Na, Prost Mahlzeit!

Gestern wurde mir gesagt, ich solle möglichst in nächster Zeit nix Scharfes mehr essen, nur ganz wenig Zucker und, jetzt kommt’s: nur noch gaaanz wenig Schokolade!
Das mir! Der Theobromine!!!
Es hat wohl was mit der Bildung von Serotoninkörnchen und der Herstellung körpereigener Melatoninsüppchen oder so zu tun. Meine Zirbeldrüse ist nämlich in den Urlaub gefahren. Und davon kommt, dass ich nicht gut schlafe. Und nicht gut schlafen macht schlapp.

Oder, um es auf den Punkt zu bringen: Ich kann mir aussuchen, ob ich nun schlapp, aber glücklich bin. Oder wieder fitter werde, aber immer schlechter gelaunt. Ein klassisches Dilemma also.

Ach so, da war noch was unten drin in der Geschenktüte, nämlich dieser kleine Trost: Dafür dürfe ich aber z.B. gerne Bier trinken, das täte mir gut…

Monday, Monday, nanaaa… nanananaaa…

Das ist von „The Mamas and the Papas“, oder? Jedenfalls geht’s mir heute nicht aus dem Sinn. Aber es passt ja ganz gut. Ein anderes Montagslied ist „I don’t like Mondays“ von den Boomtown Rats. Meiner Freundin T. (die ja jahrelang meine Chefin war) und mir war damals mal in der Werkstatt aufgefallen, dass das eigentlich nie montags im Radio läuft. Wir hörten es vor allem dienstags, und das fanden wir merkwürdig. Ob die Radiostationen-
betreiber Angst hatten, montags einen zerstörerischen Impuls auszulösen? Einen, der an den anderen Tagen der Woche nicht funktioniert? Wahrscheinlich waren wir aber wieder mal die einzigen, denen so was überhaupt auffiel. Zudem stellten wir fest, dass Phil Collins fast immer um „20 vor“ gespielt wurde. (Wir hörten aus Kompromissgründen ein sog. Formatradio, das nur mal zur Erklärung der Senderwahl.)

Heute also „Nanaaa, nanananaaa…“ Das kann ich nachher in der Praxis vorsingen, in die ich heute gehe. Mal sehen, was sie dort für einen Zinnober mit mir veranstalten werden. Nee, ich bin nicht krank. Nur schlapp. Man weiß ja gar nicht mehr, ob das noch Früh-
jahrsmüdigkeit ist (oder haben wir schon Sommer? Watt denn? Der war schon?!? Das müsst Ihr mir doch sagen!) oder Herbstdepression oder eventuell Winterschlaf. Die gute Frau L. soll mir mal sagen, welche Ausrede ich benutzen soll, wenn ich mal wieder ab Mittag ins Stottern und Spotzen komme, um dann langsam auszurollen und für den Rest des Tages zu müde bin, um die Arme richtig zu heben. Also, nicht, dass ich die nun unbedingt in einer Tour heben müsste, aber vielleicht will ich das ja mal und dann kann ich’s vielleicht gerade nicht.

Mein Hausarzt sagt immer, ich soll mich mehr bewegen. „Was meinen sie denn, Herr Dokter, wie ich hierher gekommen bin? Teleportation, oder wie?“ Da guckt der nur. Ich hab’ dem schon mehrfach aufgezählt, was bei mir an Bewegerei so zusammen kommt, und finde, das ist nun wirklich nicht zu wenig. Aber er ist auch so ein sehniger Mara-
thontyp und bestimmt jedes Wochenende mit so einem benummerten Leibchen unterwegs, Bananenstücke vom Straßenrand pflücken.

Sport ist einfach meine Sache nicht. Tut mir leid. Bewegung ja. Am liebsten zackig ein Stündchen durch die Landschaft marschieren. Aber bitte ohne Stöckchen. Ein richtig netter Orthopäde hat mal zu mir gesagt: „Schnelles Gehen! Das ist alles, was man braucht. Gehen sie immer so, als bräuchten sie unbedingt noch einen Liter Milch und ED*KA machte in drei Minuten zu!“ Den Mann hätte ich küssen mögen, denn er hatte meine bevorzugte Fortbewegungsart erkannt und sie mir quasi verschrieben. Und wenn nicht gegangen wird, wird Rad gefahren. Und dann wohne ich auch noch in der dritten Etage, da muss man ja auch mehrmals täglich raufkommen. (Der Trick wäre, gleich oben zu bleiben, aber das machte nur halb soviel Spaß.) Und dann noch die schon mal hier beschriebenen Pilates-Übungen dreimal die Woche. Also, Bewegung habe ich eigentlich durchaus.

Mal sehen, welche Erkenntnisse ich heute Mittag dazu gewinnen werde. Frau L. weiß vielleicht mehr als der Marathonarzt. Eventuell muss ich in die isses Jodmangel und ich soll mich ab sofort täglich von Kopf bis Fuß mit orangefarbener Tinktur bepinseln. Vielleicht muss ich auch Kaffeebäder nehmen, mir Traubenzucker spritzen und dazu den ganzen Tag über Kopfhörer Pauken- und Trompetenkonzerte hören.

Och watt, ich kauf’ mir einfach ’ne Brille, wo vorne so Augen draufgemalt sind…

SCD

Nee, nicht CSD. Das ist ja was ganz anderes und dieses Jahr auch schon gewesen…

SCD kann man immer haben. Wann man will. Ich selbst habe mich noch vor zwei Tagen dabei erwischt, wie ich vor meinem Schrank stand und zu ihm sagte: „Ich hab’ irgendwie garnix anzuziehn!“ Peinlich. Allerdings liegt das daran, dass mir erstens die Mode der letzten paar Jahre oft nicht recht behagt, ich zweitens neulich ganz viel weggeschmissen habe und drittens meine Piepen zusammenhalte, wenn’s geht. Aber der Ausspruch rächte sich prompt. Ich hatte nämlich noch am selbigen Tag ein tolles „Magazin“ im Briefkasten: Es heißt „For me“ und ist ein Kundenmagazin von Protector & Gähnbel. Darin zu lesen auf Seite 15 unter folgender Überschrift:

 Hilfe

Also, ich als Frau habe natürlich schon von der Anlage her immerzu die dollsten Gefühle. Das ist ja bei uns so eingebaut. Ab Werk, quasi. Deswegen müssen wir ja z.B. auch immerzu heulen und können auch keine Bierkisten tragen. (Also, wenn ich mal welche tragen soll, kommen mir jedenfalls immer die Tränen, das hat noch jedes Mal gewirkt.)

Aber es gibt nun wohl ein „Gefühl, das jede Frau kennt.“ Also wahrscheinlich bedeutet das, dass jede Frau dieses Gefühl schon mal hatte (ein viel benutztes, also), und nicht, dass es ein Gefühl gibt, dass so ein dickes Adressbuch hat, dass es alle Frauen kennt. Ist ja auch egal jetzt.

Die Wissenschaft hat es nun aber erforscht, das Gefühl. Es heißt SCD. Und jetzt festhalten! Denn das bedeutet: Seasonal Clothes Disorder bzw. „Jahreszeitlich bedingte Kleidungsstörung“. Ich musste mehrfach lesen, aber das stand da wirklich!

Und damit Ihr mir’s glaubt: SCD















Verdammt, ich muss sofort Vanilletee kaufen, denn ich habe eine Kleidungsstörung!!! Hoffentlich finde ich einen guten Therapeuten! Vielleicht auch eine Selbsthilfegruppe, denn nicht nur mir geht es so schlecht… Auch diese Frau hier ist total verzweifelt und klagt den Baumwollgöttern ihr Leid.

 das_hilft


Dabei müsste sie bloß mal nach unten gucken, da steht ja die Lösung. Grob zusammen gefasst, besteht sie aus folgenden Tipps:

1) Accessoires an die gestörte Kleidung pinnen, z.B. Ansteckblüten aus Wildleder (aha).

2) Im Internet einzwei schicke Gürtel ersteigern (soso).

3) Topmoderne Ketten und Ohrringe anbringen (hm, hm).

(Meiner Meinung nach ist das ja eigentlich nur ein Tipp, aber da kommt ja noch was: )

4) Klamottentausch-Party mit Freundinnen machen.


Na, die kennen meine Freundinnen nicht! Die haben doch ganz unterschiedliche Figuren, die guten. Bei einer Hose von Freundin T. wären mir die Beine viel zu kurz, bei einem Kleidchen von Freundin M. kriegte ich schomma den Reißverschluss gar nicht zu und Freundin S. wird bestimmt ihre Cowboystiefel nicht rausrücken und stattdessen nach Prosecco und Schnittchen verlangen. Die Freundinnen hätten natürlich ähnliche Probleme mit meiner Garderobe, und großartig was zu bieten hätte ich auch nicht, denn das, was ich kürzlich nicht weggeschmissen habe, will ich ja schließlich behalten. Das gibt doch bloß Gezeter. Muss ich mich wohl mit meiner Störung abfinden.

Vielleicht gibt’s ja bald ein lustiges Medikament dagegen. In Größe 38, bitte.

Drei Damen in der Straßenbahn (und noch eine vierte, die zuguckt)

Eine Frau sitzt in der Bahn, belegt die eine Hälfte eines 2er-Platzes.

Zwei weitere Frauen steigen zu. Eine davon setzt sich neben die, die schon da war, die andere lässt gegenüber auf einen Einzelplatz nieder. Die, die schon da war, fragt: „Soll ich mich umsetzen? Dann können sie zusammen sitzen. Das macht mir gar nichts aus!“
Sagt, die, die nun neben ihr sitzt: „Nein Danke. Dann stecke ich sie (deutet auf ihre Freundin) bloß mit meiner Erkältung an…“

Die hilfsbereite Dame schweigt. Sagt dann nach langer Pause: „Ich hab’ ja bloß asthmatischen Husten. Wenn sie mich auch noch anstecken, habe ich richtigen Husten. Aber ist ja egal, haha.“

Andere Dame: „Ja. Haha.“

Wenn ich mal groß bin

Heute musste ich im Treppenhaus lachen. Wahrscheinlich denken die Nachbarn jetzt, ich würde langsam gaga, weil ich plötzlich in irres Lachen ausbreche. Hab’ aber nur meine neue Rentenhochrechnung bekommen. Mal sehen, wie ich das noch hinkriegen kann, was ich mir unter meinem „Lebensabend“ vorstelle.
Eigentlich möchte ich so eine von diesen durchgeknallten Alten werden, die ohne Schuhe im Superladen stehen und mit den Kartoffeln reden. Zuhause werde ich mir die Kartoffeln wohl sowieso nicht leisten können. Das würde ja gerade noch passen.

Allerdings stelle ich mir außerdem eigentlich vor, mit anderen Alten meiner Generation eine lustige, hedonistische Villa-WG zu gründen, in der den ganzen Tag getrunken, gekokst und gepokert wird. Also alles, was ich mir jetzt nicht recht erlaube.
Dazu wird’s Pflegepersonal geben, das hauptsächlich nach Knackigkeit und Nervenstärke ausgesucht wird und in der Küche steht die allerbeste Köchin der Welt und macht mir immerzu die tollsten Bratkartoffeln. Das ist es nämlich, was ich den Kartoffeln vorher erzähle: Was für ein unglaubliches Glück sie haben werden, auf diese wunderbarste Weise ums Eck gebracht zu werden. Und beruhigend streicheln werde ich sie bestimmt auch mal.

Einige meiner Freunde haben sich übrigens schon auf WG-Zimmer beworben.
Dann muss ich mich jetzt aber wirklich mal ranhalten mit den Rentenbeiträgen, damit’s auch was werden kann…

Was verdient denn wohl eigentlich so’ne Wagenschieberin?

Spülwasser und Epidermis

Gestern hab ich hier nix geschrieben, weil mir gar überhaupt nix eingefallen ist.

So richtig was abgespielt hat sich hier auch nicht.

Gegen elf am Vormittag kriegte ich einen schmerzhaften Fensterputz-Anfall, der dazu führte, dass ich auf die Schnelle alle meine fünf Fenster entflecken wollte.
Eine Tätigkeit, die mich immer (also 2-3 mal im Jahr) zwischen Angstschüttelfrost und überbordendem Stolz oszillieren lässt. Ich wohn’ ja im 3. Stock und dort habe ich so zweiteilige Fenster, deren obere Glasfläche zwar jeweils hübsch halbrund nach oben ausläuft, sich aber von innen nicht öffnen lässt. Ich muss also auf dem Fensterbrett herumbalancieren und mein ausgestreckter Arm reicht dann grade mal genau bis an die obere, äußere Kante.

Ich habe übrigens Höhenangst. Nur mal so…

Am liebsten würde ich den Hausbesitzer verklagen, weil er mich nötigt, solche Gefahren durch zu stehen. Aber der Hausbesitzer ist total nett und deswegen will ich von der Klage mal absehen.
Stattdessen hatte ich mir mal so ein Teleskopdings gekauft, mit dem das Fensterputzen ein Klacks sein soll. Erste Testergebnisse zeigten, dass das stimmt.
Ein Klacks. Und ein Geschmier. Und Wasser überall da, wo es nicht sein soll. Und das Fenster total unbeeindruckt von der modernen Technik.

Also doch wieder auf die Leiter und Angst gehabt.

Nach anderthalb Stunden war es überstanden und ich fühlte, wie das Adrenalin meine Synapsen übernommen hatte.
Ich tigerte in der Wohnung herum, guckte mir immer wieder alle Fenster zufrieden an, wobei ich murmelte: „Haste jut jemacht. Det sieht dufte aus. Escht schick! Jutjut, meine Kleene… Bravet Tierchen, darfste dich jetzt aufet Soffa lejen und ausruhn, wa!?“

Na, das lasse ich mir ja nicht zweimal sagen und habe dann für den Rest des Tages daran gearbeitet, eine möglichst spektakuläre Sofa-Cellulite hinzukriegen.

Wie das geht?

Tagesdecke mit Rippenstruktur auf’m Diwan ausbreiten und dann schön geduldig ruhig  liegen. Dann ergeben sich früher oder später sehr schicke Muster auf der Pelle.

Z.B. so:

Sofacellulite

(Abb. 1: Mittelschwer ausgepägte Sofacellulite am rechten Unterarm)

Mehlodram

Ich hatte mich ja schon an früherer Stelle über Backstuben und die dort feilgebotenen Waren echauffiert. Hier habe ich noch ein schon etwas älteres Foto, das ich mal beim Einkaufen gemacht hab’.


Lustige_Brote

Besonders der „Wurstheini“ gefiel mir sehr, weil da der „Belag schon drin ist“.
Auch gut: ein Brot, das „Räubern und anderen Männern“ vorbehalten ist.
Naja, wenigstens gibt es noch Männerdomänen; die fallen ja nun eigentlich eine nach der anderen. Da kommt so ein Brot doch bestimmt wie ein Schulterklopfen.

Ein Brot mit den „meisten Sonnenblumen der ganzen Welt“ kommt mir allerdings besonders besonders vor, kann es das doch nur einmal geben und was ist dann mit dem 2. zum halben Preis? Und wie groß ist ein Brot, das die meisten Sonnenblumen der Welt beinhaltet? Passt das denn auch in meine Küche?
Vom Geschmack mal ganz zu schweigen.

Dass die Brote gebacken werden, bevor sie über’n Tresen gehen, finde ich aber gut.

Bei ebenjenem Bäcker gibt es übrigens auch Brötchen, die „Pferdeäppel“ heißen, die zu bestellen ich mich bisher grade noch zurück halten konnte.
Ich gehe da eigentlich nur hin, wenn es im Frühjahr das überaus leckere Bärlauchbrot zu kaufen gibt, das zum Glück bis dato noch keinen lustigen Namen tragen muss, aber ein Gedicht ist, wenn man dicke Schnitten davon kurz mit auf den Grill schmeißt.

Aber auch andere Backstuben beherbergen phantasievolle Bäcker. Wieso ein Brötchen Weltmeisterbrötchen heißen muss, oder sogar Surferbrötchen, Joggerbrötchen, ist mir unklar. Niemand fragt, wieso. Da die Brötchen auch immer in der abgekürzten Version bestellt werden, wandern dann: „1 Weltmeister, 2 Surfer und 4 Jogger!“ in die Tüte.
Na, das raschelt aber mal ordentlich auf’m Nachhauseweg!

Ein Weltmeister ist wohl einer, auf dem Kürbis- und Sonnenblumenkerne kleben!
Das hätte man letztes Jahr mal wissen sollen!
Wir hätten statt Fahnen & Flaggen lieber Brötchentüten & Bäckerschürzen geschwenkt und statt bemalter bemehlte Menschen überall gesehen.

Dann hätt’s womöglich geklappt.
Mit ein bisschen Glück werden bis zum nächsten Jahr Europameisterbrötchen erfunden.
Der Name ist zwar etwas sperrig, aber das Opfer müssen wir dann mal bringen…

Piekspünkte

Heute Nacht bin ich mehrfach wach geworden und habe versucht, mich nicht überall zu kratzen. Anstrengend.
Wofür hat die Natur das eigentlich eingerichtet, dass Mückenstiche unbedingt jucken müssen. Ist das für irgendwas gut?
Und kennt einer ein gutes Gegenmittel? Im Moment behelfe ich mir mit Tigerbalm, das hilft immer so ein Stündchen.
Aber sich nachts halbwach und im Dunklen einzuschmieren ist nicht der wahre Jakob. Vor allem, wenn man morgens aufwacht und sich dann wie gewohnt die Äuglein reibt…

Who the heck ist eigentlich Don Bosco?

Einmal, schon ’ne Weile her, saß ich mal ziemlich verkatert im Bus, um zu Freunden zu fahren, denen ich unvorsichtigerweise zugesagt hatte, beim Renovieren zu helfen.
Der Bus fuhr am „Don Bosco-Haus“ vorbei, so wie sonst auch immer, aber zum ersten Mal fragte ich mich: Wer ist eigentlich dieser Typ mit diesem schrägen Namen? Wohnt der da oder was? Und wieso heißt mein Haus dann nicht „D… G…-Haus“?
Ich finde, Don Bosco klingt nach einer Musikkapelle, die Desert-Rock spielt, oder nach einer Figur aus nem Mad-Heft (Bruder von Don Martin?). Oder ’ner Apfelsorte.
Ich weiß, die wirkliche Geschichte dahinter ist bestimmt ganz wichtig und ernst, aber das war mir an dem Tag mal egal.

Der Bus fuhr weiter, an einem Werbeschild der Firma ag*p (irgendwas mit Autos) vorbei. Da ist so ein schwarzer Hund mit sechs(!) Beinen drauf, der Feuer(?) ko erbricht.
Was die Koordination und das Magengefühl anging, fühlte ich mich plötzlich irgendwie inniglich mit ihm verbunden.
Man (der Orthopäde) sagt ja, Laufen sei im Grunde kontrolliertes Fallen. Im meinem Fall war jede Menge Kontrolle nötig. Gefrühstückt hatte ich auch nicht.

Hinter mir saß ein dorfmäßig aufgedonnertes Mädchen (fiese Schminktechnik mit orangem Make-up und weißem Lidstrich und Creolen, die wahrscheinlich einer Zeitschrift beigelegen hatten), dessen Klamotten ganz offensichtlich zu klein waren, und hörte über Discman immer wieder ein und dasselbe Lied: So einen Latino-Knaller. Bestimmt ein Dutzend Mal, locker. Ich hörte vor Allem das doofe zippzipp vom Synthetikschlagzeug. Und ich hatte, wie gesagt, Kater.

Vor mich setzte sich eine Oma. Ich hatte sie beim Einsteigen schon gesehen. Sie sah aus wie dieser Eine von den Monty Pythons, der immer die Mütter spielt, also unglaubliche Augenbrauen.
Sie setzte sich direkt vor mich. Ich musste die ganze Zeit auf ihre Mütze gucken. Die war bordeauxrot-wollig und hatte so eine „Der-Turban-ist-schon-fertig-Form“. Und war auch schon alt. Die Sorte Mützen, wo man sich lieber nicht fragt, wie es da wohl drunter aussieht. Wenn man aber Kater hat und versucht, sich etwas unbedingt nicht zu vorzustellen, hat man schon verloren.
Blöderweise kann mein verkatertes Hirn tolle Tricks: Es versuchte mich abzulenken mit der Frage, wie es wohl dadrunter riecht.
Es geht mir heute aber schon wieder viel besser, Danke.

Wenn ich Kater habe, ist mein Blick in die Welt immer ein komplett anderer als sonst. Mir fallen Sachen auf, die sonst eigentlich auch da sein müssten. Gehe ich von aus.
Trotzdem ist alles eher total schräg oder einfach unglaublich daneben.
Einmal habe ich z.B. eine Hundek***wurst gesehen, die wie eine Kneifzange aussah. Wie hat der Hund das gemacht? Und ein andermal habe ich einen Gelben Sack gesehen, dessen Knitterfalten beim Vorbeigehen für eine Sekunde das Gesicht von Willy Brandt ergaben!
Und natürlich wieder keine Knipse an Bord.

Also, so was passiert mir auch öfter mal, wenn ich total ausgeschlafen bin. Aber mit Kater: ganz sicher.
Das liegt natürlich zum guten Teil auch daran, dass ich dann immer spazieren gehen muss und draußen sieht man einfach mehr als zuhause.
Zuhause habe ich nur oft den Eindruck, dass jemand alle Möbel ganz unauffällig ein paar Zentimeter verschoben hat, so dass ich ständig was fallen lasse oder irgendwo gegen titsche. Man kann anhand der blauen Flecken ganz gut feststellen, wann das letzte Gelage stattgefunden hat.

Die andere Sache mit dem Kater ist meine relative Spitzfindig- und Schlagfertigkeit. (Zu meinem Bedauern existieren darüber nur wenige Aufzeichungen.) Ich hatte sogar mal einen Freund, der mich manchmal extra betrunken gemacht hat, damit ich am nächsten Morgen möglichst verkatert war! Dann hatte der was zu lachen.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass er mit Kater auch besonders albern war und über jeden Dreck gelacht hat.
Jetzt sieht das hier natürlich so aus, als würde ich andauernd Getränke trinken, aber das ist selbstverständlich nicht so!
Ich vertrag‘ ja auch nicht viel.

Aber eins ist mir vor kurzem mal wieder aufgefallen: Ich find‘, grade mit den eloquentesten Menschen lässt sich’s oft besonders gut eine Tätigkeit ausüben, die härter klingt als sie (bei mir) ist: „Schweigend Saufen“. Auch „Tonlos Trinken“ genannt.

Und noch was ist mir aufgefallen (aber erst am nächsten Tag): Für jemanden mit ästhetischem Empfinden sind Plastikgartenstühle indiskutabel. – Schon allein des Geräusches wegen, das sie auf dem Boden verursachen.

Kater2