Draußen ist es grau, aber das ist mir heute ausnahmsweise mal so richtig schnurzpiepe. Auf meinem Küchentisch stehen pinkfarbene Ranünkelchen, die ich mir gestern vom Markt mitgebracht habe. Zudem hab‘ ich heute morgen meine drei Blumenkästen auf den Fensterbänken von oller Bröckelerde befreit, schöne neue reingeschaufelt, anschließend breitflächig Bunteblumensamen eingeharkt und ihnen gut zugeredet, dass sie bald ordent- lich wachsen. Während ich das tat, brüllten alle Vögel des Viertels durcheinander und ich hörte sogar ein paar Wildgänse von irgendwo weit oben. – Es wird also, es wird!
Mir geht’s guuut.
Eine Freundin hat mir gute Worte und Gedanken geschickt, ich habe mich vorhin spontan zu einem Wein & Schokolade-Sonntag angemeldet (leider erst im Juni, aber ich bin schon sehr gespannt), ein gemütliches Mittagsschläfchen gemacht, werde wohl gleich mal ein bisschen mit dem lieben Freund M. über die Straße telefonieren und danach das alleraller- allerleckerste Hühnchen in Mandelcurrysauce genießen (hab‘ gestern vorgekocht, also ist es jetzt schön durchgezogen). Hinterher gibt’s leckeren Obstsalat, belgische Pralinen von meinem Lieblings-Chocolatier und ein Buch.
Und den Abend habe ich meiner Badewanne versprochen…
Kaum schreibe ich diese Überschrift, blinkt Madame aus dem Wolken. Hätt‘ ich wohl ruhig mal früher machen sollen… (Allerdings: jetzt sieht man auch den ganzen Staub viel besser, den mir die warme trockene Heizungsluft der letzten Wochen überallhin beschert hat. *g*)
Na, bis wir die Taschenbewohnerin endlich werfen können, wird’s sicher noch ein paar Wochen dauern, ich finde jedoch, es wird langsam Zeit für etwas Vorfreude. So knorrig dieser Winter ist; – er kann sich doch nicht ewig halten. Auf meiner Fensterbank (drinnen) sprießen jedenfalls schon kleine Narzisschen und vom Spaziergang mitgebrachte Zweige, die ich ins Wasser gestellt habe. Und nächste Woche werd‘ ich wohl mal mein Minige- wächshaus rauskramen und da schon mal ein bisschen Blümerei-Saatgut reinstreuen.
So sieht meine Kastanie übrigens inzwischen aus:
Kaum geschrumpft, aber dafür schön glattgestreichelt. Als ich sie im Herbst fand, dachte ich noch, es bringe sicher Glück, wenn die Taschenkastanie so ein Prachtexemplar ist. Da wusste ich auch noch nicht, wie kalt der Winter für mich noch werden sollte. Aber die kleine Braune erfüllt ihren tröstenden Zweck prima und darf zur Belohnung jeweils in mei- ner linken, warmen Tasche liegen, dabei oft von meiner Hand umschlossen, denn ich gehe wieder viel mehr spazieren und denke dabei mein Zeug oder summe vor mich hin.
Ich vermute, es wird jetzt noch bis mindestens Mitte März dauern, bis wir draußen etwas frisches Grün und ein paar Farbtupfer bekommen, und wir uns zum diesjährigen Kasta- nienflug verabreden können, aber ich behaupte jetzt mal frech: wir sind im Endspurt.
Und ein bisschen Farbe hab‘ ich hier auch schon mal für Euch:
Einen schönen und hoffentlich sonnigen Sonntag wünsch‘ ich Euch noch!
Also, wir wollten ja nun auf die ISM, der Doc und ich. Und was macht es? Es schneit. Und zwar wie irre. Wir fürchten zwar, eventuell unterwegs steckenzubleiben, doch wir lassen uns nicht abbringen, beladen das Auto mit Decken, heißem Tee, Proviant für ca. zwei Wochen und Musikkassetten und fahren trotzdem los. Immerhin geht es um eine ernste Sache: Süßkram! Streckenweise sieht man die Hand vor Augen nicht, was aber daran liegt, dass da auch gar keine Hand vor Augen war.
Gegen halb elf betreten wir die heiligen Hallen. Und fast als erstes fällt uns ein unange- nehmer Brühwurstwassergeruch an. Sind wir auf der falschen Messe? Der „Brühwurst 2010“? Dafür sind die Stände entschieden zu bunt. Nein, wir sind hier richtig. Noch schüchtern wagen wir uns vom Imbissstand weg.
Gleich im zweiten Gang stelle ich fest, dass meine Kamera offenbar neuerdings unter Akkuinkontinenz leidet und nicht mehr muckst. Weswegen Totte so freundlich ist, ab da alles für mich zu knipsen, worauf ich deute und sage: „Ach, knips das doch mal bitte für mich!“ Wie zum Beispiel dieses prachtvolle, weißrussische Schokoladenaquarium.
„Spartakus ist übrigens der einzige Sandalenfilm, in dem kein Christengedöns vorkommt.“
Und eigentlich alles, was irgendwie pink oder mit „Hello K*tty“ oder „Barb*e“ beschriftet ist.
Ich bin die in der Mitte.
Auffällig ist schon da, dass eigentlich alle Aussteller total mies gelaunt und lümmelig in ihren Buden rumsitzen. Vermutlich ist das die neue Art, in den Zeiten der Krise Geschäfte zu machen, aber was wissen wir schon. Wir wollen ja bloß Süßes! Und das kriegen wir. Ich fühle mich wie ein Fisch im Wasser, während der Doc was von Cholesterinwerten fabuliert. – Hat der denn nicht die Teilnahmebedingungen gelesen?
Ein Geschäftsmann will seine Freundin Feodora besuchen, aber wie’s auch auf seiner Tasche steht: er kommt verspätet. Sie ist nicht zuhause, vielleicht ist sie gerade Nüsse holen oder so. Und da steht sogar schon einer und heult, weil er sie ebenfalls verpasst hat. Die Finger vor der Linse sind natürlich nicht meine. Ich hätte selbstverständlich die ganze Hand genommen, um diese traurige Szene zu überdecken.
Bei einem weltbekannten Juwelier werde ich gleich darauf kräftig behumst.
Das angebliche Collier ist bloß aus Schaumzucker! Und dafür habe ich jetzt 56.000 Euro aus sauer ersparten Schokotalern hingeblättert…
Ich lungere noch eine Weile auffällig vor der Filiale herum und hoffe, dass sie mir mein Geld wiedergeben, damit ich keine Szene mache, aber Pustekuchen: Sie bieten mir Marshmallows an. Empört verlasse ich die Szenerie und beschlie- ße, mir aber morgen wirklich endlich mal einen Anwalt anzuschaffen.
Zum Glück springt mir bald darauf eine kleine Hasenfamilie direkt in die Hand, was mich natürlich von meinem Ärger ablenkt. Die süßen Hasen!
Merkwürdigerweise verschwinden die Häschen genauso schnell, wie sie gekommen sind. Immerhin lassen sie die gute Laune da…
(Und weil dieser Text für Blog.de zu lang ist, findet Ihr den 2. Teil direkt drunter, obwohl das chronologisch nun nicht ganz astrein ist…)
…Wir ziehen unterdessen auch weiter, probieren fröhlich und machen uns Gedanken.
Wofür z.B. braucht man sowas?:
Oder sowas?
Und was ist eigentlich mit Jasmine passiert???
Ich meine: SOLL das etwa so?!?
Ist das etwa das neue Schönheitsideal, das uns Klums Heidi bald unterjubeln will? Riesenfüße, Mickeymaushände, eine Tüte überm Kopp und Plauze?
Es spricht einiges dafür, denn offenbar sind Kalorien der neue Ernährungstrend.
Spätestens zu Weihnachten will man uns nämlich aufgerundet sehen.
Wir folgen also dem Modediktat und gehen erstmal was essen. Am Nebentisch hat eine Dame lautstark „Glück, dass heute nicht so viel Mayonäse im Kartoffelsalat ist“. Ich ver- kneife mir, eine Bemerkung über die die Zubereitung von Speckkartoffelsalat und begucke die Leute um mich rum, wie sie dicke Bratwurst essen. Ich habe mir ein Käsebaguette gekauft, das leise geweint hat, weil es niemand wollte. Wenn ich gewusst hätte, dass ich ausgerechnet auf der ISM so viele Bratwürste sehen würde, wie noch nie zuvor in meinem Leben…! – Dann wäre ich aber trotzdem hingefahren.
Später sehen wir, dass wir uns eigentlich auch bloß bei diesen bestimmt lustigen (aber leider auf dem Bild nicht zu sehenden) Spaniern hätten dazusetzen müssen. Die Welt ist zum Verschnökern da. Prost.
Ihre feilgebotene „Süßware“ heißt offenbar „Hirschschinken & Rioja“, aber auch das rechtfertigt keinesfalls die Standgestaltung. Nichts rechtfertigt so eine Standgestaltung. Trotzdem haben die Herrschaften Spaß und die mitgebrachte Messemamsell geht sogar extra freundlich lächelnd rückwärts aus dem Bild, damit Totte den Schinken ohne ihr Dekolletee draufkriegt.
Ach so: in Wirklichkeit stellen die Spanier sowas hier her: Das muss wohl die Katze von Jasmine sein! Und die sieht auch genauso aus, wie eine Lutscherkatze aussehen muss, die von einem weinbesäuselten südeuropäischen Konditor zünftig zusammengebraut wurde… Verrückt, diese Iberer!
Als wir schließlich unsere Taschen voll haben, alle Hallen durchschritten, uns die Füße (mir) und der Blutdruck (Totte) wehtun, beschließen wir zum Glück, die erste (und eigent- lich auch beste) Halle noch ein zweites Mal anzugehen, denn wir wollen irgendwie noch nicht nach Hause. Glück deswegen, weil wir so auch noch mal am Stand einer Company vorbeikommen, die ich von früheren Reisen her kenne, und deren feine Produkte ich ganz besonders schätzen gelernt habe. Und diesmal sind wir auch nicht mehr schüchtern und wagen uns an die Auslagen heran.
Das ruft den Chocolatier persönlich auf den Plan, was mir Gelegenheit gibt, ihm in Eng- lisch-Deutsch-Französisch-Kuddelmuddel zu versichern, wie sehr ich seine kleinen Kunst- werke in Hannover vermisse. Am liebsten hätte ich ihn selbst gleich mitgenommen, und das beileibe nicht nur wegen seiner Süßkünste… Irgendwie muss sich ihm das wohl auch vermittelt haben, denn er schenkt mir ein feines Schokoladenherzchen und gibt mir seine Karte, inklusive aufgemalter Webshopadresse, damit ich nicht mehr darben muss. Also, das hat sich doch wirklich mal gelohnt!
Wir verlassen das Gelände, bis oben hin voll Zucker und Netzhautbrand (wegen bunt) und sind’s zufrieden. Denn das, wofür wir eigentlich gekomen sind, ruht sicher zwischen dem ganzen Schnökerzeugs:
Hauptsache wir haben Zwieback. Zwei Scheiben. Ohne alles.
Auf der Rückfahrt muss ich mir dann natürlich Fréderic-Witze anhören, aber das macht gar nix. Ich trinke später, wieder heil zuhause angekommen, sogar feinen Sekt drauf!
So ein Blog-Reprise ist schön und gut und hat (mir zumindest) reichlich Spaß gemacht, aber jetzt wird gefälligst wieder frisch und der Nase nach gebloggt!
Inzwischen ist bei der Bromine natürlich viel passiert. Also eigentlich sind den ganzen Januar durch ständig irgendwelche Sachen passiert. Aber das ist ja eigentlich immer so, dass im Januar Sachen passieren. Sogar bei anderen Leuten ist das so. Irgendwas ist ja immer. Aber von dem, was hier so passiert ist, habt Ihr eben kaum was mitbekommen. Und das ändert sich jetzt.
Wartet, gleich… – Soll ich?
Na gut. Also, am 1. Januar hab‘ ich…, – am 2. Januar dann…, – und am 3. erst, hoho! Nein, ich mach‘ nur Witze.
Ich fasse mal lieber eben knappst zusammen: Arbeit, tiefe Freundschaft, Kummer, Lese- berge, glatte Schnitte, Stellensuche, Zankerei, „Eisenbiegerei“, Bewegung, Erkenntnisse, die Neuerfindung des Zwerchfells, innere Ruhe (da wo ich gar keine vermutet hätte), und: Stärke. So ungefähr war bisher mein Januar.
Was den Kummer angeht: Ein paar von Euch haben’s mitgekriegt. Den Anderen muss es eben so reichen.
Außerdem hatte ich Dienstag meinen letzten Arbeitstag. Vertrag ist um. Bisher habe ich fast alles, was mit meinem Job des letzten Jahres zu tun hatte, als „Freundeseintrag“ gepostet, so zur Sicherheit. Der Job war von der Aufgabe her schön, abwechslungsreich, und passte wirklich gut zu mir. Was gar nicht passte, war die einzige Kollegin in der Abteilung, über die ich mich mal lieber nicht weiter auslassen möchte. Jetzt nicht der Sicherheit wegen, sondern weil ich mich sonst bloß gleich wieder aufrege, mir die neue Frisur raufe, hektische Flecken kriege, mir die Galle überläuft… Und das soll ja nun alles mal schnell Vergangenheit werden. Die Verabschiedung war knapp und der aufmerksame Zuhörer hat sicher Steine fallen hören. Zumindest müssten da auch Löcher im Boden sein.
Der Abschied von den Chefs und den Kollegen der anderen Abteilungen war hingegen anerkennend, rührend, herzlich und trotz Allem aufbauend. Wer weiß, vielleicht sieht man sich sogar mal wieder. Nun bin ich also mal wieder auf Stellensuche, schreibe fleißig Bewerbungen, und ein paar Sachen sehen dabei schon besser aus als Andere, deshalb bin ich zuversichtlich, dass auch bald was klappt. In ein paar Tagen fahr‘ ich zum Beispiel in die Wedemark. Da war ich noch nie, aber ein früherer Schwarm von mir ist dort aufge- wachsen, deswegen kann es da ja so schlecht nun nicht sein. Leider ist der Schwarm inzwischen groß und wohnt meines Wissens in Berlin, aber da fahr‘ ich bestimmt auch bald mal wieder hin. (-Um mein Väterchen zu besuchen! Was denkt Ihr denn?)
Zuvor geht’s aber nach Köln, denn es ist bald ISM und ich kann an fast nix anderes mehr denken…
* * * * * * * * *
Doch, an eins noch: Gestern um 18 Uhr 18 überknackte tatsächlich jemand die Marke der drei Millionen Seitenaufrufe.
Diesem 3.000.001. Besucher gebühren selbstverständlich Blumen und Konfetti!
Und allen weiteren, die hier seit dem 30.4.2007 vorbei- und reingelesen haben, sowieso. (Meinetwegen sogar den Gockle-Bots…)
Blumen & Konfetti für alle!!! – Und natürlich: Danke.
Nein, auch ich will hier lieber keinen Jahresrückblick eröffnen. Ich bin ja froh, wenn ich das meiste davon nicht mehr sehen muss! Dieses Jahr, das eigentlich so schön hätte werden sollen, hat mich und viele, die mir lieb und lieber sind, gründlich auf die Forken genommen und kräftig durchgeschüttelt, nicht ohne Kratzer zu hinterlassen.
Vielleicht hab‘ ich das sogar schon irgendwie vorausgeahnt, denn beim letzten Jahres- wechsel hatte ich, mit Verlaub, eine richtige Scheißlaune, mit der ich wohl die beiden Mitmirfeiernden beinahe angesteckt hätte, wenn sie sich nicht tapfer dagegen gestemmt hätten. Ausgleichen wollte ich meine Vorahnung dann mit einer dieser wunderschönen Papierlaternen, die mir mein Liebster tatsächlich am Morgen noch heldenhaft am ganz anderen Ende der Stadt auftrieb, weil ich so ein Begehr danach hatte. Ich selbst hatte es partout nicht auf die Reihe gekriegt, aber gehört, dass man da seine Wünsche drauf- schreiben kann, damit sie dann in den Himmel fliegen, wo sich dann irgend eine arme Sau drum kümmern muss. – Wenn die Laterne nicht gerade unterwegs hängenbleibt, um einen unschuldigen Dachstuhl in Brand zu setzen…
Jedenfalls habe ich mit breitem Filzer gleich jede Menge Wünsche draufgeschrieben. Eigentlich ein Wunder, dass sie mit diesem Ballast überhaupt noch aufgestiegen ist, aber sie schaffte es sogar zwischen den Bäumen und Stromleitungen hindurch in die Höhe, wo sie leider bald vom Dunst verschluckt wurde. – Wie auch die darauf folgenden Monate…
Bis hier haben wir nun also tapfer ausgehalten. Aber morgen, aber morgen!!!
Nein, diesmal gibt’s keine zarten Laternen… – Ich werd‘ das alte Jahr abschießen! Gestern fand ich auch gleich die geeignete Zutat: Eine Mega-Matte!
Klingt wie eine Frisur, die so furchterregend ist, dass das alte Jahr vor Schreck einen In- farkt erleidet. Ist aber eine Matte aus 200 Knallern, die keinen Widerspruch duldet. 200x „Hau ab!“ sollten reichen. Ungefähr so viele unterirdische Tage hatte dieses Jahr nämlich auch. Jedenfalls bestimmt mehr als die Hälfte.
Und weil man nicht nur motzen soll, gibt’s zur Begrüßung des neuen, sicher freundlichen, wohlmeinenden, gut duftenden, zuckersüßen, blütenverstreuenden Jahres 2010 goldene Sprühlichter, neun an der Zahl. (Wer mich kennt, weiß, dass die 3 meine Lieblingszahl ist. Und die 9 ist eben 3×3 und hält sicher besser. Eigentlich hätte ich sogar 3x3x3 Gold- lichter nehmen sollen, aber zwingen wollen soll man das Glück ja nun onnich…)
Ja, ich weiß, ich bin eine furchtbare Symbolik-Else, aber das ist ja alles nur Ausdruck meines guten Willens. Und meine Ahnung sagt diesmal, es könnte klappen…
Rutscht gut, Ihr Lieben! Wir sehen uns dann auf der anderen, der Sonnenseite, wieder!
Nach der Schmückerei und dem anschließenden Rouladenrollen (gefrühstückt hab‘ ich danach, während die brav vor sich hin geschmort haben) stand ich ein bisschen am Fenster und sah da noch ein gelbes Auto stehen. Der Fahrer unterhielt sich mit einem Nachbarn, hatte ihm offenbar gerade ein Päckchen ausgehändigt und ich dachte noch: Ach, ’n Päckchen würd‘ ich heute auch glatt nehmen. Dann hörte ich erstmal das hier, schüttelte mich vor Vergnügen und warf ich mich dann auf den Diwan, um eine Satire- zeitschrift durchzublättern.
Gegen halb drei oder so miepste meine Klingel mal kurz und unerwartet, und es kam ein gelber Mann die Treppe heraufgejagt. Er hatte auch ein gelbes Kartönchen dabei und sprach was von: „Expresszustellung“, da beeilte ich mich natürlich mit dem Unterschrei- ben. Das Kartönchen war als Überraschung aus Moabit gerannt gekommen, von einem lieben Katertier abgesandt, und enthielt eine Weihnachts-CD der besonderen Art (Herr Numminen singt. Eine Entdeckung für mich!), ein Büchlein, eine hübsche Dose mit lecker Keksen und Eierlikörchenpralinen drin und dazu ein Häslein namens Seneca. Und kluge Hasen kann man schließlich immer brauchen. Darum auch hier noch mal: Ganz lieben, gerührten Dank dafür, guter Murr.
Als ich dann mal zum Briefkasten runterstieg, um zu gucken, was die „normale“ Post denn wohl gebracht hatte, fand ich das vor, was man eine „gemischte Tüte“ nennen könnte. Vorneweg versperrten mir nämlich erstmal zwei große, braune Umschläge die Sicht. Absagen auf Bewerbungen, die ich schon vor Wochen abgeschickt hatte…
Liebe Personalmenschen, ich kann ja verstehen, dass Ihr Eure Schreibtische vor Weihnachten noch blank kriegen möchtet. Aber entweder beeilt Ihr Euch vorher ein bisschen oder Ihr lasst den Kram einfach doch noch ein paar Tage liegen. Absagen so zu verschicken, dass sie prompt zu Heiligabend ankommen, ist mitnichten freundlich! (Zum Glück sagt das mehr über Euch aus als über mich…)
Doch als ich die Riesenumschläge dann endlich aus dem Kasten gefummelt hatte, lagen dahinter tatsächlich noch:
– eine orangefarbene Benachrichtigungskarte: Päckchen für Sie, nicht vor Montag 16 Uhr abholen! (Aber ich war doch zuhause! Das mit dem Klingeln war wohl doch sehr schwierig. Hrrrmmpf… Ich vermute leckeres Kekswerk in dieser Post!),
– eine klasse bunte, liebevoll verzierte Weih- nachtshühnerkarte der lieben Annemikki (Dankedanke, Du Süße! Drücke Dich.)
– und ein dicker prinzlicher Umschlag, eben- falls aus Berlin. Darinnen: ein feines Büchlein, das mir bald größte Reichtümer bescheren wird, ein besonders hübsches Lesezeichen, eine Karte mit ’ner kopflosen Dame drauf und ein Zeitungsausschnitt mit nützlichen Karriere- vorschlägen-mal-zum-Überdenken und guten Dealeradressen in der Hauptstadt. Auch Dir, lieber Rupi, ganzganz lieben Dank für diese herzwärmende Post!
Die nächsten beiden Stunden verbummelte ich dann so und freute mich so vor mich hin.
Gegen 17 Uhr machte ich dann die allerköstlichste Sauce seit Menschengedenken und genoss mein Weihnachtsessen. Dazu gab’s Rosésekt, Musik und den (natürlich von echten Kerzen) erleuchteten Baum, später vorsichtshalber einen lustigen Film. Und um halb neun war ich schon so müde, dass ich tatsächlich in mein Bettchen schlich und dachte: Komisch, wie ein Tag so besonders, intensiv und gemischt sein kann! Dabei fängt der doch, genau wie die anderen, morgens an und hört abends auf…
Irgendwie hängt doch alles an den Menschen mit denen Du verbunden bist.
So, mein krummliges Bäumchen ist fertig aufgestellt und feierlich behängt. Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich ungeheuer auf diese bunten Klemmvögelchen stehe? Und diesmal habe ich nicht mal Brausebonbons zwischen den Zweigen ange- bracht, aber dafür Schleifchen mit Glitzersternen drauf… (Die wirken aufs Auge fast genauso prickelig.)
Mein „Tellerchen“ habe ich mir auch schon gefüllt:
… und gleich mal drei Bücher und zwei hübsch pinkfarbene Moleskinebüchlein in Baum- nähe gelegt. Jetzt stellt sich bloß noch die schwierige Frage: Nehm‘ ich mein leckeres Lachsfrühstück jetzt zu mir und fange dann mit dem Kochen an, oder mach‘ ich’s genau andersrum? – Einerseits Hüngerchen, – andererseits die Option auf „Schon-alles-fertig-und-nach’m-späten-Frühstück-nochmal-büschn-Schlummern-gehen“. Hm, hm…
…dass ich kaum weiß, worüber ich nu‘ schreiben soll. Geradezu beunruhigend wäre das, wenn ich momentan nicht so ausgeschlafen und ungestresst wäre und mich eben durch sowas beunruhigen ließe.
Gestern war ich richtig, richtig faul.
Die Woche war nämlich gesteckt voll mit Unternehmungen, prima Durchfahr-Besuch, etlichen Besorgungen, Erledigungen und Zeugzeugzeug! Und gestern hatte ich dann eigentlich nur noch zwei Dinge zu tun: Zeitung holen und Abwasch erledigen. Danach: Sofaflundern, Papierrascheln, Nickerchen. – Herrlich!
Was mich so ruhig macht? Ich habe fast alles an Weihnachtsvorräten bereits unter Dach und Fach, muss keine Geschenke mehr besorgen, habe Briefe und mails beantwortet, die Kollegin ist schon im Urlaub und draußen ist es sowieso zu kalt. Ich arbeite noch drei Tage, muss bloß noch einmal einkaufen gehen und habe es ansonsten hübsch, kerzenbeschienen und mollig.
Donnerstagfrüh kommt dann das Bäumchen aus dem Keller, kriegt seine sexy Netz- strumpfhose ausgezogen und wird liebevoll und knallbunt herausgeputzt. Dabei höre ich dann die Sonder-Frühschicht und das leise Knirschen meiner selbstgemachten Kipferl. Gegen Mittag werd‘ ich dann allmählich loskochen, und während es in den Töpfen leise bruddelt, kommt das Beste: Ich fülle meinen bunten Teller. In meinem Fall ist das ein großer Korb mit dem Leckersten vom Leckersten, mein Weihnachtsgeschenk an mich selbst. Und ich kann mir aussuchen, ob ich den lieber bei Sekt oder Rotwein plündern möchte. Es ist alles da.
Und dann warte ich in aaaaaller Ruuuuhe auf Silvester…
Ich hab vom Sommer wirklich nichts gehabt. Das behaupten bestimmt Viele gerne mal, aber in meinem Fall ist die Behauptung erlaubt. – O.k., behaupten ist immer erlaubt. Herbst dagegen ist nicht er-, sondern entlaubt. Da darf man ruhig mal schlechte Wort- spiele machen. Ist gestattet. (Und bevor ich jetzt noch anfange mit er- oder sogar bestattet, hör‘ ich mal lieber gleich wieder damit auf.)
Herbst ist jedenfalls eins meiner persönlichen „four-letter-words“. Funktioniert zuverlässig. Sag „Herbst“ zu mir und ich krieg‘ Scheißlaune. Upps, Verzeihung. Mich deprimiert das eben, dass jetzt monatelang nur Schmuddel- und Frierwetter kommt, draußen alles immer unansehnlicher wird und mir der kalte Wind unter die Jacke kriecht. Und jedes Mal mache ich mir Sorgen, dass das vielleicht diesmal nicht aufhört, sondern einfach immer so bleibt. Geh‘ mir bloß weg mit bunten Blättern und Gemütlichkeit! Ich finde unzugiges Wetter bei freundlichen Außentemperaturen und bunte Blumen einfach gemütlicher. Haushoch. Frag‘ mich jetzt bitte niemand, was „haushoch gemütlicher“ sein soll. Wer sich’s nicht zusam- menreimen kann, soll eben einfach dran vorbei lesen.
Ich lass‘ mir den Herbst jedenfalls nicht schönreden. Alle Argumentation geht ja doch nur dahin, dass die Jahreszeit trotzdem schön ist… Man müsse eben die positiven Aspekte daran verstärken. Also, eine Jahreszeit, die ich mir erst schöntrinken muss, – nee danke! Ich bin dagegen. Ich bin für die komplette Abschaltung des Herbstes! Ob die Grünen da vielleicht mal was machen können? Denen muss das Ganze doch eigentlich ebenfalls großes Unbehagen machen, so rein vom Symbolcharakter her, wenn alles so loswelken will und so. Aber das mit der Abschaltung hat ja auch schon in anderen Bereichen nicht richtig hingehauen…
Also müssen wir schnell handeln.
Aufruf zur großen, beliebten und total internationalen Kastanienbewegung!
Geht so: Kastanie finden, in die Tasche stecken und bei jedem Drüberreiben ist wieder ein Stückchen Herbst geschafft und Trost gewonnen. Und dazwischen pflegen wir abwechselnd ein bis- schen Melancholie und Jahres- zeiten-Ignoranz. Und den Winter, den kriegen wir damit auch irgend- wie rum, bestimmt!
Dann im Frühling, wenn das erste grüne Blatt aus dem Zweig will, dann wird sie wieder weit, weit fortgeschmissen und mit ihr das olle Graue, Fröstelige…
Der Bollen hier ist also meine Kastanie, heute morgen gefunden. Die ist riesig! Hier ein Beweisfoto:
Ich gehe selbstverständlich frech davon aus, dass es unheimlich viel Glück bringt, wenn die erste Kastanie, die einem im Herbst über’n Weg läuft, so groß ist wie eine Kartoffel und so schwer wie ein Golfball. (Zumindest meinem Orthodäden, wenn ich im Frühjahr ganz schief bin, weil ich vergessen habe, diesen Okolythen immer mal zwischen linker und rechter Tasche hin- und her zu tauschen.) Egal, es muss eben die erste sein, nur die gilt!
Ich freu‘ mich jedenfalls, wenn Ihr die Kastanienbewegung wieder zahlreich mittragt und wir im Frühling sogar zeitgleich schmeißen.