sagt sie bestimmt: „Soooo…!“, während sie es abstellt. „So!“ heißt ja angeblich „halb fertig“. Im Café heißt es aber: „Räum’ doch bitte mal Deinen Krempel zur Seite und nimm’ die Ellbogen vom Tisch, denn das Ding hier ist schwer/heiß/sperrig, mir fällt gleich die Hand ab und ich hab’s eilig.“

Wenn sie eine nicht so gute Kellnerin ist, fasst sie die Gläser ganz oben am Rand an. Dann hoffe ich, dass sie wenigstens halbwegs saubere Fingerchen hat. Leider sehe ich dieses Glas-oben-am-Rand-Anfassen ziemlich häufig und wundere mich immer, dass das von den Chefs nicht geahndet wird. Denn die wollen ja nach außen gerne einen properen Eindruck vermitteln. Was aber z.B. manchmal so hinter Theken passiert, oder in der Küche, würde dem Gast schon mal den Appetit verderben. Darum ist er normalerweise froh, wenn er’s nicht mitbekommt. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte die kommenden drei Zeilen überspringen.

Wenn man nämlich mal gesehen hat, wie eine Bierleitung aussehen kann, die länger nicht gereinigt wurde, der bestellt fortan nur noch Flaschenbier. Denn dann ist es auch schon total egal, wo das Bierglas beim Servieren angefasst wird und womit.

Wenn ich also meine Bestellung bekommen habe und mich vielleicht gerade daran gemacht habe, Messer und Gabel aus der Serviette zu wickeln und alles zurecht zu schieben und loszulegen, kommt bestimmt jemand zum „Abkassieren“, weil jetzt „Schichtwechsel“ ist. Dann legt man das Besteck wieder hin, fummelt das Portemonnaie raus, dabei fällt einem das Messer runter und man weiß gar nicht, wer kriegt denn jetzt das Trinkgeld? Sie oder ihre später abräumende Kollegin? Übrigens ist mir auch mal aufgefallen, dass Servicepersonal noch so patzig sein kann, wenn’s aber ans Bezahlen geht, sind sie die Lebensfreude selbst. Komisch, oder?
Naja, hab’ ich bestimmt genau so gemacht, damals.

Wenn die Teller leer gegessen da stehen, wird abgeräumt und dabei hastig gefragt: „Hat’s geschmeckt?“ Nach meiner Erfahrung reicht als Antwort ein knappes „Ja.“, denn entweder ist die Servierdame schon längst wieder weg, oder sie kann mit Kritik nicht recht umgehen („Das soll so!“). Es ist also fast immer sinnlos, ein Gespräch anfangen zu wollen. Selten landet die Anregung da, wo sie hingehört: In der Küche. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Köche darauf reagieren. Im günstigen Fall mit Schulterzucken. Im ungünstigen Fall mit launigen Vorschlägen, die der Gast lieber nicht hören möchte.

Der Gast möchte sich ja bloß entspannen. Und es interessiert ihn eigentlich nicht, ob das Personal gerade total im Stress ist. Ich erinnere mich noch gut, wie schwer es manchmal war, freundlich zu bleiben, wenn man gar nicht mehr wußte, wo einem der Kopf stand. Aber dennoch habe ich es immer vermieden, den Gästen mein Herz auszuschütten oder sie anzublaffen. Manche, die verständnisvoll aussahen, habe ich gelegentlich freundlich um Geduld gebeten, weil viel los war. Netterweise waren das dann meistens die, die das beste Trinkgeld gegeben haben. Nur mal so als Tipp.

Und natürlich gibt es unangenehme, doofe Gäste. Die einen 5 mal rennen lassen für ein Extratütchen Zucker, einen neuen Kaffeelöffel, ein Glas Leitungswasser, die Eiskarte und doch noch einen kleinen Salat, Dressing aber extra. Und dann geben sie 15 ct. Trinkgeld und fragen noch, warum man sie frech angrinst.
Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.

Togo!

Gestern kam ich an einem dieser Klappschilder vorbei, die immer so vor Geschäften auf der Straße stehen. Auf dem Schild stand in Kreideschrift ganz begeistert „Togo!“ drauf. Und im Augenwinkel sah ich noch, dass es da um Kaffee ging. „Hm“, dachte ich (ja, ich denke manchmal wirklich: „Hm“!), „gibt’s da so leckeren Kaffee, in Togo?“
Ich trinke ja meistens Tee und kenne mich jetzt nicht sooo aus mit togolesischem oder nichttogolesischem Gebräu. Von Arabica und Robusta habe ich gehört, das sind diese beiden kleinen Kaffeeböhnchen, aus denen der ganze viele Kaffee immer gekocht wird. Aber kommen die denn nun aus Togo? Und kann man in dem Lädchen da vielleicht einen Diavortrag über das Land sehen, und darüber, wie sich die beiden munteren Böhnchen auf den Weg nach Hannover machten, um hier zu wirken und Inhalt hannöverscher Tässchen zu werden?

Erst an der nächsten Ecke fiel’s mir ein.
Dass da wohl bloß kein Leerzeichen mehr in dem Kreidestück gewesen war.

Wenn ich mal groß bin

Heute musste ich im Treppenhaus lachen. Wahrscheinlich denken die Nachbarn jetzt, ich würde langsam gaga, weil ich plötzlich in irres Lachen ausbreche. Hab’ aber nur meine neue Rentenhochrechnung bekommen. Mal sehen, wie ich das noch hinkriegen kann, was ich mir unter meinem „Lebensabend“ vorstelle.
Eigentlich möchte ich so eine von diesen durchgeknallten Alten werden, die ohne Schuhe im Superladen stehen und mit den Kartoffeln reden. Zuhause werde ich mir die Kartoffeln wohl sowieso nicht leisten können. Das würde ja gerade noch passen.

Allerdings stelle ich mir außerdem eigentlich vor, mit anderen Alten meiner Generation eine lustige, hedonistische Villa-WG zu gründen, in der den ganzen Tag getrunken, gekokst und gepokert wird. Also alles, was ich mir jetzt nicht recht erlaube.
Dazu wird’s Pflegepersonal geben, das hauptsächlich nach Knackigkeit und Nervenstärke ausgesucht wird und in der Küche steht die allerbeste Köchin der Welt und macht mir immerzu die tollsten Bratkartoffeln. Das ist es nämlich, was ich den Kartoffeln vorher erzähle: Was für ein unglaubliches Glück sie haben werden, auf diese wunderbarste Weise ums Eck gebracht zu werden. Und beruhigend streicheln werde ich sie bestimmt auch mal.

Einige meiner Freunde haben sich übrigens schon auf WG-Zimmer beworben.
Dann muss ich mich jetzt aber wirklich mal ranhalten mit den Rentenbeiträgen, damit’s auch was werden kann…

Was verdient denn wohl eigentlich so’ne Wagenschieberin?

Darauf warten die doch nur!

Als ich noch bei Freundin T. angestellt war, hatten wir tagsüber jede Menge Zeit, uns Zeug auszudenken. Diese Zeit haben wir oft genutzt. Beispielsweise fiel uns beim täglichen gemeinsamen Frühstück auf, dass wir süße Frühstücksflocken immer langweiliger fanden.
Und schließlich will ja auch gar nicht jeder süß frühstücken!

Also überlegten wir uns ganz neue herzhafte Sorten, die man mit Milch löffeln könnte: Flakes mit Kräuter-Creme-Fraiche-Geschmack, Schinken-Käse-Crispies, Tomate-Mozzarella-Kringles.
Heute fallen mir noch Vitello-Tonnato-Roasties ein und Chicken-Madras-Currytos. Eigentlich doch erstaunlich, dass es so was noch nicht gibt! (Hey, die Rechte an dieser Idee gehören aber nach wie vor T. und mir! Wir wollen also was ab!)

Zur ungefähr selben Zeit erfanden auch welche das Bierpulver. Oder war’s eine Biertablette? Man sollte das Produkt hübsch mit Wasser auffüllen und angeblich ein leckeres Bier erhalten, mit Schaum und Geschmack und allem. Ist leider gefloppt. Oder weiß da einer heute noch was von?

Mit Wasser aufzufüllende Pülverchen sind eine feine Sache, besonders „für unterwegs“.
Meine ergänzende Idee dazu war, Reiseexpeditionen mit Tütchen auszustatten, in denen Wasserpulver drin ist. Kommt man nun mal in eine dürre Gegend, braucht man die Tütchen nur aufzureißen, das Pulver fix mit Wasser aufzufüllen, um was Erfrischendes zu Trinken zu haben…

Kuchenbesuch von Rieta und Knut

Für gestern Nachmittag hatten sich ja nun Rieta und Knut angekündigt, das mir innewohnende Ehepaar. Also habe ich schön den Küchentisch gedeckt, ein paar Blümchen drauf gestellt, das Sofa noch mal abgeklopft. Und pünktlich um 15 Uhr fuhren die Beiden in ihrem Aud* vor. Vom Fenster aus konnte ich sehen, dass Rieta wie versprochen Kuchen dabei hatte. Prima! Nur hoffentlich keinen Frankfurter Kranz. Rietas Frankfurter Kranz ist ein berüchtigt-monströses Gebilde, das jeden Schachmatt setzt, der sich daran versucht. Außerdem macht sie die Buttercreme nicht mit Butter, sondern mit Margarine, weil es „gesünder“ sei und man den Unterschied angeblich nicht schmecke. Sie glaubt da fest dran und ich bringe es nicht übers Herz, ihr die Wahrheit zu sagen. Außen rum sind die Kränze fingerdick mit Haselnusskrokant überkrustet, der auch noch nach Tagen zwischen den Zähnen zu knirschen scheint.

Ich setze noch schnell Wasser auf, da klopft es auch schon, sie haben es in den dritten Stock geschafft. Beide sind heftig aus der Puste, Knut wischt sich mit einem Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn. Rieta legt sofort los, während sie zielstrebig die Küche ansteuert: „Na, Lieb? Da sind wir! Freuste Dich? Nimm doch mal der Tante den Kuchen ab! Ist Bienenstich! Danke, Lieb. Ach, da haste schön gedeckt! Haste etwa schon Kaffee gekocht? Oh, neue Kissen? Schick!“

Solche Phonstärken hat meine Küche lange nicht erlebt. Eigentlich, seit sie mich zuletzt besucht haben nicht mehr. Knut steht immer noch an der Tür und versucht, die Jacke auszuziehen, ohne seinem Baumwollbeutel abzustellen. Ich helfe ihm eben, er hat noch immer nichts gesagt, drückt aber kurz meinen Arm. Dann schiebt er sich an mir vorbei und klemmt sich direkt aufs Sofa. Rieta steht immer noch da und zeigt mir nun einen neuen Anhänger an ihrem Bettelarmband. Ein Eiffeltürmchen. „Guck! Schön, ne?“
Ich bewundere den Miniturm gebührend und frage, ob sie den von Knut hat. Knut schnalzt nur mit der Zunge gegen die Backenzähne und guckt zur Seite. Rieta erzählt: „Den hat mir Marianne (ihre Schwester) mitgebracht. Die war nämlich grad’ in Parriss (Paris)! Mit ihrem Neuen! Der hat die zu so ’ner Bustour eingeladen. Das muss herrlich gewesen sein!“ Seitenblick auf Knut.
Sie wolle ja auch schon immer mal nach Parriss, aber Knut sei das da alles zuviel, mit der ganzen Romantik und so. Und Champagner schmecke ihm auch nicht. Scheint ein Thema zwischen den beiden zu sein, da sag‘ ich mal lieber nichts.
Knut packt eine Schachtel Zigaretten aus der Baumwolltasche, fummelt sich eine heraus und knipst sie an. Ich frage: „Nanu, Knut. Du rauchst wieder?“ und stelle ihm schnell einen Ascher hin. Er kneift nur ein Auge zu, zuckt mit den Schultern und sagt: „Meinetwegen kannse ja fahren. Und ich bleib schön zuhause.“ Rieta guckt verstimmt und wechselt das Thema. Offenbar habe sie da tatsächlich schon öfter drüber gesprochen.

Sie mustert mich: „Hör mal, du bist ja so dünn! Haste etwa abgenommen? Pass bloß auf, sonst kannste dich noch hinter ’ner Birke verstecken! Sach, haste eigentlich kein Likörchen da? Wo wir uns so lange nicht gesehen haben!“
Doch, habe ich: da ist noch die Flasche von dem Minze-Schokozeug, das gar nicht nach Schoko schmeckt. Laut Freundin T. aber auch nicht nach Minze. Das ist Rieta aber egal und mir jetzt auch und deswegen prosten wir erstmal schön. Knut streicht mit der flachen linken Hand über den Tisch und dreht mit der anderen Hand die Asche seiner Zigarette vorsichtig am Rand des Aschenbechers ab.

Das Wasser kocht. Rieta steht ja noch und übernimmt sofort die Führung. Sie weiß, dass mein Kaffee lausig ist und hat vorsichtshalber eine Portion Kr*nung mitgebracht, so wie früher Karin Sommer. Knut kramt eine Frischhaltedose aus dem Beutel. Ich hatte mal eine Freundin, die erzählte immer Geschichten, in denen kam ganz oft der Satz vor: „Und dann steh’ ich da wie Karin Sommer!“ In ihrem Fall bedeutete das allerdings, dass sie wieder mal ratlos gewesen war und erstmal überlegen musste. Was ja eher auf die Karin Sommer-Umgebenden gepasst hätte. Vielleicht war es ihr aber nicht einprägsam genug, zu sagen: „Und dann steh’ ich da, wie diese Leute da immer in der Werbung, bevor Karin Sommer endlich die Kr*nung auspackt!“
Egal, jetzt.

Inzwischen hat Rieta den Kaffee fast fertig und flötet: „Der Kaffee ist fertig!“ Knut seufzt. Ich schiebe die Tassen noch mal zurecht und stelle den prächtigen Bienenstich auf den Tisch.
„Und Knut, wie isset?“, frage ich.
„Joh, muss ja, nä!“
Sagt er immer, und mehr wird er heute wahrscheinlich auch nicht mehr sagen.

Rieta beginnt, den Kuchen aufzuteilen. Ich liebe ihren Bienenstich, der ist noch mit richtigem Pudding und Mandelauflage der Extraklasse. Mit vollem Mund sage ich: „Riepa, deim Biehmspich iff immer efftraklaffe! Gib’ mir endlich daf Repfept!“
„Nee“, lacht Rieta, „das kannste erben, höchstens!“
„Aber nich’ vergessen, ins Testament zu machen!“
„Mach ich, Lieb. Gleich morgen gehe ich zum Notar!“
Wir zwinkern uns zu. Knut arbeitet gewissenhaft seinen Kuchen weg, während die Kippe noch zwischen seinen Fingern klemmt.

Rieta will wissen: „Und? Was haste so gemacht zuletzt?“
„Och, ich hab mal wieder’n bisschen gearbeitet. Zwei Wochen, mit richtig Schmackes.“
„Arbeit ist gut.“,sagt Knut und nickt dabei seinen Kuchenteller an. Obwohl er das größte Stück bekommen hat, ist er schon wieder damit fertig und raucht grade den letzten Zug seiner Zigarette. Rieta und ich haben grade mal zwei Gäbelchen geschafft. Wir warten, ob noch mehr kommt, aber Knut schweigt wieder.
„Ja, war auch gut“, sage ich, “ stressig und so, aber dann komm’ ich wenigstens nicht aus der Übung.“
„Gibt’s Geld auch?“
„Kaum. Darf’s ja nicht behalten. Aber darum geht’s ja auch nicht.“
„Wo denn dann drum?“
„Na, mal raus aus der Bude und so.“
„Und jetzt?“
„Och, weiß nicht. Jetzt ist erst mal wieder Ruhe, wohl. Und bei euch?“
„Ach, Das Wetter war ja immer so mumpelich, wir haben viel im Garten gemacht. Knut hat die ganzen Thujen ausgegraben. Die mochten wir nicht mehr leiden. Der Frank will mal gucken, ob sie bei ihm angehen. Jetzt kommt da erstmal ein neuer Zaun hin und denn gucken wir mal. Der Thorsten hat wieder nach dir gefragt, übrigens.“
Ich stelle mich doof: „Thorsten?“
„Na, der von der Po-host! Tu doch nicht so ahnungslos! Der fragt ja öfter nach dir… Geh’ doch mal raus mit dem! Der ist wirklich nett. Und ein neues Auto hatter sich auch schon wieder bestellt!“
Als ob mich das interessiert.
Ihr geht gleich raus, wenn nicht mal endlich Ruhe ist mit Thorsten! Schließlich habe ich mir euch ausgedacht und muss mich nicht mit Thorstens nerven lassen. Ich kann euch nämlich auch jederzeit wieder vergessen…“
„Machste ja doch nicht.“, sagt Rieta gutmütig und steckt sich jetzt auch eine an.

Seit Monaten schon preist sie mir Thorsten an, den heiratswilligen Junggesellen. Wir haben uns mal auf einer Gartenparty sehr langweilige 15 Minuten lang unterhalten. Hauptsächlich hat er mir von seiner irre wichtigen und verantwortungsvollen Tätigkeit als Schalterheini bei der Post erzählt. Rieta meint seitdem, wir seien wie füreinander gemacht und will uns unbedingt verkuppeln. Ich kann mich grade noch beherrschen. An der Seite so eines Schalterheinis, der die Posthemden sogar am Wochenende trägt, kann ich mir nun mal keine Zukunft vorstellen.
Knut zumindest weiß das und bestellt schnell noch ein Stück Kuchen bei seiner Frau, damit die das Thema fallen lässt. Und ich schenke noch Likör nach, de
r muss eh’ weg, damit neuer her kann… Sicherheitshalber frage ich sie noch, wo sie das Halstuch her hat, das sie da trägt. 

So vergeht dann der Nachmittag mit Geschichten und gutmütigem Spott und irgendwann ist der Kuchen alle, in den Tassen kann man die Böden sehen und ich weiß wieder das Neueste aus der Nachbarschaft und der Gartenkolonie. Rieta ist leer-, meine Ohren sind vollgequatscht und Knut ist wie immer. Der kennt das natürlich und kann das ab.
Es wird langsam Zeit, wir verabschieden uns herzlich voneinander, versprechen uns, dass wir uns ganz bald wieder sehen. Ich ermahne sie, vorsichtig zu fahren, wir drücken uns noch mal und die Beiden verschwinden wieder in ihr Stübchen in meinem Hinterkopf.

Und ich sitze noch eine kleine Weile in der Küche und genieße wieder die himmlische Ruhe.


Tankdeckelprobleme

Heute war es trotz Regens und den damit verbundenen Dämmerlichtverhältnissen ganz lustig in der Agentur. Obwohl nicht mal die Rechner Bock auf Arbeit hatten und immer heimlich nach Hause wollten, wenn man mal kurz nicht hingeguckt hat.

Gegen späten Mittag wurde ich total müde und kochte mir einen Aufwecktee.
Eine halbe Stunde später fiel er mir auch prima wieder ein, und wenn ich den getrunken hätte, hätte ich nicht mal Zeit gehabt, den Tassenarm wieder zu senken, bevor ich eingeschlafen wäre, also neuer Versuch.
Wiederum eine halbe Stunde später war ich schon echt müde und hatte den Tee wieder vergessen! Er sah aus wie Kaffee und hätte bestimmt geschmeckt wie Zigarette.
Der dritte wurde es dann aber!
Ich weiß, schon, warum die 3 mir die beste Zahl von allen ist.

Während ich also den dritten Tee nun endlich genießen konnte und die Herren von „Meßm*r Tee“ sich wahrscheinlich die Hände rieben, weil sie genau wussten: Die Theobromine muss bald schon wieder neue Beutel kaufen, kriegte die Chefin einen Anruf ihrer Freundin.

Diese hatte sich das Auto geliehen, weil die Züge sich ja heute Müllsäcke überstülpen und streiken wollten. Sie hatte das Auto bis auf den vorletzten, den letzten und sogar auf den Tropfen nach dem letzten leer gefahren und war damit stehen geblieben. Als sie wieder Sprit einfüllen wollte, kriegte sie den Tankdeckel nicht auf!
Auch die hilfreichen umgebenden Herren kriegten den Tankdeckel nicht auf!
Nicht mal in der Werkstatt kriegten sie ihn auf!

Nun ist die Freundin auch noch seit Tagen und Wochen total im Dauerstress, hat einen minutiös ausgestalteten Terminplan, in dem sie jede verlorene Minute um Monate zurückwirft.
Die brüllenden Kinder sitzen beim Babysitter in der nächsten Stadt und warten.
Also ist sie angespannt. Klar.
Die Chefin vermutet am Telefon, dass sich im Tank durch Motordurst ein Vakuum gebildet hat, das den Tankdeckel von innen kräftig anzutzelt und deswegen nicht mehr freigibt.
Sie hat das schon mal mit einem anderen Wagen erlebt, damals wurde die Rohrzange geholt und der Deckel mit Gewalt entfernt.
Dies rät sie der Freundin, ebenfalls zu tun oder notfalls sogar ein Luftloch hinein zu bohren, und legt auf.
Wir haben ja alles mitgehört und sie fragt noch: „Ja was willste denn da sonst machen?! Scheiß doch auf den blöden Deckel…!“

Eine Pause entsteht.

Ich sitze da so mit meinem Tee, werde grade wieder wach, überlege mal kurz und sage dann:
„ Los. Ruf’ die noch mal an! Die sollen das so machen wie die Hausfrau mit den Marmeladengläsern… Einfach das Autochen umdrehen und von unten mal ordentlich gegendotzen. Wirst sehen, dann geht der Tankdeckel ganz leicht!“

Die Gürtellinie fährt hier nicht!

Mir stand heute Vormittag so der Sinn nach einem Stadtbummel.
Bevor ich in der Innenstadt ankam, muss ich aber unterwegs mal aus Versehen unsichtbar geworden sein, denn folgendes passierte mir gleich zweimal(!): Ich fuhr schön so auf dem Radweg mit ordentlich Karacho, da traten Passanten (1x w, 1x m) vor mir auf den Radweg und blieben da schön gemütlich stehen, obwohl in meine Richtung guckend.
Die hatten die Ruhe weg.
Und weil ich nicht wusste, ob unsichtbar auch zugleich dematerialisiert hieß, fuhr ich unter erheblichem Aufwand vorsichtshalber drumherum.
Und obwohl es ja nix half, guckte ich bestimmt ein bisschen böse.

Zum Bummeln brauchte ich Piepen, also führte mein erster Weg zum Automaten.
Leider merkte ich zu spät, dass die Tastatur von dem Ding so pekig, klebrig und irgendwie üärks war, dass ich am liebsten in die Bank gegangen wäre, um rumzuwettern, sie könnten dann ja meine Krankenhauskosten übernehmen, wenn ich mich hier gegen meinen Willen mit irgendwelchen rasanten Bakterien zusammengetan hätte.
Stattdessen habe ich drauf geachtet, mir danach möglichst nicht im Gesicht rumzutatschen und habe mir eine Fließendwasserstelle gesucht, noch bevor der Abfaulungsprozess einsetzen konnte.
Die Omis machen das schon richtig, wenn sie immer so Erfrischungstüchlein dabei haben…

Oben auf meiner Einkaufsliste stand jedenfalls „Balsamico“.
Und den kaufe ich immer in der Lebensmittelabteilung eines Kaufhauses, weil die da so gut sortiert sind. Der Balsamico ist leider furchtbar teuer, dafür aber natürlich auch furchtbar lecker, und wenn man mal damit angefangen hat, kommt man nur schwer wieder davon weg…
(Es ist ein Teufelskreis! Die Beschaffungskriminalität wartet schon.)

Der zweite und zugleich letzte Punkt auf der Liste war „Nach günstiger Jeans gucken“.
Schließlich war ja der Essig schon so teuer gewesen!
Das mit der Hose hätte ich mal lieber lassen sollen, ich hatte nämlich eigentlich schon morgens so eine ungemütliche Laune gehabt!
Ich will eine Hose, die meinetwegen auf der Hüfte sitzt, aber nicht noch darunter!
Sonst kann ich nämlich auch Stulpen anziehen, die bis zum Oberschenkel rauf reichen.
Es ist total sinnlos, supertief sitzende Jeans in 38 und aufwärts zu produzieren, weil sowas eh’ nur tragen kann, wer Größe 34 hat.

Ich hab immer gezogen und gezergelt und jedes mal festgestellt, dass ich die schon ganz oben hatte! Also, das hat mich wirklich angestrengt.
Kein Wunder, dass da immer alle so Kleidchen drüberziehen, über die Hosen!

Außerdem sind die alle lieblos breitflächig gebleicht an den Oberschenkeln. Wozu?
Das sieht nie „selbst eingetragen“ aus. Sondern beknackt. Oder billig. Ich hätte so gern eine grade geschnittene, schmale dunklere Jeans gehabt, die lang genug ist.
Und nicht so teuer. Und einfach mal meine Größe hat. Je nach Schnitt und Laden habe ich nämlich bis zu drei Größen Unterschied! Das liegt aber wohl an meiner Figur, die bestimmt sehr ungewöhnlich ist. Ich bin nämlich 1,73 m groß und wiege so 63 kg.
Ist ja klar, dass man da nichts Passendes findet. Ich müsste mir eben mal ein bisschen mehr Mühe geben!

Also ich behaupte mal: Ich habe heute 25–30 Jeans angehabt.
Und bin mit 2 T-Shirts nach Hause gekommen.

Wie immer, eigentlich.

Schokotorte und Versorgungsirrtum

Nach dem ich mir das gestrige präsidiale Kopfaua schön weggeschlafen habe, war ich heute Vormittag in der wundervollen Lage, eine feine Schokotorte herzustellen. Und nun, auf die Gefahr hin, als fies verunglimpft zu werden, hier ein Foto derselben:

 

Schokotorte

Zutaten: Fast reine Schokolade innen und außen. Schließlich trage ich meinen Namen nicht unbegründet. Das Vergnügen, dieses sahnige, etwas zartbittere Wunderwerk mit mir verspachteln, hat heute Nachmittag die liebe M., die grade erst von Sizilien wieder da ist.
Ich hatte sie ja gebeten, mir von dort ein leckeres Eis mitzubringen, mal sehen, ob sie Wort gehalten hat. Falls nicht, haben wir ja auch die Torte…

Gestern war ich aber noch einkaufen. Da, wo ich eigentlich immer einkaufe.

Und wie so oft saß an der Kasse dieser junge Mann, der fast seine gesamte Energie ins Lässigsein investiert.
Das heißt, er versucht, gleichzeitig die Waren besonders geschwind zu scannen, Sachen einzutippen, cool auszusehen, Kolleginnen wichtige Anweisungen zuzurufen, aufzupassen, dass seine Krawatte nicht verrutscht, Kundengespräche zu führen und Wechselgeld aus der Kasse zu zählen.
Einzelne Tätigkeiten müssen unter dieser Gleichzeitigkeit leiden, weswegen er immer wieder in Stocken kommt, und damit stets viel länger braucht als die Damen an den anderen Kassen, denen ihr Gutrüberkommen schnurz ist und die einfach ihren Job machen.
Energie einzusparen versucht er aber immerhin dadurch, dass er die Einkäufe nach dem Einscannen bzw. –tippen nur so 2 cm vom Scanner wegbewegt, so dass man irgendwie gezwungen ist, unter seinem Arm hindurch zu greifen, wenn man die Erdbeeren auch wirklich mit nach Hause nehmen will.

Gestern hielt er wieder mal plötzlich mittendrin mit der Eintipperei meiner Einkäufe inne, stutzte, guckte auf sein Display, tippte wieder was, guckte zufriedener und setzte dann das Kassieren fort. Ich bezahlte brav, und schaute dann mal auf den Kassenbon.

8Lieblinge

Man hätte mir also beinahe aus Versehen 8 Lieblinge in Rechnung gestellt…

Also mal abgesehen davon, dass ich zurzeit nicht mal einen Liebling habe, könnte ich mir derer achte auch gar nicht leisten! Weder psychisch, noch physisch, noch finanziell.
(Die Unterhaltung derselben! Die Anschaffung  hingegen schien mir günstig.)
Keine Ahnung, was der gute Mann sich dabei gedacht hatte…
Zum Glück hat er seinen Fehler ja noch rechtzeitig korrigiert.

Sollte ich aber demnächst dringenden Bedarf an Lieblingen entwickeln, weiß ja ich nun, wohin ich mich wenden muss… (wie beruhigend!)