Den gestrigen Tag habe ich komplett verfaulenzt und mit ’nem spannenden Buch (Talk, Talk von T.C. Boyle), Pralinchen und dem in Hintergrund leise flüsternden Fernseher auf dem Sofa verbracht. Dabei habe ich mir erlaubt, viermal (!) wegzudämmern, zum Spätmit- tagessen bloß unaufwendige Backofenpommes zu grillen, mich ab und zu an unhöflichen Stellen zu kratzen (hat ja schließlich keiner gesehn) und Herrn Depardieu mal wieder auf allen TV-Kanälen vorzufinden. – Herrlich!
Damit ist jetzt aber Schluss. Die gute A. aus Berlin will nämlich heute Abend Biere mit mir trinken. Dass sie allerdings ausschließlich zu diesem Behufe nach Hannover gereist ist, bezweifle ich. Sie wird schon auch noch ein paar Familiengeschenke und ein Weih- nachtsessen abgestaubt haben…
Jedenfalls rechne ich für den späteren Abend mit leicht alkoholisiertem, aber selbstver- ständlich hochqualifiziertem Weibergerede über Sport, regionales und internationales politisches Geschehen, die weltweite Finanzlage, süße Pullover, dicke Motoren, allge- meine Wirtschaftsthemen, innovatives Technikspielzeug und ob der Typ vom Nebentisch gerade uns gemeint oder bloß was im Auge hat.
Denkbare Variante: Wir fahren raus aufs Dorf und besuchen dort Freundin S., um ihren Likörschrank eventuell erst aufzufüllen und dann gleich wieder plündern. Zuzwinkern müssten wir uns dann allerdings quasi selbst, in Ermangelung von Nebentischtypen, die höher sind als einsfünfzig und länger aufbleiben dürfen als bis halb acht. Das wär‘ mir allerdings auch sehr recht.
So oder so, meine Vorgabe (die schon Murren ausgelöst hat) lautet bisher nur: Ich geh nicht später noch in die Glocksee! Das ist hier so ein alternatives Veranstaltungs- und Kulturzentrum, wo alle, die ich kenne, immer endlich mal wieder hinwollen, weil sie da wohl vor Jahren ihre Jugend verschwendet haben. Ich hab mich da bisher eigentlich immer eher gelangweilt, außer bei Konzerten. Aber das liegt sicher an mir. Weil mit mir „nix los ist“ oder so.
Die Läden, in denen ich meine Jungend rumgebracht habe, gibts übrigens inzwischen alle nicht mehr, was bestimmt auch besser so ist. Weil ich auf diese Weise heute wenigstens nicht dort zwischen lauter 20-Jährigen rumstehen und denken muss: „Ihr habt ja keine Ah- nung, was hier früher so los war!!!“ Und: ich treffe so auch keine gleichaltrigen Menschen, die auch „einfach mal wieder gucken wollten“ und mich womöglich noch mit unmöglichen Klamotten und noch peinlicheren Frisuren oder Begleitungen kennen. Und ich die auch. Und dann müssen wir alle noch mehr Bier trinken, um diese Erinnerungen schnell wieder zuzuschütten.
Apropos, ich geh jetzt lieber erstmal gucken, ob ich überhaupt noch genug Kopfschmerz- tabletten im Schränkchen hab. Ich schätze, die werde ich in jedem Fall brauchen…
In den letzten zwei Wochen muss ich andauernd an meinen früheren Chef denken. Jedes Mal, wenn ich zum Fenster gucke, fällt mir nämlich ein, was der dazu gesagt hätte: „Frau G., da machen’se mal’n feuchten Lappen nass und gehen da eben mal drüber… – Dann sieht das optisch auch wieder gut aus!“ Mit anderen Worten: die Fenster hätten’s mal wieder nötig.
Aber es ist mir im Moment einfach zu kalt draußen und ich kann die ja nun schlecht nur von innen putzen. Ich hab’ auch ansonsten grade wenig Lust, rauszugehen, obwohl ich eigentlich einkaufen und zur Post müsste. Und vielleicht irgendwo noch ein Zweiglein Tan- ne abknipsen, das ich an den Adventskalender dranbinden könnte, den ich gestern für Freundin T. gebastelt habe.
Wir machen das seit vielen Jahren so, es ist eine nicht abgesprochene Tradition, dass wir uns manchmal ohne Verabredung gegenseitig Nonsense-Kalender herstellen. Manchmal kriegt sie einen, manchmal krieg’ ich einen, manchmal haben Beide das Glück. Jahre ganz ohne einen Kalender sind eigentlich selten. Letztes Jahr war zwar mal so eins, aber das ist gar nicht schlimm.
In die Päckchen kommt gern billiges oder kurioses Zeug, das sich sowieso seit Monaten in den Schubladen rumwälzt und unbedingt mal weg müsste. Außerdem stöbert man die Niedrigpreisecken in Drogerien und Schnickschnackläden durch, legt was noch Süßes zur Entschädigung drauf, packt dann den ganzen Kleinkrempel mühselig in noch kleinere Geschenkpapierfetzchen und denkt sich nebenbei doofe Sprüche dazu aus. In früheren Kalendern haben sich zum Beispiel befunden: Duschhauben, „Sexpielzeug“ (ich glaube:
1 Polsterknopf, 1 Büroklammer, 1 Glaskiesel, – das gibt Stoff für Phantasien!), Entkalker, tantiger Weihnachtsschmuck, Liebesromanheftchen, fiese Bonbons, 1 Tutschkastn…
Und weil Freundin T. sich vorletztes Jahr fast täglich über mein Rumhühnern anlässlich meiner Fahrerlaubniserwerbung ausgescherzt hat (sie hat mir bspw. beschriftete Fotos von Tacho und Drehzahlmesser in den Kalender getan, bloß weil ich die mal während einer Fahrstunde ein bisschen verwechselt hatte, und auch noch so doof war, ihr davon zu erzählen), kriegt sie das jetzt alles wieder! Leider kann ich hier nicht beschreiben, was ich gestern alles so eingepackt habe, weil T. hier ja manchmal reinliest, – aber die wird schon ihren Spaß haben… – Leider bin ich nie dabei, um ihr Gesicht zu sehen.
Ach so, weil wir auch voneinander wissen, dass wir die Päckchen immer vorher neugierig abtasten und vorsichtig befühlen, steckt diesmal in jedem noch ein perfides Zettelchen mit einem irreführenden Hinweis auf das Päckchen vom Folgetag.
Hier ist jedenfalls das Prachtstück:
Ich verrate Euch jetzt einfach mal den Hinweis für das erste Päckchen, denn T. kommt sowieso heute Abend, um das Ensemble abzuholen, und weiß dann genauso viel wie Ihr: es ist das ganz rechte, fühlt sich ein bisschen weich an und der Hinweis lautet „Kartof- felpuffer!“. – Na?
Nachtrag:
In dem Päckchen war nämlich eine Gesichtsmaske… *g*
Naja, eigentlich war sie hier, um mit mir einzwei Schokoliköre auf die neuesten Entwick- lungen zu trinken, die sie vor Jahren mal von irgendwoher für mich herbeigewünscht hatte. Und mich nebenbei zu warnen. Erstmal kam sie aber in guter alter Tradition ein Viertel- stündchen zu spät und machte sich aber (wie immer) die Mühe, extra deswegen vorher anzurufen. Das war aber auch ganz gut so, denn sonst hätte ich die dünnen Spaghetti womöglich zwanzig Minuten gekocht statt fünf, um sie heiß auf den Tisch zu kriegen, und das hätte denen nicht gut getan.
Als T. dann da war, erzählte sie, sie hätte auf Arbeit noch schnell was fertig machen müs- sen, weil sie sich für heute spontan frei genommen hat. Wegen der Sturmkatastrophe, die angeblich auf uns zurast. Davon hatte ich noch gar nicht gehört! „Doch, doch“, meinte sie, „das soll sogar noch schlimmer werden als Kyrill! Da möchte ich lieber nicht auf der Land- straße unterwegs sein.“ Wenn ich sowas höre, kriege ich ja immer gleich Gänsehaut, weil ich Angst um meine Pappel habe. Die steht auf der anderen Straßenseite und rauscht mir von da aus zu. Sie fühlt sich wahrscheinlich etwas allein, seit „Kyrill“ damals mitten in der Nacht ihre Schwester umgefegt hat. Pappeln haben ja so schwächliche Wurzeln…
T. meinte dann noch, es sollen heute wohl gegen Mittag Schnee und Eis über uns herein- brechen, ganz wilde Sachen also, und ich dachte daran, dass ich genau gegen Mittag zu einem unangenehmen Termin müsste. Wenn es nach mir ginge, würde der kommende Sturm mal lieber das entsprechende Gebäude umknicken und meinen Baum stehen las- sen, aber ich fürchte, das ist wohl ein bisschen viel verlangt.
Freundin T. und ich erinnerten uns dann noch an vergangene Wetterkatastrophen. (Mir fällt jetzt noch spontan ein, wie ich ’78 oder ’79 mal tatsächlich eine Woche schulfrei hatte, weil die Schneewehen bis an unseren Balkon ranreichen. Wir wohnten übrigens im Hoch- parterre.) Zum Beispiel gab es auch Ende der Neunziger mal einen ordentlichen plötzli- chen Wintereinbruch. T., die damals noch meine Chefin war, hatte mich morgens noch angerufen, um mir den guten Tipp zu senden, ich solle mir unbedingt dicke Strümpfe über die Schuhe ziehen, damit käme man auf dem Glatteis ganz gut voran. Leider war ich da schon längst unterwegs und brauchte dann irre lang, um hier über die gewölbte Benno- Ohnesorg-Brücke drüberzukommen, weil ich immer wieder zurückrutschte. Zum Glück war ich da nicht die Einzige, deswegen war es eigentlich ganz lustig. Die Filmaufnahmen dazu hätte ich übrigens ganz gern.
Und dann gab’s ja noch dieses Blitzglatteis zu Weihnachten 2002, oder wann das noch mal war. Da hatte ich ausnahmsweise mal meine Mutter am Heiligabend eingeladen. Und sie kam auch tatsächlich aus Celle angefahren, im Schritttempo, und dann war der Ofen aus. Es gab kein Zurück und sie musste hier bleiben, bis die Straßen wieder frei waren.
Ich könnte in die Tischkante beißen: ausgerechnet heute will der Stream nicht fluppen! Wo ich doch soooo gern Radio Unerhört Marburg hören will… Aaaahhhh!!! Erstmal’n Beruhigungstee…
Nachtrag:
Puh! Jetzt geht’s… Nach 3 Neustarts, 14maligen Neueinwählen, Fehlersuche in der Firewall, dem Runterladen eines anderen Players und 1 angekauten Tischkante.
Ich geh‘ ganz gern auf Messen, solange ich da nicht arbeiten muss (wie früher). Beson-
ders gern gehe ich mit Freundin T., so ja auch gestern. Aber hübsch der Reihe nach:
Nachdem wir schon im Eingangsbereich erste Ellenbogenangriffe kiebiger Seniorinnen überstehen, betreten wir die erste Halle und genehmigen uns erstmal was zu trinken. Der Saft ist dermaßen gut gekühlt, dass ich befürchte: wenn ich das Fläschchen so austrinke, muss ich zusätzlich ein paar Cranberrytabletten einwerfen. Doch zum Glück entdecken wir gleich vor Ort heimelige Liegewiesen mit Kissenbergen drauf, auf denen wir unsere mitgebrachten Stullen auspacken und warten können, bis der Saft eine günstigere Trink-
temperatur erreicht hat. Schließlich haben T. und ich uns ja auch schon wieder drei Wochen nicht mehr gesehen und müssen uns erstmal wieder gegenseitig „auf Stand bringen“. Dann geht’s aber wirklich los!
Die erste Halle ist immer die Erlesene, da gibt’s „Wohnaccessoires“, die in ihrer Fülle auf der Messe meistens traumhaft aussehen, als Einzelteile zuhause allerdings oft enttäu-
schen, wenn sie erstmal mit Zeitschriftenstapeln, Ü-Eierfiguren und selbst bemalten Blumentöpfen gruppiert werden. Also schön zum Gucken, aber nix zum Kaufen.
In der zweiten Halle wird es schon deutlich nüchterner. Gleich als erstes treffen wir auf eine Art Umfrage, durchgeführt von irgend-
einer Glaubensvereinigung. Sie möchte von uns, dass wir rote Bällchen in Röhren wer-
fen, um anzugeben, wie wir denn unseren Vornamen finden. Auf den Röhren steht: „modern“, „passend“, „aussagekräftig“, „wunderschön“, „antiquiert“, „unpassend“, „peinlich“, „nichtssagend“.
„Klingt ein bisschen wie ein Halbfettbrot-
aufstrich“ ist nicht dabei, deswegen gibt’s von mir auch kein Bällchen. Die meisten Leute scheinen aber ihren Namen passend zu finden, wasdaran liegen kann, dass man sich natürlich an fast alles irgendwann gewöhnen kann.
Weiter geht’s. Ich gewinne wieder mal sehr deutlich den Eindruck, dass der Mensch wohl ganz gern massiert werden möchte. Das kann ich übrigens gut verstehen, denn eine schöne Massage ist ja nun wirklich was Feines. Vor Allem natürlich für den Massierten, der Massagegebende hat mitunter ordentlich zu tun.Vermutlich werden deswegen auch andauernd Geräte erfunden, die die wohltuende Berüh-
rung der menschlichen Hand mal lieber ersetzen sollen. An jeder Ecke brummt dieses hoffnungslose Unterfangen. Wir sehen, ohne uns groß umzugucken, Massagesessel (auf denen Freundin T. sich vor einiger Zeit mal fast einen Rückenbruch geholt hätte, wie sie mir plastisch schilderte), Magnetmassage (danach bleiben vermutlich dauernd Schrauben, Büroklammern und Fahrräder an einem kleben), und Massagedelfine (die kannte ich bis-
her allerdings irgendwie kleiner und aus anderen Anwendungsbereichen, wenn auch nicht aus persönlichen…). Wir verzichten also lieber und strolchen weiter.
Weil ich mir ja Handschuhe kaufen möch-
te, streben wir dem „Basar der Nationen“ zu, wo ich beim letzten Mal fündig gewor-
den war. Dort gibt es fast alles!
Kartoffellampen, deren Sinn sich mir wohl noch erschließen wird. Kräftig singende, brötchenschmierende Italiener. Und eine Frau, die sog. „Heilmäuschen“ herstellt, wobei es sich um mit Körnern und Kräutern gefüllte Schmusekissen handelt, die dann erwärmt, Schmerzen lindern sollen.
Die Heilmäuschenfrau hat sich zwei ganz tolle Gedichte dazu ausgedacht, die an der Rückwand ihres Messestandes festgepinnt sind. Als ich diese fotografiere, herrscht sie mich an, ich solle das gefälligst sein las-
sen. Ich versuche sie zu beruhigen, dass ich keinesfalls ihre Waren fotografiert hätte und biete freundlich an, das Foto dann eben wieder zu löschen. Sie ist aber gar nicht zu beruhigen und wird immer unwir-
scher, es handle sich um ihre kreative Arbeit und das fotografieren sei gefälligst verboten. Und an den anderen Ständen auch!!! Ich frage sie, ob sie mir das nicht im Ge-
sprächston vermitteln kann, statt mich so heftig anzufahren. Sie wirkt nämlich, als wolle sie mich gleich am Kragen packen und über ihre Kissenstapel zerren oder die Polizei rufen. Inzwischen hat sie sich auch alle ihre Kunden vergrault, die ihr wohl ihre Fürsorge für leibliches Wohlbefinden nicht mehr so ganz abkaufen. Ich bleibe erstaunlich ruhig und möchte ihr glatt eins ihrer Lavendelmäuschen empfehlen, so zur Beruhigung, unterlasse das aber lieber und lösche nebenbei das Foto. Leider lösche ich dabei ein anderes mit, das ich eigentlich behalten wollte.
Weiter geht’s also mit der Handschuhsuche, ich finde stattdessen jedoch eine hübsche kleine indische Baumwolltasche und einen afrikanischen Gürtel, der aber gar nicht afri-
kanisch aussieht. Beinahe hätte ich mir auch noch einen Verwandlungsschal gekauft, aber als er sich partout nicht in die gewünschten Handschuhe verwandelt, lasse ich ihn dort.Freundin T. hingegen verbringt einige Zeit damit, getrocknete Samen und Hülsen anzu-
schwärmen. Das scheint gerade so’n Trend zu sein, dem ich nicht ganz folgen kann.
Man legt sich das wohl zuhause irgendwo hin.Ich bin bloß die ganze Zeit froh, sowas nicht hinten im Hemd drin zu haben und dann viel-
leicht nicht dranzukommen. Vorsichtshalber mache ich ein Foto, vielleicht erschließt sich mir der Sinn ja noch. Der Standbetreiber steht beim Fotografieren übrigens neben mir und macht keinen Mucks. Offenbar hat er keine Sorge, dass ich irgendwelche dicken Bohnen oder Distelblüten plagiiere. Bis T. wieder ansprechbar ist, stelle ich mir vor, das ganze Gestrüpp mit einer schönen Tube Weltraumkleber zu einer Skulptur zu verbinden und der Heilmäusefrau überzustülpen. Leider ist weit und breit kein Weltraumkleberverkäufer zu sehen. Als wir schon wieder Durst und Hunger krie-
gen, wechseln wir die FressMarkthalle, wo es kaum möglich ist, ein Getränk zu bekommen, das man auch mitnehmen kann. Das einzige, was man uns anbietet, sind gleich drei Liter-
pullen Wasser in einer Baumwolltasche. Wir lassen uns aber nicht verkohlen, denn jeder sieht, dass das gar keine richtigen Baum-
wollbeutel sind. – Die sind doch wohl deutlich aus Plastik!
Also kehren wir lieber in eine Art Seemannsklause ein und dort bittet mich T., ein Foto für sie zu machen von „diesen schrägen Brettern da“.Auf Nachfrage erklärt sie: „Ich hatte schon immer die Idee, so Bretter indirekt zu beleuch-
ten, aber ich wusste nie, wozu! Dabei kann ich die doch einfach an die Wand schrau-
ben!“ Dieser bestechen Logik will ich mich natürlich keinesfalls verschließen und mache das Foto, bevor wir weiterziehen.
Ums Eck schauen gar nicht mal wenige Leute zwei jungen Damen beim Abwasch zu. Wir überlegen kurz, es sind ja noch Plätze frei, doch solche nervenzerfetzende Action ist jetzt irgendwie nichts für uns.
Wir lassen uns lieber ein paar Meter weiter erklären, wie eine Lebendfalle für Marder funk-
tioniert. Freundin T. hatte schon Probleme mit solchen Tieren und ist interessiert. Der Erfinder zeigt uns das Gerät von vorne bis hinten, kennt sich mit Mardern offensichtlich prima aus und antwortet auf meine Frage, was ich mit so einem eingefangenen Marder denn dann anstellen soll, ich solle ihn ca. 12-15 km weit wegfahren und dort aussetzen. So ein Marder bliebe dann ganz bestimmt vor Ort, weil sein inneres GPS nur wenige Kilo-
meter Radius hätte.
Als ich bemerke, dass ich dann aber hoffe, da wohne nicht zufällig ein Nachbar in 12-15 km Entfernung, der mir zum Tausch dann seinen Marder vor die Tür setze, versichert er mir, dass das ganz bestimmt nicht passiert… Derart beruhigt verabschieden wir uns und machen uns auch allmählich auf den Nachhauseweg.
Als wir gerade aus der Halle wollen, sehe ich ihn aber doch noch, den Superklebermann!Ja, er ist sogar ein Sensationsklebermann! Ich bin so aufgeregt, dass mir das Foto leider etwas misslingt. Deswegen kann man blöderweise auch nicht erkennen, welche Sensa-
tionen dort gerade untrennbar zusammengefügt werden. Schade. Ich traue mich auch nicht, ihn anzusprechen. So ein Sensationsmann redet vielleicht nicht mit jedem, und ich möchte nicht aufdringlich erscheinen. Noch ein begehrlicher Blick aus gebührendem Ab-
stand, dann streben wir müde dem Ausgang zu.
Als wir auch die letzte Halle verlassen, stelle ich be-
sorgt fest, dass Freundin T. wohl ein bisschen was von ihrer Körpergröße eingebüsst haben muss. Ständig verliere ich sie aus dem Blick. Vermutlich ist der stetige Flüssigkeitsmangel Schuld. Wir hätten doch die Drei-
literkiste kaufen sollen! Erst, als sie zufällig unter einer Hockerlampe durchläuft, kann ich sie wieder für einen Moment mit bloßem Auge erkennen und sammle sie hurtig ein, damit sie mich wieder gemütlich nach Hause fährt…
Puh! – Ein Glück!
Es wäre zu schade gewesen, wenn dieser gelungene Ausflug noch in Kuddelmuddel geendet hätte.
Vielen Dank, liebeliebe T., für diesen schönen und lustigen Tag!
Gestern Abend wollte ich ja diese wahnsinnig spannende Diskussion zwischen dem ollen Marcel und dem noch nicht ganz, aber auch schon ein bisschen ollen Thomas verfolgen, aber ich bin immerzu dabei eingeschlafen. Jetzt weiß ich leider gar nicht, wie’s um die Fernsehlandschaft so steht, und wo die noch mal ist, und wie man da eigentlich über-
haupt hinkommt…
Dafür gehe ich jetzt gleich mit Freundin T. auf eine, naja, „Messe“, die noch vor einigen Jahren tatsächlich „Hausfrauenausstellung“ hieß. Hausfrauen werden da aber schon längst nicht mehr ausgestellt (übrigens auch nicht gemessen), aber dafür jede Menge Zubehör. Inzwischen nennt sich das natürlich alles Lifestyle-, Ambiente-, Wellness-
Schlagmichtot, aber selbstverständlich gibt es da noch immer die berühmten Wunder-
putztücher, die die Arbeit ganz von selber machen, während man in der Küche sitzt und Illustrierte liest. Es gibt Weltraumkleber, Topfsets, Tischwäsche, „Geschenkartikel“, riesige Tüten mit Knabberzeugvariationen (die einzeln gekauft bestimmt viel günstiger sind, allerdings dann auch leichter zu transportieren), überteuerte Klamotten und noch eine ganze Halle Weihnachtsterror. Herrlich!
Mein Grund, da hin zu fahren, ist, mal wieder kräftig mit Freundin T. herumzuhühnern, im Vorbeirennen an den Ständen das Neueste von Neulich auszutauschen, auch mal zwei Stunden zu warten, bis T. sich für eine von zwei Laternchen entschieden hat und mir even-
tuell neue Handschuhe zu kaufen. Ich hatte nämlich vor Jahren schon mal ganz tolle dort erstanden. Solche, die die Fingerspitzen freilassen und dann noch so ein Käppchen zum Drüberstülpen haben. Sowas Praktisches! Und so schön bunt waren sie auch noch. Das müssen die Motten, die sie mir dann später heimlich mal angefressen haben, damals auch gedacht haben. Zwar hatten wir da irgendwie was gemeinsam, trotzdem habe ich diese WG lieber nicht fortgesetzt und die Mitbewohner kaltherzig einfach weggeschmis-
sen, bevor die ihr Klingelschild unten an der Haustür anbringen konnten.
Mein Bericht zum Weltbloggertreffen zockelt jetzt natürlich so’n bisschen hinter den an- deren her, aber ich bin ja schließlich auch erst gestern Nachmittag aus Berlin zurück gekommen (und dann auch noch direkt weitergetrabt zu Freund M.s Geburtstag). Aber: Versprochen ist natürlich versprochen! Mit Fotos halte ich mich aber lieber zurück, das haben Andere schon gründlicher erledigt und meine sind eh’ nicht besonders geworden.
Also:
Erstmal ging’s ja am Donnerstag ab zum Bahnhof, wo ich Jules, meinen lieben Begleiter, aus dem einen Zug rauserwartete und in den anderen reinbegleitete. Und was soll ich sa- gen: Keine zwei Stunden später waren schon alle Käsebrote verputzt und wir erreichten den Bahnhof Spandau. Das mit Spandau war ein kleiner Trick, denn von dort aus lässt sich’s prima mit der U-Bahn nach Kreuzberg fahren, ohne zwischendrin auszusteigen. In Kreuzberg wiederum wartete mein Vater schon darauf, uns in die kleine Behausung einer Bekannten zu begleiten, die hauptsächlich in Italien weilt und ihre Berliner Wohnung zum Glück nicht dorthin mitgenommen hat.
Zu dieser Wohnung könnte ich jetzt manches bemerken, beschränke mich aber darauf: Manche Hochbetten sind Vertrauen erweckend gebaut, andere nicht so. Dieses hier war quasi begleitet von weiteren Selfmade-Konstruktionen innerhalb der Wohnung, wie bei- spielsweise einer Duschvorhangwinkelstange, die (um sie am Durchsacken zu hindern) mit einem langen Schlüpfergummiband an einem Wasserrohr befestigt war. Wie viel Erfolg dieser Bastelei beschieden war, kann sich jeder selber denken. Aber schließlich komme ich so wenigstens endlich mal dazu, die Wörter „Duschvorhangwinkelstange“ und „Schlüp- fergummiband“ in einem Satz zu verwenden! Und werde in Zukunft sicher keine nassen Handtücher mehr über solcherlei Arrangement hängen.
Wir richteten uns also ein, und zum Donnerstag ist dann eigentlich nichts weiter zu sagen, außer, dass wir noch ziemlich leckere Pizza an der Gneisenaustraße aßen. (Die Adresse rücke ich auf Anfrage gern heraus.)
Der Freitag begann mit einer Brückenfahrt. Diese Bezeichnung ist jetzt ein bisschen irre- führend, denn die Brücken fuhren ja nun kein bisschen, sondern wir. Und zwar auf einem Schiffchen und unter den Brücken durch. Wer mal nach Berlin kommt, sollte das ruhig mal machen, weil’s einfach schön ist und man die Stadt aus einer sehr sympathischen Perspektive kennen lernt. Da ich das schon öfter gemacht habe, bekomme ich einen Son- derservice: ein Freund meines Vaters lebt in einem schicken Haus am Landwehrkanal und wird per Handtelefon zum Winken auf seinen Balkon komplimentiert, wo er dann jedes Mal wahlweise Hüte, Schiffsflaggen oder sogar beides schwenkt. So auch diesmal…
Nachmittags machten wir uns dann allmählich auf den Weg zu mokono. Dass der Fuß- weg dorthin doch ziemlich lang war, merkten wir erst unterwegs, denn natürlich ist das blog.de-Office immer genau am anderen Ende der Oranienstraße untergebracht. Und weil das Wetter so schön war, hatten wir an Mantel und dickem Zeug nicht gespart und kamen sozusagen gar an.
Eine ziemlich ulkige Situation übri- gens, einen Raum zu betreten, in dem sich Leute aufhalten, die man „kennt“, aber man weiß noch nicht recht, wen, weil man sie vielleicht nicht erkennt. Ich hatte mir darum Erkennungsmaterial erstellt, nämlich einen dicken Anheftebutton mit mei- nem Avatarfoto und kleine, leckere Schokotäfelchen, mit denen ich mich beliebt zu machen hoffte.
Das allgemeine Prozedere allerdings war, noch Unbekannte einfach am Ärmel zu zupfen und dann zu fragen: “Wer bist’n Du?“ Bei Einigen war das nicht mal nötig, da sie einwandfrei und ohne Zupferei als sie selbst zu erkennen waren.
Am verblüffendsten ergings mir jedoch mit einem jeansbejackten Herrn, der plötzlich ums Eck geschlendert kam und in mir sofort den Gedanken freisetzte: „Dat is’ der KaterMurr!“ Und er tat mir freundlich den Gefallen und war’s auch prompt.
Soll ich denn hier jetzt wirklich aufzählen, wen ich nun noch alles kennen gelernt habe? Nachher vergesse ich in meiner Schusseligkeit jemanden und der oder die weint dann dicke Tränen und ich bin nicht in der Nähe, um mit tröstender Schokolade auszuhelfen!
Na gut, ich versuch’s mal: Da war der Richard/Sansibar (der leider nur Freitagabend kurz vorbeischauen konnte), Prinz Rupi (der fast den ganzen Abend als Interviewer in seiner Loge zubrachte und sich erst später unter’s Volk mischte), BlackLily (mit der ich dann mal freudig anstoßen konnte, wenn auch mit dem falschen Bier *zwinker*), KaterMurr (der wirklich genauso war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte), ein Bohnenzähler (der mit ein unmögliches Versprechen abnahm und zum Tausch eine Handvoll Bohnen schenkte, die aber leider keine Kakaobohnen waren), Orphelins (die ein erfrischendes Lachen und ihren Gatten mitbrachte), Caramellino (der trockene Kommentare und seine Gattin dabei hatte), die Töpferschnecke mit Mann Repuhan und Sohn Lordkev, die freundliche Mondelfe, zwei Paparazzi namens Teddykrieger und Lichtundschatten, ferner ein Großteil des Blog.de-Teams und vieleviele Andere, deren Hände ich geschüttelt habe. Ich hoffe, ich hab’ jetzt niemanden ausgelassen… – Und wenn ich jetzt noch aufzählen würde, wen ich da alles schmerzlich vermisst habe…!
Es war jedenfalls ein Abend in aufgekratzter Stimmung, der später in einer Bar namens „Würgeengel“ endete. „BAR“ bedeutet zweierlei: dass man zwar erstens was zu Essen von der Karte bestellen kann, es aber eine Stunde dauert, bis sie es bringen (laut Aus- kunft der resoluten Tablettbiene), und dass man zweitens dort kein Alster bekommt (weil in Bars eventuell Brauseverbot herrscht?). Übrigens bekommt man zur Minestrone auch keinen Löffel und muss auf Tischnachbarn hoffen, die ihren Spaghettilöffel opfern. Es wur- de jedenfalls ganz schön spät, bis uns der exzellente Fahrdienst (Danke, lieber Rupi!) wieder in unserer Straße absetzte.
Am Samstagmittag ging’s dann ja gleich weiter mit dem Treffen am Neuen See, wo die Pizza groß und die Sonne warm schien. Es wurde freundlich geplaudert und irgendwie hatten sich wohl auch schon die Gruppen gefunden und nicht mal das Ruderbootrennen vermochte da eine gewisse Auflösung bzw. Neumischung zu bewirken, was ich irgendwie ein bisschen schade fand.
Nun, da wir voller Eindrücke waren und uns gerne vor Rupis Lesung noch ein Weilchen ausruhen wollten, machten wir uns mit KaterMurr im Schlepptau auf den Weg (auf dem sich prächtige Berliner Kastanien fanden, so dass ich jetzt derer zwei habe. Danke, lieber Murr!). Dass wir unterwegs wieder Durst bekamen, und noch ein Stündchen in einem wei- teren Biergarten hängen blieben, dafür kann ich nüscht. Berlin scheint eine Durststadt zu sein. Ich hatte tatsächlich von Donnerstagnachmittag bis Montagvormittag fast ununter- brochen Durst. Und das, obwohl ich sogar Getränke zu mir nahm! (Das schreib
e ich mal lieber dazu, nur falls jemand meint, mir einen prima Tipp gegen Durst geben zu wollen.)
Am Abend fanden wir uns dann natürlich in der Alten Post ein, wo Rupi, von seinen beiden Kumpels Waldorf und Statler flankiert, einige seiner vergnüglichen Texte vorlas und das Vorgelesene durch ausdrucksvolle Gestik, rasend schnelle, mit bloßen Auge kaum wahr- nehmbare Kostümwechsel und den Einsatz gefährlicher Tiere und Kekse noch unterstrich. Leider sind die Fotos indiskutabel, aber: schee war’s!
Und für mich gleichzeitig die Abschlussveranstaltung des Bloggertreffens, denn der Sonn- tag sollte doch meinem Vater gehören, der uns dann gleich vormittags auf eine kleine Rundreise nach Tempelhof und anschließend zum ausnahmsweise geöffneten Fahrzeug- depot des Technischen Museums ausführte, wo ich hauptsächlich (und leider zum großen Teil vergebens) versuchte, alte Schilder zu knipsen, während das liebe Väterchen mir einen minutiösen Bericht über sämtliche Straßenbahnfahrten seiner Kindheit lieferte.
Ich kann Euch sagen, mir schwirrte von all‘ dem nur so der Kopf! Eigentlich habe ich in Berlin jedes Mal das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben, um alles zu sehen und alle Lieben zu treffen, die ich dort habe. Aber diesmal kam ich mit der Verarbeitung der ganzen Ein- drücke wirklich nicht richtig hinterher. Da summt’s und brummt’s eigentlich noch immer im Oberstübchen.
Zum Glück hab‘ ich noch ein paar Schokotäfelchen übrig und kann mich damit nachher in meine duschvorhangstangenlose Badewanne legen…
Wer Sonntag in oder um Hannover weilt, sollte bitteschön unbedingt das „Klassik-Pick-
nick“ im Georgengarten besuchen! Dabei handelt sich’s um ein feines Gelage, das jährlich vor dem Wilhelm-Busch-Museum auf einer großen Wiese stattfindet. Ein Orchester spielt auf einer extra aufgebauten Bühne, die Müsike schallt über die Wiese und auf der Wiese drauf liegt die Bromine mit einem Deckchen drunter und mit Käsehappen, Brot und Picco-
lo im Körbchen. Das fällt aber gar nicht weiter auf, weil da noch Hunderte, ach was sag‘ ich, Tausende Andere drumherum liegen.
Seit bestimmt zehn Jahren besuche ich das Klassik-Picknick, wenn ich kann. Meistens mit Freundin T., die dieses Mal leiderleiderleider im Urlaub ist. Wir haben da nämlich schon im Regen gehockt, die Schirme wie Dachpfannen übereinander geschichtet, oder fast einen Sonnenstich bekommen, weil man bei gutem Wetter natürlich keinen Schirm dabei hat. Wir haben sehr edel gewandete Menschen dabei beobachtet, wie sie andächtig Teakholz-Sitzgruppen aufbauten, feines Leinen drüberwarfen und Champagnerkühler drauf-
stellten, während daneben eine friedliche Truppe Punks mit Hunden und Sixpacks lagerte. In einem Jahr saß eine junge Familie mit Säugling ganz nah bei der Bühne. Der Säugling schrie fast die ganze Zeit und die Mikrophone auf der Bühne trugen uns alles in technisch ausgezeichneter Qualität haarklein ins Ohr… Zuerst hat’s mich gestört, dann amüsiert, und irgendwann fand ich, es hätte sogar was. Das kann aber natürlich auch am Getränk gelegen haben.
Das Programm ist übrigens immer so, dass im ersten Teil klassische klassische Musik gespielt wird, im zweiten Teil dann was modernes, naja, Klassisches. In diesem Jahr wollen sie im zweiten Teil was von der „Harry Potter“-Filmmusik bringen. Ich weiß noch nicht, wie ich das finde… Ich hab’ das ja nu‘ nicht so mit Zauberern.
Im letzten Jahr konnte ich irgendwie nicht hin, aber im vorletzten Jahr gab’s übrigens die Filmmusik aus „Star Wars“. Dabei auf einer Decke zu liegen und die Wolken am Himmel ziehen zu sehen, war schon eher was für mich. Zum Glück lag niemand in meiner Nähe, der bei dieser Gelegenheit seine Lieblings-Filmzitate aufsagen wollte…
Also, Sonntag dann.
Um drei Uhr geht’s los. Laut Wettervorhersage ist kein Schirm nötig, weder für Sonne, noch für Regen. Aber ein Jäckchen sollte man dabei haben. Zur Not kann man sich’s ja als Kissen unterschieben…
Nachdem ich gestern früh einen wichtigen Termin abgehakt hatte, bei dem sich übrigens rausstellte, dass ich völlig umsonst schlecht geschlafen, mich aufgeregt und -gerüscht hatte, weil der Job dann doch leider nicht in Frage kam, rief ich endlich mal wieder Freun- din M. an, drohte mit meinem spontanen Besuch und versprach, Brötchen mitzubringen.
In der Bäckerei sollte ich 2,18 € zahlen und schob der Verkäuferin einen Zwanziger zu. Sie hatte aber nur wenig Wechselgeld in der Kasse und war jetzt völlig zerknirscht, weil sie mir nur Hartgeld zurückgeben konnte.
„Naja“, antwortete ich schulterzuckend, „ist doch schließlich auch Geld. Heute ist wohl so ein Tag, an dem alle mit Scheinen kommen, was?“ Sie entschuldigte sich aber gleich noch mal so, als wäre sie mir aus Versehen heftig über den Fuß gefahren und meinte, es täte ihr wirklich total leid! Dann fing sie an, mir zögerlich die Ein- und Zwei-Eurostücke hinzuzählen, was ihr sichtlich unangenehm war. „Och was“, sagte ich, “das krieg’ ich auch noch irgendwie ausgegeben. Ist doch nicht schlimm…“ Ihre Kollegin hatte nebenbei alles mit angehört und meinte anerkennend: „Also, so viel Verständnis haben die Kunden aber echt selten!“ und ihr war tatsächlich Erleichterung anzusehen.
Jetzt weiß ich nicht, ob’s nun daran lag, dass ich früher selbst mal im Verkauf gearbeitet habe, oder ob es selten vorkommt, dass die da nicht so wechseln können, wie sie wollen. Aber ich frage mich schon, welche Reaktion die Beiden denn befürchtet hatten. Sind die Kunden inzwischen so, dass man regelrecht Schiss vor ihnen haben muss? Hatten sie Angst, ich würde gleich anfangen, das schlimme Lied von der „Servicewüste Deutschland“ zu singen? Haben sie mit einer Anzeige gerechnet, wegen „mutwilliger Portemonnaie- Beschwerung“?
Etwas später ahnte ich dann, wie bei denen die Otto-Normalkundin aussehen muss:
Freundin M. wollte nach dem Frühstück gern noch mit ihren beiden süßen Töchtern auf den Spielplatz an der Fußgängerzone. Kaum, dass wir so dasaßen und schnatterten, kam eine Kindergartentruppe angetummelt und begann unter fröhlichem Gejohle einen Regentanz.
Eine ältere Frau, Typ Hanseatenschickse, näherte sich mit ihrem halbvollen Einkaufsbeu- tel, verzog schmerzlich das Gesicht und fragte ein Kind: „Was schreist Du denn so! Du musst doch nicht so schreien!“ Das Kind ließ sich aber zum Glück nicht beirren und lach- te herzhaft, bevor es erneut loslegte. Jetzt blieb die Frau aber stehen und fing an, erstmal kräftig rundum zu meckern, erwischte dabei einen Betreuer und wollte ihn jetzt zur Verant- wortung ziehen: „Muss das sein, dieses Geschrei hier!?! Das geht doch nicht!“ Der blieb aber ganz ruhig und meinte nur: „Das ist’n Spielplatz hier!“
Nu’ wurde Omi aber richtig fuchsig, holte ihr Handy raus und fing an, zu Demonstrations- zwecken zu telefonieren. Nur um irgendeinem armen, unbeteiligten Menschen mitzuteilen, es sei hier so laut, dass man sein eigenes Wort nicht verstünde!
Ich muss jetzt mal sagen, dass mir das noch nie passiert ist. Ich verstehe meine eigenen Worte immer prima, egal, ob’s nun laut ist oder nicht. Manche verstehe ich sogar, obwohl ich den Mund gar nicht erst aufgemacht habe! Was ich hingegen manchmal nur ganz schlecht verstehe, sind die Worte der Anderen, aber das ist ja ganz normal…
Ich meine, wenn man in der Nähe eines Spielplatzes wohnt, kann das im Sommer schon mal anstrengend sein; ich weiß gut, wovon ich rede. Aber im Vorbeigehen Kinder anzu- meckern, die sich in der Stadt auch mal austoben wollen…? – Das erinnert mich schwer an das Titellied der 70er-Kinderserie „Rappelkiste“, in dem ja vorkommt: „Machste mal zuhause Krach, kriegste gleich eins auf das Dach. Willste übern Rasen laufen, mußte dir ein Grundstück kaufen. Spielste mal im Treppenhaus, schmeißt dich gleich der Hauswart raus.“
Der Kindergartenbetreuer schlug der Frau vernünftigerweise vor, sie könnte doch auch ein- fach weiter gehen…
So hätte ich das übrigens auch gemacht. Die Gesetze der Physik sagen schließlich, dass die Lautstärke mit der Entfernung abnehmen muss. Madame hatte aber zuwenig Ahnung von Physik und rief entrüstet: „Ja, ich kann doch nicht fliegen!!!“. Aber stehen bleiben und wertvolle Energie verpuffen, das konnte sie prima. Erst als sie merkte, dass wirklich niemand Partei für sie ergriff, sondern eher überall geschmunzelt wurde, ging sie unter anhaltendem Gezeter und Gepruste weiter.
Fast schade eigentlich, dass ich mal wieder nicht weiß, was wir gerade für eine „Kahweh“ haben. Bestimmt irgendwas mit ’ner 3 vorn, schätzungsweise. Manche Leute legen ihr Le- ben ja in diesen „Kahwehs“ fest, diese Verfahrensweise ist mir allerdings ziemlich lange verborgen geblieben.
Bei KW denke ich höchstens an Kilowatt und dann bin ich noch lange nicht unbedingt bei Strom, sondern eher bei der Badezimmerwaage oder so. Wenn man mich z.B. fragte: „Wie sieht’s denn bei Dir mit der 36. KW aus?“, müsste man damit rechnen, dass ich antworte: „Ich war neulich erst beim Arzt, und der sagt, mit meinen KW-Werten ist alles prima. Ich sollte nur mal weniger Zucker essen. Aber das sagt er eigentlich immer, der olle Asket, der.“
Die vergangene egal-wievielte Woche war jedenfalls mal wieder voller Eindrücke und Ereig- nisse. Zum einen hatte ich wieder ganz lieben Besuch, den ich gestern schweren Herzens wieder verabschieden musste. Zum andern hatte ich am Donnerstag ein Vorstellungsge- spräch, aus dem ich etwas ratloser rausging als ich reingegangen war. Das wird sich aber hoffentlich in den nächsten Tagen mal klären…
Dazu gab’s leckerste Schokolade aus Maastricht, sonnig-windiges Picknick, Maschsee- fest, Gewitter, erschreckend viel frisches Gemüse, die erneute mittelschwere Erkenntnis, dass das Leben irgendwie einfacher wäre, wenn es nur etwaseinfacher wäre…
Ich musste mich tagelang mit dem neumodischen Begriff „Back office“ aufziehen lassen und außerdem hockt hier noch ein kleines Hühnchen, das ich demnächst mit meinem Nachbarn zu rupfen gedenke. Und zwar nicht mal, weil er in der Mittagszeit, als ich natür- lich mal ein bisschen ruhen wollte, plötzlich nebenan Stichsägearbeiten mit zünftigem Gepolter anfing. (Ich vermute, es entsteht ein neues Regal für seine Klanghölzchen und Blockflöten, mit Extra-Fach für seine geschundene Wandergitarre. Oder vielleicht hat er sich auch gleich eine neue Gitarre geschneidert! Die jetzige klingt schließlich auch wie Spanplatte.)
Ach, und ohne es zu wollen, habe ich am Donnerstag auch noch eine Rätselstube hier aufgemacht! Das will ich mal eben auflösen: der Onkel aus dem Fernsehen, auf dessen Namen mein Besucher zunächst nicht kam, war Hans-Olaf Henkel… Meines Wissen lebt der zwar noch, fiel mir aber natürlich erst Recht nicht ein, weil ich normalerweise gleich wegschalte, wenn so Wirtschaftsheinis in meiner Stube auftreten wollen. Die lesen ja doch nur von unsichtbaren Zetteln ab und versuchen sich gegenseitig zu neutralisieren. Herr Henkel war ja eine Zeitlang in jeder Talkrunde zu jedem Thema dabei und so habe ich vermutlich den Weiterschaltdaumen in dieser Zeit noch häufiger benutzt.
Weil Ihr aber offenbar so unheimlich gern rätselt, bekommt Ihr jetzt mal was Richtiges:
Welcher Begriff verbirgt sich hier? Ein bisschen müsst Ihr schon um die Ecke dabei. Kleiner Tipp: Es ist eher was für draußen.
So, was gibt’s noch? Natürlich! Das Beste zum Schluss: Ich freue mich sehr über zwei neue Blogfreunde!
Frau Familie Sonnenschein, die endlich wieder ihr Unwesen auf der Plattform treibt und deren trockenen Irrwitz ich schon oft genossen habe. Und talkavenue, der mich in kür- zester Zeit mit ägyptischen Broten und gemahlenen Schauspielern lustig verwirrt hat.
Na, da ist aber Strahlen in der Bude! Also, Herzlich Willkommen und auf eine feine Blogfreundschaft!