(Erstveröffentlichung: 16. Mai 2007)
Heute innerlich sowas wie ein stillvergnügtes Jubiläum gefeiert.
Der Umbau ist nun ein Jahr her. Und das kam so:
Als ich hier vor gut sechs Jahren einzog, war die Wohnsituation sagenwirmal studentisch. Das Klo war auf halber Treppe (1/4 qm) und musste auch noch mit dem doofen Nachbarn geteilt werden. Die Dusche stand in der Küche, daneben ein Waschbecken. Das versetzte mich in die angenehme Lage, mich beim Duschen unterhalten zu können, falls zufällig jemand in der Küche war, der dort schon mal seinen Morgenkaffee genoss (kam netter- weise ab + zu vor).
Besucher fanden das grenzwertig, aber für mich war das alles ganz o.k.; was ich mir ersehnte, war eine Badewanne. Ich stellte Überlegungen an, mir ein Planschbecken in die Küche zu stellen, um dem wenigstens nahe zu kommen. Aber dann schreckte mich die Vorstellung, das Badewasser ja auch wieder entsorgen zu müssen, nachdem ich mich, von lauten Quietschgeräuschen begleitet, in der 20 cm tiefen Pfütze geaalt hätte. Das löste keine Euphorie aus. Freund M. erzählte mir, seine Großmutter habe früher mal eine legendäre Faltbadewanne unter der Spüle gehabt, von wo man sie bei Bedarf herauszie- hen konnte. Leider ist der Faltbadewannenmarkt seither eingeschlafen.
Dann wechselte der Hausbesitzer und der Neue war Installateurmeister. Das hieß, immer wenn eine Wohnung leer stand, sanierte er sie und baute Badezimmer ein. Irgendwann schlug ich vor, er solle nicht warten, bis ich auszöge, sondern den Patienten quasi ohne Narkose operieren. Er überlegte ein Weilchen, dann stimmte er zu.
Er schätzte, der Umbau würde so zwei Wochen dauern. Ich legte im Geiste noch eine drauf und fing das Umräumen an, denn schließlich sollte die Küche das neue Bad werden, das Schlafzimmer die neue Küche, das Arbeitszimmer musste mit ins Wohnzimmer gestopft werden, damit ich zukünftig in der Arbeitskemenate schlafen konnte.
An einem Montag ging es los: Die Jungs kamen.
Als erstes wurden die alten Einbauten rausgerockt. Der Geselle trat unter Riesengeklöter meinen Waschtisch zusammen und erklärte seinem Azubi dabei : „Kuck! Eima anne Seite reintreten, dann issi Brause gelutscht!“ Sie stöpseln natürlich ihr mitgebrachtes Radio ein und drehten da einen ganz fiesen Sender rein. Ich saß derweil im Wohnzimmer in der neuen Arbeitecke am Rechner und versuchte, zu arbeiten. Der Azubi übertönte das Ganze mit Heldengeschichten, die er sich am Wochenende ausgedacht hatte: Wie viel er imstande gewesen war zu trinken („Aaaaaal-ther!!!“), was er an seinem Mokick alles so an- und abzuschrauben gedenke und wem er dann mal beim nächsten Piep so richtig aufs Fressbrett hauen wolle.
An Arbeit war nicht mehr zu denken. Ich saß nur da und amüsierte mich.
Wenn die Jungs abends wieder weg waren, legte ich los: Tapeten runterschaben, Küchen- schrank abschleifen, Kartons rumschieben. Überhaupt musste ich ständig alles herum räumen. Ich kam mir vor wie in einer Großversion dieses Geduldsspiels, in dem man kleine Vierecke in einem Rahmen herum schiebt, bis das Bild wieder zusammengesetzt ist. Zum Feierabend gab’s Leckeres aus der Campingküche und die Erkenntnis: Mikro- wellenessen schmeckt wie, na ja, Mikrowellenessen.
Außerdem hatte ich nur noch kaltes Wasser, das quasi direkt aus den Wand kam, aber dafür keinen Abfluss, was hieß, dass ich mit Schüsseln und Eimern hantieren musste, die dann auf dem Treppenhausklo ausgekippt werden mussten. Spätabends kippte ich jedes Mal total fertig zwischen die Kartons und traf fast immer das Bett. Morgens um halb sechse wieder hoch, Campingkatzenwäsche (wat sindn Campingkatzen? Sindi mit Anhänger?), ab vor’n Rechner.
Um sieben spätestens kamen die Jungs. Mit ihren dicken Schuhen bollerten sie profes- sionell durch die Hütte, rissen Bodendielen raus, ramenterten Schutt durche Gegend, klöterten mit Rohren herum, marodierten durch Treppenhaus und knallten alle 5 Minuten meine Wohnungstür ins Schloß.
Das lernen die heute alles auf der Berufsschule.
Irgendwann, es war so nach vier Wochen war auch mal plötzliche Stille. Dann leises Gemurmel, ab und an hörte ich mal: „Scheißescheißescheiße!!!“
Ich schaute aus der Tür: „Alles o.k. bei Euch?“
„Jaja, Frau G., alles in Ordnung!“
Was „Jaja“ heißt weiß ja nun jeder, aber sei’s drum.
Wahrscheinlich so ein Fall von: Nach fest kommt lose.
Und als ich dachte: schlimmer kann es ja nicht werden, kam der Elektriker und stemmte u.A. meine von mir frisch verputzte Wand wieder auf und saute mir nebenbei meine ganze Bude total ein. Als der Hausbesitzer das sah, gab’s Mecker nicht zu knapp und der Elek- triker wurde verdonnert, die Schweinerei (fiesen roten Staub) gefälligst wieder zu beseitigen. Also schnappte er sich meinen Schrubber und beste damit los. Also ein echter Profi. Mannmann, der kannte sich aus. Respektrespekt. Der wusste, wie man’s macht. So sah’s hier dann auch aus, als er „fertig“ war. Den Staub hole ich heute noch aus den Ecken.
Nach fünf Wochen kam der Fliesenleger und zum Feierabend bekam ich mein eigenes Klo. Ich durfte es aber noch nicht gleich ausprobieren, weil der Boden frisch gefliest war. Erst sollte ich einige Stunden warten. An diesem Abend ging ich aus und trank mehrere Biere. Als ich nachts um 3 nach Hause kam, setzte ich mich zum ersten Mal gaaanz vorsichtig auf die Schüssel. Und war selig. Ich saß im Zappendustern, müde und betrun- ken, und war begeistert. Mein Klo! Nagelneu. Da war noch keiner drauf… – War aber auch ein komisches Gefühl, vorher hatte da der Herd gestanden.
Aber was war mit der Badewanne? Das heiß ersehnte Teil war eine Diva. Sie ließ sich richtig Zeit. Die erste Ausführung fiel vom LKW. Neenee, nicht so. Sie war kaputt. Ange- titscht. Ecke ab. Die Neue musste erst bestellt werden. Meine Nerven waren am Ende. Aber nach sieben Wochen war es soweit: Die Wanne war eingebaut! Ich hatte mir extra einen tollen Badezusatz gekauft, um wie eine Königin in die Wasser zu steigen.
Und was soll ich sagen: Es-war-himm-lisch! Bombe. Das Größte. Besser als Schokolade. Und viel besser als Planschbecken. Ich war verliebt.
Bin ich noch. Badewasser läuft.
„Sie will ein Fisch im Wasser sein, im flaschengrünen, tiefen See… Sie will mit Wasser sich besaufen und paar Blasen blubbern lassen…“