Ich hatte mich ja schon an früherer Stelle über Backstuben und die dort feilgebotenen Waren echauffiert. Hier habe ich noch ein schon etwas älteres Foto, das ich mal beim Einkaufen gemacht hab’.
Besonders der „Wurstheini“ gefiel mir sehr, weil da der „Belag schon drin ist“. Auch gut: ein Brot, das „Räubern und anderen Männern“ vorbehalten ist. Naja, wenigstens gibt es noch Männerdomänen; die fallen ja nun eigentlich eine nach der anderen. Da kommt so ein Brot doch bestimmt wie ein Schulterklopfen.
Ein Brot mit den „meisten Sonnenblumen der ganzen Welt“ kommt mir allerdings besonders besonders vor, kann es das doch nur einmal geben und was ist dann mit dem 2. zum halben Preis? Und wie groß ist ein Brot, das die meisten Sonnenblumen der Welt beinhaltet? Passt das denn auch in meine Küche? Vom Geschmack mal ganz zu schweigen.
Dass die Brote gebacken werden, bevor sie über’n Tresen gehen, finde ich aber gut. Bei ebenjenem Bäcker gibt es übrigens auch Brötchen, die „Pferdeäppel“ heißen, die zu bestellen ich mich bisher grade noch zurück halten konnte. Ich gehe da eigentlich nur hin, wenn es im Frühjahr das überaus leckere Bärlauchbrot zu kaufen gibt, das zum Glück bis dato noch keinen lustigen Namen tragen muss, aber ein Gedicht ist, wenn man dicke Schnitten davon kurz mit auf den Grill schmeißt.
Aber auch andere Backstuben beherbergen phantasievolle Bäcker. Wieso ein Brötchen Weltmeisterbrötchen heißen muss, oder sogar Surferbrötchen, Joggerbrötchen, ist mir unklar. Niemand fragt, wieso. Da die Brötchen auch immer in der abgekürzten Version bestellt werden, wandern dann: „1 Weltmeister, 2 Surfer und 4 Jogger!“ in die Tüte. Na, das raschelt aber mal ordentlich auf’m Nachhauseweg!
Ein Weltmeister ist wohl einer, auf dem Kürbis- und Sonnenblumenkerne kleben! Das hätte man letztes Jahr mal wissen sollen! Wir hätten statt Fahnen & Flaggen lieber Brötchentüten & Bäckerschürzen geschwenkt und statt bemalter bemehlte Menschen überall gesehen.
Dann hätt’s womöglich geklappt. Mit ein bisschen Glück werden bis zum nächsten Jahr Europameisterbrötchen erfunden. Der Name ist zwar etwas sperrig, aber das Opfer müssen wir dann mal bringen…
Gestern war ich ja nun mit der lieben V. picknicken. Wir haben uns eine schöne Wiese gefunden, den Schaumwein entkorkt und munter losgeschlemmert. Die Abendsonne schien und dann rief der Kuckuck und weil ja jeder weiß, dass man dann seine Geldbörse schütteln soll (damit da immer ordentlich was drin ist), saßen da eben zwei angeschwippste Damen und johlten und schwenkten ihre Portemonnaies aufs Netteste.
Überhaupt: jede Menge Fauna. Eigentlich sogar ein bisschen viel Fauna. Anscheinend ist auf der Wiese da sonst nix los und deshalb kamen die alle mal zum Gucken vorbei. Erst raschelten die Mäuse in der Nachbarschaft, dann fanden wir uns urplötzlich von Nacktschnecken eingekreist, die ganz wild auf unsere Vorräte waren. Eine baumelte an einem hängenden Grashalm herum und wir verfolgten gespannt, ob sie sich nun noch selbst verknotet oder nicht. Oder nicht. (Ich habe übrigens Fotos gemacht, wollte die dann aber lieber doch nicht der Öffentlichkeit zumuten.)
Als die Dämmerung aufkam, kamen auch noch monströse Mückenschwärme dazu. Dann wollten wir doch lieber plötzlich gehen.
Zuhause angekommen stellte ich fest, dass mir eine Mücke (eigentlich muss das ein Rüde gewesen sein, obwohl ich weiß, dass das nur die Mückenmädchen machen) wohl ins Dekolletee geklettert war und sich dort mit reichlich Stichen verewigt hatte. Und zwar genau zwischen die (Entschuldigung) Möpse! Das sieht donnich aus! Jetzt muss ich bis Herbst meine Blüschen alle bis zum Hals zuknöpfen oder Rollis tragen. Und in der Öffentlichkeit kratzen kann ich mich auch nicht… Na, Vielen Dank auch. Hats wenigstens geschmeckt? Kannich abräumen? Außerdem habe ich noch Stiche an den Beinen, am Bauch und an den Füßen. Und das, obwohl ich komplett angezogen gewesen war, mit Jeans und Allem! Hart drauf, die Biester! Dafür werden die einen schönen Rausch gehabt haben von meinem leckeren Promilleblut. Ich hoffe, die hatten heute morgen auch so was wie Kater!
A propos: Kater. Als ich heute morgen aus dem Haus kam, saß da ein Ensemble… Ich hätte beinahe gerufen: „Tu da mal schnell was drüber, das sieht ja schlimm aus!“ Da hockte ein Herr aus dem Nachbarhaus und schraubte schimpfend an seinem bockigen Mofa rum. Ich hatte die Rückansicht zu genießen. Und die gab jede Menge Rücken frei mit bösen roten Flecken und was weiß ich. Und zwar hauptsächlich unteren Rücken. Inklusive der allseits gefürchteten Klempnerfalte. Beinahe wäre mir der Hunger vergangen.
Wieder glücklich zuhause mit Brötchen angekommen, schmiss ich den Fernseher an, um mal Nachrichten zu gucken. Und blieb erstmal bei Astro-TV hängen. Dort gab es grade eine Sendung namens „RUNDumBLICK“, mit Kristallkugel gucken und so. Hier ein schlechtes Foto:
Angesichts der molligen Figur der beiden Damen fand ich den Namen der Sendung irgendwie vergnüglich. Besonders die Linke der beiden schien sich aber sehr zu langweilen und guckte missmutig in die Gegend und puhlte sich zwischendrin am Unterarm oder an den Fingernägeln rum. Vielleicht hatte ihr niemand gesagt, dass auch sie im Fernseher zu sehen ist. Kurz habe ich überlegt, ob ich sie mal anrufen und aufklären soll, aber ich war einfach noch zu müde von gestern…
Nachdem nun also geklärt zu sein scheint, dass „der da!“ wohl eine „die da!“* ist und dass der kleine schmutzige „Peanut“ Pigpen heißt, mache ich mir nun schon den ganzen Vormittag Gedanken darüber, ob Duschen wohl vielleicht die neue Abnehmmethode sein könnte. Wenn ich jedes Mal nach dem Duschen 200g weniger habe, dann müsste ich in 25 Tagen wieder mein Wunschgewicht haben. Ich werde das mal verfolgen und wenn es klappt, werde ich stinkreich. Wer jetzt glaubt: Das kann dann doch jeder!, der kennt meine Duschtechnik nicht!
* Man erkennt es wohl an den weiblichen Zangen. Das passt doch wieder schön zum Thema „Frauen und Werkzeug“. Irgendwie scheinen in der Insektenwelt auch alle eine Art Werkzeugkoffer mit sich zu führen. Ob es wohl ein Tierchen gibt, welches einen 12er Maulschlüssel dabei hat? Und gibt es so was wie die Taschenmesser-Assel? Oder eine Hammer-Hummel? Ein Gehrungsladen-Gewürm? Eine ausklappbare Gliedermaßstab-Schrecke? Hm. Mussich mal drauf achten. Ich will mich ja nachher in eine Wiese legen, da kann ich mich dann umschauen.
Heute gucke ich ständig mit in Sorgenfalten gelegter Stirn aus dem Fenster, weil ich doch heute eigentlich mit V. picknicken will. Darauf freuen wir uns schon länger, und nun ist es schon den ganzen Tag über bewölkt. Da kaum der leiseste Lufthauch geht, wird das womöglich so bleiben.
(Grade bekomme ich eine sms von Freundin T., sie sei in Leipzig für einen Kongress. Im Moment sei sie aber noch in der Straßenbahn unterwegs. In der Straßenbahn befänden sich so Klingelknöppe, an denen stünde „Kundenwunsch“ dran. Sie schreibt: „Hab mir Pommes rotweiß bestellt. Abwarten.“)
In meinem Kühlschrank schmiegen sich Sektpulle, Bulgursalat, selbstgefüllte Blätterteigdinger, Mascarponecreme und eine kleine Käseauswahl aneinander. Was soll ich denen denn sagen, wenn sie heute nicht raus dürfen. Der Ausflug ist doch versprochen!
Ich seh’ uns da schon in Regenpelerine und mit Südwester sitzen. Strömender Regen, aber watt mutt, datt mutt!
Gestern wäre mir fast die gute Laune wieder flöten gegangen.
Als ich auf dem Heimweg vom Einkaufen mit dem Rad aus dem Park herausbollerte, sah ich meines Erachtens auf der anderen Straßenseite eine mir bekannte Person, was mich reflexartig den Lenker herumreißen ließ, um eine andere Route zu nehmen. (Vom Gefühl her war ich grade in einen elektrischen Weidezaun gefahren.)
Bis ich dann zuhause war, regte ich mich über mich selber auf, weil ich schließlich schon mehr als zweimal erwachsen bin und solche Manöver meiner einfach nicht würdig.
Und außerdem bin ich mir nicht mal sicher, dass er’s war!
Wann krieg ich denn endlich die bisher fehlende, aber dringend benötigte Coolness?!?
(Andererseits war ich ja immer stolz darauf, eben nicht cool zu sein.)
Herrjeh, ich bin eine fürchterliche Gefühlstrine! Ich kann doch nicht aus meinem lieben Hannover wegziehen, weil so ein Mensch, dem ich die Bröckchen immer wieder so zäh abringen musste, mir nicht aus dem Körper will!* Vielleicht sollte ich mich exmatriexkommu exorzieren lassen.
*am liebsten würde ich jetzt hier hinschreiben, seitenlang, was mir alles durchs Haupt flippert, aber ich hatte mir vorgenommen, das hier nicht zu tun, weil das für Unbeteiligte einfach total…
Beim Einkaufen in einem großen Superladen (r*al in Linden) war mir mal wieder aufgefallen, dass dieser eine Laden wirklich besonders ist.
Zunächst mal ist es da immer voll. Immer. Auch am Dienstagmorgen um acht. Oder Mittwochabend um sieben. Mittags auch. Nur sonntags nicht. Anzunehmen.
Auch bei neutraler Betrachtung kann man sagen, dass hier die Kunden eine Spezialtechnik haben, mit den Schiebewägelchen umzugehen: Sie schieben sie in eine Richtung, gucken aber in die andere. Alle! Jeder. Echt.
Und wenn sie die Wägelchen abstellen, dann genau da, wo sie am störendsten wirken können. (Man darf die Wagen aber nicht anfassen, wenn man nicht Haue angeboten kriegen möchte.)
Die Einkäufer selber stellen sich dann irgendwo genau in die Mitte eines Regalgangs und verharren dort wie diese vergoldeten Pantomimen aus den Fußgängerzonen. Man möchte ihnen Geld geben, damit sie sich bewegen. Sie gucken dann vorwurfsvoll, als hätte man vor, eine Autobahntrasse durch ihr Wohnzimmer zu bauen.
Ich wäre aber fast mal gelyncht worden, weil ich mich aus Versehen mit 14 Teilen an eine Schnellkasse angestellt hatte, wo nur 12 Teile erlaubt sind.
Es ist wie absurdes Theater. Wenn man das mal verstanden hat, ist es sehr amüsant.
Deshalb fahr ich da immer hin.
Ich habe mir übrigens Frotteeschnitzel gekauft.
Das sind so vegetarische Dinger, die so flauschig und lieb aussehen, dass man sie aufs Bett setzen möchte. Schmecken aber ganz gut (mit Salat bei).
Abends habe ich vom Fernseher gelernt, dass es wohl sowas wie eine Wörteraussortierliste zu geben scheint (in der D*denredaktion?).
Als „abgelaufen“ angesehen werden, auf den 1. drei Plätzen: Kleinod. Blümerant. Dreikäsehoch.
Bei „blümerant“ wurde mir ebenso, benutze ich das doch ständig!
Darf ich das dann nicht mehr?
O.K., „Kleinod“ liest man eigentlich nur noch in tantigen Landschaftsbeschreibungen.
Und der „Dreikäsehoch“? Naja, erstmal beinhaltet das Wort meine Lieblingszahl und außerdem isses putzig. Den gebe ich nicht her. Der Dreikäsehoch ist doch der Bruder des I-Männchens. Oder gibt’s das auch schon nicht mehr?
An 10. Stelle der Liste steht übrigens der „Schlüpfer“.
Ein wunderbares Wort, für dessen Erhalt ich mich allerstärkstens einsetzen werde! (Ich weiß, dass mich Freundin S. hier tatkräftig unterstützen wird, benutzt sie dieses niedliche Wort doch ständig. Auch gern in der „Schlüpper“-Variante. Sie hat mir auch das Wort „Strumpi“ beigebracht. „Hasse wieder schön Strumpi unter?! Wo die doch so aufträgt!“)
Und dann gab’s noch einen hübschen Verhörer.
Jemand erzählte was vom Schiebe-Trieb.
Bevor ich richtig überlegen konnte, wie der sich wohl äußert, rutschte der Groschen weiter und pingte dann: Ski-Betrieb.
Gestern habe ich etwas getan, was ich eigentlich nie tue:
Ich war auf dem Lister Meilen-Fest (Lister Meile ist hier so eine Schlender- und Geldloswerdstraße, die sich einmal jährlich selbst feiert). Anlass meines Hingehens war aber ein Auftritt, den die gute V. dort hatte. Das wollte ich doch gerne sehen.
Ohne diesen Anlass wäre ich mal schön zuhause geblieben.
Ich wurde aber von Freundin T. abgeholt, die sich einen lateinischen Hupfdohlenmeister angucken wollte und war eigentlich ganz froh, ein bisschen vor die Tür zu kommen.
Womöglich erlebt man da was!
Hauptsächlich erlebte meine Nase, wie schön Bratwurstgeruch, mit künstlichen Duftstoffen beträufelte (ach was: getränkte) Holzkugeln, Bierdunst, Pipiecken, Räucherstäbchen, verschwitze Leiber und gegrillter Schafskäse nicht zusammenpassen.
Die ganze Meile war quasi geruchsgestreift.
Ich aber hatte zuhause (mal wieder) Spargel, Schinken und Erdbeeren, die meiner geduldig harrten und war daher nicht zu locken.
Ich staune ja immer wieder, was man da für Leute sieht!
Eine Art Keith Richards-Double (total verlebtes Schmalgesicht, getigerte Klamotten, Stirnband, geschätzte 60 Jahre, 50 kg, Federohrring, Sonnenblende) stakste orientierungslos durch die schiebende Menge. Traute mich nicht, ein Foto zu machen.
Womöglich hätte er mir verwirrendes Gespräch und Autogramm aufgezwungen.
Plötzlich kommen wir an einem Käfig vorbei, in dem sich eine richtig arme Wurst völlig durchnässt und erschöpft festklammert.
Junggesellenabschied. Wäre er mal in den Urlaub abgehauen!
Passanten dürfen ihn mit Wasserbomben bewerfen. Das Merkwürdige (außer für mich): Keiner scheint richtig Spaß an der Sache zu haben. Der Eingesperrte ist mit den Nerven wohl schon länger kurz vor knapp, seine Freunde versuchen, sich aufzuregen, schaffen es irgendwie aber auch nicht.
Als wir an einem Kinderkarussell vorbei gehen, fragen wir uns, warum dort immer so furchtbare Schlager gespielt werden. Als elektrische Kinderkarussells sich (nach dem Kriege…?) überall verbreiteten, mag das ja die angesagte Musik dazu gewesen sein, aber seitdem hat sich ja wohl ein bisschen was getan.
Also, es gibt doch inzwischen mehr als zwei Musiksparten oder wie. Wir vermuten spontan, dass die Karussells schon mit eingebauten Platten ausgeliefert wurden und deswegen.
Und dass die Karussells von ehemaligen Schlagersängern gebaut werden und sie mit diesem perfiden Trick an ihre Tantiemen kommen.
Und andere müssens ausbaden!
Ein paar Schritte weiter: Eine dufte kleine Schnabuliertheke.
Was für „echte Rohstoffe“ uns dort dargeboten werden, ist unklar.
Wir vermuten, es handelt sich um so wertvolle Sachen wie Rohöl, Mangan, Kupfer oder sogar Holz.
Die feilgebotene „Lakritze“ sieht aus wie mehradrige Kabel und ich kann mich grade noch zurückhalten, sie zu probieren. Im Gegensatz zu T., die findet, der Geschmack sei (überraschenderweise!) „hm, irgendwie komisch“.
Die bebrillte Kundin scheint bereits einem Schwächeanfall zu erliegen.
Die Tatsache, dass beide Auftritte fast zeitgleich auf verschiedenen Bühnen stattfinden, bringt uns ein wenig in die Bredouille und führt zu vorübergehender, aber zeitlich begrenzter Trennung (jede darf sich innerhalb dieser Zeit auch mal mit anderen verabreden und ausgehen).
Ich guck mir also V.s prima Kurzauftritt an, bei dem getrommelt wird und galoppierende Sofas eine Rolle zu spielen scheinen, und T. arbeitet sich wieder zurück zur anderen Bühne, um sich mit Merengue und Tango vollhudeln zu lassen.
Als V. ihren Auftritt glücklich überstanden hat, beglückwünsche ich sie, bevor sie sich ihr verdientes Bier schnappt und folge T. zur anderen Bühne.
Dort isses grade losgegangen und T. hat sich natürlich mittig direkt vor der Bühne aufgebaut und wippt und schlenkert auch schon munter gutgelaunt vor sich hin.
Ich mag ja nicht gerne so exponiert stehen, überwinde mich dann aber und stelle mich dazu. Die Musik ist jetzt nicht sooo mein Fall, aber es gibt viel zu sehen und von hier hat man einen guten Rundumblick. Mir fällt auf, dass das hier die Trinkerecke zu sein scheint, denn es tauchen immer mehr total vertrunkene Visagen auf, die sich aber alle zu kennen scheinen.
Ohne Rücksicht auf Umstehende werden Bierflaschen in Gestikulation einbezogen und qualmende Zigaretten und Zigarillos unter fremde Nasen gehalten. Auch angerempelt wird. Allein von den Alkoholfahnen kann man sich ordentlich Promille einfangen.
Auch die üblichen „befreiten Tänzer“ fehlen nicht, werden aber durch einige entzückende Kleinkinder ausgeglichen, die mit teilweise ernstem Eifer ihre Kniegelenke ausprobieren.
T. und mir tun die Musiker leid, die ein schöneres Publikum verdient hätten.
Irgendwann fällt mir auf, dass T. sehr konzentriert auf den Bongospieler schaut und plötzlich am Grinsen fängt. Auf meinen fragenden Blick erklärt sie, sie habe sich nun minutenlang fasziniert gefragt, wie der die ganzen Töne denn da raushole, man sehe das ja gar nicht in der Bewegung.
Bis ihr endlich aufgegangen sei, dass die andere Hälfte des Handgetrommels ja vom Kongaspieler käme, der im Übrigen direkt daneben steht. (Eine ganz typische T.-Bemerkung, wennichdasmalbemerkendarf.:wave:)
Ein Stückchen von mir weg steht ein Typ, der mich immer mal geheimnisvoll anlächelt, so dass ich beginne, mich zu fragen, ob ich ihn vielleicht kenne (aber aufgrund seiner Sonnenbrille nicht er-), oder ob ihm meine verhaltenen Wippbewegungen amüsieren.
Dann ist die Müsike alle und T. und ich sausen in der Bahn nach hause.
Vor meiner Tür steht dann dieses Auto:
Bedarf, jemand?
(Und heute bleibe ich dann wahrscheinlich zuhause.)
Einmal, schon ’ne Weile her, saß ich mal ziemlich verkatert im Bus, um zu Freunden zu fahren, denen ich unvorsichtigerweise zugesagt hatte, beim Renovieren zu helfen.
Der Bus fuhr am „Don Bosco-Haus“ vorbei, so wie sonst auch immer, aber zum ersten Mal fragte ich mich: Wer ist eigentlich dieser Typ mit diesem schrägen Namen? Wohnt der da oder was? Und wieso heißt mein Haus dann nicht „D… G…-Haus“?
Ich finde, Don Bosco klingt nach einer Musikkapelle, die Desert-Rock spielt, oder nach einer Figur aus nem Mad-Heft (Bruder von Don Martin?). Oder ’ner Apfelsorte.
Ich weiß, die wirkliche Geschichte dahinter ist bestimmt ganz wichtig und ernst, aber das war mir an dem Tag mal egal.
Der Bus fuhr weiter, an einem Werbeschild der Firma ag*p (irgendwas mit Autos) vorbei. Da ist so ein schwarzer Hund mit sechs(!) Beinen drauf, der Feuer(?) ko erbricht.
Was die Koordination und das Magengefühl anging, fühlte ich mich plötzlich irgendwie inniglich mit ihm verbunden.
Man (der Orthopäde) sagt ja, Laufen sei im Grunde kontrolliertes Fallen. Im meinem Fall war jede Menge Kontrolle nötig. Gefrühstückt hatte ich auch nicht.
Hinter mir saß ein dorfmäßig aufgedonnertes Mädchen (fiese Schminktechnik mit orangem Make-up und weißem Lidstrich und Creolen, die wahrscheinlich einer Zeitschrift beigelegen hatten), dessen Klamotten ganz offensichtlich zu klein waren, und hörte über Discman immer wieder ein und dasselbe Lied: So einen Latino-Knaller. Bestimmt ein Dutzend Mal, locker. Ich hörte vor Allem das doofe zippzipp vom Synthetikschlagzeug. Und ich hatte, wie gesagt, Kater.
Vor mich setzte sich eine Oma. Ich hatte sie beim Einsteigen schon gesehen. Sie sah aus wie dieser Eine von den Monty Pythons, der immer die Mütter spielt, also unglaubliche Augenbrauen.
Sie setzte sich direkt vor mich. Ich musste die ganze Zeit auf ihre Mütze gucken. Die war bordeauxrot-wollig und hatte so eine „Der-Turban-ist-schon-fertig-Form“. Und war auch schon alt. Die Sorte Mützen, wo man sich lieber nicht fragt, wie es da wohl drunter aussieht. Wenn man aber Kater hat und versucht, sich etwas unbedingt nicht zu vorzustellen, hat man schon verloren.
Blöderweise kann mein verkatertes Hirn tolle Tricks: Es versuchte mich abzulenken mit der Frage, wie es wohl dadrunter riecht.
Es geht mir heute aber schon wieder viel besser, Danke.
Wenn ich Kater habe, ist mein Blick in die Welt immer ein komplett anderer als sonst. Mir fallen Sachen auf, die sonst eigentlich auch da sein müssten. Gehe ich von aus.
Trotzdem ist alles eher total schräg oder einfach unglaublich daneben.
Einmal habe ich z.B. eine Hundek***wurst gesehen, die wie eine Kneifzange aussah. Wie hat der Hund das gemacht? Und ein andermal habe ich einen Gelben Sack gesehen, dessen Knitterfalten beim Vorbeigehen für eine Sekunde das Gesicht von Willy Brandt ergaben!
Und natürlich wieder keine Knipse an Bord.
Also, so was passiert mir auch öfter mal, wenn ich total ausgeschlafen bin. Aber mit Kater: ganz sicher.
Das liegt natürlich zum guten Teil auch daran, dass ich dann immer spazieren gehen muss und draußen sieht man einfach mehr als zuhause.
Zuhause habe ich nur oft den Eindruck, dass jemand alle Möbel ganz unauffällig ein paar Zentimeter verschoben hat, so dass ich ständig was fallen lasse oder irgendwo gegen titsche. Man kann anhand der blauen Flecken ganz gut feststellen, wann das letzte Gelage stattgefunden hat.
Die andere Sache mit dem Kater ist meine relative Spitzfindig- und Schlagfertigkeit. (Zu meinem Bedauern existieren darüber nur wenige Aufzeichungen.) Ich hatte sogar mal einen Freund, der mich manchmal extra betrunken gemacht hat, damit ich am nächsten Morgen möglichst verkatert war! Dann hatte der was zu lachen.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass er mit Kater auch besonders albern war und über jeden Dreck gelacht hat.
Jetzt sieht das hier natürlich so aus, als würde ich andauernd Getränke trinken, aber das ist selbstverständlich nicht so!
Ich vertrag‘ ja auch nicht viel.
Aber eins ist mir vor kurzem mal wieder aufgefallen: Ich find‘, grade mit den eloquentesten Menschen lässt sich’s oft besonders gut eine Tätigkeit ausüben, die härter klingt als sie (bei mir) ist: „Schweigend Saufen“. Auch „Tonlos Trinken“ genannt.
Und noch was ist mir aufgefallen (aber erst am nächsten Tag): Für jemanden mit ästhetischem Empfinden sind Plastikgartenstühle indiskutabel. – Schon allein des Geräusches wegen, das sie auf dem Boden verursachen.
Ich hatte hier ja schon mal eine Schokohelden-Liste aufgestellt, aber ich muss mich natürlich noch ausführlicher dem Thema Schokoladismus widmen.
Grundsätzlich: Schoki mag jeder!
Das ist Gesetz.
Wann immer ich auf Menschen traf, die Schokolade „gar nicht sooo“ mögen, war ich eher vorsichtig und das hat sich noch jedes Mal bewährt.
Ich teile im Bekanntenkreis neu zugegangene Herrschaften gern nach ihren Vorlieben ein und ich muss sagen, das funktioniert gar nicht mal schlecht.
Erste Frage: Marzipan oder Nougat?
Die meisten mögen nur Eines und das Andere gar nicht, seltener sind Mischcharaktere, was entweder auf erweiterten Horizont oder Allesfresserei hindeutet.
Sondergruppe: Blätterkrokant.
Zweite Frage meistens: Lieblingsschokolade.
Erstaunlich viele Männer geben hier „Kinderschoki“ an.
Warum, habe ich noch nicht rausgekriegt. Es kann was mit Phantasielosigkeit zu tun haben, der Angst Neues kennen zu lernen, dem „HausebeiMamigefühl“ von früher, oderwattweißichwomit.
Vielleicht schmeckt sie ihnen einfach (mir übrigens auch schomma, aber nur gelegentlich, und ich würde auch nicht unbedingt Schokolade dazu sagen).
Männer mögen aber auch gerne so Riesentafeln, wo man Maulsperre von kriegt (500g-Brett M*lka, Monstertobl*rone!). Es dürfen auch gerne ganze Riesennüsse drin sein. Wahrscheinlich, weil das irgendwie kernig ist, die wegzuarbeiten und man dann richtig was geschafft hat. So wie beim Holzhacken vielleicht.
Frauen haben gerne so Sachen, die auch noch mal einzeln verpackt sind, weil es hübscher aussieht. Auch zarte Joghurt- und Fruchtinhalte finden die Mädels oft gut. Und Verzierungen mit andersbrauner Schoko.
Allgemein begrüße ich den Trend zu hochwertigen Schokoladen sehr, bin aber immer wieder betrübt, wenn ich sehe, wie mit diesem Trend von Seiten der Industrie umgegangen wird. Da werden Schokoladen als hochwertig verkauft, die mal grade einen hohen Kakaoanteil vorweisen können. Vorreiter der Verarsche ist meiner Meinung nach L*ndt, die immer so Confiseriemäßig-Feinschmeckerhaft tun und es aber nicht sind.
Das Einzige, was die echt gut können, ist Blätterkrokant, den es aber leider nur zu Ostern und zu Weihnachten gibt.
Achtung! Jetzt Belehrung:
Wichtiger Gradmesser ist die Zutatenliste, die allgemein erstaunlich wenig gelesen wird.
Wenn da steht: Aroma: Vanillin, dann Finger weg! Da ist noch nicht mal richtige Vanille drin. Sollte aber.
Doof auch: Emulgator: Sojalezithin. Das wird nämlich gern aus Gensoja gewonnen. Es gibt aber einige Firmen, die auf Gensoja verzichten und nur normales Sojalezithin verwenden (Hachez. Feodora. Ritter bemüht sich.)
Daher sind Lezithinfreie Schokoladen vorzuziehen. Die sind aber im Supermarkt selten und wenn, dann teuer.
Auch bei dem Molke- Milch- und Sahnepulver weiß man nie genau, wattie Kühe so zu Fressen hatten.
In einer vernünftigen Schoki sind möglichst wenig Zutaten drin: Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Vanille.
Und dann probiert man sich so durch, bis man seine Lieblingssorte hat. Es muss ja keine Bitterschokolade sein, es gibt auch ganz bombige Vollmilchkollegen.
Ich fürchte, dass viele Schokoladen nach der Gestaltung der Verpackung oder der Werbung gekauft werden. Manch einer würde seinen Favoriten in der Blindverkostung womöglich gar nicht wieder erkennen.
Sachen mit lila Einwickelpapier, solche mit „Mohren“ drauf oder so Klotzriegel buche ich persönlich unter „Süßigkeit“ oder „Fastfood“ ab, wo sie sich sehr wohl zu fühlen scheinen.
Was überhaupt nicht zu Schokolade zu zählen ist, ist „Weiße Schokolade“. Im Grunde ist das nur Kakaobutter (und andere Fette), Zucker und was noch so weg musste. Dass das auch mal lecker sein kann, wenn man unterzuckert ist, ist nachvollziehbar.
Aber Schoki ist es nicht. Keine Kakaomasse.
In meinem Schrank liegt jedenfalls alles wild durcheinander: Feinstes Geschmeck neben ordinärem Zuckerproll.
Feinstes Geschmeck wird mit Bedacht ausgepellt, beschnuppert, vorsichtig angekaut, zerlutscht und überhaupt in Ruhe genossen.
(Ich könnte z.B. niemals einen Mann lieben, der sich feinste Trüffel wie ordinäre Bulette in Kurzzeit hinter die Kiemen haut! Kretin! Ich selbst hab‘ natürlich eine Spezialtrüffelnaschtechnik.)
Zuckerprolls werden hingegen auch mal aus der Packung gefetzt, dann wird auch mal direkt von der Tafel abgebissen, gemalmt und verschlungen. Das muss auch mal sein.
Am Schönsten aber: Sonntagmorgen im Bett sitzen mit nettem Lesestoff und einer richtig guten Pralinenmischung und vielleicht einem Tee. Wenn dann der Nachbar nicht Gitarre spielt und das Telefon schweigt, hört man nur das schüchterne Geknispel der Papiermanschettchen…
Hin- und Hertelefoniererei mit einem Kunden und dem Zulieferer Herrn R.
Keine Ahnung, ob das mit dem Auftrag hinhaut bis morgen. Diskussion.
Herr R. sagt ständig zu mir: „Ich komm‘ dann noch mal durch!!!“
Jetzt weiß ich nicht, heißt das: „Ich komm‘ dir da gleich rübber! Geh mir weck middehm Scheiß!“
Oder heißt das: „Ich bin heute operiert worden und der Arzt sagt, ich schaff’s noch mal.“
Oder heißt’s einfach: „Ich ruf‘ später noch mal an.“
Aber er ruft nie an! Verwirrend.
Als Chefin/Freundin T. einen Wasserfleck auf dem Teppich entdeckt, ruft sie die Versicherung an und sagt tatsächlich: „Guten Tag, mein Name ist S***. Ich hab ’nen Schaden und wollte fragen, ob sie das bezahlen…?“
Mein explosionsartiges Gelächter im Hintergrund.
Der verständnisverzögerte Versicherungsheini fragt die nun ebenfalls hemmungslos kichernde T., was daran denn so lustig sei und bestätigt somit eins meiner Vorurteile über Versicherungssachbearbeiter. Bezahlt wird später trotzdem.
T. ist überhaupt gut für merkwürdige Aussprüche, empfiehlt sie doch auskunftheischenden Anrufern, sie sollten doch mal „im Telefonbuch nachfragen“, oder behauptet, ein Kunde „wohne da so am Waldrand“ und habe „nichts an“ (außer einer Wassersäule, deren Pumpmotor kaputterweise brummt).
Ein andermal ruft ein Kunde an. T. geht ans Telefon.
Ich höre nur: „Aha. Soso. Wie jetzt? Hm. …hm.“
Sie hält den Hörer zu und teilt mir mit: „Da will einer eine Hülle für sein Gerät. Ich weiß irgendwie nicht, was er meint, der drückt sich total umständlich aus! Jetzt will er’s erstmal ausmessen gehen!
T.s Freund A. ist zufällig auch grade da. Wir frühstücken im Hintergrund und feixen natürlich.
T. wieder in den Hörer: „Ja?… So… Nee…, weiß nicht… So was zum Abdecken oder wie? – ach, zum Drüberstülpen!?“
Sie hält wieder den Hörer zu und sagt: „Ich versteh‘ nicht, was er will! Der erzählt mir hier was von „Gerät mit Röhre“ und er will was zum Drüberstülpen. Und: Er sagt, er will nachher vorbei kommen und mir sein Gerät zeigen…!“
A., plötzlich hellwach, ruft empört mit vollem Mund: „Kommt überhaupt nicht in Frage!!!“
(Ich bin natürlich neugierig und freu mich schon. Später handelt es sich bei dem gezeigten Gerät um ein altes Röhrenradio, das eine Abdeckhaube bekommen sollte. *gähn*)
Wenn wir nicht in der Hinterhofwerkstatt marodieren, sind wir auf Messen, die über weite Strecken unglaublich langweilig sind.
Da immer nur Eine von uns für die Standbetreuung abgestellt werden kann, hat man nicht mal Unterhaltung, außer mit den liebeshungrigen Jungs, die auf den Nachbarständen gehalten werden und mich ständig fragen „wo hier was los ist“. (Was im Grunde heißt: „Ich will dich nachher billig abfüllen und dann nimmst du mich mit zu dir, wo ich dir mein Gerät zeigen kann?“)
Immer mal wieder wird mir aufgetragen, ich solle die Chefin T. nett grüßen, wenn ich sie sehe. Das muss man mir ja nun nicht extra sagen, das mache ich doch sowieso immer, schließlich bin ich vernünftig erzogen und gebe, wenn’s sein muss, sogar die Hand!
Interessierte Kunden hingegen kommen nur dann, wenn man sich grade mal was Essbares hinter die Kiemen geschoben hat, was die jeweilige Kontaktaufnahme zunächst mal erschwert und die potentiellen Geldbörsenausschüttler und Scheckausschreiber Angst haben lässt, man könne vielleicht nur Zeichensprache.
Leider lässt sich dieser Effekt nicht erzwingen, was ich durch ausgedehnte Versuchsreihen zum Thema „Messestandbelebung durch exzessives Kekseverschnabulieren“ wissenschaftlich nachweise.
(Außerdem finde ich heraus, dass es unmöglich ist, in Würde ein Eibrötchen zu essen, weil man in meinem Fall nicht genau unterscheiden kann, wer da eigentlich wen isst.)
Ein wichtiger Artikel im Sortiment sind Sprudelwassersäulen in allen Größen. Wenn man die obere Abdeckung weglässt, hat man einen Luftbefeuchtereffekt, der als durchaus angenehm empfunden werden kann. Chefin/FreundinT. wird aber nicht müde, das Ganze etwas geschäftsschädigend als „Raumbefeuchter“ zu bezeichnen, was aber niemandem aufzufallen scheint.
Anlässlich einer besonders öden Messe erfinde ich aus purer, zäher Langeweile einen neuen Freizeitspaß: Ich entdecke, dass ich, an einer bestimmten Stelle des Standes postiert, jedes Mal wenn jemand vorbeikommt, 1-2 cm in die Höhe wippe, weil ein gewölbter Gullydeckel vom Gang bis unter unseren Messeteppich reicht. Dabei versuche ich, ein ganz ernstes Gesicht zu machen.
Aber bevor mir einfällt, wie ich diese Super-Aktivität protzig vermarkten könnte, ist die Messe leider vorbei…