Motorbiene.

(Erstveröffentlichung: 28. November 2007)

Eigentlich wollte ich mich heute gerne etwas echauffieren.
Geht aber nicht. Mir fehlt das Material.

Vorgestern oder so fiel mir nämlich wieder ein, dass ich vor ca. 2 Jahren mal so eine Männerzeitschrift gesehen hatte, auf deren Titel ungefähr folgender Nichtganzsatz prang- te: „11 Knöpfe, die sie bei IHR drücken müssen, damit sie schnell von 0 auf 100 kommt!“

Ich bin mir ziemlich sicher, dass das da so oder weigstens fast so draufstand. Ich weiß sogar noch, auf welcher Zeitschrift. Beweisen kann ich das jetzt aber leider nicht. Damals hatte ich überlegt, einen gepfefferten Leserbrief zu schreiben, aber dann dachte ich: Die werden mich dort bestimmt als Zicke begreifen, die wahrscheinlich „keinen Typen hat und deshalb ein bisschen unentspannt“ ist. So wird man schnell abgewunken.

Wieso mir das jetzt wieder einfiel, kann ich gar nicht sagen. Vielleicht hat jemand irgend-
wo einen doofen Mensch-Maschine-Vergleich angestrengt. Oder es hat jemand über jenes Magazin gesprochen, kann auch sein. Jedenfalls, weil ich nun leider keinen Beweis habe für das doofe Cover, kann ich mich jetzt gar nicht richtig aufregen hier! Also, das regt mich auch auf… Da könnte ich auch schomma schnell von 0 auf bestimmt mindestens sagenwirmal 45 oder so kommen.

Ich find‘ das nämlich durchaus löblich, wenn die Herrschaften sich Gedanken machen, wie sie ihre Liebste schön in Stimmung kriegen. Ich mein’, schließlich haben ja nun Beide was davon. Aber wieso glaubt so eine Redaktion, derlei Inhalte nur vermitteln zu können, wenn sie mit den Männern Auto spielt? Sollen die dann ihre Freundinnen über so einen Straßenspielteppich schieben und „brrrrrmmmbrrrrmmm…“ dazu machen?

Ich entsinne mich noch, den Artikel überflogen zu haben, und tatsächlich standen da so Sachen, wie:

„Füllen sie nur den besten Sprit ein! Champagner, weichen Rotwein, usw…“

„Wenn sie daunddort diesunddas machen, schnurrt sie wie ein …-Motor.“

„Kraulen sie ihr wattweißich, das jagt ihre Drehzahl in ungeahnte Höhen!“

Genau.
Ich hätte da auch noch ein paar Tipps:

„Greifen sie ihr während der Fahrt mal so richtig ins Lenkrad, das macht sie wild!“

„Wechseln sie ihr mal gelegentlich die Wischerblätter, – da freut die sich!“

„Aber kommen sie ihr lieber nicht unvorbereitet mit ’nem Ersatzreifen, da wird sie sauer!“

„Klopfen sie ihr mal vorsichtig auf die Polster, das macht sie garantiert total elektrisch!“

„Machen sie ihr ein hübsches Eckchen im Carport zurecht, – sie wird sie mit dankbaren Scheinwerferchen anleuchten!“

„Und wenn der erste Rost ansetzt, klemmen sie ihrer Liebsten eine Straßenkarte unter’n Arm und zeigen ihr, wo die Bauarbeiter die Landstraße gelassen haben.“

Also, das wars, worüber ich mich nun eigentlich aufregen wollte.
Aber geht ja nun nicht. Manno!

Schrott!

Blinzel.

(Erstveröffentlichung: 15. September 2007)

UnsichtbarstrasseHier geht’s zur Unsichtbarstraße.

Die Straße kann man nicht sehen, es stehen unsichtbare Häuser links und rechts am unsichtbaren Straßenrand und man sieht auch nicht, dass auf den unsichtbaren Klingelschildern unsichtbare Namen stehen. Macht nix, denn die Leute, die da wohnen, sieht man auch nicht. Das ist viel-
leicht auch besser so, denn sie sehen sich, und was sie tun, selber nicht und knöpfen deshalb ständig ihre unsichtbaren Strickjacken schief zu und merken auch nicht, wenn sie Krümel am Mund haben.

Wenn die Frauen sich schminken und frisieren, sähe das total lustig aus, wenn man es denn sehen könn-
te. Neulich hat die kleine Boutique in Nummer 7 mal eine Modenschau veranstaltet. Ist aber keiner hingegan-
gen. Alle waren beim Grillfest. Das endete allerdings in einer Klopperei, weil der Grillmeister die ganzen leckeren Sachen hatte total anbrennen lassen und jeder hinterher meinte, er hätte es besser gekonnt. Ich habe da so meine Zweifel.

Obwohl man ja nix sieht, waschen manche Typen in der Straße am Samstag ihr Auto und mähen den Rasen. Das machen sie nur der Geräusche wegen, damit die Nachbarn auch ja Bescheid wissen. Hier in der Straße wohnt einer, der kann nur mit dem Mund das Fahr-
geräusch eines protzigen dicken Wagens nachmachen, und er glaubt, die Nachbarn den-
ken: Der ist reich! Die Nachbarn wissen aber ganz genau, dass er nur so tut und fragen ihn manchmal, ob sie auf eine Spritztour mitdürfen. Dann erfindet er Ausreden, dass der Wagen gerade zur Jahresinspektion in der Werkstatt ist und windet sich verlegen. Aber das sieht man natürlich auch nicht.

An der Ecke ist ein Laden, der Parfums, laute Hackenschuhe und Glöckchen verkauft. Antipickelstifte und Selbstbräunercremes gibt es dort inzwischen nicht mehr, die sind aus dem Sortiment genommen. Der Ladenbesitzer ist dennoch ein wohlhabender Mann, denn die Unsichtbaren besprühen sich gern mit Stinkezeug und hängen sich die Glöckchen um, damit sie auf der Straße nicht umgerannt werden. Man kann sich also vorstellen, wie das ist, die Unsichtbarstraße langzulaufen: ohren- und nasenbetäubend.

Deswegen gehe ich da auch nie durch und weiß das alles nur, weil ich einen kenne, der mal in ein Mädchen aus der Straße verliebt gewesen sein soll. Das war nicht so einfach, sagt er. Er hat immer wieder an ihr vorbeigeküsst und dauernd gefragt: „Wo bist Du denn?“ Das fand sie gar nicht witzig und fand, er gäbe sich keine richtige Mühe. Irgendwann war sie dann plötzlich weg. Behauptet er. Vielleicht schmollt sie auch nur.

Führerschein – Teil 1

(Erstveröffentlichung: 19. Juli 2007)

Ich wollte ja mal erzählen, wie das nun war mit meinem Führerschein. Freundin T. hat sich das mal gewünscht, weil ich deswegen Ende des letzten Jahres so rumgehühnert hatte. Und weil das ’ne lange Geschichte ist, kommt die ausnahmsweise in vier Teilen.

Vorgeschichte:
Im Sommer war ich beim Väterchen in Berlin zu Besuch für ein paar Tage. Zuerst liefs ganz gut, wir hockten in Biergärten und beim Inder, gingen ins Technische Museum, sa- ßen abends schön vorm Fernseher und alles war nett. Mittenmal kommt er mir mit so ’nem Umschlag an und meint: „Töchterchen! Pass uff. Ick habe mir jedacht, Du musst nu’ mal endlich den Führerschein machen, bevor Du zu alt wirst, wat Neuet zu lernen.“

Ich dachte, ich hab’ Ohrensausen!

Klar hatte ich mal gesagt, dass ich das Mistding irgendwann mal machen will, aber das war doch nur so in die Luft gesprochen gewesen. „Irgendwann“ ist für mich ein Zeitraum, der locker dreißig Jahre umfassen kann. Außerdem wollte ich den 1. selbst bezahlen, und 2. eigentlich erst machen, wenn ich mir mein Traumauto leisten kann: Eine alte Citroen DS. Die Göttin. Darum habe ich natürlich eh’ nie damit gerechnet, dass das noch was wird.

Also gab’s erst mal Diskussion, bis Väterchen fast eingeschnappt war, weil ich den Um- schlag nicht wollte. „Du kannst Dir meinetwejen ooch 2.000 Kugeln Erdbeereis davon koofen. Det is’ mir ejal! Du nimmst det jetzt. Det is noch von deine Omi.“ Also gut. Wenn er mir mit der Omi kommt, werde ich weich. Und Erdbeereis mag ich auch überhaupt nicht.

Zurück in Hannover musste ich erstmal zum Augenarzt, wegen besonderer Umstände in meinem peripheren Guckbereich. Die Praxis liegt am Lindener Markt und als ich da rein kam, fielen mir gleich die überaus patzigen, billig aufgedonnerten Sprechstundenmädels auf. Es gab aber auch ein unauffälliges, liebes Aschenputtel, an die wandte ich mich dann. Die Praxis war total oll, die Einrichtung zusammengehauen aus allen Jahrzehnten. Ich wurde zum Sehtest gerufen. Das Behandlungszimmer fiel fast auseinander, der Arm- stuhl, auf dem ich Platz nehmen sollte, zeigte schamlos seine Polsterfüllung herum. Ich fand das alles immer lustiger und war gespannt auf mehr. Die Buchstaben erkannte ich, die sind ja zum Glück zeitlos („Helvetica?“). Dann kam der Farbtest. Das Büchlein mit den Tafeln fiel ebenfalls fast auseinander, der Leineneinband war mit Tesafilm dick über- zogen. Ich bestand den Test mit Bravour, obwohl ich meine, die Farben wären schon etwas verblasst gewesen…

Dann kam dieser Gesichtsfeld-Test, wo man ein Summerchen drückt, sobald der helle Punkt ins Blickfeld kommt. Das Gerät war selbstverständlich ebenfalls uralt und musste per Hand bedient werden. Die Sprechstundenmadame hantierte herum und ich konnte natürlich genau vorher sagen, von wo das Pünktchen kommen würde, weil ich ja mitkrieg- te, wie sie da werkelte. Also summerte ich, bis ihr die Puste ausging.

Dann bekam ich die berühmten Tropfen ins Auge und musste warten. Ich weiß, dass das alle immer sagen, aber das Gefühl ist wirklich komisch. Wenn ich mir vorstelle, dass die Herrschaften des Barock sich Belladonna nicht zu knapp in die Augen geträufelt haben, damit die Blicke verführerischer wirkten, muss ich feststellen, dass die wohl nicht mehr alle an der Kappe hatten.

Nach einer halben Stunde kam ich zum Doc rein. Und Doc war der Knaller!

Ein altes, rundliches Männlein mit weißen Babylöckchen, das vor sich murmelnd in Pu- schen durch sein vollgerümpeltes Behandlungszimmer eierte. Er wies mich an, Platz zu nehmen und mein Kinn auf einer Art Rahmenkonstruktion aufzustützen.

„Keine Angst.“, versuchte er mich zu beruhigen. „Ich hab’ gar keine Angst.“, antwortete ich munter und guckte ihn verschmitzt an. Der Typ ist ein Kobold, dachte ich, der tut nur so kauzig. Gefällt mir. „Doch!“, sagte er, „sie haben Angst. Alle haben Angst! Aber ich mache das schon seit über 35 Jahren, überall auf der Welt mache ich das. Sogar in China! Auf der ganzen Welt mache ich das!. Nur in Russland nicht.“ „O.K., jetzt habe ich Angst!“, grinste ich. Er nickte.

Ich bekam einen Glaskegel direkt auf den Augapfel gesetzt und er schaute sich meinen Augenhintergrund an. Durch die Linsenbrechung konnte ich sogar irgendwie mitgucken und sah ein schönes Muster aus Äderchen. Irre, sich ins eigene Auge gucken zu können. Nebenbei wurde geplaudert.

„Und? Kann ich den Führerschein denn machen, Herr Dokter? Krieg’ ich ihre Freigabe?“

„Das können sie. Aber mit dem Pilotenschein wird’s leider nichts.“

„Och. Schade.“

„Und Rettungswagen fahren wird auch nichts.“

„Und Feuerwehrautos?“

„Tut mir leid. Gar keine professionelle Personenbeförderung. Privat können sie aber machen, was sie wollen!“

„Prima. Dann muss ich den Löschzug donnich abbestellen. Fein, der ist nämlich schon angezahlt.“

Inzwischen guckte er schon mit dem Kegeldings in das andere Auge.

„Wenn sie den Führerschein dann haben und so ein Jahr Praxis, dann leihen sie sich mal einen Porsche aus! Das ist ein Auto!“

„Ich komm’ dann, und leih’ mir ihren…“

Er lächelte mild, wir waren auf einer Ebene.

Nun versuchte er, das Glasding von meinem Auge zu nehmen, aber das hatte sich fest angeschmiegt bzw. fest gesaugt. Er musste etwas nachhelfen, dann war das Ding raus. Zum Glück, sonst hätte ich wie der Terminator nach Hause gemusst, bis das Ding von alleine abfällt. Und das mir! Ich habe so empfindliche Augen, dass ich leider keine Linsen tragen kann, weil ich’s nicht fertig bringe, mir was ins Auge zu pitschen. Auf dem Weg nach Hause schien die allerschönste Septembersonne. Ich drückte mich an den Wänden entlang, weil das Licht mir direkt ins Hirn wollte. Eigentlich eine ganz schöne Vorstellung, aber erst hinterher…

Teil 2
Teil 3
Teil 4

Bei Boltenhagen bollerts.

Boltenhagen

Freundin T. kam ja schon Donnerstagabend angetrudelt, damit wir Freitag schön früh los-
könnten. Das begossen wir direkt erstmal mit Karamelllikör, was bei T. zu vorläufigen leichten Beschwerden führte, weswegen ich gar nicht mehr dran denken konnte, mit auf’s Sofa zu passen, weil sie da nämlich plötzlich der Länge nach drauf lag. Zum Glück war ihr aber bald wieder gut.

Freitagmorgen ging’s dann jedenfalls frisch und munter ab auf die Autobahn. Und völlig ohne Navigationsgeräte oder Routenplaner fanden wir nach Boltenhagen (ich bin nämlich eine altmodische, aber gute Kartenleserin). Im Auto wurde übrigens schön laut gesungen, – das gehört sich schließlich so, wenn man verreist (außer in Zügen).

Angekommen, suchten wir als erstes ’nen Parkplatz, gurkten kurz in so eine Einfahrt zu einem privaten (5,-€ Tageskarte), schauten und gurkten gleich wieder hinaus. Kichernd, aber streng beobachtet vom einem ernsten jungen Mann mit Gürteltasche. Auf dem Ne-
bengrundstück vermuteten wir nämlich Gratisparkplätze, was sich über eine Vermutung leider nicht hinausentwickeln konnte und dann sogar als völlig daneben getippt erwies. Also fuhren wir wieder zu dem Ernsten zurück. Als er uns schon wieder feixend kommen sah, rief er bloß: „Trinkt ihr?!“ und meinte dann knapp: „Da hinten könnt ihr. Zwischen dem Grünen und dem Häuschen…“ Und da haben wir das Auto dann auch brav hin gestellt.

Ich weiß gar nicht, wie andere Leute das machen, dass sie immer noch stundenlang rum-
räumen müssen, bevor sie loskönnen. Ich steh meistens schon hufescharrend an der Tür und will raus. Diesmal stand ich hufescharrend neben dem Auto und wollte das Meer se-
hen, während T. sich zeitweise im Labyrinth ihrer beiden Taschen verlor. So isse halt.

Am Strand war’s voll. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen. Aber das Meer ist eben das Meer und das darf fast alles. Als erstes ging es auf den Pier, der ordentlich weit ins Wasser reicht.

Boltenhagen_Pier

Danach gab’s (was auch sonst) Pommes und dann legten wir uns endlich in den Sand.
Da gab’s viel zu sehen, vor Allem natürlich sowas:

Boltenhagen_Himmel

Aber nur, wenn man auf den Rücken lag. Von dem, was man sieht, wenn man auf dem Bauch liegt, habe ich leider kein Foto.

Als T. aus dem Meer zurück kam, hatte sie Jemanden mitgebracht. Einen Marienkäfer, der sich offensichtlich etwas überschätzt hatte, was seine Schwimmkünste anging. Naja, das hätte mir aber schließlich auch passieren können… Der Käfer wurde von mir spontan „Luise“ getauft und legte sich unter erheblicher Anstrengung, viel Gestrecke und unseren anfeuernden Kommentaren ausgiebig den rechten Hautflügel trocken. Dann war Luise erstmal rechtschaffen müde und verzog sich zum Verschaufen im Bein meiner weißen Hose.

Boltenhagen_Luise

Ein Weilchen später musste sie neue Kraft geschöpft haben, denn ich sah sie noch aus dem Augenwinkel ausfliegen zu neuen Abenteuern. Na, ich hoffe, sie ist nicht gleich wie-
der Schwimmen gegangen…

Irgendwann bekamen wir deutlich Hüngerchen und enterten ein Strandlokal, um lecker Salat mit gegrilltem Fisch zu speisen, heimlich unter’m Tisch Spatzen zu füttern und die Wespen durch beherztes Gutzureden davon zu überzeugen, dass sie sich doch vielleicht lieber selber eine Cola…

Der anschließende Verdauungspaziergang ging übrigens hier hin:

Boltenhagen_1Boltenhagen_2

Ganz schön, was? Übrigens Vorsicht! Hier ungefähr hängen bestimmt noch zwei kräftige
Damenschreie in der Brise.

Gegen sieben abends fuhren wir dann wieder ab und hörten im Verkehrsfunk, es habe zuhause überall wie verrückt gestürmt, es lägen Bäume herum und bei Hamburg sei eine Vollsperrung und überhaupt… – Überhaupt zog es sich über uns ordentlich zu und es bil-
deten sich Wolkenformationen im unter Meteorologen sicher berühmten Hefezopfmuster:

Boltenhagen_Zopfwolken

Und was das heißt, das kann man sich ja denken. Also, wir brauchten jedenfalls nicht mehr lange, um es rauszukriegen. So einen irren Himmel habe ich bestimmt noch nie gesehen. Aber T. und ich lieben ja Blitze, und als so ein Riesenvieh den gesamten Ho-
rizont mit Schmackes quer erleuchtete, riefen wir wie aus einem Mund: „Booooooh! Geil!“ (Davon habe ich natürlich wieder kein Foto gemacht, ich Schussel.) Und dann ging’s auch richtig rund mit eimergroßen Regentropfen, Blitzerei und Getöse. Zum Glück flogen keine Kühe oder Klaviere oder beleuchteten Dreiecksvitrinen über die Straße…

Nach einer guten halben Stunde war der Spuk aber vorbei und wir sangen uns Hannover gut gelaunt wieder entgegen. Das war wirklich „ein (sehr schöner) Tag am Meer“…

Danke, liebe T.!

Seifenkistenrennen

Gestern ging’s hier ja mal wieder um den wertvollen „Lindener Bergpokal“ im Seifenkisten-
rennen. Das hätte ich mir vermutlich ohnehin angeguckt, aber weil da ein guter Bekannter (B.) von mir mitmachte, natürlich erst recht. Kinder und Erwachsene schrauben und feilen wochenlang an ihrem Gefährt, um sich anschließend damit auf Gedeih und Verderb einem Gefälle bestimmt ungefähr zweieinhalb oder gar dreieinhalb Prozent oder mehr oder so auszusetzen. Tapfere Recken!

Ich will jetzt auch gar nicht viel rumerzählen, sondern lieber Bilder sprechen lassen.
Natürlich gab’s ganz viele tolle Modelle, leider kann ich nicht alle zeigen…

Hier eins, das wohl noch vor wenigen Wochen Teil eines Balkons gewesen ist:

Seifenkisten_Balkon

Hier links eine Riesen-Seifenblasendose (sogar mit eingebautem Nebelwerfer und Seifen-
blasenpuste), rechts das 50er-Jahre-Modell von B., das, wie die Legende sagt, bis vor kurzem noch über der Biertheke einer Kneipe gehangen hatte. („Züchner Dose“ bezieht sich übrigens auf die alte Firma Züchner in Seesen/Harz, die Ende des 19. Jahrhunderts die Konservendose erfand und produzierte.) Dieses Rennmaschinchen kann man wohl getrost ein „ehrliches Teil ohne albernen Schnickschnack“ nennen. Lediglich ein Kissen für’s unterwegs eventuell entstehende Kuschelbedürfnis durfte an Bord.

 Seifenkisten_Puste_u_-B

Dieses Modell hingegen macht mir eher einen wackligen Eindruck, darauf würde ich ganz sicher keinen Berg runterwollen! Da sind ja nicht mal Bremsen dran! Ich glaub’, das wurde dann auch gar nicht zugelassen…

Seifenkisten_Pudel

Schließlich war ja auch Pozilei vor Ort. (Bei dieser Seifenkiste war Freund M. übrigens besonders kritisch: „Zu kurzer Radstand. Wenn das mal nich’ umkippt!“ Vielleicht hat er aber auch schlicht eine Aversion gegen grün-weiße Autos.)

Seifenkisten_Pozilei

Auf manchen „Renn“-Bildern ist leider nix als die Strecke drauf, weil mir einige Kisten doch unter der Kamera durchgerauscht sind, bevor ich auslösen konnte! Aber ein paar hab’ ich doch erwischt:

 Seifenkisten1

Und hier sollte eigentlich Meister B. im Zieleinlauf draufsein, aber während er schon, na-
türlich schnell wie der Teufel, links aus dem Bild saust, und gerade kurz davor ist, den Bremsfallschirm auszuwerfen, rauscht mir rechts mittenmal wenigstens noch Freund M.s Daumen rein…

Seifenkiste_B

Richtungweisend

Also, Blinken kommt ja wohl völlig aus der Mode!

Ich gebe offen zu, dass ich auch nie blinke, aber das liegt ja auch daran, dass an meinem Fahrrad noch immer keine Blinker dran sind. Das ist wenigstens eine anständige Ausrede und außerdem halte ich immer gewissenhaft die Hände irgendwohin raus, bevor ich mich in die Kurve lege.

Die Autofahrer, die mir heute begegneten, haben überwiegend weder geblinkt, noch Hand-
zeichen gegeben. Das ist besonders anstrengend für mich, weil ich vorher nicht weiß: kreuzt der Schleichfahrer da nun gleich meinen Weg oder doch nicht? Ich werde dann selber auch schon immer langsamer, und kurz, bevor ich ganz umzufallen drohe, geruht der Wagen gerne doch noch irgendwohin rüberzuziehen und plötzlich links abzubiegen oder so. Ich hoffe, ich bin noch in der Lage, freundlich ins Wageninnere zu winken, wenn ich eines Tages mal quer auf einer Motorhaube lande, – schließlich bin ich ein höflicher Mensch.

Mich würde ja mal interessieren, wie so unblinkende Autofahrer ihr Versäumnis denn begründen:

„Das Geticker von dem Teil macht mich immer ganz irre, da kann ich mich überhaupt nicht konzentrieren!“

– „Wieso? Mein Auto blinkt doch wie verrückt, schließlich wasche ich das jeden Sams-
tag!“

– „Ich bin doch Epileptiker, und das flackernde Lämpchen könnte bei mir jederzeit einen Anfall auslösen…“

– „Blink Irgendwas? Ist das nicht diese eine Ami-Band? Die konnte ich sowieso noch nie leiden!“

– „Gelbes Licht mag ich irgendwie nicht, und das steht mir auch nicht so…“

– „Ich hasse Linke! Und ob A-Linker oder B-Linker ist mir dann auch schon völlig egal!!!“

– „Ich möchte mir das Autofahren als ursprüngliche, pure Erfahrung erhalten und lieber nichts planen dabei!“

Hab’ ich noch Irgendwas was vergessen?

Gemeines Hörnchen

Dieses fürchterliche Fanfarenhupenhörnchen erschreckte mich soeben in einer großen Printanzeige für asiatische Autos.

Ruesselhoernchen

Angeblich ist es ein

 Gemeines Rüsseltierhörnchen (Rattus omni proboscis)

 und kann

CO² aus der Luft filtern

um dieses dann in

Vitamine zur Nahrungsergänzung

umzuwandeln. Allerdings macht es das erst im Jahre 3171, weil solche Hörnchen bisher nur in den besonders originellen Köpfen einer Werbeagentur existieren.

Außerdem steht da noch:

Bis die Natur sich selber hilft, senkt HerstellerX die CO²-Emissionen. Der XXX Soundso produziert Wasser statt Abgase. Weil Verantwortung der stärkste Antrieb ist. 

Wirklich, nix gegen gute Weiterentwicklungen, die den Ressourcenverbrauch und die Schadstoffemissionen eindämmen – immer gern gesehen – aber wenn die Natur sich irgendwann selbst hilft, wird sie vermutlich klugerweise als erstes den Menschen von der Platte putzen. Und ich wüsste auch schon, bei wem sie damit anfangen kann…

ABS

BabysockeIch hab’ da bestimmt was falsch verstanden, denn ich dachte eigentlich immer, ABS bedeu-
te Anti-Blockier-System. Wer aber schon mal auf Socken durch den Korridor schliddern woll-
te, weiß, dass das durchaus blockierend sein kann, wenn da so Radiergummis drunter kle-
ben. Das ist eventuell was für Leute, die auf Nasen-OPs stehen.

Und wozu brauchen Babys solche Socken?
Die können doch noch gar nicht laufen! Oder wirkt sich das in die Socke integrierte System auf die Lenkbarkeit des Kinderwagens aus? Und wieso gibt’s die Socken dann nicht auch speziell für Autofahrer?

Oink!

In einer aktuellen Printanzeige für einen Kombiwagen mit Stern vorne drauf, braust ein sil-
bernes Geschoß durch eine Kurve. Darüber reißt gerade ein wolkenverhangener Himmel auf. Man muss nicht lange draufgucken, dann bleibt der Blick in der rechten oberen Ecke an dieser dicken Wolke hängen:

 Wildsau

Was soll mir das mitteilen? (Ich weiß, dass in der Werbung nichts, aber auch nichts „einfach nur so“ ist.) Dass B*nzfahrer wie Wildsau fahren?

Wie ich gestern nicht überfahren wurde und hinterher ein mieses Gefühl hatte

Gestern hat es hier ordentlich geregnet und der Wind hat den Regen immer mal in die Waagerechte gepustet. Wenn man zuhause am Fenster sitzt, ist das gemütlich. Wenn man mit vollem, schwerem Rucksack vom Einkaufen nach Hause radelt, ist das anstren-
gend. Als ich zum Lindener Markt komme, und in die Posthornstraße rechts abbiegen will (so richtig mit Hand raushalten und so), kommt mir dort ein Wagen quer, er will in die Einfahrt der Post, und zwar mit Karacho!

Alles geht ganz schnell, ich blicke noch ins Fahrergesicht, sehe Schockschreck, – genauso gucke ich bestimmt auch gerade. Ich sehe mein Vorderrad an seiner Stoß-
stange, fühle schon einen Aufprall, sehe mich schon auf der Haube oder drunter liegen. Doch er hat gute Bremsen und trifft sie auch.
Mein Herz schlägt wieder.

Ich stehe genau quer vor seinem Auto, zwischen uns sind nur noch wenige Zentimeter. Meine flache Hand schnellt hoch auf mein Brustbein, ich sacke etwas ein: die interna-
tionale Geste für „großer Schreck und noch mal davongekommen“. Ich schreie ihn an: „Mann!“, steige wieder auf und fahre weiter. Nun merke ich auch, wie meine Knie verreisen und der Kopf wieder loslegt: Das war aber echt knappski! Weihnachten im Gipsbett und so…

Ich will nur weg, flüchten, nach Hause. Ich brauch’ jetzt ’nen Kakao. ‚Nen starken.

Neben mir taucht das Auto wieder auf, der Fahrer hat die Scheibe runtergekurbelt und entschuldigt sich heftig, er habe mich nicht gesehen, ich sei im toten Winkel gewesen, er sei untröstlich, und ob er was für mich tun könne. Ich rufe: „Ja!!! Nicht wieder machen!“ und strample weiter. Er wolle heute Abend für mich beten, sagt er. Meinetwegen. Ein mittelalter Mann, ein Bürger. Fast tut er mir leid, er windet sich in Schuld. Ich will nach Hause. Also lächle ich ihn an und rufe: „Ist ja zum Glück nix passiert, da können wir beide doch froh sein! Ich bin in Ordnung, es war ja nur ein Riesenschreck!“ Dabei prasselt der kalte Regen auf meine Brille und ich lasse mich nicht aufhalten.
Hause. Kakao. Lass’ mich.

Er fährt an mir vorbei. Doch 100 Meter vor mir hält er an, öffnet die Tür, kommt mir mit ausgestrecktem Arm entgegen. Er will mir die Hand geben, also halte ich auch an, obwohl ich gar nicht will. Er faselt was von: “…wenigstens ein kleines Schmerzensgeld, auf den Schreck, – es tut mir so leid!“, und drückt mir die behandschuhte Hand. Ich sage noch mal: „Neinnein, …ist ja gut. Ist ja alles gut gegangen, nix passiert…“ Dann steigt er wieder ins Auto, und ich beeile mich auch, wieder loszuradeln.

5erEr hat mir einen zerknitterten 5-Euro-Schein in die Hand gedrückt! Und ich habe ihn genommen, ohne zu denken.

Der Schein wandert in die Tasche. Mir kommt ein komi-
sches Gefühl. Einen hässlichen verknitterten 5er für’s Nichtüberfahrenwerden? Was für eine Art Ablasshandel hat hier gerade stattgefunden? Jetzt fühle ich mich ganz merkwürdig. Ich bin beschämt. Eigentlich sollte er sich schämen! Das mit dem Fast-Anfahren nehme ich ihm nicht übel. Das hätte mir auch passieren können, und er hat gut reagiert.

Bis er die Idee mit dem Freikauf hatte. Er wollte sich unbedingt entschuldigen, im Wortsinn. Doch das ist gründlich daneben gegangen.

Den 5er kriegt jedenfalls der erste Punk in die Hand gedrückt, der mich morgen in der Innenstadt anschnorrt…