Berlin.

Mein Bericht zum Weltbloggertreffen zockelt jetzt natürlich so’n bisschen hinter den an-
deren her, aber ich bin ja schließlich auch erst gestern Nachmittag aus Berlin zurück gekommen (und dann auch noch direkt weitergetrabt zu Freund M.s Geburtstag). Aber: Versprochen ist natürlich versprochen! Mit Fotos halte ich mich aber lieber zurück, das haben Andere schon gründlicher erledigt und meine sind eh’ nicht besonders geworden.

Also:

Erstmal ging’s ja am Donnerstag ab zum Bahnhof, wo ich Jules, meinen lieben Begleiter, aus dem einen Zug rauserwartete und in den anderen reinbegleitete. Und was soll ich sa-
gen: Keine zwei Stunden später waren schon alle Käsebrote verputzt und wir erreichten den Bahnhof Spandau. Das mit Spandau war ein kleiner Trick, denn von dort aus lässt sich’s prima mit der U-Bahn nach Kreuzberg fahren, ohne zwischendrin auszusteigen. In Kreuzberg wiederum wartete mein Vater schon darauf, uns in die kleine Behausung einer Bekannten zu begleiten, die hauptsächlich in Italien weilt und ihre Berliner Wohnung zum Glück nicht dorthin mitgenommen hat.

Zu dieser Wohnung könnte ich jetzt manches bemerken, beschränke mich aber darauf: Manche Hochbetten sind Vertrauen erweckend gebaut, andere nicht so. Dieses hier war quasi begleitet von weiteren Selfmade-Konstruktionen innerhalb der Wohnung, wie bei-
spielsweise einer Duschvorhangwinkelstange, die (um sie am Durchsacken zu hindern) mit einem langen Schlüpfergummiband an einem Wasserrohr befestigt war. Wie viel Erfolg dieser Bastelei beschieden war, kann sich jeder selber denken. Aber schließlich komme ich so wenigstens endlich mal dazu, die Wörter „Duschvorhangwinkelstange“ und „Schlüp-
fergummiband“ in einem Satz zu verwenden! Und werde in Zukunft sicher keine nassen Handtücher mehr über solcherlei Arrangement hängen.

Wir richteten uns also ein, und zum Donnerstag ist dann eigentlich nichts weiter zu sagen, außer, dass wir noch ziemlich leckere Pizza an der Gneisenaustraße aßen. (Die Adresse rücke ich auf Anfrage gern heraus.)

Der Freitag begann mit einer Brückenfahrt. Diese Bezeichnung ist jetzt ein bisschen irre-
führend, denn die Brücken fuhren ja nun kein bisschen, sondern wir. Und zwar auf einem Schiffchen und unter den Brücken durch. Wer mal nach Berlin kommt, sollte das ruhig mal machen, weil’s einfach schön ist und man die Stadt aus einer sehr sympathischen Perspektive kennen lernt. Da ich das schon öfter gemacht habe, bekomme ich einen Son-
derservice: ein Freund meines Vaters lebt in einem schicken Haus am Landwehrkanal und wird per Handtelefon zum Winken auf seinen Balkon komplimentiert, wo er dann jedes Mal wahlweise Hüte, Schiffsflaggen oder sogar beides schwenkt. So auch diesmal…

Spreeufer_Baumschnitt

Nachmittags machten wir uns dann allmählich auf den Weg zu mokono. Dass der Fuß-
weg dorthin doch ziemlich lang war, merkten wir erst unterwegs, denn natürlich ist das blog.de-Office immer genau am anderen Ende der Oranienstraße untergebracht. Und weil das Wetter so schön war, hatten wir an Mantel und dickem Zeug nicht gespart und kamen sozusagen gar an.

Brominen_zum_Mitnehmen Eine ziemlich ulkige Situation übri-
gens, einen Raum zu betreten, in dem sich Leute aufhalten, die man „kennt“, aber man weiß noch nicht recht, wen, weil man sie vielleicht nicht erkennt. Ich hatte mir darum Erkennungsmaterial erstellt, nämlich einen dicken Anheftebutton mit mei-
nem Avatarfoto und kleine, leckere Schokotäfelchen, mit denen ich mich beliebt zu machen hoffte.

Das allgemeine Prozedere allerdings war, noch Unbekannte einfach am Ärmel zu zupfen und dann zu fragen: “Wer bist’n Du?“ Bei Einigen war das nicht mal nötig, da sie einwandfrei und ohne Zupferei als sie selbst zu erkennen waren.

Am verblüffendsten ergings mir jedoch mit einem jeansbejackten Herrn, der plötzlich ums Eck geschlendert kam und in mir sofort den Gedanken freisetzte: „Dat is’ der KaterMurr!“ Und er tat mir freundlich den Gefallen und war’s auch prompt.

Soll ich denn hier jetzt wirklich aufzählen, wen ich nun noch alles kennen gelernt habe? Nachher vergesse ich in meiner Schusseligkeit jemanden und der oder die weint dann dicke Tränen und ich bin nicht in der Nähe, um mit tröstender Schokolade auszuhelfen!

Na gut, ich versuch’s mal: Da war der Richard/Sansibar (der leider nur Freitagabend kurz vorbeischauen konnte), Prinz Rupi (der fast den ganzen Abend als Interviewer in seiner Loge zubrachte und sich erst später unter’s Volk mischte), BlackLily (mit der ich dann mal freudig anstoßen konnte, wenn auch mit dem falschen Bier *zwinker*), KaterMurr (der wirklich genauso war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte), ein Bohnenzähler (der mit ein unmögliches Versprechen abnahm und zum Tausch eine Handvoll Bohnen schenkte, die aber leider keine Kakaobohnen waren), Orphelins (die ein erfrischendes Lachen und ihren Gatten mitbrachte), Caramellino (der trockene Kommentare und seine Gattin dabei hatte), die Töpferschnecke mit Mann Repuhan und Sohn Lordkev, die freundliche Mondelfe, zwei Paparazzi namens Teddykrieger und Lichtundschatten, ferner ein Großteil des Blog.de-Teams und vieleviele Andere, deren Hände ich geschüttelt habe. Ich hoffe, ich hab’ jetzt niemanden ausgelassen… – Und wenn ich jetzt noch aufzählen würde, wen ich da alles schmerzlich vermisst habe…!

Es war jedenfalls ein Abend in aufgekratzter Stimmung, der später in einer Bar namens „Würgeengel“ endete. „BAR“ bedeutet zweierlei: dass man zwar erstens was zu Essen von der Karte bestellen kann, es aber eine Stunde dauert, bis sie es bringen (laut Aus-
kunft der resoluten Tablettbiene), und dass man zweitens dort kein Alster bekommt (weil in Bars eventuell Brauseverbot herrscht?). Übrigens bekommt man zur Minestrone auch keinen Löffel und muss auf Tischnachbarn hoffen, die ihren Spaghettilöffel opfern. Es wur-
de jedenfalls ganz schön spät, bis uns der exzellente Fahrdienst (Danke, lieber Rupi!) wieder in unserer Straße absetzte.

Am Samstagmittag ging’s dann ja gleich weiter mit dem Treffen am Neuen See, wo die Pizza groß und die Sonne warm schien. Es wurde freundlich geplaudert und irgendwie hatten sich wohl auch schon die Gruppen gefunden und nicht mal das Ruderbootrennen vermochte da eine gewisse Auflösung bzw. Neumischung zu bewirken, was ich irgendwie ein bisschen schade fand.

Bootsrennen

Nun, da wir voller Eindrücke waren und uns gerne vor Rupis Lesung noch ein Weilchen ausruhen wollten, machten wir uns mit KaterMurr im Schlepptau auf den Weg (auf dem sich prächtige Berliner Kastanien fanden, so dass ich jetzt derer zwei habe. Danke, lieber Murr!). Dass wir unterwegs wieder Durst bekamen, und noch ein Stündchen in einem wei-
teren Biergarten hängen blieben, dafür kann ich nüscht. Berlin scheint eine Durststadt zu sein. Ich hatte tatsächlich von Donnerstagnachmittag bis Montagvormittag fast ununter-
brochen Durst. Und das, obwohl ich sogar Getränke zu mir nahm! (Das schreib
e ich mal lieber dazu, nur falls jemand meint, mir einen prima Tipp gegen Durst geben zu wollen.)

Am Abend fanden wir uns dann natürlich in der Alten Post ein, wo Rupi, von seinen beiden Kumpels Waldorf und Statler flankiert, einige seiner vergnüglichen Texte vorlas und das Vorgelesene durch ausdrucksvolle Gestik, rasend schnelle, mit bloßen Auge kaum wahr-
nehmbare Kostümwechsel und den Einsatz gefährlicher Tiere und Kekse noch unterstrich. Leider sind die Fotos indiskutabel, aber: schee war’s!

Und für mich gleichzeitig die Abschlussveranstaltung des Bloggertreffens, denn der Sonn-
tag sollte doch meinem Vater gehören, der uns dann gleich vormittags auf eine kleine Rundreise nach Tempelhof und anschließend zum ausnahmsweise geöffneten Fahrzeug-
depot des Technischen Museums ausführte, wo ich hauptsächlich (und leider zum großen Teil vergebens) versuchte, alte Schilder zu knipsen, während das liebe Väterchen mir einen minutiösen Bericht über sämtliche Straßenbahnfahrten seiner Kindheit lieferte.

Ich kann Euch sagen, mir schwirrte von all‘ dem nur so der Kopf! Eigentlich habe ich in Berlin jedes Mal das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben, um alles zu sehen und alle Lieben zu treffen, die ich dort habe. Aber diesmal kam ich mit der Verarbeitung der ganzen Ein-
drücke wirklich nicht richtig hinterher. Da summt’s und brummt’s eigentlich noch immer im Oberstübchen.

Zum Glück hab‘ ich noch ein paar Schokotäfelchen übrig und kann mich damit nachher in meine duschvorhangstangenlose Badewanne legen…

„Icke, dette, kieke mal!“ – Weltbloggertreffen.

Eigentlich sollte ich ja eine waschechte Berlinerin werden. Mein Vater ist schließlich ebenfalls waschechter Berliner und meine Mutter lernte ihn 1967 in Berlin kennen, wohin sie damals gerade umgezogen war. Dann passierte natürlich so Dies und Das, aber kurz bevor ich im Mai ’68 schlüpfen sollte, stritten sich die Beiden kräftig und meine Mutter rief vermutlich aus: „Ich geh’ zurück zu meinen Eltern!“, denn das tat sie dann auch.

Und darum steht jetzt in meinem Ausweis, dass ich im Deister geboren bin.

Einige Tage später holte mein Vater uns da aber wieder weg und zurück nach Berlin, wo ich immerhin bis zum fünften Lebensjahr aufwuchs, bevor ich endgültig nach Hannover verschleppt wurde, wo ich mir erstmal den Berliner Dialekt abgewöhnen durfte. Schrippen kannte man hier nämlich irgendwie nicht.

Aber jedes Mal, wenn ich danach in Berlin weilte, fragte mein Vater mich ab: “Na? Kann-
ste denn ooch noch anständich berlinern? Sach ma: Icke, dette, kieke mal!“ (Wahlweise den Wahlspruch des Berliners schlechthin: „Kennick. Weeßick. Ha’ ick ooch zuhause.“

Ist heute noch oft so, dass ich in ein unentschiedenes Berliner-Hochdeutsch-Kuddel-
muddel verfalle, sobald ich in der Stadt bin. Meinen Vater hingegen, der vollpatentierter leidenschaftlicher Segler ist, zieht’s zum leicht angeplatteten Hamburger Zungenschlag, weswegen wir zu zweit mitunter schon eine ordentliche Multikultirunde zusammenkriegen, besonders, wenn ein paar Mollen im Spiel sind. Die letzte Gelegenheit dazu ist nun aber auch schon wieder zwei Jahre her. Mal sehen, wie es diesmal wird, wenn ich nämlich Ende September zum „Weltbloggertreffen“ nach Berlin fahre.

Zuerst fand ich ja den Gedanken, quasi etwas hinter Theobromina hervorzutreten, etwas merkwürdig. Aber inzwischen bin ich total neugierig und würde am liebsten mindestens alle aus meiner Freundesliste dort treffen! Mit einigen habe ich ja schließlich auch Kon-
takt, der ganz schön über’s Bloggen hinausgeht. Also bin ich gespannt, wer mir dort so begegnen wird und was sich dann so für Gespräche entspinnen. (Und ich hoffe, dass das Blog.de-Team sich irgendeine erkennungsdienstliche Namensschildchenidee ausdenkt, damit ich meine Zunge nicht ganze Zeit raushängen lassen muss… – Nach dem Ruder-
bootrennen fiele das sicher nicht so sehr auf, aber sonst vielleicht schon.)

Also: Ick freu’ ma drauf, dettick ich bald mal wieder im Zuch nach Berlin sitzen werde!

Oder vielmehr: wir. Denn diesmal reise ich in Begleitung…