Höflich!

Huch, Kinners, schon wieder ’ne Woche rum!

War doch eben erst Sonntag… Da hat doch wieder einer am Kalender rumgemacht! Na, immerhin, die Erkältung verzieht sich allmählich und bei der Arbeit wird’s auch langsam vertrauter. Aber viel Arbeit. Viel, viel…

Naja, gestern Abend, auf dem Weg in den Feierabend und mein wohlverdientes Wochen- ende, setze ich mich im Zug zu drei Frauen. Zweie sind figürlich ziemlich umfangreich, relativ jung, sitzen an den Fensterplätzen und gehören offensichtlich zusammen. Das kann man daran merken, dass die eine nach meinem Dazukommen laut und deutlich zur anderen sagt: „Manche fragen ja gar nicht erst!“

Scheinbar war es ziemlich unhöflich von mir, weder an dieser Vierersitzgruppe anzuklop- fen, noch, mich vorher telefonisch anzumelden oder wenigstens Blumen mitzubringen, bevor ich mich in einem öffentlichen Verkehrsmittel einfach auf einen freien Platz setze. Die dritte Dame allerdings lächelt mir fein zu, das beruhigt mich jetzt doch. Vielleicht bin ich also doch nicht unhöflich.

Die beiden Jungschen fangen nun an, über’s Essen zu reden, über so „überbackene Bröt- chen“, die „schweinelecker“ sind. Wie man diese Brötchen macht, erfahren wir auch gleich: man schneidet sie auf, schmiert eine Pampe aus Reibekäse, Sahne, Fertiggewürz und klein geschnittenem Kochschinken drauf und „schmeißt das Ganze einfach in den Ofen“. Während ich mir das lebhaft vorstelle, lernen wir noch: das geht natürlich auch mit Ananas („Hawaiibrötchen“), Thunfisch und „richtigem Schinken“. Eigentlich geht es sogar „mit Alles!“. Guck an.

Tja. Das wollte ich nur eben hier weitergeben…
– Gern geschehen.

Die Dame mir gegenüber ist ebenso amüsiert wie ich. Weiter geht’s im Thema: Jetzt geht es um Schlangen und das Problem der Fütterung. Die eine (die mit den Brötchen) hat nämlich Mäuse eingefroren („In Tüten, ey. Das sind dann so Knäuel, die sehen voll aus wie Chickenwings!“) und referiert jetzt lang und breit darüber, wie man die Piepsdinger wieder anständig aufgetaut kriegt. Ihre Freundin schlägt vor: „Einfach über Nacht rausle- gen!“ Insgeheim habe ich das ja auch eben gedacht, werd‘ aber den Teufel tun und mich einmischen. Der Tipp wird aber sowieso überhört, schließlich hat man gerade Publikum: der ganze Waggon kann nicht mehr weghören. Also folgt die Beschreibung für Problem und Lösung: „Erst wollte ich die in die Mikrowelle packen. Aber da platzen die doch! Also hab’ ich den Ofen schön angeheizt und die Viecher da rein getan. Nach zwei Minuten waren die aufgetaut und nach drei Minuten waren die fertich!!!“

Der reinste Triumph. Ihre Freundin schweigt betroffen, die Dame gegenüber rollt die Augen. Die Freundin: „Boah, Alter! Bei dir ess’ ich nie wieder Pizza!!!

– Also mal ehrlich, wer ist jetzt hier unhöflich?!?

Seit vorgestern liegt ein Schwein hinter meinem Kühlschrank, aber ich komm’ einfach nicht dazu..!

Doch, doch, mich gibt’s noch.

Zumindest am Wochenende. Ob’s mich unter der Woche auch noch gibt, kann ich nicht richtig beurteilen, denn wenn ich abends nach Hause komme, kippe ich sofort um und versinke in tiefer Bewusstlosigkeit. Vorher versuche ich aber, wenigstens noch den Man- tel auszuziehen. Dazwischen rotiere ich ohne Pause (daran muss ich noch arbeiten), stopfe meinen Kopf voll mit neuen Regeln, Vorschriften, Namen, Erläuterungen, Zusam- menhängen und: Käse. Da, wo ich jetzt werktätig bin, dreht sich nämlich Einiges um Käse. Und was kommt –bittschön- im Fernseher, wenn ich mich am Freitagabend total erschöpft auf den Lümmeldiwan bette? – „Wallace und Gromit“!

Ich gehe aber davon aus, dass das jetzt nicht jeden Freitag so ist. Also: sowohl, was das TV-Programm angeht, als auch meine Erschöpfung.

Spaß macht’s aber durchaus auch im neuen Jopp. Ich habe erfahren, dass meine Vor- gängerin wohl etwas, sagen wir, burschikos war, was den Umgang mit Mitmenschen angeht. Ich selbst habe noch mitbekommen, wie sie einen Kollegen vom Außendienst grüßte mit: „Na, Herr Sowieso? Alles fit im Schritt?!?“, worauf Herr Sowieso völlig einge- schüchtert nichts anderes mehr zu erwidern wusste als: „Höm!“ Das wertete ich mal freundlich als „Ja.“

Ratsuchenden Gästen, die sich erkundigten, wo sie sich denn wohl am besten hinsetzen sollten, soll sie empfohlen haben: „am besten auf ihren Hintern!“

Zum Glück wird solches Verhalten nicht auch von mir erwartet. Es wird aber von mir er- wartet, dass ich ans Handy der Kollegin und Vorgesetzten gehe, wenn sie gerade eine Besprechung hat. Besonders soll ich das tun, wenn eins ihrer Kinder dran ist. Das brach- te mich am Donnerstag in die Situation, erstmal ein infernalisch lärmendes und bestimmt mindestens genauso infernalisch teures Klappdrehhandy erstmal aufgemacht zu kriegen, bevor ich eine 11-jährige, vorwurfsvolle Mädchenstimme vernahm, die mir mitteilte: „Kannst Du Mama mal sagen: L. macht seine Hausaufgaben nicht!!!“

Am liebsten hätte ich geantwortet: „Petze, Petze, ging in’n Laden, wollte’n Stückchen Käse haben…! (usw., usf.)“, aber das ging natürlich nicht. Deswegen habe ich nur em- pfohlen, sie sollten mal noch ein Stündchen alleine klarkommen, dann sei die Mama wieder für Denunziationen zu haben. Und damit hatte ich sogar ganz gut geschätzt.

Wenn Mama nicht fernmündlich erzieht oder sich mit den Chefs bespricht, schreibt sie Schmierzettel mit Aufträgen voll, die ich erledigen soll. Anschließend verteilt sie die Zettel überall. Das reinste Schneegestöber! Meine Aufgabe ist es, diese Zettel fix ausfindig zu machen, das Notierte zu entziffern und prompt zu erledigen, damit ich zwischendrin noch Zeit habe, mich meinen grundlegenden Aufgaben zu widmen. Zudem soll ich „nach Feier- abend oder am Wochenende mal das ISO-Handbuch lesen“. Handbuch ist gut. Das Ding ist ein veritabler Riesenziegel von Aktenordner, den ich mit einer Hand gar nicht gestemmt kriege! Wenn ich den mit nach Hause nehmen will, muss ich dafür eine Extrafahrkarte für die S-Bahn lösen!

Außerdem, wie gesagt: im Moment schaffe ich zuhause garnix!

Aber nachdem ich den gestrigen Tag hauptsächlich mit Frühstücken und Schlafen ver- bracht habe, habe ich jetzt wieder die Kraft, endlich mal die Postkarte eines lieben Blogfreundes, die mir vorgestern aus Versehen hinter den Kühlschrank gerutscht ist, hervorzufriemeln. Da ist nämlich ein reizendes, leicht abgerocktes Plüschschweinchen drauf, das mir lustig zuzwinkert.

Und danach gucke ich mal, ob ich auch noch den Abwasch schaffe…

Piep!

So, heute fange ich überraschend etwas später an, deswegen habe ich jetzt kurz Zeit, ein Lebenszeichen zu senden…

Der erste Arbeitstag gestern war ganz o.k., ich bin sehr freundlich empfangen, ja sogar „Willkommen!“ geheißen worden, hab‘ mich auch nicht doof angestellt, und die Kollegin ist zwar’n büschen hektisch, aber auch sehr nett (das mit der Hektik hört dann hoffentlich auf, wenn ich erst eingearbeitet bin). Tja, mehr gibt’s eigentlich noch nicht zu erzählen.

Als ich dann abends zuhause müde vor der Lichtkiste lag, erfuhr ich, dass der Jackpot offenbar geknackt wurde. Am Samstag, als ich diese ganzen überfüllten Lottoannahme- stellen sah, habe ich übrigens noch noch gedacht: “ So’n Jeckpott ist doch, wie hunderte Millionen Samenzellen prügeln sich um ein Ei!“ – Nun sind’s also wohl Zwillinge geworden. Einer in Bayern, einer in Niedersachsen.

Das wird doch nicht etwa…?

Achtung, Achtung: eine kleine Durchsage!

Nein, er hat nicht angerufen. *g*
Das nur vorweg.

Aber es gibt trotzdem Neuigkeiten: Es ist geschafft. Seit vorgestern bin ich im Besitz eines nagelneuen Arbeitsvertrages! Am 2.2. geht’s los, 40 Stunden in der Woche, und zwar von Montag bis Freitag, von morgens bis abends. Man kennt das ja.

Ich war’s einfach leid, mich allein durchzuschlagen, habe nun die anmürbende Zeit des „Sich-Bewerben-Müssens“, „Sich-wie-Sauerbier-Anpreisens“ und „Bewerbung-mit-0815-Absage-aus-dem-Briefkasten-Zerrens“ zum Glück hinter mir und bin nun zurück in der Arbeitswelt der Festangestellten mit Sozialversicherung und Urlaubsanspruch. Ein beruh- igendes Gefühl, das muss ich schon sagen. Vielen Dank an dieser Stelle mal an alle, die mir ihre Daumen gedrückt und gute Wünsche gewünscht haben! Hat sehr geholfen.

Zumindest in den ersten Wochen werde ich allerdings vermutlich auch deutlich weniger Zeit finden, mich in der Bloggeria zu zeigen. Das betrübt mich jetzt schon, denn Ihr werdet mir dann sicher sehr fehlen! Aber mal gucken, wie es wird, wenn ich mich im neuen Jopp erst eingearbeitet habe. Dann kann ich hier bestimmt wieder zulegen.

Zur Tätigkeit an sich möchte ich vorerst nur so viel sagen: Es hat überhaupt nix mehr mit Grafik, Druckdaten, Bildbearbeitung und Co. zu tun, sondern vielmehr mit Organisation, Veranstaltungen, Büro und Service. Ich freu‘ mich schon drauf, denn ich kann dort vermut- lich bald ziemlich eigenverantwortlich und selbstorganisiert arbeiten und habe Kontakt mit vielen Kollegen und Besuchern. Und ich bin sicher, dass da auch schon ein paar kuriose Geschichten lauern… Komischerweise gibt’s die ja überall, wo ich hinkomme.

So, das wollt‘ ich nur mal eben erzählen…

Liebe Grüße von Eurer Bromine!

Freiheit und heiße Luft.

„Dann werd ich mich jetzt erst mal föhn’n,
es muss ja schließlich weitergeh’n.“

Wer auch findet, dass das eigentlich ein ganz niedlicher (wenn auch etwas unsauberer) Reim ist, der kann ja mal eben die Hand hochhalten (und davon eventuell ein Foto ma- chen, um’s dann hier zu posten). Dieser Ausspruch, das nur zur Erklärung, entstand gestern Morgen, während ich den Weihnachtsbaum endlich mal gehörig auseinander genommen habe.

Danach hätte ich mir dann übrigens fast einen Mausarm angeschafft, obwohl das sicher blöd ausgesehen hätte. Ich habe aber den ganzen Tag im Fotoschopp herumgetan und u.a. ein Chamäleon freigestellt, weil ich das für einen Falti brauche. Das Freigestelltwer- den scheint wohl des Chamäleons Schicksal zu sein, denn vorher wurde es mal von Freund A. (Steinbildhauer) aus einem dicken Stein herausgehämmert, was ich ziemlich nett von A. finde. Inzwischen ist das Chamäleon zwar verkauft worden (und vermutlich schon wieder ins Freie gestellt!), aber es soll trotzdem mit rein, als Beispiel für A.s Hämmerkünste.

Und ich schreibe das nur als Beispiel für meine gestrigen, äh, Abwesenheitskünste hier hin. Leider gibt’s davon kein Foto, aber das macht eigentlich nix, denn da wär’ ja, wie man sich denken kann, eh’ nix drauf.

Und damit ich gleich mal wieder loslegen kann, werd’ ich mich jetzt erst mal föhn’n…

Früh krümmt sich, was abgehakt werden will.

Eben habe ich mal meine Liste durchgezählt: über zwanzig Sachen habe ich seit Diens- tag abgehakt, und elf Sachen muss ich bis morgen Abend noch erledigen.

Auf der Liste stehen z.B. so Punkte wie: „ausgiebig Waschen und Putzen“ und „schnell doch noch eben Kipferln backen“ aber auch „ungefähr noch 104 Leute wegen Irgendwas anrufen“, „zum Amt“, „Bluse bügeln wegen Vorstellungstermin“ oder „den ganzen Tag sinnlos in Wunstorfer Gewerbegebiet rumsitzen“.

Dass das sinnlos war, wusste ich allerdings erst am zweiten Tag, als ich die Stelle dann nicht gekriegt habe, weil ich morgens leider spät zum Probearbeiten angehetzt kam. Dafür konnte ich zwar nix, weil die Bahn mal eben aus lauter Beinstellerei auf offener Strecke einen 10-minütigen Erholungsstopp einlegte, was dazu führte, dass ich den Anschlussbus verpasste, aber auf der Rückfahrt war der Zug immerhin wieder auf die Minute pünktlich!

Von Beileidsbekundungen bitte ich übrigens abzusehen, denn es war vermutlich auch irgendwie besser so. Der Laden erinnerte mich vom Arbeitsklima her sowieso ziemlich an das hier, und das ist nix für meine Nerven, weil ich mich dann immer anstrengen muss, die Klappe zu halten. Und ausgerechnet Krawatten zu gestalten ist vielleicht ohnehin nicht meine Berufung, wenn ich’s auch sicher ganz prima gemacht hätte. Auf Nachfrage hab’ ich zudem erfahren, dass meine Mitbewerberin noch nicht so „finanzielle Vorstellungen“ hat, weil sie viel jünger ist und noch „zuhause“ wohnt. Also, ich wohn’ ja auch irgendwie zuhause, aber lassen wir das ruhig…

Heute will ich jedenfalls mindestens vierfünf Sachen (eins davon: alle Fenster putzen) er- ledigen, zwischendrin noch ein Tässchen Tee mit dem guten M. trinken und ihn dabei in den Genuss meiner wieder mal sauleckeren Kekse bringen, bevor ich morgen Abend das „Koffer packen“ als letzten Punkt auf der Liste durchstreichen kann. Und Dienstagfrüh gebe ich der Bahn dann wieder Gelegenheit, mich zu triezen; allerdings wird das wohl für eine ganze Weile das letzte Mal sein, denn zurück komme ich dann ja zum Glück mit dem Möbelauto.

Die Bromine tritt kurz mal eben kürzer.

Das bedeutet jetzt übrigens nicht, dass ich aufgrund irgendwelcher Umstände mittenmal nur noch ’nen Meter zehn hoch bin und deswegen nur noch kleine Schritte machen kann, sondern:

Weil hier gerade mal (wie das ja gerne so ist) alles gleichzeitig dran kommen und erledigt sein möchte, werde ich in nächsten zwei Wochen nur ab und zu die Neese ins Blog stecken können. Die Eine und der Andere haben ja vielleicht schon mitbekommen, dass mich die Jobsuche gerade sehr umtreibt, dann gibt’s wie nebenbei noch etwas störendes Ämtergerangel, zudem ein paar Kleinigkeiten, und ein Umzug ist ja erfreulicherweise onnoch zu wuppen (zum Glück isses nicht mein eigener…).

Und wenn das alles von vorne nach hinten geschaufelt ist, erzähl‘ ich Euch, wie’s war…

Bis dann also und liebe Grüße!
Eure Theo

Vögelchen!

Also, wenn jemand auf tausend Arten bescheuert gucken kann, dann ja wohl ich.

Zur Erklärung: Ich brauch’ gerade ein aktuelles Bewerbungsfoto. Und weil ich sogar noch bescheuerter gucke, wenn jemand vor mir steht, mir eine Linse direkt ins Gesicht hält und dann sagt: „So, und jetzt ganz locker!“, bin ich auf die großartige Idee verfallen, die Bilder eben selbst zu schießen. Was soll ich auch -zig Euro dafür hinblättern, Fotos von mir zu bekommen, auf denen meine Gesichtskrämpfe zwar zugegebenermaßen anständig aus- geleuchtet werden, die ich aber anschließend sofort ganz unten in der Küchenschublade verschwinden lasse. Das kann ich schließlich auch billiger haben.

Also hab’ ich heute Morgen vor der einzigen Wand, die weder raufasertapeziert noch ge- fliest ist (also in der Küche), den Tisch weggeschoben, Zeitschriftenstapel verpflanzt, alle Lampen aufgestellt, die hier mobil sind und dazu mir gegenüber einen großen Spiegel aufgebaut, um meine Gesichtszüge schön im Gleis zu halten.

Dann ging’s los: Gerade hinsetzen, die Kamera am ausgestreckten Arm in der linken Hand, die Schultern trotzdem locker, ein freundliches, aber nicht zu freundliches Lächeln, – Knips! Zur Sicherheit gleich ein paar Mal hintereinander weg. Erst jetzt fällt mir auf, wie laut eigentlich die Gefrierbox ist, die mir Freund M. kürzlich freundlicherweise überlassen hat. Er hat sich nämlich einen neuen Kühlschrank mit allem Zipp und Zapp gekauft. Und ich sitze jetzt hier neben einem brummenden, vibrierenden Friermonster und versuche, geschäftsmäßig zu gucken.

Auf dem Display seh’ ich gleich: Das Licht ist fies, außerdem spiegelt sich’s in den „ent- spiegelten“ Brillengläsern. Also Umbau. Damit die Lampen so scheinen, wie ich sie haben will, muss ich die Stehlampe über’n Herd legen und mit dem Nudeltopf von gestern verkei- len. Dabei kriege ich direkt Hunger, überlege auch kurz, aber schließlich muss ich jetzt arbeiten! Wenn ich jetzt anfange zu essen, klecker’ ich mich garantiert mit der leckeren Tomatensauce voll. Die würde man bestimmt sogar auf der schwarzen Bluse sehen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Personalpeter auf das Bild guckt und sagt: „Aha! Die Frau mag Tomatensauce, – wie sympathisch!“ Also weiter.

Ich probiere verschiedene Lichtkombinationen, bilde mir ein, ungünstige Schatten noch im Photoschopp retuschieren zu können und knipse, was das Zeug hält. Zwei Drittel der Bil- der lösche ich direkt vom Display weg, weil ich darauf entweder gucke wie ein verliebtes Dorfmäuschen oder eine schnippische Gräfin. Dazwischen schiele ich, hab’ die Augen ganz geschlossen oder mache ein Doppelkinn. Wenn das Gesicht halbwegs passt, dann schlagen Bluse oder Frisur Falten. Zur Auflockerung schneide ich immer wieder Grimas- sen, von denen ich aus Versehen auch noch einige mitfotografiere.

Doch als kaum zwei Stunden vergangen sind, verfüge ich, dass es jetzt genug sein muss. Ehrlich gesagt, habe ich einfach keine Lust mehr. Unfotogen zu sein ist ja nun nicht gerade ein beliebtes Hobby. Zumindest habe ich das nie unter dieser Rubrik angegeben gefunden.

Am Rechner lösche ich noch mal alle Bilder bis auf fünf Stück. Eines davon suche ich mir seufzend aus und retuschiere dran rum, bis ich mir immerhin sagen kann: „Besser als das Jetzige ist es allemal.“ Allerdings ist das keine große Kunst, denn das wurde wirklich zwi- schen Tür und Angel von einem Fotografen gemacht, der normalerweise Brillen verkauft. Und das Modell, das ich trug, hatte ich sichtbar woanders erstanden. Das sah man den Bildern dann auch an.

Ach so: Nein, ich werde das Bild hier nicht zeigen, ich will ja niemanden desillusionieren. Die einzige Chance, es in die Finger zu kriegen, ist, mir einen feinen Job dafür zu geben.

Bahnhof? Bahnhof!

Heute also mal keinen Kuchencontent… *g*

Ich les’ in letzter Zeit ziemlich viele Stellenanzeigen, und weiß oft nicht: liegt’s an mir, oder kann man das gar nicht alles verstehen? Was sind denn das bloß für Tätigkeiten!?

Also, wenn da z.B. steht:

„Souveräner Mystery-Shopper (m) 30-35 in Hannover gesucht“.

Schade, dass ich nun so gar kein Mann bin, sonst könnte ich vielleicht schon ab dem nächsten Ersten mit Trenchcoat und Sonnenbrille durch die Boutiquen streifen. So stell’ ich mir das vor. Bisher dachte ich übrigens immer, „Mystery“ sei ein Roman- bzw. Film-
genre. Aber dass man so auch einkaufen shoppen kann! In der weiteren Beschreibung erfahre ich dann übrigens, dass man pro Mysterykaufshop 30,-€ bekommt. Allerdings muss man dafür auch Vorabfotos der Ware machen und sie per Handy in eine Geheim-
zentrale schicken. Und das alles selbstverständlich ganz souverän und unauffällig. Das hätte ich bestimmt sowieso nicht hingekriegt…

Also vielleicht lieber:

„Gruppenleiter Konstruktion technische Gummiartikel“?

Das liest sich irgendwie merkwürdig. Das Kopfkarussell fährt Kurven. Hm, lieber nicht.

Andere Bezeichnungen kommen mir ebenfalls nicht für mich passend vor, aber das liegt vielleicht auch nur daran, dass ich ums Verrecken nicht weiß, worum’s da überhaupt geht:

„Seniors für den Bereich Transaction Tax / M&A“

 oder:

 „Senior Consultants operational Effektiveness“.

Also ein Transaktionstaxi zu fahren, traue ich mir schon deshalb nicht zu, weil ich meinen Führerschein noch gar nicht so lange hab’, da fehlt mir einfach die Fahrpraxis, ob jetzt mit Transaktionen oder ohne. Vielleicht hat’s aber auch irgendwie anders mit Steuern zu tun, das kann ich eben nicht sagen, da kenn’ ich mich nicht aus. Was das Zweite ist, weiß ich auch nicht. Ist denn „Senioren konsultieren effektive Operationen“ eine Tätigkeit, die neu-
erdings bezahlt wird? Dann überlege ich mir das in ein paar Jahren vielleicht mal, wenn die magere Rente ansteht, so kann ich mir ein bisschen was dazuverdienen.

Ich hab’s! Ich werde:

„Geschäftsführer/in für das Exzellenzcluster PRO³gression Diligent Production“.

Das scheint mir, warte mal, eine Filialleitung zu sein in einer Anhäufung kirchlicher Ober-
häupter
, die irgendwelche Abläufe emsig produzieren. Hoch 3! Also, höchstvermutlich taufen, predigen, verheiraten die am laufenden Meter, und ich müsste nur aufpassen, dass das ordentlich gemacht wird. Das krieg’ ich hin!

Ehrlich gesagt, glaub’ ich aber doch, dass es da um was Anderes geht…

Ich muss das aber nicht wissen oder gar verstehen, weil es sich hier ganz offenbar um Codewörter einer speziellen Branche handelt. Und es würde mich wundern, wenn die ihr Vokabular selbst durchgängig beherrscht. Meine Erfahrung ist die: je mehr dieser Code-
wörter benutzt werden, umso größer ist die Unsicherheit der Benutzenden. Die werfen sich solche Begriffe nämlich gern wie einen Zauberumhang über die Schulter. Wer hin-
gegen souverän ist wie ein Mysteryshopper, hat das nicht nötig und spricht lieber in verständlichen Worten. Ich hatte mal einige Jahre das Glück, in einer Werbeagentur zu arbeiten, die diese Affentänze eben auch nicht mitgemacht hat und in der auch mit Kun-
den auf Augenhöhe gesprochen wurde, ohne das ganze aufgepumpte Marketinggefloskel. Immer wieder wurde uns gesagt, wie durchaus angenehm das empfunden wurde. Wer sich beeindrucken lassen wollte, bis ihm die Frisur nach hinten absteht, ging eben woanders einkaufen.

Ha! Hier! Da hab’ ich doch noch was gefunden. Verständlich formuliert, so dass ich mir was drunter vorstellen kann:

„Fahrer/in für Kehrmaschine gesucht“.

Da hätte man frische Luft, es wär‘ eventuell sogar ganz lustig und sicher reichen dafür auch meine Fahrkenntnisse gerade so aus…

Bier und Hartz-IV

Neulich haben offenbar zwei Herren der TU in Chemnitz ausgerechnet, dass der Hartz-IV-
Satz fast dreimal so hoch ist, wie er eigentlich notwendigerweise sein müsste. Statt wie bisher 351,- Euro würden 132,- Euro demnach völlig ausreichen. Davon wiederum wären 68,- Euro (immerhin ja mehr als die Hälfte) für Lebensmittel veranschlagt. Im Monat. Ich schreibe das nur noch mal eben dazu, obwohl natürlich jedem von uns ganz klar ist, dass 68,- Euro im Monat sogar dicke ausreichen! Wer braucht denn schon mehr? Also, ich kenne zwar Leute persönlich, die auch schon mal 70,- Euro im Monat für Essen raustun, aber das sind auch echte Fresser.

Übrigens ist dieser neu errechnete, fiktive Satz für einen Mann von 1,70m Größe und 70kg Körpermasse ausgerechnet. Ob das der deutsche Durchschnittsmann ist, oder ob er bei diesen Längen- und Breitenmaßen zwangsläufig stehen bleiben muss, wenn er sich von Hartz-IV ernähren muss, bleibt offen…

Der Staat haut also für quasi überflüssiges Gesellschaftsmaterial jede Menge Piepen raus, die er sicher klüger anlegen könnte. Für neue Studien oder so.

Noch ein Beispiel: Ein Wintermantel dürfte laut Chemnitzer Rechnung 9,- Euro kosten. So ein teurer Mantel hält dann sicher auch ein paar Jahre und wärmt schön, wenn man von dem einen geheizten Zimmer, das pro Wohnung kostenmäßig zugestanden wird, mal in ein anderes gegangen werden muss.

Ach, und Zigaretten und Alkohol sind im Satz nicht enthalten. Darauf muss natürlich spe-
ziell hingewiesen werden, denn man weiß: Hartz-IV-ler ernähren sich ja bekanntlich von nichts Anderem. Und dabei ist gerade Alkohol ein ganz schreckliches Zeug! Zum Glück ist es nicht in den guten Rotweinen und Whiskeys enthalten, die sich diese Ökonomen jederzeit aus ihrem Vorrat gönnen können. In Dosenbier hingegen schon, aber Dosenbier ist ja auch potthässlich, das will ohnehin niemand sehen.

Schade, denn wozu reimt sich sonst „Bier“ auf „Hartz-IV“? Dieser Reim ist seit Einführung des neuen Arbeitslosengeldes II schon vielfach bis über den Würgereiz hinaus verwendet worden, aber er liegt eben so vermeintlich nah, dass man schon fast draufsteht. Und dann kann man ihn auch gleich verwenden. Machen doch sowieso alle. Wen kümmert’s schon, wenn auf die Arbeitsloser noch draufpolemisiert wird, die wehren sich ja doch nicht. Ich vermute eigentlich, dass der Alkoholkonsum von Alg II-Empfängern im Durchschnitt gar nicht höher ist als der von Professoren. Höher ist dabei nur der Fuselalkoholanteil, aber das ist ein ganz anderes Thema.

Als das neue Arbeitslosengeld eingeführt wurde, habe ich, ehrlich gesagt, ganz fest damit gerechnet, das mindestens einmal pro Woche irgendein Arge-Mitarbeiter von einem Ver-
zweifelten als Geisel genommen oder sonstwie bedroht wird, und heftigste Tumulte in den „Kunden“centern ausbrechen. Nix passierte. Die Metamorphose zur Schafherde ist in vol-
lem Gange, wie’s aussieht. Die da oben. Wir doch egal.

Vor Tagen habe ich (auf Umwegen über’s Teppichhaus Trithemius) die Aussage einer Berliner Sozialsenatorin (Heidi Knake-Werner, Die Linke) gelesen. Sie meinte: 

 „Ich halte es grundsätzlich für schwierig, wenn wohlhabende Menschen Menschen mit geringem Einkommen etwas vorrechnen.“

Das unterschreibe ich sofort! Auch Versuche Gutsituierter, mal einen Monat mit Alg II auszukommen, halte ich für Humbug. Ein solches Experiment ist doch erst ab einer Lauf-
zeit von einem Jahr in einer entsprechenden Wohnung und in entsprechendem Umfeld sinnvoll. Und vielleicht dazu noch: ohne das Wissen, wann dieser Zustand sich wieder abändert. Und wenn dann die Waschmaschine kaputtgeht, man Medikamente braucht und die Stromnachzahlung zu leisten ist…

Keine Sorge, da bleibt auch so schon kein Geld mehr für Hartz-IV-Bier, und wenn sich’s noch so schön reimt.