Alles voll gestopft mit Schachteln und Tütchen, bis unter die Decke. Bin umgeben von „Tena Lady“, Pediküre-Zubehör und Angora-Hemdchen.
Alle 3 dort beschäftigten Personen (Mutter, Vater, Sohn) bewegen sich mit affenartiger Langsamkeit. Besonders der Sohn, der ungefähr 50 ist und eine Günther Netzer-Frisur trägt. Er sieht völlig verraucht aus. Alle sehen so aus, als wären sie seit 20 Jahren nicht mehr vor die Tür getreten, wo das Leben brummt.
Hinterm Tresen die Mutter, davor eine mollige Omi. Auf dem Tresen liegen ziemlich benutzte hautgräulichfarbene Kompressionsstrümpfe. Sie haben Laufmaschen und sollen repariert werden.
Das Telefon klingelt. Keiner der drei reagiert. Es klingelt lange.
Dann geht der Sohn unsicher darauf zu, als wäre es ein Päckchen mit unbekanntem Inhalt. Er hebt langsam den Hörer ab, sagt mit unsicherem Gesichtsausdruck ein langes: „Sssss…“, horcht gleichzeitig dabei, stellt fest, dass niemand mehr dran ist und legt genauso langsam wieder auf. Nicht auszudenken, wie lange es wohl gedauert hätte, bis er gesagt hätte: „Sanitätshaus Brandes + Gieseking; Gieseking Junior am Apparat…?“
Da hätte ich auch rechtzeitig aufgelegt, schon wegen der Telefonrechnung.
Anschließend hat das Telefon nie geklingelt.
Ich stehe nun schon seit 5 Minuten da und jetzt sieht er mich. Er fragt, was ich möchte. Ich sage, ich brauche so ein Teil, um meinen Sitzball aufzupumpen. Er sieht mich an, als hätte ich einen merkwürdigen Dialekt drauf. Sein Gesichtausdruck schwankt zwischen Misstrauen und Unverständnis. Ich erkläre genauer und kann zusehen, wie dabei der Groschen fällt, langsam fällt.
Er fängt an zu kramen, Schubladen aufzuziehen, verschwindet in Katakomben, findet nichts. Er will seine Mutter fragen: „Muddi, diese Kundin möchte so einen Aufsatz, um Petzi-Bälle aufzupumpen.“
Da quatscht die Kundin mit den Strümpfen wieder dazwischen und Muttern hat ihre kurze Aufmerksamkeitsphase überwunden, redet weiter mit der Strumpfoma. Sohn steht eingefroren daneben. Sekundenlang.
Dann dreht er sich zu mir. Ich bin noch da. Er erschreckt sich.
Ich kann jetzt auch nicht gehen. Ich will das hier zu Ende gucken.
Irgendwann schafft er es, Muddi abzuwerben. Sie sieht mich kurz an, geht zu einer der Schubladen, die ihr Sohn schon 2x durchgeguckt hat, greift ein Tütchen heraus, schnappt: „Kostet 1 Euro!“
Ich bezahle, gehe fröhlich grüßend hinaus und stelle fest, dass sie mir ein Ventil verkauft hat, das ich nicht wollte.