Jedes Jahr das Gleiche: Die Bromine wackelt los, um sich ihr Bäumchen aus dem Bau- markt zu holen. Gern darf es auch ein bisschen krumm und ungleichmäßig gewachsen sein, dann passt es, zumindest, äh…, mental, ganz gut zur Gastgeberin.
Es folgen: professionelle Festschnallung, mitleidige Blicke und eigentlich immer ein paar „fachmännische“ Kommentare, die ich aber alle überhöre; – bis jetzt habe ich nämlich noch jeden Baum (und noch ganz andere Sachen!) prima so nach Hause bekommen. Das können die Nachbarn, die dann gern auf dem Fensterbrett hängen und grienen, auf Nach- frage auch gern bestätigen.
Und nein, ich habe mich nicht obendrauf gesetzt und bin gefahren!
(Kein Wunder, dass ich die Kommentare nicht beantwortet kriege und es nicht zur Post schaffe!)
– Ein wirklich schönes Telefonat. – Die Erlaubnis, über die Arbeit ISM-Tickets kaufen zu dürfen (Yeee-hah!). – Eine feine Comicpost (Danke HikE!). – Eine total verlogene Weihnachtsfeier (mit wenig Wein, damit ich nämlich nicht sage, was ich so denke). – Ein ganz schlimmes Schrottwichtelgeschenk (Augenaua!). – Dafür aber ein richtig gutes Arbeitszwischenzeugnis! – Dazu natürlich noch besonders viel Arbeit (deswegen abends um acht schon Lampe aus) und… – …meine letzte Gruppenführung am Donnerstag.
48 fidele Omis kriechen aus ihrem Reisebus und kichern sich durch die Ausstellung. – Ich liebe solche Gruppen! Polyesterhäkelpullover in unbekannten Farben und leberwurs- tige Handtaschen. Die Damen können zudem plastisch erzählen, wie sie früher als junge Mädchen noch selbst gebuttert oder sich vor den Trinken der warmen Ziegenmilch gegru- selt haben. Außerdem sind immer ein paar dabei, die nie aufgehört haben, das naive Dummchen zu sein und die entsprechenden Fragen stellen: „Frollein, können sie mir von dem mal was abschneiden, der sieht ja lecker aus!“ – „Das ist eine Atrappe.“ – „Aber das macht doch nix!“ (Ich hab‘ dann auch immer ’ne Frage, allerdings stelle ich die nicht laut: „Wie kommen manche Leute eigentlich so durch’s Leben?“ Die waren doch mit 20 sicher schon dooftüdelich.)
Jedenfalls komme ich natürlich auch nicht drumrum, dann später ab und an mal was von der Tischkonversation aufzuschnappen: „Mensch Inge, ich hätte dich beinahe gar nicht wieder erkannt, so lange, wie das jetzt her ist! Du siehst ja gaaanz anners aus! GANZ anners! Jaja, manche werden im Alter ja dicker. Und andere werden viel dünner… – Und manche auch beides!!!“
Ich finde, so allmählich könnte man sich ja schon mal Gedanken machen zum kommen- den Jahr. Schließlich soll 2010 gefälligst richtig super werden. Und weil man im Leben bekanntlich nix geschenkt kriegt, ist aktive Mitarbeit gefragt. Wenn das neue Jahr nämlich sieht, dass ich mir auch ein bisschen Mühe gebe, dann ist es vielleicht etwas netter zu mir als das alte.
Deswegen nehme ich mir jetzt u.a. vor, Regenschirme nicht mehr so ungeschickt stehen zu lassen, dass oben das ganze Wasser reinläuft, und ich werd‘ auch nicht mehr mit gro- ßen Handtüchern über’m Arm in der Gegend herumstehen. Und ich will auch künftig an der Eistheke nienie mehr „Zwei Kugeln Schoko und eine Vanille…“ verlangen, sondern lieber gleich „Drei Kugeln Schoko, aber zackich!“ – Ich muss sowieso bescheuert gewe- sen sein, – ich mag doch überhaupt kein Vanilleeis!
Und dass einem wild gepunktete Getränke und schon angebissenes Obst den schönsten Tag, ach-was-sage-ich: das ganze Jahr, komplett vermiesen können, hätte ich auch lieber früher gewusst. Diesen Fehler mach‘ ich sicher auch nicht noch mal.
Und vor allem gewöhne ich mir, und das mache ich direktemang und sofort, erstmal diese doofen, knallroten Schrägstreifen ab…
Beim Bäcker gibt’s neuerdings „Sägespänekuchen“ und so sieht der auch aus. Ich möch- te wirklich gern langsam mal wissen, wer sich da immer so pupslustige Namen aus dem Kreuz leiert. An „Jogger-„, „Weltmeister-“ und „Wellenreiterbrötchen“ hat man sich ja schon gewöhnt. Ganz klar, auf Hawaii z.B. ist der Sonnenblumenkernbrötchenverzehr traditionell ganz ordentlich. Hawaii ist schließlich für seine gigantischen Sonnenblumen- felder unheimlich bekannt! Deswegen ist der Van Gogh ja auch damals da hin und hat sich dann aber blöderweise mit Syphillis… Doch, doch. Das weiß ich genau.
Beim selben Bäcker gibt’s auch „Babystollen“. Also, sowas kann ich nicht kaufen. Tut mir leid, da hab‘ ich wieder so Assoziationen, Herr Dokter. Außerdem weiß der Bäcker wohl anscheinend nicht, dass er doppelt moppelt. Der Stollen an sich ist doch schon das stili- sierte, in weiße Tücher gewickelte Jesuskind. Und das Ganze jetzt auch noch in klein? Sollte Jesus am End‘ ein Frühchen gewesen sein?
Jedenfalls erinnert mich dieser „Sägespänekuchen“ unangenehm daran, dass ich schon ein paarmal gehört habe, dass Leute früher zu Kriegszeiten den Brotteig mit Sägemehl oder Kleister verlängern mussten, damit die Brote überhaupt noch mit bloßen Auge auf dem Tisch zu erkennen waren und sich später im Magen halbwegs bemerkbar machten. Von Kuchen wird man da höchstens geträumt haben. Ich weiß, ich denke manchmal zuviel Zeug, die Leute wollen ja bloß ihre Ruhe und unterhalten werden.
Und eben zu diesem Zwecke hat man sich auch ein schönes Gewinnspiel einfallen las- sen, – „Panem et circenses“: Ein Spiel um ein Jahresabo Brot.
Ich weiß ja noch, als wär’s gestern gewesen, als Juvenal feststellte, dass man mit Brot und Spielen das Volk ruhigstellen kann. Ein Bierchen dazu wäre übrigens auch gar nicht schlecht, aber zur Not geht’s auch ohne.
Bis heute.
Heißt jetzt bloß „Pizza und Fernsehen“. Aber der Bäcker versucht’s noch mal auf die traditionelle Art. Der Gewinn: Für ein Jahr jede Woche ein Sauerteigbrot gratis!
Ja, so ein Brot pro Woche, damit ist der Lebensunterhalt eigentlich geritzt. Eigent- lich interessant dabei ist, dass dieser Preis genau einmal vergeben wird. Das kostet die Bäckerei doch glatt 20-30 Euro!
…konnte ich gestern mal wieder ein bisschen zu Freundin T.s Belustigung beitragen, weil ich mich nämlich irgendwie außerirdisch-stimmbrüchig anhöre und unabsichtigt Kiekser und Pfeitöne einbaue, wo ich’s gar nicht vorhabe. Das liegt aber bloß daran, dass ich total heiser bin. Offenbar springt mich im Moment alles an, was in der Luft liegt. Naja, und wenn man erstmal damit angefangen hat… – Vielleicht macht’s mir ja irgendwann sogar Spaß.
Das Lustige daran ist, dass ich gestern wieder total viel zu erzählen hatte und T. immer bloß ansetzte: „Hab‘ ich Dir denn schon erzählt, dass ich meinen Geburtstag erst im Januar…?“ – „Hast du.“ – „Und dass wir die Reise schon gebucht…?“ – „Neulich am Tele- fon.“ – „Wie nett meine neue Kollegin..?“ – „Bekannt.“ – „Mist. Ja dann musst Du!“ und schon ging das Gekicher wieder los.
Ich glaube, die Nachbarn denken, ich hätte mir einen sprechenden Raben angeschafft.