Heute bin beim Einkaufen an einer Schokolade hängen geblieben. Naja, Schokolade… Ich wusste natürlich, dass es Luftschokolade gibt. Schließlich gibts die schon immer und man weiß eigentlich nicht so genau, wie die Luft da innen reinkommt, und wills vielleicht auch lieber nicht wissen…
So.
Luft ist bekanntlich eins der „vier Elemente“. Die anderen drei sind Wasser, Erde und Feuer. Diese Elemente sind angeblich in der Esoterikszene ungeheuer beliebt. Habe ich mir sagen lassen. Und man muss wohl immer dafür sorgen, dass die Vier sich ganzganz wohlfühlen und nicht etwa streiten, bis wieder einer heult… – Wenn man das hinkriegt, darf man entspannt sein. Und weil Esoterik und Wellness zurzeit so gut läuft, sind sich die Firmen nicht zu schade, jeden Krempel, den sie grad rumstehen haben, mit Balance, Wellfit, Harmonie und Relax zu beschriften und irgendwelche Jogadamen draufzu- drucken, um ihn loszuwerden.
Und als ich nun vorhin an meinem Lieblingsregal langstrich, habe ich gesehen, dass ein Hersteller von Süßzeug inzwischen tatsächlich „Elemente-Schokolade“ herstellt. Jaha, richtig: es gibt neuerdings Wasser- und Erdschokolade!
Ach so: Um echt ausgeglichen zu sein, muss man übrigens alle vier Tafel hintereinander wegessen…
Also, ich kann mich ja noch an Zeiten erinnern, als eine zweite Klinge im Nassrasierer noch revolutionär war! Dazu gab’s im Werbefilm eine hübsche Animation, in der die eine Klinge es schaffte, das abzurasierende Haar erst anzuheben, bevor die zweite es dann abschnitt. Wie das genau vor sich ging, weiß ich aber nicht mehr, wahrscheinlich haben die Klingen sich vorher abgesprochen und eventuell auch mal untereinander getauscht. Ich erinnere mich aber noch, dass ich die Vorstellung für einen Mann eher unangenehm fand.
Neuerdings haben Herrenrasierer sogar 5 Klingen! Wer von denen da jetzt was macht, kann ich nicht sagen, ich bin ja kein Herr und der Werbespot schweigt sich dazu aus. Das Ding hat aber auch noch einen „Powergriff“! Leider habe ich auch hier wieder mal keine Ahnung, was einen Powergriff von einem normalen unterscheidet, aber sicher ist so ein Griff ganz was Tolles. Power heißt ja Macht und ich weiß, dass viele Leute ihre Fern-
bedienung so nennen („Gib’ mal die Macht, ich will was anderes sehen!“). Eventuell reicht es also, diesen Rasierer nur so ungefähr in Gesichtsnähe zu halten, um dann astrein ferngeglättet zu werden. Moderne Wissenschaft, eben. Ich sage jetzt mal voraus, dass zukünftige Rasierer breit wie Putzkellen werden, damit alle 289 Klingen darauf Platz finden. Und die Rasur findet dann vielleicht über’s Internet statt. Bis dahin dauert’s sicher nicht mehr lang.
Ich staune sowieso, was heutzutage schon alles möglich ist.
Mascara, der meinen Augenhaaren 12x mehr Volumen geben soll! Und dazu bildet er an-
geblich auch noch irgendwelche verlängernden Röhrchen um jede einzelne Wimper! Muss ich dann abends beim Abschminken womöglich den Klempner rufen? Ach, ich möchte eigentlich ungern mit irgendwelchen Rohrsystemen im Gesicht herumlaufen und finde außerdem, Frau Longoria sieht in dem Spot vielmehr aus, als hätte sie sich zwei Schuh-
bürsten über die Augen klemmen lassen. Ja, wer will denn so was!? Zum Glück wissen wir ja alle, dass die üppigen Wimpern im Spot computergeneriert sind und müssen uns da keine richtigen Sorgen machen.
Sorgen macht mir dann schon eher, weil ich immer noch viel zu oft schutzlos aus dem Haus gehe.
Wenn man nämlich den Werbeherrschaften glauben darf, sind wir Frauen Tag und Nacht stark schutzbedürftig. Offenbar herrscht die Auffassung, dass aus den Damen rund um die Uhr merkwürdige Sturzbäche heraus wollen, die ihnen selbst allergrößte Furcht einjagen und weswegen sie dringend ständige Sicherheit und Schutz brauchen. Die modernen Schutzengel haben glücklicherweise ebenfalls prima Flügel, und es gibt sie (ganz entge-
gen den herkömmlichen) sogar mit Frischeduft und ohne.
Ach was! Ich bin ein verwegenes Weib und traue mich auch ohne „Hauch von Kamille“ auf die Straße.
Wenn ich nicht gerade versuche, meine Haare „in den Griff“ zu kriegen. Die sind mir näm-
lich zu dünn (kraftlos heißt das neuerdings!) und auch irgendwie zuwenig und manchmal sogar ein bisschen spröde, wenn ich ehrlich bin. Alle diese drei Attribute passen meiner Meinung nach nicht zu mir, deshalb habe ich mir ein tolles „Repair“-Shampoo gekauft. In nur zwei Minuten soll ich damit eigentlich einen sensationellen seidig-glänzenden, ganz geschmeidigen Riesenhelm aus Frisur hingewaschen kriegen! Doch ich seh’ natürlich trotzdem aus wie immer; – hat sich was mit Reparatur! Na, eventuell ist auf meinem Kopf ja auch nichts mehr zu machen.
Pfffft! – Dann schütt’ ich das Zeug eben auf mein Fahrrad, da geht nämlich schon seit Wochen das vordere Licht nicht…
Ich mein’, ich bin ja nun nicht Margot Käßmann, ihres Zeichens Landesbischöfin hier, und es ist mir deshalb auch ziemlich wurscht, ob die Kinder heutzutage Reformationstag, Ern- tedank oder eben meinetwegen Halloween feiern. Sich gruselig zu verkleiden erscheint mir allerdings auch allemal lustiger als z.B. fleißig Garben zu binden oder an Kirchentüren rumzuhämmern…
Aber dieses Sekundärzeug immer!
Vielleicht liegt’s ja daran, dann ich von Kürbissen eigentlich nur die Kerne mag… Deshalb muss ich im Moment auch im Zickzack durch den Superladen, um weder was mit schielenden Kürbissen, noch mit Weihnachtsmännern drauf kaufen zu müssen. Ein Klopapier mit Kürbis“duft“ kommt mir jedenfalls nicht in die Hütte! So weit kommt’s noch. Da kann die Verpackung mich noch so im Dunkeln angrienen, der Sinn will sich mir nicht erschließen. Der Drang, den Drang mit aktuellen Anlässen auszuschmücken, lässt sich auch sinnvoller umsetzen: Druckt doch endlich mal Börsenkurse auf’s Flauschpapier- chen!
Ach, und dann hätt‘ ich da auch noch die „Schaurig schönen Blumengrüsse“: Weiß man ja: der Sinn des Blumenverschenkens ist es von jeher, möglichst große Furcht auszulösen. Den rechten Strauß können wir aber vernachlässigen, das ist ja eigentlich ein Erntedankstrauß, schließlich ist da Stroh drin. Da hätte man vielleicht besser ’nen Kürbis am Stiel genommen, paar lange Halme dazu, etwas Schleierkraut, – zack Folie drum!
Aber der linke! Der hat’s in sich! Man sieht’s am Namen: Walpurgisnacht. Das ist bekann- tlich die zum 1. Mai, wenn die Hexen auf dem Brocken tanzen. Wenn der Strauß also in dieser Nacht wirklich frisch gebunden wurde, dann sieht er jetzt in der Tat schön schaurig aus…
Ich geh‘ ganz gern auf Messen, solange ich da nicht arbeiten muss (wie früher). Beson-
ders gern gehe ich mit Freundin T., so ja auch gestern. Aber hübsch der Reihe nach:
Nachdem wir schon im Eingangsbereich erste Ellenbogenangriffe kiebiger Seniorinnen überstehen, betreten wir die erste Halle und genehmigen uns erstmal was zu trinken. Der Saft ist dermaßen gut gekühlt, dass ich befürchte: wenn ich das Fläschchen so austrinke, muss ich zusätzlich ein paar Cranberrytabletten einwerfen. Doch zum Glück entdecken wir gleich vor Ort heimelige Liegewiesen mit Kissenbergen drauf, auf denen wir unsere mitgebrachten Stullen auspacken und warten können, bis der Saft eine günstigere Trink-
temperatur erreicht hat. Schließlich haben T. und ich uns ja auch schon wieder drei Wochen nicht mehr gesehen und müssen uns erstmal wieder gegenseitig „auf Stand bringen“. Dann geht’s aber wirklich los!
Die erste Halle ist immer die Erlesene, da gibt’s „Wohnaccessoires“, die in ihrer Fülle auf der Messe meistens traumhaft aussehen, als Einzelteile zuhause allerdings oft enttäu-
schen, wenn sie erstmal mit Zeitschriftenstapeln, Ü-Eierfiguren und selbst bemalten Blumentöpfen gruppiert werden. Also schön zum Gucken, aber nix zum Kaufen.
In der zweiten Halle wird es schon deutlich nüchterner. Gleich als erstes treffen wir auf eine Art Umfrage, durchgeführt von irgend-
einer Glaubensvereinigung. Sie möchte von uns, dass wir rote Bällchen in Röhren wer-
fen, um anzugeben, wie wir denn unseren Vornamen finden. Auf den Röhren steht: „modern“, „passend“, „aussagekräftig“, „wunderschön“, „antiquiert“, „unpassend“, „peinlich“, „nichtssagend“.
„Klingt ein bisschen wie ein Halbfettbrot-
aufstrich“ ist nicht dabei, deswegen gibt’s von mir auch kein Bällchen. Die meisten Leute scheinen aber ihren Namen passend zu finden, wasdaran liegen kann, dass man sich natürlich an fast alles irgendwann gewöhnen kann.
Weiter geht’s. Ich gewinne wieder mal sehr deutlich den Eindruck, dass der Mensch wohl ganz gern massiert werden möchte. Das kann ich übrigens gut verstehen, denn eine schöne Massage ist ja nun wirklich was Feines. Vor Allem natürlich für den Massierten, der Massagegebende hat mitunter ordentlich zu tun.Vermutlich werden deswegen auch andauernd Geräte erfunden, die die wohltuende Berüh-
rung der menschlichen Hand mal lieber ersetzen sollen. An jeder Ecke brummt dieses hoffnungslose Unterfangen. Wir sehen, ohne uns groß umzugucken, Massagesessel (auf denen Freundin T. sich vor einiger Zeit mal fast einen Rückenbruch geholt hätte, wie sie mir plastisch schilderte), Magnetmassage (danach bleiben vermutlich dauernd Schrauben, Büroklammern und Fahrräder an einem kleben), und Massagedelfine (die kannte ich bis-
her allerdings irgendwie kleiner und aus anderen Anwendungsbereichen, wenn auch nicht aus persönlichen…). Wir verzichten also lieber und strolchen weiter.
Weil ich mir ja Handschuhe kaufen möch-
te, streben wir dem „Basar der Nationen“ zu, wo ich beim letzten Mal fündig gewor-
den war. Dort gibt es fast alles!
Kartoffellampen, deren Sinn sich mir wohl noch erschließen wird. Kräftig singende, brötchenschmierende Italiener. Und eine Frau, die sog. „Heilmäuschen“ herstellt, wobei es sich um mit Körnern und Kräutern gefüllte Schmusekissen handelt, die dann erwärmt, Schmerzen lindern sollen.
Die Heilmäuschenfrau hat sich zwei ganz tolle Gedichte dazu ausgedacht, die an der Rückwand ihres Messestandes festgepinnt sind. Als ich diese fotografiere, herrscht sie mich an, ich solle das gefälligst sein las-
sen. Ich versuche sie zu beruhigen, dass ich keinesfalls ihre Waren fotografiert hätte und biete freundlich an, das Foto dann eben wieder zu löschen. Sie ist aber gar nicht zu beruhigen und wird immer unwir-
scher, es handle sich um ihre kreative Arbeit und das fotografieren sei gefälligst verboten. Und an den anderen Ständen auch!!! Ich frage sie, ob sie mir das nicht im Ge-
sprächston vermitteln kann, statt mich so heftig anzufahren. Sie wirkt nämlich, als wolle sie mich gleich am Kragen packen und über ihre Kissenstapel zerren oder die Polizei rufen. Inzwischen hat sie sich auch alle ihre Kunden vergrault, die ihr wohl ihre Fürsorge für leibliches Wohlbefinden nicht mehr so ganz abkaufen. Ich bleibe erstaunlich ruhig und möchte ihr glatt eins ihrer Lavendelmäuschen empfehlen, so zur Beruhigung, unterlasse das aber lieber und lösche nebenbei das Foto. Leider lösche ich dabei ein anderes mit, das ich eigentlich behalten wollte.
Weiter geht’s also mit der Handschuhsuche, ich finde stattdessen jedoch eine hübsche kleine indische Baumwolltasche und einen afrikanischen Gürtel, der aber gar nicht afri-
kanisch aussieht. Beinahe hätte ich mir auch noch einen Verwandlungsschal gekauft, aber als er sich partout nicht in die gewünschten Handschuhe verwandelt, lasse ich ihn dort.Freundin T. hingegen verbringt einige Zeit damit, getrocknete Samen und Hülsen anzu-
schwärmen. Das scheint gerade so’n Trend zu sein, dem ich nicht ganz folgen kann.
Man legt sich das wohl zuhause irgendwo hin.Ich bin bloß die ganze Zeit froh, sowas nicht hinten im Hemd drin zu haben und dann viel-
leicht nicht dranzukommen. Vorsichtshalber mache ich ein Foto, vielleicht erschließt sich mir der Sinn ja noch. Der Standbetreiber steht beim Fotografieren übrigens neben mir und macht keinen Mucks. Offenbar hat er keine Sorge, dass ich irgendwelche dicken Bohnen oder Distelblüten plagiiere. Bis T. wieder ansprechbar ist, stelle ich mir vor, das ganze Gestrüpp mit einer schönen Tube Weltraumkleber zu einer Skulptur zu verbinden und der Heilmäusefrau überzustülpen. Leider ist weit und breit kein Weltraumkleberverkäufer zu sehen. Als wir schon wieder Durst und Hunger krie-
gen, wechseln wir die FressMarkthalle, wo es kaum möglich ist, ein Getränk zu bekommen, das man auch mitnehmen kann. Das einzige, was man uns anbietet, sind gleich drei Liter-
pullen Wasser in einer Baumwolltasche. Wir lassen uns aber nicht verkohlen, denn jeder sieht, dass das gar keine richtigen Baum-
wollbeutel sind. – Die sind doch wohl deutlich aus Plastik!
Also kehren wir lieber in eine Art Seemannsklause ein und dort bittet mich T., ein Foto für sie zu machen von „diesen schrägen Brettern da“.Auf Nachfrage erklärt sie: „Ich hatte schon immer die Idee, so Bretter indirekt zu beleuch-
ten, aber ich wusste nie, wozu! Dabei kann ich die doch einfach an die Wand schrau-
ben!“ Dieser bestechen Logik will ich mich natürlich keinesfalls verschließen und mache das Foto, bevor wir weiterziehen.
Ums Eck schauen gar nicht mal wenige Leute zwei jungen Damen beim Abwasch zu. Wir überlegen kurz, es sind ja noch Plätze frei, doch solche nervenzerfetzende Action ist jetzt irgendwie nichts für uns.
Wir lassen uns lieber ein paar Meter weiter erklären, wie eine Lebendfalle für Marder funk-
tioniert. Freundin T. hatte schon Probleme mit solchen Tieren und ist interessiert. Der Erfinder zeigt uns das Gerät von vorne bis hinten, kennt sich mit Mardern offensichtlich prima aus und antwortet auf meine Frage, was ich mit so einem eingefangenen Marder denn dann anstellen soll, ich solle ihn ca. 12-15 km weit wegfahren und dort aussetzen. So ein Marder bliebe dann ganz bestimmt vor Ort, weil sein inneres GPS nur wenige Kilo-
meter Radius hätte.
Als ich bemerke, dass ich dann aber hoffe, da wohne nicht zufällig ein Nachbar in 12-15 km Entfernung, der mir zum Tausch dann seinen Marder vor die Tür setze, versichert er mir, dass das ganz bestimmt nicht passiert… Derart beruhigt verabschieden wir uns und machen uns auch allmählich auf den Nachhauseweg.
Als wir gerade aus der Halle wollen, sehe ich ihn aber doch noch, den Superklebermann!Ja, er ist sogar ein Sensationsklebermann! Ich bin so aufgeregt, dass mir das Foto leider etwas misslingt. Deswegen kann man blöderweise auch nicht erkennen, welche Sensa-
tionen dort gerade untrennbar zusammengefügt werden. Schade. Ich traue mich auch nicht, ihn anzusprechen. So ein Sensationsmann redet vielleicht nicht mit jedem, und ich möchte nicht aufdringlich erscheinen. Noch ein begehrlicher Blick aus gebührendem Ab-
stand, dann streben wir müde dem Ausgang zu.
Als wir auch die letzte Halle verlassen, stelle ich be-
sorgt fest, dass Freundin T. wohl ein bisschen was von ihrer Körpergröße eingebüsst haben muss. Ständig verliere ich sie aus dem Blick. Vermutlich ist der stetige Flüssigkeitsmangel Schuld. Wir hätten doch die Drei-
literkiste kaufen sollen! Erst, als sie zufällig unter einer Hockerlampe durchläuft, kann ich sie wieder für einen Moment mit bloßem Auge erkennen und sammle sie hurtig ein, damit sie mich wieder gemütlich nach Hause fährt…
Puh! – Ein Glück!
Es wäre zu schade gewesen, wenn dieser gelungene Ausflug noch in Kuddelmuddel geendet hätte.
Vielen Dank, liebeliebe T., für diesen schönen und lustigen Tag!
Gestern Abend wollte ich ja diese wahnsinnig spannende Diskussion zwischen dem ollen Marcel und dem noch nicht ganz, aber auch schon ein bisschen ollen Thomas verfolgen, aber ich bin immerzu dabei eingeschlafen. Jetzt weiß ich leider gar nicht, wie’s um die Fernsehlandschaft so steht, und wo die noch mal ist, und wie man da eigentlich über-
haupt hinkommt…
Dafür gehe ich jetzt gleich mit Freundin T. auf eine, naja, „Messe“, die noch vor einigen Jahren tatsächlich „Hausfrauenausstellung“ hieß. Hausfrauen werden da aber schon längst nicht mehr ausgestellt (übrigens auch nicht gemessen), aber dafür jede Menge Zubehör. Inzwischen nennt sich das natürlich alles Lifestyle-, Ambiente-, Wellness-
Schlagmichtot, aber selbstverständlich gibt es da noch immer die berühmten Wunder-
putztücher, die die Arbeit ganz von selber machen, während man in der Küche sitzt und Illustrierte liest. Es gibt Weltraumkleber, Topfsets, Tischwäsche, „Geschenkartikel“, riesige Tüten mit Knabberzeugvariationen (die einzeln gekauft bestimmt viel günstiger sind, allerdings dann auch leichter zu transportieren), überteuerte Klamotten und noch eine ganze Halle Weihnachtsterror. Herrlich!
Mein Grund, da hin zu fahren, ist, mal wieder kräftig mit Freundin T. herumzuhühnern, im Vorbeirennen an den Ständen das Neueste von Neulich auszutauschen, auch mal zwei Stunden zu warten, bis T. sich für eine von zwei Laternchen entschieden hat und mir even-
tuell neue Handschuhe zu kaufen. Ich hatte nämlich vor Jahren schon mal ganz tolle dort erstanden. Solche, die die Fingerspitzen freilassen und dann noch so ein Käppchen zum Drüberstülpen haben. Sowas Praktisches! Und so schön bunt waren sie auch noch. Das müssen die Motten, die sie mir dann später heimlich mal angefressen haben, damals auch gedacht haben. Zwar hatten wir da irgendwie was gemeinsam, trotzdem habe ich diese WG lieber nicht fortgesetzt und die Mitbewohner kaltherzig einfach weggeschmis-
sen, bevor die ihr Klingelschild unten an der Haustür anbringen konnten.
Gestern musste ich mal wieder mit vielen anderen Menschen über eine Stunde auf etwas warten. Das gab mir Gelegenheit, die Mitwartenden dabei zu beobachten, wie sie mit ih- ren funkelnden, möpenden und blinkenden Lieblingsspielzeugen herumtaten, obwohl da mindestens fünf(!) verschieden große (also große bis riesige) Schilder aufgehängt waren, auf denen deutlich „HANDY AUS!“ stand. Und zwar in Worten und als Piktogramm.
Mein eigenes Handy ist zwar nicht gerade aus der Steinzeit, aber fast. Es kann nur schwarzweiß-Display, telefonieren und simsen. Und es geht nicht kaputt, wenn es mir mal wieder aus der Jackentasche fällt. Ich finde, das reicht. Was man noch alles damit kann, hat mich bisher nicht interessiert. Weder Klingeltöne noch Spiele wollte ich.
Doch neulich habe ich mit Erstaunen und Belustigung festgestellt, dass es neuerdings wohl sowas wie putzige Handy-Cleaner zu geben scheint, die man mithilfe eines Bänd- chens an die Handys dranbammelt, damit man damit das Display immer mal blankputzen kann. Wahrscheinlich ist mein Gerät nur nicht speckig genug oder ich mache die falschen Sachen damit, aber in den drei Jahren, die es jetzt schon bei mir verbringt, habe ich noch nie einen einzigen Handy-Cleaner gebraucht. Auch binde ich mir da keine Kettchen oder Glitzertiere dran, weil ich einfach nicht rauskriegen kann, wozu eigentlich.
Weil das aber vielleicht doch mal nötig wird, wer weiß, hab’ ich mich eben mal für nix umgeschaut und einen Riesenmarkt für Sinnlosgebaumel entdeckt. Was mir da bisher alles entgangen ist! Ich könnte endlich meine ganzen Reichtümer loswerden für merk- würdigen Plastikkrempel, der für nur ein paar Cent billig in Asien zusammengefummelt wird! Wenn ich nur nicht so orientierungslos in diesen Beschreibungen rumirren würde!
POOODLE Let`s go Gassi! Ein Königspudel im Regenbogenlook, verdammt rich und chic.
Let’s go mal lieber blödwerden… – Es geht aber noch doofer:
FLAMINGO Stolz und erhaben präsentierst Du Dich mit rosarot schillerndem Strass-Gefieder Deinen Lieben. Dieser ChinChin unterstreicht besonders Deine Repräsentanz und Schönheit.
Das möchte ich aber schon gern mal sehen, wie ein winziges Handygefiesel ChinChin meine, äh…, Repräsentanz und Schönheit unterstreicht. Beinahe hätte ich mir das Ding bestellt, obwohl es fast 20 Tacken kostet, aber dann konnte ich mich doch nicht zwischen „stolz und erhaben“ und plötzlicher „Lust auf Kuscheln“ mit dem Telefon entscheiden:
True Friend, grau
Lust auf Kuscheln? Kein Problem, denn mit Deinem treuen Begleiter aus hellgrauem, flauschigen Fell hast Du immer Dein Kuscheltier dabei. Superweich und umwerfend süß! (Auch in den Farben weiß und braun erhältlich.)
Material: grauer Pelz Größe: der treue Freund ist zwischen 8,0 und 9,0 cm lang.
Ja, es gibt sogar „Sexy black Puschls“ aus Zobel! – Meine Herren! Damit sind ja wohl alle körperlichen Bedürfnisse, die man an ein Handy stellen kann, erstmal abgedeckt, oder wie?
Und sollte man doch noch ein Bedürfnis darüber hinaus haben, also eins, dass sich auf’s menschliche Geschlecht bezieht, gibt’s ja noch den „Handy-Nacktscanner“ zum Runter- laden. In der TV-Werbung sieht man dann immer sehr schön die Funktionsweise: Man kann nämlich damit z.B. jungen Damen unter die Klamotten lugen und sie dann angeblich nackt sehen. (Sowas gab’s übrigens schon mal als Röntgenbrillen. Ist aber schon ein paar Jährchen her.) Das irre an diesen Geräten ist, dass sie ausgesprochen schlau und auch feinfühlig sind, man sieht’s auch in der Werbung.
Also, mal ehrlich: unter einem „Vibro Massager Deluxe“ hätte ich mir was Anderes vorge- stellt. Einen wie Barry White brummenden Physiotherapeuten zum Beispiel. So einer wär’ sicher wohltuend… Was man hingegen mit diesem Gerät machen soll, sieht mir wenig gesundheitsfördernd aus:
Angeblich kann man sich damit den ganzen Körper behandeln, sogar die Fußsohlen. Also, speziell da- von hätte ich ja nun schrecklich gern eine Abbildung gehabt! Dass sich bei regelmäßiger Anwendung das „Gewebe strafft“, glaube ich übrigens sofort. Aller- dings glaube ich auch, dass damit das Gewebe des Massiergurts gemeint ist.
Und: bei ebendieser regelmäßigen Anwendung werden sogar gleich ganze, störende Kör- perteile entfernt! Schließlich ist es auf dem unteren Bildchen ganz deutlich zu sehen. – Nämlich, dass man davon nix mehr sieht. Toll.
Also…, och…, ich bin dann aber doch mal lieber wieder auf dem Sofa…
Hoffe bei euch sind alle gesund. Lea hat ne leichte Grippe aber das bleibt ja bei diesem Wetter nicht aus. Wann ist noch mal deine Tupperparty? Ich meine du hast gesagt Di. 07.10 um 20 Uhr. Bin mir aber nicht sicher. Dienstags habt ihr doch schwimmen. Wünsche euch noch ein schönes Wochenende.
Viele Grüße Anke
Aha. Schaun wir also mal:
Hmmmm, jaaaa, ich bin alle gesund, aber warum der Pluralis majestatis? Hält man mich etwa neuerdings für ein Prinzesschen? Und was ist bitte eine „leichte Grippe“? Entweder ist man doch erkältet, auch schon mal mit Fieber, oder man wird von einer richtigen Grip- pe umgelegt. Entschuldigung, aber da bin ich streng. Mich mopst das nämlich immer wieder, wenn Leute behaupten, sie hätten schlimme Grippe, bloß weil sie mal niesen müssen. Ich, …äh, wir hatten nämlich mal Grippe, und das war gar nicht lustig.
Weiter. Wer ist eigentlich Lea? Ach ja, das ist die, die bei Wetter immer Grippe kriegt, die Arme!
Und jetzt wird’s spannend: Meine Tupperparty. Meine Tupperparty?!? Wann die noch mal ist? Ja, das wüsst’ ich aber auch mal gern! Und wo, vor allem. Ich besitze ja sogar zwei- drei Gefäße dieser Firma, und die sind zugegebenermaßen auch recht praktisch, aber deswegen schmeiße ich hier doch nicht gleich Partys! Muss ich jetzt etwa damit rechnen, dass am Dienstag ein Rudel wilder Hausfrauen auf meiner Matte steht und lautstark nach Käsewürfeln, Flipsen, Prozecko und Minischokoküsschen verlangt? Und guter Laune aus dem Katalog? Und muss ich dann hier demonstrativ mit dem „Großen Frischepalast“ rum- fuhrwerken und auch noch allen meinen „Kleinen Würzling“ zeigen? Herrjeh, was mach’ ich denn da? Da komm’ ich aber wirklich ins Schwimmen, wie von Anke vorausgesagt.
Ich könnte doch eben schnell antworten und die ganze Sache noch rechtzeitig abblasen… Aber das tu’ ich nicht.
Die mail von „Anke“ ist nämlich bloß spam. Von dieser Absenderin habe ich schon eini- ges an Post bekommen und bin mir sicher, sie nicht nur nicht zu kennen, sondern auch, dass es sich hier um eine merkwürdige Sorte von mailmüll handelt. Speziell auf Frauen ausgerichtet, deshalb nämlich auch der private Ton. Die wollen bloß wissen, ob diese Adresse noch aktiv ist und ich reagiere. Von wegen!
Und falls es nicht so ist: Sollen sie doch kommen! Und gefälligst Schnittchen mitbringen. Ich bin gespannt! Und Likör hätt’ ich zur Not auch noch da…
Man sagt ja angeblich, dass manche Frauen wie Kartoffeln aussehen. Ich kenn’ mich da jetzt nicht so aus, aber ich würde spontan behaupten, dass es da sicher auch noch Un- terschiede gibt: Die einen sehen vielleicht aus wie „Bamberger Hörnchen“, andere mehr wie „Drillinge“ und blaue Kartoffeln soll’s auch noch geben. Manche haben sich bereits in eine leckere Knödelform gebracht, einige sind eher krokettig unterwegs. Es gibt schlanke und ganz pfeifenreinigerdünne Pommesfiguren und sogar Herzoginkartoffeln. Wer aussieht wie Gratin, sollte schleunigst was unternehmen.
Da ist es ja nur naheliegend, wenn die Kartoffelzüchter ihre Sorten mitunter nach ihren Frauen benennen. (Gibt es eigentlich eine Gemüsesorte, die besonders gern nach Ehe- männern benannt wird?) Meine Wirklichkurzrecherche zur Kartoffel hat nicht nur ergeben, dass das Bundessortenamt überraschenderweise hier in Hannover seinen Sitz hat, son- dern auch, dass es anscheinend Kartoffelbauer-Frauen gibt, die „Albatros“, „Big Rossa“, „Django“, „Fausta“, „Golf“, „Panda“, „Pom Queen“, „Stärkeprofi“, „Ulme“ oder „Zorba“ heißen. Kann ja alles sein…
Was mich aber nun grübeln lässt ist die Frage: Was wäre mir wohl lieber? Wenn man eine eher Festkochende oder eine Mehlige mir benennen tät’? Hm.
Gestern hab’ ich mein Handy verloren. Ich stand in der Umkleidekabine eines Klamotten- ladens mit zwei Buchstaben und steckte mit einem Bein in meiner Hose und mit dem anderen Bein schon fast in der Jeans, die ich probieren wollte. Dabei purzelte es mir aus der Tasche, fiel auf den Boden und ich legte es erstmal auf den Hocker, weil ich mich ja nun auf die Beinkleider konzentrieren musste, wenn ich nicht der Länge nach hinschlagen wollte.
Als ich die Jeans endlich anhatte, sah sie natürlich total daneben aus, weil, das ist bei Jeans immer so. Ist sicher ein Gesetz oder so was. Neuerdings haben die ja auch die Taschen an den unmöglichsten Stellen! Ich wette, es ist kein Problem, eine Jeans zu bekommen, die zwar oben vorne keine Taschen hat, aber dafür hinten unten auf Höhe der Waden. Ich glaub‘, darüber hab‘ ich hier schonmal…
Jedenfalls stieg ich wieder in meine eigene Hose um, schnappte meinen Rücksack und rauschte maulig aus dem Laden. Erst zuhause fiel mir ein, dass das Handy ja noch auf dem Hocker lag. Ein Anruf in der Ladenzentrale und dann in der Abteilung ergab: datt Ding ist wech. Die Verkäuferin war wirklich sehr nett und bemüht und guckte überall nach, wo sie ein Handy vermutete, aber es half nix. Immer noch weg. Ihr letzter Tipp war, ich solle heute Morgen noch mal anrufen, eventuell fänden es die Putzfrauen inzwischen, weil es der „Finder“ aus Versehen unter einen Klamottenständer geschmissen hätte oder so.
Tja, und dann saß ich dann bestimmt eine halbe Stunde auf meinem Küchensofa und dachte darüber nach, wie lange ich mich geweigert hatte, mir so ein Biest von Überall- erreichbarkeit überhaupt ins Haus zu holen, wie ich es vor drei Jahren dann doch getan hatte (und zwar einen schlichten Nichtskönner mit schwarzweißem Display, ohne Kame- ra, ohne Internet, ohne MP3dings) und das Simsen spontan gut fand, das Telefonieren hingegen schrecklich. Und wie viele Nummern da jetzt wohl drin gespeichert sind, die ich mir natürlich sonst nirgends aufgeschrieben hab’. Und, dass ich mir jetzt doch so ein Viech kaufen muss, das 458 Funktionen hat und mich endgültig total gaga machen wird.
– Nee, dachte ich, das darf nicht weg sein! Das geht einfach nicht!
Und da: Klingelt das Telefon (also, das Festnetztelefon, – das andere war ja, naja…) und die nette Verkäuferin ist wieder dran und sagt: „Ha! Wir haben’s jetzt wohl doch, ihr Handy. Gerade hat’s jemand abgegeben!“
Na, da war aber eine schöne Schokolade im Tausch fällig… Und jetzt isser wieder zuhause, der kleine Racker.