Ich glaub’, so langsam muss ich mal meinen Vermieter fragen, ob das überhaupt o.k. ist. Ich weiß nämlich nicht, wie er’s mit der Tierhaltung so hat.
Vor einer Woche ist sie mir quasi zugelaufen und vorgestern habe ich ihr dann seufzend den Namen Elli gegeben, weil ich davon überzeugt bin, dass es sich um Weibchen han- deln muss. Elli ist nämlich total neugierig und treibt sich immer in meiner Nähe rum, um zu gucken, was jetzt schon wieder los ist. Wenn ich hier sitze und meine Bewerbungen schreibe, guckt sie mir über die Schulter und macht Geräusche. Vielleicht gefällt ihr nicht, was ich da so reinschreibe, aber ich kann schließlich nix dafür, dass man sich bei sowas wie Sauerbier anpreisen muss. Streicheln lässt sie sich übrigens überhaupt nicht, aber ich kann mich sowieso gerade noch beherrschen. Wenn ich ins Zimmer komme und fra- ge: „Na, Elli? Altes Haus? Wie steh’n die Aktien?“, dann tut sie ganz unbeteiligt, aber ich weiß genau, dass sie dann überlegt: „Aktien? Was denn für Aktien?“.
Ein paar Mal habe ich versucht, sie wieder rauszukomplimentieren, einmal wollte ich sie sogar aus dem Fenster schmeißen, aber sie hat sich am Fensterrahmen festgehalten und da konnte ich es nicht. Es ist ja jetzt auch so verdammt kalt geworden. Und kaum ist das Fenster wieder zu, tut sie natürlich so, als wolle sie da unbedingt raus. Das kenn‘ ich aber noch von meinen Katzen.
Wenn ich abends ins Bett will, dann gehe ich aus dem Wohnzimmer, wo wir zusammen ferngesehen haben, rüber ins Schlafzimmer. Dabei mache ich das Licht im Wohnzimmer aus, klar. Dann mache ich’s im Schlafzimmer an und Elli ist schon da. Zuerst dachte ich: „Was soll’s. Wenn’s dunkel ist, pecken Fliegen ja bekanntlich an der Wand!“ Diesen klugen Spruch habe ich vor vielen Jahren mal irgendwo aufgeschnappt, allerdings muss ich ehrlich sagen, dass ich ihn nie auf Wahrheitsgehalt überprüft habe. Ich habe mir im- mer eingebildet, dass die Biester im Dunkeln vermutlich zu wenig sehen und deswegen auch schlafen gehen, zwangsläufig. Nicht so Elli. Sie scheint über ein kleines Nacht- sichtgerät zu verfügen und saust damit über meinem Bett hin und her, dass es nur so eine Art hat. Ein bisschen wie Mädchen im Landschulheim, die wollen auch immer noch im Dunkeln quatschen und kichern. Dafür bin ich aber inzwischen zu alt, also stehe ich wieder auf, mache im Flur das Licht an, bleibe in der Türöffnung stehen und rufe: „Also, Elli. Du weißt, was jetzt kommt. Hopphopp ins Körbchen!“ Und dann fliegt sie an mir vorbei Richtung Flurlampe und sucht sich brummend ein Nachtlager im Flur.
Ich weiß nicht, vielleicht saust sie da ja dann auch die ganze Nacht rum, probiert meine Schuhe an und kontrolliert meine Manteltaschen, keine Ahnung. Wenn ich morgens auf- stehe, ist sie jedenfalls schon wieder putzmunter. Ich fürchte jetzt allerdings, sie will bis zum Frühling hier bleiben, bestimmt hat sie genau gemerkt, wie weichherzig ich bin. Aber dann will ich gefälligst anteilig Miete!
Im Moment sitzt sie übrigens gerade am Bücherregal und ich glaub’, sie hat eben lachend abgewunken.