fundstück
Bauchi
Zu Ostern habe ich ein paar schöne Sachen bekommen: Von Freundin S. ein hübsches Notizbuch, eine leckere Tafel Schokolade, ein kleines Osterkörbchen und ein halbes Brot. Das halbe Brot fand ich jetzt ehrlich gesagt nicht so besonders österlich, aber sie hatte es selbst gebacken und darum war’s selbstverständlich total lecker, Ostern hin oder her.
Vom lieben Grund und Ziel meiner Verreisung bekam ich ein dickes, mit feinen Trüffel-
pralinen gefülltes belgisches Osterei, dazu zwei hühnereigroße Nougatkrokanteier und außerdem noch ein Überraschungsdings in Eiform.
Ich hatte, und das weiß er, weil ich’s ihm nämlich erzählt habe, vor Jahren mal eine aus-
führliche Überraschungsei-Phase, in der ich die Dinger so oft wie möglich gepellt und verbastelt habe. Allerdings habe ich nie gesammelt, ich mochte die einfach so. In letzter Zeit habe ich mir manchmal wieder welche gekauft, war aber jedes Mal ein bisschen enttäuscht, weil ich finde, die Überraschungen sind inzwischen gar nicht mehr so lustig und schön. Zum Beispiel hatte ich neulich so ein merkwürdiges Viech, das ich aus drei Teilen zusammenstecken musste, und dann wusste ich nicht, wozu es gut sein sollte. Es war ein rauer, gummiartiger Punkt drunter geklebt. Das Lesen des Nebenwirkungszettel-
chens in ca. 465 Sprachen brachte mich nicht richtig weiter und die Zeichnung mit dem Anwendungsbeispiel musste ich stundenlang begucken, bis der Groschen endlich fiel. Und ich behaupte mal, das lag nicht allzu sehr an mir, denn ich bin eigentlich ziemlich gut darin, Bedienungsanleitungen nachzuvollziehen.
Es stellte sich jedenfalls heraus, dass man das Viech auf Leute werfen sollte, an deren Klamotten es dann angeblich haften bleibt. Der Gummipunkt war nämlich so was wie eine Klettfläche. Aha. Dass es nicht besonders haftete, muss ich wohl nicht dazu sagen. Ich kann ja schlecht Jemanden bitten, extra einen Wollpullover anzuziehen, mit der Begrün-
dung: „Ich will Dich dann gleich mit Viechern bewerfen!“ Mein Riesenglück bescherte mir nämlich ein paar Tage später gleich noch eins von den Dingern. Da habe ich mich so gefreut, dass ich sie direkt als Paar weggeschmissen habe.
Und was war nun in dem Ei, dass ich am Sonntag bekam?
– Ein Wicht namens Bauchi, der beim ersten Anschein eine merkwürdige, von Kinderspiel-
zeug weit entfernte Assoziation in mir auslöste. Vielleicht lag das ja an der fleischigen Farbe. Außerdem beginnt seine Beschreibung mit: „Nur er kennt die geheimen Stellen im Wald, (…)“ Soso.
Es handelt sich aber doch nur um einen verfressenen Wachsmalzwerg. Er „hinterlässt eine Wachsmalfarben-
spur und kann auf Papier und Karton sehr gut zeichnen und ausmalen.“. Naja, und wenn man dann mit Bauchi „malt“, sieht das (aber nur, wenn man richtig fest auf-
drückt!) so aus.
Das nenne ich mal oberflächenfreundlich! Damit kann so’n Kleinmensch sogar an der Wand rummalen, ohne dass die Eltern motzen.
Aus dem Hinterkopf wachsen dem armen Bauchi zwei ulkige Schnorchel, das sieht ein bisschen sehr krankenhausig aus. Die sind aber wohl dazu da, ihn mit seinen Kumpels zusammenzustecken, damit man sich einen Regenbo-
gen malen kann. Ich habe jetzt allerdings gerade vergessen, wo im Regenbogen noch mal wurstfarben vorkam.
Und weil mich das jetzt interessierte, was es mit diesen befremdlichen, äh, Stiften auf sich hat, habe ich eben mal die Webseite besucht, auf der diese Zwerge wohnen. Und siehe da: Es bietet sich mit den 10 von irgendeinem irgendwohin verschobenen Gehirn ausgedachten Bewohnern ein getreues Abbild der Gesellschaft. Zumindest einer Gesell-
schaft, wie man sie sich bei Ferröhrö vielleicht so vorstellt und den Kindern vermitteln möchte. Ich bin ja eigentlich öfter mal froh, dass ich nicht mehr 16 bin, weil ich dann immerzu Alcopops trinken, mir empfindliche Stellen piercen lassen müsste und dazu Herrn Bohlen auf Deubel komm raus anschreien müsste (obwohl das…, – ach egal jetzt). Ein Kind zu sein scheint mir jedenfalls heutzutage auch nicht so richtig erstrebenswert.
Mehr kann ich im Moment eigentlich nicht dazu sagen. Bittesehr, Bauchis Kumpels:
Es fehlen:
– Blödi, der von der Stütze lebt, schon morgens Bier trinkt und dann im besoffenen Zustand dauernd mit der Stirn aus Versehen gegen die Bäume dotzt, wenn er nicht gerade dagegenpullert.
– Und Bossi, den man natürlich nie sieht, der aber alle anderen für ein Taschengeld in den Wald schickt, zum Kräuter sammeln. Und die verkauft er dann für Mondpreise an der Börse.
Q10
Mensch, ich komm’ ja zu nix mehr. Andauernd Renovieren und dazwischen Verreisen, und hier stauen sich schon die Geschichten… Gestern ist mir schon wieder eine Leiter an die Beine gewachsen und erst abends um acht wieder abgefallen.
Das Letzte, was ich von gestern Abend noch weiß, ist, dass ich vor dem Fernseher lag und dann sagte eine Stimme: „Was ist noch besser als Q10?“
Wie??? Watt?!? Quiz? – Entschuldigung, ich war nur kurz ein bisschen eingenickt…
Ich sah eine Frau, die sich zart über die Wangen strich und mich dann aufmunternd anschaute. Was hat die denn? Und da kam auch schon die Antwort: „Doppeltes Q10!“
Ja, dann ist das doch Q20, oder wie? – Was soll denn das?
Ich mecker‘ also in Richtung der Kiste: “Und wie wäre es mit Q10 hoch meinetwegen 378?!? Oder sprengt das dann deinen Tiegel?“ Aber das Streichelfrollein ignoriert mich freundlich und beguckt sich mit schmelzendem Blick im Spiegel.
Irgendwer sagt noch: “Denn Schönheit ist ein Versprechen…!“
Ach ja? Kommt die Schönheit vielleicht rein und sagt: „Wenn Du lieb weiter renovierst, gehen wir am Sonntag fein in den Zoo und da kriegst Du dann ein dickes Eis!“, oder wie?
Oder hat sich da eventuell jemand versprochen und es heißt eigentlich „Dröhnheit“…?
In den Seitengassen des Trubels
Dieser kleine Hase wird dieser Tage leider nicht gefeiert. Eigentlich auch andere Hasen kaum, denn die meisten von denen, die man jetzt so zu sehen bekommt, sind eigentlich Kaninchen. Dieser übrigens auch. Und er ist vielleicht ein wenig betrübt, dass seine Schokokollegen mit bunter Folie und nichtsnutzigen Glöckchen (die man irgendwie nie wegschmeißen möchte, deshalb hängen sie einem noch monatelang im Weg rum) heraus geputzt werden. Man schiebt ihnen leckere Schokoeier unter und bettet sie gemütlich in Körbchen. Die lebendigen Geschwisterchen werden fleißig in Kameras gehalten, kriegen Schleifchen um, und kommen so wenigstens kurzfristig mal aus den Tierheimen raus. Nach zwei Wochen müssen ja sie leider wieder zurück, aber immerhin: Zwei Wochen all-inclusive mit behätschelt und betätschelt werden; – dafür müssen andere lange mümmeln.
Ihre Gesichter werden wie Popstarfotos sogar auf Gebäckteilchen gemalt (ich weiß das, denn ich musste vorgestern im Zug einen Amerikaner mit einem wie auf Extasy grinsen-
den Hasengesicht drauf essen, das war mir doch irgendwie peinlich), und flauschige Junghühner stehen ihnen überall zur freien Verfügung.
Das alles kriegt unser Häschen nicht. Es hockt jahrein, jahraus in einer kleinen Bäckerei in einer dunklen Ecke und wird nur kurz beachtet, wenn jemand Zigarettenschmacht hat. Er muss dafür aber dauergewellten Hausfrauen beim Plattenkuchenkauf, unrasierten Spät-
aufstehern beim Holen von Joggerbrötchen und beparkaten Männern beim Kaffeetrinken zusehen. Er wird nicht nur nicht geschmückt, sondern muss sich sehr anstrengen, den Kopf immer von der hässlichen und gar nicht meisterlichen Lampe weg zu drehen, und hat zudem sogar unbequemerweise den Arsch ab. Eigentlich kein Wunder, dass er da ein bisschen unzufrieden guckt, oder? Armes Häschen.
Der neue…
Irgendwie…
"Hallo? Wer ist denn da?!?"
Vor ein paar Tagen schon hatte ich die neuen Bücher bei der Post mitgehen lassen und mich noch gewundert, dass ich diesmal gar kein Kärtchen bekommen hab‘. Gestern lag’s dann doch noch im Kasten, und ich muss sagen: Das haben sie fein gemacht da, die Kartenleute in der Marketingabteilung.
Sonst hätte ich jetzt gar nicht gewusst, dass im Telefonbuch neuerdings satte 30% mehr Inhalte drin sind. Wow! Dabei fühlt es sich noch nicht mal schwerer an! Haben sie sich denn jetzt einfach noch 150.000 Namen mehr ausgedacht? Oder haben sie mal eben den Zeilendurchschuss vergrößert, damit mehr Seiten rumkommen? Das würde auch erklären, warum das Gewicht gleich geblieben ist: Höhere Zeilen wiegen ja nix. Aber nö, sieht alles ganz normal aus.
Gar nicht mehr eingekriegt habe ich mich aber über die „Nutzerführung“. Die ist jetzt nämlich alphabetisch sortiert! – Spitze, oder?
Früher haben sie ja alle Inhalte einfach so reingekübelt und man musste auf gut Glück drauflos suchen. Bestimmt kam es häufig vor, dass Leute dann einfach nach ein paar Stunden Egalwen angerufen haben. Und ganz bestimmt haben sich so manchmal beim Plaudern die tollsten Neufreundschaften ergeben. Na, damit ist’s natürlich vorbei, – aber man spart jetzt eben total viel Zeit; – die kann man ja zum Beispiel verschlafen oder so.
Find’ ich super.
Keine Zeit. Muss erst den Fisch…
‚Wildes‘ aus’m Fundus
Immer, wenn Freundin T. hier zu Besuch war, und sie im Flur steht, um ihre Jacke anzuziehen und ihre vierhundert Sachen zu schultern, guckt sie an meine Fitzelwand und grient. Manchmal sagt sie auch: „Im-
mer, wenn ich das Bild da sehe, muss ich grinsen.“ Als ob ich das nicht selber sehen würde!
Ich muss aber selber noch manchmal grin-
sen, dabei habe ich das Foto bestimmt schon vor 6-7 Jahren gemacht, damals noch per analoger Kamera. Ich gehe beim Einkaufen nämlich oft an dieser Litfasssäu-
le vorbei und dachte damals: Sieht ja ulkig aus, die zwei Plakate da, besonders von Weitem. Morgen nimmste mal die Knippse mit… Im dritten oder vierten Anlauf klappte das dann sogar.
Jedenfalls wirkt das Foto besonders gut, wenn man die Augen beim Begucken ein bisschen zukneift.