Ärmelriegelpest und der Himbeerhund.

Seit ein paar Jahren (ungefähr) bekommt man keine schlichten Hemden und Blusen mehr. Solche, die einfach Ärmel haben. Es gibt fast nur noch welche, die merkwürdige Ärmelhochkrempelhilfen mit Haltelasche zum Festknöpfen haben. Weil ich die Fach- bezeichnung für diese Dinger nicht kenne, heißen sie bei mir Ärmelriegel, man könnte sie aber auch Krempelpest oder Deppenlaschen nennen (…weitere Vorschläge?). Ich weiß nicht, ob man die braucht. Meiner Erinnerung nach hat das Hochkrempeln von Ärmeln früher ohne Weiteres auch ohne Hilfslaschen funktioniert. – Ich kann es heute noch! Aber vielleicht ist der Anteil derer in der Bevölkerung gewachsen, die Unterstützung und ein Gefühl von Sicherheit (vor dem unerwartet plötzlichen Herabrollen des frischgekrempelten Ärmels) brauchen, – wer weiß es denn. Allerdings werden nachfolgende Generationen die Kunst des freien Krempelns so kaum noch erlernen und zu hilflosen Krempeldoofies erzogen. Schlimme Aussichten!

Und jetzt kommts: An Hosen sind die Dinger ebenfalls dran! (Vielleicht, damit man die Hosenbeine an dem Ärmeln festknöpfen kann.) Beim Einkaufen versuche ich jedenfalls, diese Riegelpest zu vermeiden, so gut es geht. Manchmal gehts aber nicht und kaufe ich doch mal ein Kleidungsstück mit, dann schneide ich die bescheuerten Laschen einfach ab, weil sie mich beim Bügeln jedesmal – naja – enervieren. Inzwischen habe ich bereits eine beachtliche, ansehnliche Sammlung alberner Stoffstreifen mit Knopfloch. Die schmeiße ich nämlich nicht weg, sondern in ein Nähkörbchen, weil ich immer denke, vielleicht kann man sie doch eines Tages mal in etwas Nützliches umwandeln. Ärmelriegelprotestarmbändchen oder so.

Vielleicht sind aber auch gar nicht so viele Leute krempeleingeschränkt, wie ich glaube, sondern wollen bloß so genannte „modische Details“, kann auch sein. Was für ein Detail, egal, hauptsache eins dran! Baumeln, riegeln, glitzern muss es! Zusatznutzen, Zusatznutzen! Mehrwert! Mehrwert! Hoffentlich hört das irgendwann mal wieder auf…

Und was hat das jetzt mit einem Himbeerhund zu tun?
Och, eigentlich gar nichts.

In der Nacht zu Freitag habe ich bloß von einem Pudel geträumt, dessen Fell aus Himbeeren und Tortenguss bestand. Er roch sehr gut und erzählte mir, dass neulich eine ältere Dame etwas kompliziert mit dem Ellenbogen in seinem Ohr stecken geblieben war, nachdem sie sich ein Weilchen zum Klönen auf ihn gestützt hatte. Es dauerte dann wohl etwas, und es mussten mehrere Leute mit anfassen und ziehen, bis Hundeohr und Ellenbogen wieder frei waren. Der Hund erzählte diese Begebenheit nicht ohne ein gewisses Amüsemang und schmunzelte vor sich hin…

Ich finde immer noch, das ist ein sehr hübscher Traum, und es wäre doch eigentlich schade gewesen, wenn ich ihn nicht noch schnell hätte erzählen können.

Outdoor, Indoor und ich dazwischen.

Was hat die Welt eigentlich früher ohne Jack W*lfskin-Klamotten gemacht? Das Zeug ist ja eine Pest! Man kann kaum auf die Straße gehen, ohne damit in Kontakt zu kommen, überall wird man optisch ange“tatzt“, neenee… So richtig aufgefallen war’s mir mal im Dänemarkurlaub. Dänemarkurlaub ist nämlich wunderbar langweilig: Man hat eine kuschelige Hütte, in der man Kochen, Saunen, Kamingeflacker faul bedösen kann. Zwischendrin geht man raus an einen dieser irre breiten Strände, etwas herumtoben, anschließend frische Kochzutaten und neues Kaminholz kaufen, – und dann geht die ganze Chose wieder von vorne los…

Wenn man tatsächlich mal etwas Ablenkung will, gibt es nur eine einzige Möglichkeit: Den Outdoor-Klamotten-Outlet. Davon gibt’s an jeder Ecke zwei, alle vollgestopft mit diesem Tatzenzeug. Fast ausschließlich. Deswegen laufen auch alle Dänemark-Urlauber spätestens am dritten Tag mit so ’ner Jacke rum. Dann weiß man: denen war zu langweilig. Und entweder fährt mindestens die Hälfte aller Deutschen ständig nach Dänemark, oder es ist auch hier eine Mode draus geworden, auch im Alltag sogenannte „Funktionsjacken“ zu tragen. Und das, obwohl es hier ja durchaus noch andere Sachen zu kaufen gibt.

Überhaupt: Outdoor-Jacken! Was ist denn das für’n Begriff? Eine Jacke für Draußen, soso. Sind Strickjacken somit also Indoor-Jacken? Geht das eigentlich irgendwen was an, wo und wann ich welche Jacke anziehe? Bin ich so dusslig, dass man’s mir dran schreiben muss? Bald steht auf Jeans womöglich drauf: Bitte überhalb des Schlüppers tragen! Nö, Outdoor bezeichnet eher Klamotten, die für sportliche Betätigung an der sehr frischen Luft gedacht sind. Wie Wandern, Klettern und anderes Zeug, bei dem man von morgens bis abends von allerhand Wetterumschwüngen und Eventualitäten getroffen werden kann. Inzwischen werden diese Sachen in der halbwegs-günstig-Variante aber überall angezogen und sehen an ihren Trägern oft alles andere als sportlich aus. (Dass man durchs Jackenüberstreifen dynamischer wird, das erzählen sie einem ja bloß… In Wirklichkeit stimmt das gar nicht.)

Naja, vielleicht ist das gut für den Fall, dass man beim Brötchenholen überraschend eine tückische, steile Felswand erklimmen muss und mittenmal kommt dazu noch ein unvorhergesehener Eissturm auf. Natürlich verlängern sich die Überlebenschancen dank der Jacke um immerhin 2,45 Minuten oder so, wegen der Beschichtung. Wenn allerdings ein Bär z.B. vor der Milchtheke angreift, nützt sie einem leider gar nichts, das ist schon schade.

Man sieht die Jacken in der Stadt, in der Bahn, an Bürogarderoben, an Autofahrern mit ungesunder Blässe. Das passt ja eigentlich ganz gut zu diesen ganzen SUVs, die meistens auch noch nie ein richtiges „Gelände“ gesehen, aber ein schönes Bullengitter vorne dran haben. Ich wette, wenn man in die Berge steigt, Wüsten durchquert oder durch dicke Wälder stromert, sieht man gerade die Tatzenjacken ziemlich selten. Da werden zwar ebenfalls Funktionsjacken getragen, aber dann halt richtige, die was taugen. Und die sind für bloße modische Statements einfach zu teuer. Die sollen aber auch gar nicht modisch sein, sondern praktisch und so, dass man sie am besten total vergisst, sobald man sie anhat. – Wenn überhaupt, dann hätte ich gern so eine. Aber auch wenn ich manchmal bei Seitwärts-Schneesturm Spaziergänge zur alten Weide mache oder im Herbstregen am Strand herumschlure, die meiste Zeit würde sie doch ungenutzt im Schrank hängen. Und wenn man sich schön einmummelt, geht es auch prima ohne und man kann für das gesparte Geld noch mal eine Woche Urlaub dranhängen. In ein buntes Pfotendings bekommt mich jedenfalls keiner!

Mir fällt gerade auf, dass ich mir womöglich soeben einen Teil meiner Leserschaft vergrault habe, weil ich ihre Jacken doof finde. Aber vielleicht perlt so ein Text auch einfach an der töften Beschichtung ab. *g*

Nix als Behauptungen: Weiße Hosen werden schneller dreckig

Vorgestern abend am Bahnhof tummelten sich drei Jugendliche. Zwei von ihnen wohl mit migrantösem Hintergrund. („Migrantenhintergrund“ ist, das weiß ich genau, wenn hinter einem ein eingewandertes Plakat oder ein Plakat mit Eingewanderten aufgehängt ist.) Der dritte kann vom Anschein her gut mit inländischem Stammbaum über mehrere Generation ausgestattet gewesen sein (das weiß ich jetzt nicht so genau, den Stammbaum führt man ja normalerweise nicht bei sich, und ich hätte mich auch schwer gehütet, ihn danach zu fragen), sprach aber merkwürdigerweise genau so wie die beiden vermutlich türkisch- stämmigen Jungs.

Nämlich so, dass jede Silbe so dumpf hingespuckt wird und am Satzanfang und Satzen- de jeweils „Alter!“ gebrüllt wird. (Das nennt man Interpunktion, das weiß ich ebenfalls genau.) Wenn das mit dem „Alten“ vorne und hinten nicht wäre, könnte man das Gespro- chene auch für eine merkwürdige Art von Husten halten (bei Husten gibt’s ja, soweit ich das weiß, auch keinen anständigen Satzbau), und es erstaunt mich immer wieder, dass das anscheinend die aktuelle Jugendsprache sein soll, die sich eben nicht an Jugend- fachausdrücken festmacht, sondern an Tonfall und Schlichtheit, und viele so reden, als wären sie mit der Sprache erst vor ein paar Monaten zum ersten Mal in Berührung gekommen.

Ehrlich gesagt, macht mir das schon ein bisschen Sorgen, denn wer seine Gedanken nur schwer in Worte gefasst bekommt, dessen arme Gedanken müssen sich doch irgend- wann ziemlich eingesperrt vorkommen und dann anfangen, gegen ihren Besitzer zu rebellieren. Aber vielleicht bin ich auch im Irrtum und Brockensprache reicht völlig aus, um damit gut durchs Leben zu gondeln.

Mitzuteilen hatte man jedenfalls sich und den Umstehenden, dass „weiße Hosen ja echt cool“ sind, aber „scheiße voll schnell dreckich werden“.

Mich amüsierte das ein bisschen, denn ich wusste es schließlich besser.

Weiße Hosen werden nämlich überhaupt nicht schneller dreckig als andere! Es sei denn, es sind zufälig auch noch Arbeitshosen, aber dann liegts eben an der Tätigkeit. Bei der Arbeit wird man ja allgemein rascher dreckig, als wenn man z.B. nur so rumsitzt oder so. (Und das weiß ich nun wirklich ganz genau!) Beim Rumsitzen ist die Hosenfarbe ziemlich egal.

Ansonsten werden weiße Hosen genauso schnell dreckig wie andere, man sieht’s bei den weißen nur viel deutlicher.

Und genau deswegen sind sogenannte Arbeitshosen meistens dunkler, gern blau oder grün. Ausnahme sind natürlich die von Malern, die allerdings auch überwiegend weiße Farbe verstreichen müssen. Und weil die sich dabei genauso einsauen wie -sagenwirmal- Autoschrauber, sind Malerhosen eben weiß. Die sind nach getaner Arbeit quasi ebenfalls dreckig, aber man sieht’s nicht gleich so… Daraus leitet sich ab: Wer Hosen trägt, muss sich eben den farblich passenden Schmutz dazu suchen. Im Vorteil ist klar, wer vielfarbig gemusterte Hosen trägt, der hat dann die größere Auswahl. Alles bloß ’ne Sache von Köpfchen.

Ich trag ja übrigens gern Jeans, weil man die länger als einen Tag anziehen kann, wenn man nicht so blöd ist, darin als Maler arbeiten zu wollen. Ein Fehlschluß wäre es jetzt allerdings, zu glauben, ich hätte es den ganzen Tag mit blauem Dreck zu tun.

Das alles habe ich den drei jungen Herren aber lieber nicht auseinandergesetzt, denn erstens hatte ich vorgestern zufällig eine weiße Hose mit einem deutlich sichtbaren Fleck (von Arbeiten!) an und zweitens kam mein Zug und ich wollte da rein, während die sich lieber am Bahnhof weitertummeln wollten…

Keinen Euro.

In der Bahn, auf dem Heimweg von der Arbeit in die Stadt.

Neben mir ein junger Mann, vielleicht vier Jahre alt. (Ich bin bei Männern im Alterschätzen nicht sonderlich gut, bei Frauen allerdings sogar regelrecht schlecht). Ihm gegenüber sitzt offenbar sein Wochenend-Papa. (Das merkt man sofort man an der onkelhaft-bemühten Art, sich mit dem Kind zu unterhalten). Der Vater also irgendwann: „Dann fahren wir jetzt also auch mal zusammen einkaufen. Hast Du denn auch Geld mitgenommen, einen Euro vielleicht oder so?“ (Hört sich für mich an, als wolle er seinen Sohn irgendwie anpumpen.) Das Kind: „Nein…“ (Ich überlege schon mal, wo mein Portemonnaie steckt, denn als nächstes werden vermutlich beide mich anpumpen!) Der Vater tut empört: „Dann kannst Du ja überhaupt nichts für Max kaufen!“ Ich hab natürlich keine Ahnung, wer jetzt Max ist, aber der Lütte überlegt ernst und sagt dann entschlossen: „Dann kaufe ich dem Max was, was keinen Euro kostet!“

Im Gegensatz zu seinem Vater finde ich diesen Plan nicht nur prima, sondern überlege gleich, mir das demnächst auch mal vorzunehmen und lächle dem Jungen freundlich zu.

Der erklärt jetzt, wie breit das imaginäre Geschenk sein soll: es ragt vom Fenster bis mitten auf meinen Schoß. Längere Arme stehen leider nicht zur Verfügung. Der Vater versucht etwas verlegen, seinen Sohn davon abzuhalten, in meinen Luftraum einzudringen, aber mein neuer Freund und ich lassen uns gar nicht stören. Keine Ahnung, woran das liegt, und es tut mir ja auch sogar irgendwie leid, aber Männer in Bundfaltenhosen kann ich sowieso nicht ernst nehmen. Ich glaube, das liegt daran, dass diese Hosen so einen runden Popo machen, den ich bei Männern einfach albern finde. Ich sage also, quasi am Vater vorbei, zu dem Kleinen: „Und vielleicht sooo hoch!?“ und zeige mit der flachen Hand eine Stelle ungefähr einen Meter über seinem Kopf. „Ja, so hoch.“ nickt er begeistert, „und sooo tief!“ Dabei zeigt er einen riesigen Bierbauch, den er sich aber mal lieber erst in frühestens 20 Jahren anschaffen sollte. Und Max auch. Im Übrigen staune ich, dass so ein noch relativ kleines Kind schon Ahnung hat von Breite, Höhe, Tiefe. Wenn er so wei- termacht, kann er bald ein 1A Regalbauer werden. Tiefe Regale werden schließlich immer gebraucht.

„Und mit ’ner Schleife?“

„Ja, eine ganz bunte. Und eine richtig große Karte!“

„Finde ich super. Prima Plan, einverstanden!“ Ich gebe ihm die Hand drauf,  wünsche viel Spaß beim Einkaufen und stehe auf, weil ich hier raus muss.

Also lieber Max:
Wenn Du das hier zufällig liest, dann klär uns doch mal bitte auf…
– Was gab’s denn nun???

Alles Stulle.

Urlaub. Endlich.

Völlig erschöpft lagere ich auf dem Diwan, Naschkram in Reichweite, und lasse mich vom Fernseher belullen. Bericht von der Berliner Modewoche, die ulkigerweise „bread & butter“ heißt. Keine Ahnung, wieso. Alle dort sehen so aus, als würde sie außer Mineralwasser gar nichts mehr essen. Herr Becker, der angeblich ein Hobbymodist (nur eben ohne Hüte) ist, wird nach schweren Sünden der männlichen Klamottierung gefragt. Er überlegt.

Ich überlege auch. Wieso ist der Boris denn da neuerdings ein Fachmann? Ich meine mich nämlich ziemlich genau zu erinnern, ihn mal einem Ensemble mit Leopardenmuster gesehen zu haben. Oder war das der Kahn? Oder der Gottschalk? Ich habe aber garan- tiert mal wieder keine Ahnung, denn für mich ist das ohnehin alles eine Liga.

Bobbele hat fertig überlegt. Er meint, ganz schlimm sei, wenn der Gürtel nicht zu den Schuhen passt. „Genau!“ rufe ich, und: „Schrecklich! Man hat schon ganze Volksstäm- me deswegen aussterben sehen!“

Ach, fährt er unter Mühen fort, und wenn der Anzug zu klein sei. Oder auch zu groß.

„Oder gerade so eng, dass man damit noch über’n Allgemeinplatz stolpern kann, was Boris?“ schiebe ich hinterher.

Ansonsten fällt ihm aber nix ein.

Und das, das wundert mich nun widerum kein kleines bisschen…

Stolz und Unvorteil.

Ich hab’ nicht viele Eigenschaften, auf die ich besonders stolz wäre.

Beispielsweise gehört nicht dazu, zwischen speziellen Grenzsteinen auf die Welt gekom- men zu sein, schließlich kann ich da ja nix für. Es soll wohl Leute geben, die wegen so was ständig ganz aufgeregt sind, aber das habe ich vielleicht auch bloß wieder irgendwo aufgeschnappt oder falsch verstanden, weil: kann ja eigentlich nicht sein.

Wenn überhaupt, könnten höchstens meine Eltern stolz drauf sein, aber die haben zum Glück anderes zu tun. Zum Beispiel könnten sie sich streiten, wieso ich eigentlich dann doch nicht in Berlin geboren wurde, sondern eben in Springe (das war, weil meine Mutter im Streit abgehauen ist zu ihren Eltern), oder über anderen überflüssigen Mist. Das tun sie aber schon deshalb nicht, weil sie seit mindestens 20 Jahren kein Wort mehr mitein- ander gewechselt haben. Davor verwendeten sie übrigens hauptsächlich Wörter, für die man eigentlich einen Stall bräuchte. – Was das wiederum für meine Abstammung be- deutet, darüber möchte ich lieber nicht nachdenken…

Neulich ist mir aber doch was eingefallen, worauf ich tatsächlich ein bisschen stolz bin.
Und zwar: Ich habe tatsächlich kein einziges Poloshirt im Schrank.

Jetzt würde ich natürlich gern behaupten, dass das schon immer so war, aber das wäre leider gelogen, denn ich den 80ern hatte ich eins. Ein weißes. Das hatte ich mir aber nur gekauft, weil ich einen Typen gut fand, von dem ich vermutete, der stünde vielleicht auf Poloshirtmädchen. Dass so Einer damit ohnehin nix für mich sein konnte, habe ich mit meinen 19 Jahren natürlich noch nicht so richtig überblickt.

Poloshirts! Diese Dinger sind so hässlich und gehen einfach nicht tot, ich versteh’ das gar nicht! Allein, wie diese Kragen sich immer so rundbiegen… Und dann dieser furchtbare Pikeestoff… – Und jetzt komm’ mir bitte keiner mit praktisch! Mülltüten sind z.B. auch praktisch (schließlich will man seinen tropfenden Müll nicht gern in der bloßen Hand runter tragen), aber anziehen will sie richtigerweise trotzdem keiner. Überhaupt, wer seine Kleidung nach praktischen Gesichtspunkten auswählt, hat auch als Erwachsener noch Klettverschlüsse an den Schuhen und trägt Brustbeutel. Ach, auch ganz schlimm: Seersucker-Hemden. Am besten noch Kurzarm.

Sowas alles findet man überall in der Stadt, wenn man losgeht, um sich ein schlichtes, weißes T-Shirt zu kaufen. Nur ein T-Shirt findet man nicht. Eins, das vielleicht sogar einen schönen Rundhals-Ausschnitt hat und leicht tailliert ist. Und: blickdicht.

Gibt’s aber nicht. Es gibt keine blickdichten, weißen Shirts.

Die meisten sind sowieso mit irgendeinem „Motiv“ bedruckt. Ich werd’ ja nie verstehen, warum Leute freiwillig mit Beschriftung herumziehen, aber bitte. Ich möchte bloß mal ein schlichtes T-Shirt, das Geheimnisse wahren kann. Was ich „drunter“ trage, geht schließ- lich nur sehr wenige Menschen was an, da bin ich irgendwie ganz altmodisch. Und ich glaube zudem, es ist kein Zufall, dass man seit 2-3 Jahren wieder Westen trägt. Das ist sicher nur, weil die T-Shirts so durchsichtig sind! Ich teste das beim Stöbern übrigens immer so: ich schiebe das Etikett unter den Stoff, und wenn ich dann trotzdem noch den Preis lesen kann, weiß ich, dass man quasi auch bei mir alles „lesen“ könnte.

Umfragen im Freundinnenkreis ergaben übrigens erstens volle Zustimmung und zweitens spürbar erschöpfte Resignation. Gerüchte kursieren zwar, welche Marken „gerade noch so gehen“, aber der Überprüfung halten sie dann oft doch nicht Stand.

Und neulich hatte ich dann tatsächlich sogar den Fall, den Freundin S. schon mal am Telefon dunkel vorausgeahnt hatte: sie prophezeite, dass selbst die letzte tragbare Res- source, nämlich die schwarzen Hemdchen, wahrscheinlich demnächst auch nicht mehr blickdicht seien. Und was soll ich sagen? Nur wenige Tage später stand ich in einer Kabine und konnte es nicht fassen… Ich schöre, mein Kinn hätte fast gezittert!

Da fällt mir ein: wieso ist das eigentlich kein Wahlkampfthema?

Also, eine Partei, die mir endlich ein gut geschnittenes, unverziertes, blickdichtes weißes T-Shirt bietet, würde ich vielleicht eventuell unter Umständen glatt wählen; – so verzweifelt bin ich nämlich schon. Fast.

Breite Streifen machen Mühe

Gott, ist mir das peinlich! – Ich habe vor ein paar Tagen…

Also, wenn meine Freunde das mitkriegen, ist es aber aus. Und auch noch unter freiem Himmel, wo mich jeder sehen kann! O.K., ich schreib’s jetzt hin: Ich habe eine Deutsch- landfahne gehisst.

Ich kann verstehen, wenn ab hier niemand mehr weiter lesen mag. Fahnen hissen! Und auch noch schwrrrz, rrrtt, gllb… Hoffentlich darf ich jetzt noch zur Anti-Rechts-Demo am 1. Mai. Nicht, dass die mich dann anbrüllen: “Geh’ doch rüber, wenn’s dir hier nicht passt!“

Aber natürlich hatte ich einen Grund: Es gehört anscheinend zu meinen neuen Aufgaben, im Job. Vor unserem Gebäude stehen halt so Fahnenmasten. Und damit die nicht verge- bens da rumstehen, zerren wir europäische Fahnen dran hoch. Also, eben nicht nur deutsche, sondern auch italienische, französische, norwegische, wattweißich. Und weil der eine Fahnenmast, an den die deutsche dran sollte, irgendwelche Verklemmungen hat, und man die olle Schlaufe, wo der Stoff mit Karabinern eingehakt wird, nur auf 3 Meter fuffzich runtergelassen kriegt, und meine Chefin sich an der Stelle ausklinkte und ein wichtiges Telefonat vorschob, musste die Bromine sich eine Leiter aufklappen und auf Zehenspitzen auf dem obersten Trittchen nach der Schlaufe angeln. Das war übrigens vermutlich der Moment, in dem die Lagermannschaft komplett am Fensterchen hing, um nach der Frage: „Watt um Himmels Willen fuddelt die denn da?!“ einen Blick auf der Brominen weißen Bauch abzukriegen.

Diese Jeans hören ja heutzutage alle auf dem Beckenknochen auf, als hätten sie Angst, ihn zu überschreiten. Schließlich, wer weiß, was einen im Tal der Taille so erwartet…! Und passend dazu sind die Blusen zu kurz und die Ärmelchen eng, so dass alles um einen halben Meter hochversetzt wird, wenn man mal schwungvoll jemandem zuwinken möchte. Deswegen vermutlich ist auch das Winken fast ausgestorben. Zu enge Ärmel.

Aber in meiner Höhenangst und in dem Willen, das jetzt alles schnell hinter mich zu bringen, war mir sogar das egal.

Jedenfalls. Kurz, bevor mir so schwindelig wurde, dass ich versucht war, mich am schwankenden Fahnenmast festzuhalten und dort auf die Feuerwehr zu warten, und als ich trotzdem eben noch überlegte, ob ich die Fahne vielleicht aus Spaß einfach mal falschrum aufhänge und dann frech als belgische verkaufe, kriegte ich das Biest endlich doch noch eingehakt und war, ja, ich war tatsächlich stolz, den Lappen endlich da hoch zerren zu können.

Und wie viel stolzer wäre ich erst gewesen, wenn da ein „Wer das liest, ist doof!“ oder wenigstens ein hübsches, knallbuntes Blümchenmuster auf Pink draufgewesen wären!

Hm. Wo is’n eigentlich meine Nähmaschine…?

Medizinische Vorbeugung.

Ich trag’ ja im Winter meistens Strumpfhosen drunter, weil mir das sonst zu kalt wird. Ich weiß, dass das Viele jetzt lieber gar nicht so genau wissen wollten, besonders die Herren nicht.

Denn Frauen in schwarzen Baumwollstrumpfhosen sind auf der „supersexy“- Skala irgend- wo zwischen dem eingelegten Obst und der alten Skiausrüstung. Im Keller, nämlich. Das ist mir aber egal. Draußen muss ich ja normalerweise nicht sexy sein, jedenfalls nicht im Winter. Und deswegen: Strumpi. Dieses ausgesprochen schöne Wort habe ich übrigens von Freundin S., bei der es allerdings meistens in der kritischen Frage auftaucht: „Haste mal wieder Strumpi unter? – Wo die doch so auftragen!“

Find’ ich übrigens gar nicht. Außerdem schadet so ein bisschen Auftrag meiner Figur nicht im Mindesten. Sollen doch die Anderen frieren und Blasenkatarrhe kriegen! Da seh’ ich lieber dick aus.

Jedenfalls, gestern hatte ich die Strumpfhose schon an, als ich feststellte, dass ich links ein Zehenloch drin hatte. Erst wollte ich trotzdem so los, aber nachher drückt mich der Rand beim Laufen, und dann gehe ich komisch, und dann raunen die Leute hinter mir auf der Straße: „Guck’ mal, die Dicke, die geht aber komisch!“, und das wollte ich dann lieber doch nicht.

Also hab’ ich mein Handarbeitskörbchen mit Nadel und Faden geholt (mich bald gefreut, dass ich es immer noch schaffe, ohne Brille zackzack einzufädeln) und in den Sessel gesetzt, um die Lochzunähung direkt am Fuß vorzunehmen. Nein, ich habe mich nicht gestochen! Aber die Schere vergessen.

Und dann war ich sehr zufrieden, dass niemand mit einer Kamera in zufälliger Nähe war. Weil ich nämlich vornüber gebeugt durchs Wohnzimmer humpeln musste, den Faden noch am Fuß, die Nadel dazu auf Knöchelhöhe in der Hand, damit ich da nicht etwa aus Versehen reintrete. Und natürlich lag die Schere dann ausnahmsweise nicht da, wo ich sie normalerweise hinlege, sondern im Irgendwo der fernen Küche.

Ich überlege jetzt neuerdings, was eigentlich ungesünder ist: Blasenverkühlung oder Hexenschuß.

Der „Empire“-Trend und ich.

Ich finde, es muss jetzt mal Schluss sein damit. Mir geht das nämlich auf die Nerven, diese Oberteile, die überall dort Nähte haben, wo ich sie noch nie gebraucht habe. Bei hageren, busenlosen Damen mag es ja sein, dass die Naht bei diesen Empireteilchen da sitzt, wo sie hin soll, nämlich genau unterhalb der Brust. Bei mir sitzt sie mitunter mitten- drauf und das sieht unaussprechlich aus! Ja, ich bin schlank (Gr. 36-38) aber auch ja, ich habe einen Busen, der schon relativ sichtbar und irgendwie verpackungsgewillt ist.

Nein, ich schreibe hier nicht meine Körbchengröße hin, weil ich auf Sabberkommentare gern verzichten möchte. – Oder vielleicht doch? Also, in mein Körbchen passen passen ca. 4-6 Brötchen rein, aber da muss schon man ein bisschen stapeln. Es steht in der Küche auf einem Regalbrett, es liegt eine rotweiß-karierte Serviette drin, und es wird immer beim Frühstück auf den Tisch gestellt.

Genau so ein kariertes Muster hatte ja immer die Jugendherbergsbettwäsche. Ich weiß. Und das mit dem Hagebuttentee, was dann immer danach kommt, weiß ich übrigens auch. Ich hatte so eine Bettwäsche aber sogar als Kind. Also in Privatbesitz. Ich war ja auch sozusagen ein Privatkind. Zuhause. Und diese karierte Bettwäsche brachte mir ständig geometrische Alpträume, in denen ich über das Muster laufen und vor riesigen Kugeln flüchten musste, die mich überrollen wollten. Trotzdem mag ich das Muster irgendwie ein bisschen, und es kann ja auch nichts dafür. – Wo war ich?

Ach so, Empirehängerchen. Ich bin dagegen, das hatte ich ja schon gesagt. Meistens haben sie eine ganz schöne Farbe oder ein angenehmes Material, aber ich brauche sie gar nicht anzuprobieren, weil es an mir aussieht, als wäre ich irgendwo rausgewachsen oder hätte es beharrlich kleingekocht. Ebenso geht es mir übrigens mit diesen Tops, die obenrum wie Triangelbikinis geschnitten sind. Und mit allem, was wie gewickelt aussehen soll, es dann aber doch nicht ist, sondern festgenäht. Da sitzen die Nähte auch immer sonstwo. Am liebsten hätte ich sie dann auf dem Rücken. Vielleicht passen sie ja besser zu meinen flachen Schulterblättern. Allerdings habe ich das noch nicht ausprobiert, und vielleicht lasse ich es auch dabei. Jedenfalls, falls die Textilindustrie zufällig mitliest, möchte ich lieber selberwickeln. Und dann wäre es schön, wenn das Teil dann trotzdem noch auf Hüfthöhe herunterreicht und nicht 10-15 cm drüber zu Ende ist. So wie dieser Text. Der ist schließlich auch nicht vor 10 Zeilen zu Ende.

Sondern hier.

Faserfluchteindämmungsmaßnahmen.

Heute Morgen warf ich zwecks optischer Bestandserfassung einen Blick in meine Gefrier- kiste. Schließlich liegen die diesjährigen Feiertage zwar Arbeitnehmer-, aber nicht eben Einkaufsfreundlich. Obwohl. Das ist ja eigentlich jedes Jahr so. – Jedenfalls müssen recht- zeitig Vorräte her zum Hineinfrieren in die Lücken.

Beim Gucken fand ich einen Pullover.

Ja, richtig, der lag in der Gefrierkiste. Absichtlich, übrigens. Allerdings hatte ich ihn ein kleines Bisschen vergessen, nachdem ich ihn vor da einigen Wochen reingetan hatte. Im angorapulloverstarken Jahrzehnt der 80er (ich glaube, da trugen sogar die Jungs Angora, oder?) hatte ich nämlich mal aufgeschnappt, dass man unangenehm fusselnde Kleidung kurz einfrieren soll, dann hörten sie angeblich sofort damit auf, ihre Haare schamlos über- all freizusetzen. Wie dieser tolle Zauber nun funktioniert, ist mir nicht bekannt. Vielleicht sind ja hier einige Textilphysiker anwesend, die mir das eventuell erklären können. Meine Hausfrauenkenne vermutet munter drauf los, die Wollefasern rücken bei der Kälte einfach enger zusammen und deshalb.

Und dieser Pullover liegt nun schon drei Jahre im Kleiderschrank, wird einmal im Jahr für einen halben Tag getragen (danach fussel’ ich dann zwei Wochen lang alles ab, was mit ihm in Berührung gekommen ist, zufällig vorbeigekommene Personen eingeschlossen), um dann gegen etwas Unfusselndes ausgetauscht zu werden. Bis mir eben neulich dieser Trick wieder einfiel.

– Und was soll ich sagen?!

Er hängt jetzt auf einem Kleiderbügel im Flur, wo ich ihn gut sehen kann. Und seit vorhin ist es noch zu keiner einzigen Fusselfreisetzung gekommen! Na also.