Mensch, erst am Sonntag habe ich noch stundenlang mit meinem lieben Besucher am Maschsee in der tollsten Sonne gesessen und heute Vormittag regnet’s schon die ganze Zeit! Nein, nicht ganz die ganze Zeit. Als ich vorhin mal kurz im Bahnhof war, wo ich mit dem Fahrrad (trotz des Wetters) tapfer hingefahren war, hörte es mal für eine halbe Stun-
de auf. Genau so lange brauchte ich nämlich, um mich mit dem Fahrkartenautomaten auszusprechen, damit er mir eine halbwegs vernünftige Verbindung für’s Wochenende ausspuckt. Wir waren da nämlich erstmal nicht so richtig einer Meinung. Jedenfalls, als ich rauskam, kamen gerade wieder die ersten Tropfen runter.
Das behaupten jetzt natürlich alle, dass es immer nur dann regnet, wenn sie gerade un-
terwegs sind. Von vergessenen Regenschirmen fange ich jetzt mal gar nicht an! Wenn das stimmen würde, dann müssten ja immer alle gleichzeitig ohne Schirme unterwegs sein. Dann möchte ich mal wissen, was das immer für Dinger sind, deren Metallspitzen ich bei Regen ständig ausweiche. Außerdem bin ich jetzt ja gerade zuhause und Andere sicher auch, und wo regnet’s trotzdem? Na, draußen!
Sonntagmittag war das ja wohl noch ganz anders. Wunderbar sonnig, und das, obwohl wir da schließlich auch unterwegs waren! Und außer uns offenbar auch alle Anderen.
Kaum, dass wir uns nämlich am Maschsee auf eine Bank gesetzt haben, kommt z.B. eine Mutter mit zwei Töchtern vorbei. Alle Drei haben ein dickes Eis auf der Faust, die Töchter rufen: „Schinkenspeck, Mama! Schinkenspeck!“ Und Mama antwortet geduldig: „Ja, kriegt ihr ja…“ – „Jaaaa! Schinkenspeck!!!“
Ich weiß es nicht, und möcht’s auch lieber eventuell nicht wissen.
Kurze Zeit später sind wir mittenmal von einer Rentnergruppe und ihren Fahrrädern umzin-
gelt. Wir müssen nicht groß rumfragen, eigentlich gar nicht, um zu erfahren, dass noch auf Jürgen und Renate gewartet wird, bevor es auf eine Radtour gehen soll. Die Beiden lassen sich aber ordentlich Zeit und, was den Wartenden langsam Sorgen macht, Renate geht nun nicht mehr an ihr Handy! Trotzdem wird in 5-Minuten-Abständen probiert. Extra.
Sie hatte aber wohl sowieso angegeben, dass Jürgen und sie erst noch Besuch loswer-
den müssten. Und nun wird kräftig spekuliert, ob der Besuch denn vielleicht nur schwer abzuwimmeln sei. Ganz nebenbei erfahre ich von der Bank rechts, dass ein Herr bei seiner „Tante Wilma noch mal den Hebel ansetzen“ will. Bevor ich aber Genaueres über dieses spannende und bestimmt auch gefährliche Vorhaben erfahren kann, drängt seine Begleiterin zum Aufbruch. Vermutlich hat sie meine gespitzten Ohren bemerkt…
Der Wortführer der Radtour-Gruppe (es gibt ja immer einen Wortführer) unterhält uns inzwischen alle mit der Mitteilung, dass er „nix gegessen“ hat „- außer Frühstück!“
Ja Frühstück. Das ess’ ich auch immer. Weil, das schmeckt mir auch am besten.
Und wenn er jetzt nichts isst, fährt er fort, dann muss er „zwischendurch mal einen Keks essen oder so“, sonst wird ihm nämlich „hun-de-e-lend!“.
Mein Begleiter raunt mir zu, das sei ja so ein Phänomen, dass man manchmal plötzlich so ein Leeregefühl im Magen bekäme. Und dass das merkwürdiger Weise oft mit länger zurückliegenden Mahlzeiten verbunden sei. Sicher arbeitet die Wissenschaft da aber schon mit Hochdruck dran.
Eine Zuhörerin des Hungrigen versucht ihn zu beruhigen, das sei „aber wirklich nichts Un-
gewöhnliches! Das ist Unterzuckerung oder so. Das habe ich auch ganz häufig!“ Scheint ihm nicht zu gefallen, er hätte wohl gern das Monopol auf Zwischendurchhunger. Die ihm jetzt angebotene Packung Grissini beäugt er misstrauisch, fragt: „Wat haste da denn? So Holzstäbchen?“, nimmt aber eins und beschnuppert es erstmal, bevor er ein Stückchen abbeißt. Das Stäbchen mobilisiert ihn aber geradezu, sodass er der Gruppe begeistert vorträgt, der „Trend bei der Hörgerätetechnik“ gehe jetzt „von innen nach außen!“ – „Wie?“ – „Ja. Zuerst war von außen nach innen, jetzt ist wieder von innen nach außen!“ – „Und wieso?“ – „Weiß ich nicht, aber es geht von innen nach außen!“
Mein Begleiter befindet spontan, ich hätte jetzt auch Hunger und geht mir Pommes holen.
Während er weg ist, stellt sich raus, dass Renate und Jürgen ja schon längst oben an der Löwenbastion warten und der Abmarsch wird befohlen. Bis alle Kekse, Plastikdöschen, Senioren und Pullen wieder verstaut sind, versucht der Hörgerätmann noch ein Gespräch mit mir anzufangen, sogar mit mir zu flirten, und lässt jetzt den verschmitzten Filou raus-
hängen. Zu seinem Leidwesen ist es mir aber herzlich egal, was ihm so raushängt, denn just in diesem Augenblick kommen leckere Pommes und ihr freundlicher Überbringer auf mich zugetrabt. Danach hab‘ ich irgendwie nix mehr mitgekriegt.