Küchensofagedanken am Morgen (Teil 6) – Aufstehen

Theobrominenfuesse_HerbstwiAlso die Socken mussten jetzt wirklich lang-
sam mal sein. In den letzten Tagen habe ich das Gefühl, in einer zugigen Hütte zu leben. Und das, obwohl ich mir nun sogar eine neue Antizugluftrolle gebastelt habe, die jetzt vor meiner Tür liegt, während die ganze kalte Zugluft von draußen um die Tür streicht und schmollt. So ist es schon viel besser.

Das Gemütlich-auf-dem-Sofa-liegen, während ich meinen morgendlichen Tee trinke und aus dem Fenster schaue, erinnert mich daran, dass die Menschen ihre Tage sehr unterschiedlich beginnen. Normalerweise trinke ich meinen ersten Tee nämlich woanders. Nee, ich gehe nicht zum Nachbarn rüber, weil ich meine hübsche Küche nicht unordentlich machen will… Der würde mir womöglich direkt was auf der Gitarre vorspielen! Schrumschrummschrumm. Nein, ich wache auf, koche mir ein Tässchen, nehme es mit ins Schlafzimmer und setze mich noch mal ganz gemütlich für ein Viertelstündchen ins Bett, wo ich mich in die Kissen und an das geflochtene Kopfteil des Bettes lehne, die Restwärme genieße und die Stille im Haus.Vom Bett aus kann ich aus dem Fenster schauen und sehe die Baumkrone der Pappel draußen auf der anderen Straßenseite. Und Himmel. Und ich höre geschwätzige Vögel und manchmal ein frisiertes Mofa, die hier fünfmal lauter kreischen, als sie groß sind.
Dasselbe gilt übrigens für die Schulkinder, die hier morgens die Straße herunter kommen.

Ich denke meistens an nichts Besonderes, hänge vielleicht einem merkwürdigen Traum nach, denke daran, was ich so vorhabe. Und wenn der Tee ausgetrunken ist, stehe ich „richtig“ auf und verschwinde im Bad. Ich mache das nicht so, weil ich die Inhaltsstoffe des Tees unbedingt zum Aufwachen brauche. Ich bin morgens nämlich sofort wach, wenn ich die Augen aufschlage. Sondern, weil mich dieses Ritual einfach gut in den Tag bringt. Es verwischt ein wenig die Grenze zwischen Nacht und Tag, und ich fühle mich nicht so an- und ausgeknipst. Dann muss ich nicht aufstehen, sondern möchte.

Der Tee ist also wichtig und der erste Schluck ist am schönsten, wenn er heiß die Kehle hinunterrinnt und die Wärme sich im Magen ausbreitet. Und es soll auch immer meine Lieblingssorte sein, deshalb habe ich bei Besuchen auch immer Teebeutel dabei. Die sind ja zum Glück nicht so schwer, da geht das ganz gut. Gut, dass ich morgens nicht drin-
gend mit Hanteln trainieren muss oder ein bisschen Riesenrad fahren. Dabei fällt mir ein, hier in Hannover gibt’s einen Musiker, der schon lange als „Altstadt-Original“ durchgeht. Und in meiner Kellnerinnenzeit gab der manchmal einen Frühschoppenauftritt da, wo ich arbeitete. Von damals weiß ich noch, dass er auch immer Teebeutel dabei hatte. Er kam dann an, legte die einzeln auf die Theke und wollte da „heißes Wasser drauf“ haben. Sicherheitshalber habe ich ihm dann jeweils eine Tasse drumgemacht.

Aber über Tee habe ich ja schon geschrieben und heute geht’s ja ums Aufwachen bzw. Aufstehen. Meine Beobachtungen im Umfeld haben ergeben, dass das Aufwachen sehr unterschiedlich verläuft. Manche wachen erstmal eine geschlagene Stunde überhaupt nicht richtig auf und wälzen sich im Halbschlaf herum, bis sie sich endlich hochquälen. Manche (wie eine frühere Freundin von mir) müssen sogar noch vor dem Aufwachen einen Kaffee und eine starke filterlose Zigarette haben.
Da würde ich überhaupt nie mehr aufstehen!

Es gibt Leute, die darf man morgens nicht ansprechen, bis sie die Zeitung gelesen haben. In der wiederum scheinen die Worte dann nicht zu stören. Es muss also eher was Geräu-
schen zu tun haben. Wiederum andere machen morgens irre laute Musik an, „zum Auf-
wachen“, da krieg’ ich nun wieder Zustände.

Von alten Menschen hört man, dass sie senile Bettflucht haben und schon um vier Uhr aufstehen. Und um fünfe ist das Frühstücksgeschirr dann schon wieder abgewaschen und ordentlich in die Schränke zurückgeräumt. Den Kontrast dazu bilden Leute, die wochen-
ends bis zwölf schlafen können. Beides ist mir ein Rätsel. Also, das Zweite fast noch mehr als das Erste, denn ich bin gerade am Morgen und am Vormittag am muntersten und erledige alles, was wichtig ist. Wenn ich ausgerechnet diese Phase verpasste, könn-
te ich eigentlich auch gleich liegen bleiben und bis zum nächsten Tag durchschlafen.

Irgendwo habe ich mal gelesen, diese unterschiedlichen Rhythmen hätten was mit der Geburtszeit zu tun. Also, dass man ungefähr zu der Uhrzeit aufwacht und auch am mun-
tersten ist, zu der man auch in die Welt kam. Bei mir käme das hin. Vielleicht ist es aber andersrum, und so ein Ungeborenes hat schon längst seinen kompletten Tagesablauf fertig und klopft dann, wenn es rausmöchte. Wer weiß.

Ich bin jedenfalls eine Frühaufsteherin, genau wie mein Vater. (Also, er ist keine Frühauf-
steherin, – das kann man sich ja denken.) Dabei habe ich als Kind wenig mit ihm zu tun gehabt, weil ich bei der Mutter aufwuchs. Erziehung kann es also nicht sein. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass, während ich eine Lerche bin, die meisten Leute wohl Eulen sind. Oder ich habe eben überwiegend mit Eulen zu tun gehabt, kann auch sein.

Da ich oft ziemlich ungeduldig bin, stellt mich das manchmal auf eine harte Probe. Man kann sich das so vorstellen, dass ich dann schomma putzmunter, gesprächslustig und voller Tatendrang gestiefelt und gespornt an der Tür stehe, während so ein Mitmensch noch verratzt und verpeilt im Küchenstuhl lehnt, nur Einsilbensätze bilden kann, und man müsste eigentlich ein Stöckchen zwischen Kinn und Tischplatte klemmen. Ich brauch’ so ein Stöckchen eher abends, aber das ist ja ein ganz anderes Thema.

Es ist also oft beiderseits Toleranz und Geduld gefragt, und das schon zu Tagesbeginn!

Viel schöner ist dann, auf eine Mit-Lerche zu treffen, und morgens am Frühstückstisch munter zu plaudern, Pläne für den Tag zu machen und sich gegenseitig die Brötchen vor der Nase wegzuschnappen. Und die Zeitung, die kann man ja zur Not auch nachmittags noch lesen.

So, der Tee ist ausgetrunken, dann geh‘ ich jetzt erstmal Brötchen holen.

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 5) – Brot & Butter und so

TheobrominenfuesseMensch, das wird aber langsam kühl hier! Ich glaub’, ich muss mir doch bald mal Söckchen überziehen. Na, heute reicht’s noch, wenn ich die Heizung etwas hochdrehe…

Draußen bricht so richtig der Herbst aus, es ist diesig und verhangen, auf meinem metal-
lenen Fensterbrett rumort eine Amsel und guckt immer wieder neugierig durch’s Fenster. Vielleicht ist sie ein bisschen neidisch auf mein Brötchen mit Butter. Ich würd’ ja was abgeben, aber wenn ich jetzt zum Fenster gehe, haut sie ab und außerdem sind Menschenbrötchen sowieso nix für Wildtiere. Und ob ihr die Butter überhaupt schmecken würde? Da, jetzt ist sie weggeflogen, vielleicht kennt sie eine Stelle, an der es jetzt leckere Beeren gibt. Mir ist mein Butterbrötchen lieber. Mehr brauche ich nämlich nicht und werde deshalb oft gefragt, ob ich mir nix „Richtiges drauf machen“ will. Nö.

Ich habe mal versucht, eine Liste aufzustellen mit „einfachen Gerichten“, die fantastisch schmecken, obwohl oder weil sie nur zwei bis drei Zutaten haben. Ein gutes Brot oder Brötchen mit guter Butter war eines davon. Das andere waren Erdbeeren mit frischer Sahne. Dann hörte die Liste schon wieder auf. Eventuell könnte man Spaghetti „Aglio e Olio“ dazuzählen, aber eigentlich sind da schon zu viele Komponenten drin. Gar nicht so einfach. Vielleicht wisst Ihr ja noch was?

Vernünftige Brötchen oder Brote zu bekommen ist schon ganz schön schwierig. Ich jedenfalls habe lange kein richtig gutes Brot mehr gegessen, obwohl ich mich wirklich umsehe. Je ausgeflippter oder rustikaler der Name, desto größer ist meistens die Ent-
täuschung. Darüber habe ich ja schon mal was geschrieben… „Wellenreiter-Brötchen“, „Siegerschleifen“, – pffft! Also bitte, was soll denn das? Ich will doch nur frühstücken und nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen! Morgen gehe ich mal hin und frage nach „Helga-Feddersen-Gedenk-Brötchen“. Mal sehen, was dann passiert.
Neulich habe ich endlich mal wieder leckere einfache Brötchen gegessen, aber dafür müsste ich jeden Tag ein paar hundert Kilometer fahren, denn das war leider nicht in Hannover.

Bei der Butter habe ich meine Sorte gefunden, die ich zum Glück in fast jedem Super-
markt kriege, und tatsächlich am Geschmack erkenne. Wer’s nicht glaubt, soll das ruhig mal ausprobieren. Der Unterschied zwischen Süßrahm- und gesäuerter Butter ist z.B. recht deutlich. Süße schmeckt oft regelrecht fettig. Gesäuerte schmeckt irgendwie frischer und herzhafter. Süßrahmbutter ist gut für Kuchen und so.

Ich besuchte mal vor einiger Zeit Freunde, und weil diese immer Margarine essen, hatte ich mir ein kleines Stückchen Butter für’s Frühstück mitgebracht. Sie hatten aber dann doch extra Butter für mich eingekauft. Irgend so eine Egale, daher zog ich trotzdem die Mitgebrachte vor. Es kam natürlich eine Diskussion auf, ob man das denn nun wirklich schmecke, und ich würde doch bloß wieder eine Show abziehen! Daraufhin verband man mir die Augen und schmierte mir zwei Brotstückchen mit Butter ein. Ich erkannte meine schon am Geruch bzw. am Duft, das klingt etwas schöner.

Dann tauschten wir mal, und ich hatte das Vergnügen zu sehen, wie sich Erstaunen auf die Gesichter malte, als die Beiden feststellten, wie deutlich die Unterschiede doch zu schmecken waren. Man muss nämlich überhaupt kein Feinschmecker sein, um das zu merken. Trotzdem ist es den Leuten merkwürdigerweise egal. Sie kaufen die Butter nach dem Einwickelpapier, der Werbung oder nach dem Preis. Und vieles andere auch. Das verstehe ich einfach nicht! Essen müssen wir jeden Tag, also sollten wir doch etwas mehr Übung drin haben. Hm. Darüber denke ich oft nach und bestimmt schreibe ich hier auch noch mehr dazu. Mir geht es ja gar nicht um Gourmetküche (obwohl ich furchtbar gerne mal wieder nach Herzenslust in einer Feinkostabteilung einkaufen würde), sondern um den Alltag.

Ich würde gerne mal so einen Verkostungsabend mit ein paar Leuten machen, bei dem einige Lebensmittel blind erschmeckt werden können. Jeder bringt was mit, in mehreren Varianten. Das könnte doch interessant und lustig werden! Und überraschend, auch.

Wieder darauf gebracht hat mich der doofe Raab. In seine letzte Folge von „Schlag den Raab“ schaltete ich rein, als er gerade mit Pauken und Trompeten durch ein Spiel rassel-
te, bei dem er mit verbundenen Augen 20 Lebensmittel und Gewürze erschnuppern sollte. Da waren dabei: Zimt, Birnen, Fisch, Senf, Basilikum, Käse, Bier, Knoblauch…
Ich glaube, er erriet nur zwei davon, regte sich dabei aber für vier auf, weil das so eine „ver-
dammt schwere“ Aufgabe sei!!! Und das Publikum solle mal nicht so lachen, sie säßen ja nicht da, das wäre echt nicht so einfach, wie man immer denke!
Ich dachte noch vergnügt: „Doch. Das ist ziemlich einfach, meiner Meinung nach.“ Da Stefan vorlegen musste, kam sein Herausforderer anschließend dran und hatte nach drei erratenen Dingern das Spiel gewonnen. Ich hätte gerne noch gesehen, wie er auch die anderen 17 errät, aber da ging’s schon wieder weiter.

Ich habe mal gehört, dass manche Franzosen über die Deutschen sagen: „Frag’ einen Deutschen mal nachmittags, was er zu Mittag hatte! Dann kann er dir nicht sagen, was er gegessen hat. Aber er weiß noch, was es gekostet hat…“

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 4) – „Immerhin ehrlich!“

TheobrominenfuesseHeute bin ich mal ernst.
Seit Jahren beobachte ich das schon: der Umgang der Leutchen miteinander wird irgend-
wie immer egaler. Und man hat immer bessere Ausreden dafür. Eine ganz beliebte Ausrede z.B. ist diese: „Ich sag’ immerhin ehrlich meine Meinung!“ Wahlweise auch: „Ich sag’s dir wenigstens offen ins Gesicht!“

Mit diesen Aussagen werden oft die reinsten seelischen Grausamkeiten abgeschlossen. Und der Angesprochene traut sich nicht mehr zu piepen, denn gegen Ehrlichkeit und Offenheit kann man ja nichts haben! Dass man vielleicht gerade mitgeteilt bekommen hat, dass man doof und hässlich ist und stinkt, scheint nur noch die Nebenbotschaft zu sein. Auch, dass der Liebste sich vielleicht ab sofort lieber einer Anderen zuwenden möchte, lässt sich doch viel besser verdauen, wenn man’s grob um die Ohren gehauen bekommt. Schließlich muss man sich doch die Wahr-
heit sagen! Offen und ehrlich!

Natürlich soll man das. Ich bin ja auch sowas von dafür. Aber man kann ja auch kurz mal vorher überlegen, was diese Wahrheit im Anderen anzurichten vermag. Egal, ob es eine große oder kleine Wahrheit ist. Und dann mal gucken, ob man sie wirklich schonungslos raushauen muss. Ich meine jetzt nicht, dass man etwas beschönigen oder weglassen soll. Aber wer dazu fähig ist, sollte zumindest kurz mal einen Perspektivwechsel simulie-
ren und sich vorstellen, wie er/sie sich selbst als Wahrheitsempfänger wohl fühlen würde.

Komischerweise bemühen sich nicht viele Leute um diese innere Vorarbeit und klotzen mal lieber gleich los. Haben die alle selber so ein dickes Fell? Also, eben keine Ahnung, wie man sich fühlt, wenn man fiese Brocken vor die Füße geschmissen kriegt? Denn meistens sind das doch Nachrichten, die ganz persönliche Dinge betreffen, die aufs Selbstbild zielen. Und da ist es eben nicht „sowieso schon egal“, wie man etwas sagt. Natürlich werden schlechte Nachrichten oder Anwürfe nicht besser davon, dass man sie freundlich vorträgt. Aber es gibt normalerweise auch keinen Grund, ihnen durch rüdes, unsensibles Verhalten noch größeres Gewicht zu geben.

„Ich bin ja wenigstens ehrlich!“ ist eins dieser beliebten Mundtotargumente. Also somit keins. Es soll den Empfänger der Botschaft stumm machen und auch das Gewissen des Senders. Aber das muss man ja auch erstmal wissen. Und nicht etwa den Totschläger auch noch für seine gute Tat loben.

Ein Hilfsmittel, das es meiner Meinung nach ermöglicht, die auch schlimmsten Wahrhei-
ten schonender zu transportieren, ist die Diplomatie. Verbunden mit dem schon beschrie-
benen Einfühlungsvermögen, genannt Empathie. Manche verstehen unter Diplomatie inzwischen vielleicht „jemanden geschickt übers Ohr hauen“. Aber eigentlich ist nichts anderes gemeint, als eben so zu vermitteln, dass möglichst wenig kaputt geht, ja vielleicht sogar beide Seiten einen Gewinn haben. Man kann damit tatsächlich fast alles verträglicher formulieren, ohne die Tatsachen zu verschwiemeln, das weiß ich aus Erfahrung (beider Seiten, übrigens). Und das ist gerade im Umgang mit Anderen wichtig. Die Mühe kann man sich doch ruhig machen, oder? Ich finde, ja. Ehrlich gesagt.

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

Theobrominenfuesse Gestern hatte ich mal so gar keine Lust. Ich rede mich auf’s Wetter raus, das mal hü ist, und mal hott. Und wenn das Wetter schon so unentschlossen daher kommt… Ach, und heute könnte ich auch bestimmt den ganzen Tag hier liegen. Angeregt durch einen von Trithemius’ Abendbummeln mache ich mir Gedanken über Kellnerinnen. Über solche, denen man anmerkt, dass sie nie eine Aus-
bildung zur Restaurantfachfrau gesehen haben. Solche, die vielleicht während des Studiums oder aus ganz normalen Geldver-
diengründen „kellnern“ gehen. Ich habe das übrigens vor ca. 15 Jahren auch eine ganze Weile in verschiedenen Läden gemacht, und vielleicht achte ich deshalb etwas mehr darauf, wie die Damen mit den Gästen umgehen. Machen wir uns nichts vor, meistens sind es Damen.

Obwohl das ja immer gern behauptet wird, sagen sie fast nie: „Draußen nur Kännchen!“ Auch „Kollegin kommt gleich!“ habe ich, glaubich, noch nie zugerufen bekommen. Was ich aber schon öfter gehört habe, ist: „Das ist nicht mein Tisch!“
Und dann denke ich: Naja, ich hatte jetzt auch nicht gedacht, dass sie jeden Tag ihren eigenen Tisch mitbringen muss. Das wäre ja eine ziemlich merkwürdige, wenn nicht unzulässige Vertragsklausel, und wenn sie kein Auto hat, ist das auch ganz schön schwierig für sie. Der Tisch wird also schon wahrscheinlich ihrem Chef oder ihrer Chefin gehören. Aber ich weiß ja, was sie meint und warte, bis die Kollegin kommt.

Wenn sie dann kommt, fragt sie manchmal streng: „Wissen sie schon, was sie wollen?“ Dann komme ich mir vor, als stünde ich vor meinen Eltern, die mich fragen, was ich denn nun aus meinem Leben zu machen gedenke. Und möchte antworten: „Naja, ich dachte, ich verdien’ jetzt erstmal ein bisschen Geld, dann reise ich vielleicht erstmal nach Norwegen, da wollte ich immer schon mal hin, Fjorde gucken. Und dann, wenn ich wieder hier bin, weiß ich bestimmt auch, wie’s weiter gehen soll. Vielleicht mache ich mich ja selbstständig oder so…“ Das verkneife ich mir aber, denn wenn ich sie jetzt ärgere, kriege ich später kein Schirmchen auf mein Eis.

Wenn sie dann wieder kommt, um das Bestellte zu bringen, sagt sie bestimmt: „Soooo…!“, während sie es abstellt. „So!“ heißt ja angeblich „halb fertig“. Im Café heißt es aber: „Räum’ doch bitte mal Deinen Krempel zur Seite und nimm’ die Ellbogen vom Tisch, denn das Ding hier ist schwer/heiß/sperrig, mir fällt gleich die Hand ab und ich hab’s eilig.“

Wenn sie eine nicht so gute Kellnerin ist, fasst sie die Gläser ganz oben am Rand an. Dann hoffe ich, dass sie wenigstens halbwegs saubere Fingerchen hat. Leider sehe ich dieses Glas-oben-am-Rand-Anfassen ziemlich häufig und wundere mich immer, dass das von den Chefs nicht geahndet wird. Denn die wollen ja nach außen gerne einen properen Eindruck vermitteln. Was aber z.B. manchmal so hinter Theken passiert, oder in der Küche, würde dem Gast schon mal den Appetit verderben. Darum ist er normalerweise froh, wenn er’s nicht mitbekommt. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte die kommenden drei Zeilen überspringen.

Wenn man nämlich mal gesehen hat, wie eine Bierleitung aussehen kann, die länger nicht gereinigt wurde, der bestellt fortan nur noch Flaschenbier. Denn dann ist es auch schon total egal, wo das Bierglas beim Servieren angefasst wird und womit.

Wenn ich also meine Bestellung bekommen habe und mich vielleicht gerade daran gemacht habe, Messer und Gabel aus der Serviette zu wickeln und alles zurecht zu schieben und loszulegen, kommt bestimmt jemand zum „Abkassieren“, weil jetzt „Schichtwechsel“ ist. Dann legt man das Besteck wieder hin, fummelt das Portemonnaie raus, dabei fällt einem das Messer runter und man weiß gar nicht, wer kriegt denn jetzt das Trinkgeld? Sie oder ihre später abräumende Kollegin? Übrigens ist mir auch mal aufgefallen, dass Servicepersonal noch so patzig sein kann, wenn’s aber ans Bezahlen geht, sind sie die Lebensfreude selbst. Komisch, oder?
Naja, hab’ ich bestimmt genau so gemacht, damals.

Wenn die Teller leer gegessen da stehen, wird abgeräumt und dabei hastig gefragt: „Hat’s geschmeckt?“ Nach meiner Erfahrung reicht als Antwort ein knappes „Ja.“, denn entweder ist die Servierdame schon längst wieder weg, oder sie kann mit Kritik nicht recht umgehen („Das soll so!“). Es ist also fast immer sinnlos, ein Gespräch anfangen zu wollen. Selten landet die Anregung da, wo sie hingehört: In der Küche. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Köche darauf reagieren. Im günstigen Fall mit Schulterzucken. Im ungünstigen Fall mit launigen Vorschlägen, die der Gast lieber nicht hören möchte.

Der Gast möchte sich ja bloß entspannen. Und es interessiert ihn eigentlich nicht, ob das Personal gerade total im Stress ist. Ich erinnere mich noch gut, wie schwer es manchmal war, freundlich zu bleiben, wenn man gar nicht mehr wußte, wo einem der Kopf stand. Aber dennoch habe ich es immer vermieden, den Gästen mein Herz auszuschütten oder sie anzublaffen. Manche, die verständnisvoll aussahen, habe ich gelegentlich freundlich um Geduld gebeten, weil viel los war. Netterweise waren das dann meistens die, die das beste Trinkgeld gegeben haben. Nur mal so als Tipp.

Und natürlich gibt es unangenehme, doofe Gäste. Die einen 5 mal rennen lassen für ein Extratütchen Zucker, einen neuen Kaffeelöffel, ein Glas Leitungswasser, die Eiskarte und doch noch einen kleinen Salat, Dressing aber extra. Und dann geben sie 15 ct. Trinkgeld und fragen noch, warum man sie frech angrinst.
Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 2) – Begrüßung

Theobrominenfuesse

Ich hab‘ mir gedacht, vielleicht mache ich wirk-
lich mal so was wie eine Rubrik aus solchen
Küchensofagedanken. Gerade eben dachte ich nämlich mal wieder über ein Thema nach, das mich schon seit Monaten ab und an beschäf-
tigt und da eigentlich ganz gut rein passt. Wollen wir doch mal sehen:

Mich verwirrt das, dass in meiner Umgebung, meinem Freundeskreis, jeder jeden anders begrüßt. Die einen umarmen, die anderen küssen (ein- oder mehrmals), wieder welche wollen die Hand geben oder die Schulter klopfen. Manche sagen auch schlicht „Hallo“. Die Herren sehen manchmal aus, als wollten sie gleich eine gepflegte Klopperei anfangen. (Zum Glück bin ich nicht in Hiphopperkreisen unterwegs, wo man komplizierte Tänze aufführt, wenn man sich trifft.)

Geht das nur mir so? Und geht es denen mit mir auch so? Wahrscheinlich.

Wenn ich jemanden mag, umarme ich den. Manche scheinen das zu mögen. Eine Umar-
mung ist, wenn sie von Herzen kommt, was Feines und kann mich sogar den ganzen Tag über erfreuen. Wie oft ich aber schon angesetzt habe, jemanden zu umarmen, der irgend-
wie was anderes vorhatte! Und wenn man z.B. jemanden umarmen möchte, der einen grade auf die Wange küssen will, landet das Küsschen günstigstenfalls irgendwo hinterm Ohr, schlechterdings entsteht ein komischer Kuddelmuddel. Hürden: Zu welcher Seite neigt man sich? Wohin mit den Armen? Es gibt Links- und Rechtsumarmer. Die eben noch freudige Begegnungsszene wird unter Umständen zu einem verlegenen Gehampel. „Na, wie denn jetzt!?“ Oft ist das ziemlich lustig.

Irritiert bin ich aber auch, wenn mir jemand aus dem Freundeskreis die Hand geben möch-
te, da das für mich eine eher geschäftliche, offizielle Geste ist. Ich kann mir das nicht recht angewöhnen, obwohl ich als Kind zum Glück nicht mit dem „schönen Händchen“ getriezt wurde. Da diese Freunde aber überwiegend im Handwerk arbeiten, erkläre ich mir das so, dass das da wohl üblich ist, auch morgens unter den Kollegen und so. Eine rich-
tige Handwerkerhand zu schütteln ist ja auch irgendwie angenehm.

Feld-, Wald- und Wiesenbegegnungen kriegen „Hallo“ oder „Tach, wie geht’s?“ gesagt.
(Ich kenn’ einen Schlagwerker, der hat uns früher bei der Probe immer mit: „Na, ihr Arsch-
löcher?“ begrüßt. Im Gegensatz zu den anderen, die immer plötzlich nach Zitronensaft aussahen, fand ich das aber lustig, weil es einfach zu ihm passte.)

Hier mal meine ganz persönlichen Abstufungen:

Handgeben bei offiziellen Sachen.
Dann aber richtig! Nicht nur die Fingerspitzen und mit angenehmem Druck und kurz.

„Hallo!“, „Hi“, „Salut!“, „Tagchen!“, „Na, Puppe?!“ oder was auch immer bei Leuten, die man vielleicht noch nicht so gut kennt, zu denen man aber auch nicht so ein offizielles Verhält-
nis hat. Neuerdings sagen manche auch „Aloha!“. Ich glaube aber, das ist eher eine Ver-
abschiedung. (Genau andersrum: „Ciao!“)

Herzliche Umarmung bei Freunden.
Plus: Küsschen bei sehr guten Freunden, feiner Familie und vielleicht Kindern, vorausge-
setzt, die mögen das. Diese neuerdings sehr beliebten französischen Bisous sollten meiner Meinung wieder abgeschafft werden, da nicht mal die Franzosen wissen, auf welcher Seite man damit anfängt und wann man aufhört und was man dabei mit den Händen macht.

Ist übrigens mal jemandem aufgefallen, wie Heidi Klum Leute begrüßt? Das fällt mir grade ein. Sie legt die Hände ganz vorsichtig an die Schultern des zu Begrüßenden, als hätte sie grade frisch lackierte Nägel und dann macht sie so Luftküsschen und ruft laut: „Müah! Müah! Müah!“ mit so eingebauten kleinen Knutschgeräuschen. Meine japanische Freundin M. und ich haben ja immer schön Germanysnexttopmodel geguckt und uns dazu prima amüsiert. Anschließend haben wir uns dann total übertrieben nach Heidi-Art voneinander verabschiedet.

Ach, und Liebespaare denken sich bitte was Eigenes aus, beachten aber, dass Umste-
hende evtl. verlegen werden könnten.

Falls noch Fragen oder Anregungen auftauchen: Ich bin dann wieder mal auf dem Sofa…

Küchensofagedanken am Morgen (Teil 1) – Blumen schenken

Heute Nacht bin ich um zwei aufgewacht, weil ich wirre Träume hatte und außerdem fror wie eine Schneiderin. Also bin ich im Halbschlaf umhergetappt, um mir noch eine Decke aus dem Wohnzimmer zu holen, wobei ich dachte: „Decke holn… im Juli!… brmbl…“
Dann bin ich zum Glück wieder eingeschlafen.

TheobrominenfuesseHeute Morgen dann, als ich auf dem Küchen-
sofa lag und meinen ersten Tee trank, wurde mir allerdings klar, was mich des nachts so hatte frösteln lassen: Heute ist ja der 7. 7. 07! Der Tag, an dem wie verrückt und am Fließ-
band geheiratet wird. Vermutlich hatte ich bloß vom Traualtar geträumt. Wahrscheinlich sind diese Termine so beliebt, weil die Damen hoffen, dass wenigsten ihre Ehemänner den Hochzeitstag nicht vergessen und ihnen jedes Jahr fleißig Pralinchen und Blumen schenken werden. Irgendwer hat mal geschrieben, dass wer glaubt, dass Blumen und Pralinen heutzutage als Mitbringsel für Damen nicht mehr zeitgemäß sind, keine Ahnung von der holden Weiblichkeit hat. Da hatter Recht, der Mann.

Allerdings bin ich mir sicher, dass sich auch die Herren über Pralinen und Blumen mal freuen. Sie rennen nur nicht herum und rufen mit hoher Stimme: „Oh, die schönen Blüm-
chen! Da muss ich aber mal schnell eine hübsche Vase holen!“
Es sei denn, sie sind am 17.5. geboren, und dann auch längst nicht immer.

Sie fragen eher erstmal erstaunt: „Blumen? Für mich?“ Sogar, wenn sonst gar keiner da ist. Und dann muss man ihnen manchmal mit der Vase helfen. Aber freuen tun sie sich doch.

Und jetzt kommt der Geheimtipp des Tages an Diejenigen, die vielleicht demnächst Blu-
men an eine Liebste verschenken möchten, das wird nämlich oft falsch gemacht. Es ist eigentlich ganz einfach, den Eindruck eines Connaisseurs zu hinterlassen; man muss nur einmal aufmerksam hingeschaut haben. Denn was machen denn die Damen nach Erhalt der Sträußchen als erstes? Hm?

Überleg, überleg, überleg…
Neee, nicht die Vase holen. Vorher noch.

Na, sie stecken ihr Näschen rein, um mal zu gucken, ob die Blumen duften!
(Der Satz ist zwar Quatsch so, aber da bin ich jetzt mal großzügig.)

Wer’s also richtig und richtig gut machen will, lässt teure doofe rote Langstielrosen links liegen. Die sind weder schön noch duftend und sehen in der Vase linkisch aus. Beson-
ders mit noch so zwei Grashalmen dran. Lieber nach Duftrosen fragen! Die Damen im Laden sind ja nicht nur zum Stängelkürzen da. Es gibt auch noch Päonien, Maiglöck-
chen, Veilchen, Freesien, wattweißich!

Oder wenigstens Blumen wählen, die nicht stinken. Ist doch nicht schön, wenn sie da immer drauf guckt und denkt: „Ach, der Liebe… So schöne Blumen. Aber die stinken!“
Tulpen sind meiner Meinung nach eher was für die Tante. Und Topfblumen verschenkt man sowieso nicht, außer vielleicht zur Wohnungseinweihung. Aber in allen Fällen macht man das Papier vorher ab!

Das ging mir vorhin so durch den Kopf, als ich da so lag.
Gern geschehen. Wenn jemand noch Fragen hat: ich bin dann wieder auf dem Sofa…