Regalize it! (Kartonagen, Felsennager und voraussichtlicher Luftzug.)

Ist schon ein Weilchen (wenn man’s genau nimmt, ungefähr 20 Jahre) her, da hatte ich mal eine Schwiegermutter in spe, die pflegte zu sagen: „Dreimal umziehen ist wie einmal ausgebombt!“. Weil aus ihrem Schwiegermutterstatus mir gegenüber aber dann zum Glück nichts wurde, und das alles sowieso so lange her ist, weiß ich gar nicht mehr, ob sie das nun noch aus eigenem Erleben vergleichen konnte, oder ob sie das nur irgendwie nachgeplappert hatte. Wenn man jedenfalls nach dieser Theorie geht, bin ich persönlich schon quasi mindestens viermal ausgebombt worden. Sorgen muss man sich aber keine machen, mir geht’s nämlich prima.

Zum Glück war’s ja auch nicht mein eigener Umzug, an dem ich mitgewirkt habe, das fehlte noch. Nein, es war seiner, und jeder kann sich denken, dass ich in diesem Fall be- sonders gern Kartons gepackt und Vorhangstangen gebündelt habe. Anstrengend war’s natürlich trotzdem. Man soll ja nicht glauben, was in einen Bus mit Sternchen, der heißt wie Einer, der schnell loswetzt, alles so reinpasst! Und zum Schluss gibt’s natürlich doch immer noch was, das nicht reinpasst und dann schnell zusammengehauen und unauffällig entsorgt werden muss. In diesem Fall war das ein ziemlich umfangreicher selbstgebauter Garderobenschrank.

Jedenfalls war ich gestern Abend zum ersten Mal wieder in der Lage, zuhause vorm Fern- seher rumzulümmeln, feine Pralinen aus Maastricht zu knabbern und mal eben nicht an Kartons, verloren gegangene Schrauben und B/H/T zu denken. Dafür habe ich vergnügt mehrmals mit ansehen dürfen, wie Herr Bush zwei Schuhe um die Ohren gesaust bekam und dabei guckte, wie er eben immer so guckt. Hoffentlich vermisse ich das nicht mal irgendwann. Außerdem habe ich erfahren, dass die Laotische Felsenratte nun doch nicht ausgestorben ist. Ich hatte mir ja schon Sorgen gemacht, weil es hieß, die gäbe es seit 11 Millionen Jahren nicht mehr, aber das ist natürlich Unsinn. Gestern sah ich sie mit eigenen Augen putzig in meinem Fernseher herumklettern und verschmitzt dabei gucken. Also, damit meine ich natürlich, dass ich sie mit meinen eigenen Augen sah, und die Ratte selbst hatte auch noch mal welche, sonst ginge das mit dem „verschmitzt gucken“ ja auch gar nicht.

Und heute geht’s nun mit der so genannten „Nachsorge“ weiter: Regale und Zeug einkau- fen fahren und hinterher möglichst lotrecht zusammenstecken. Obwohl das mit dem „lot- rechteigentlich gar nicht so Not tut, weil die Fußböden ohnehin etwas unegal sind, was bei Holzdielen ja schon mal vorkommt. Na, Hauptsache, die Bücher fallen nicht raus.

Vorher darf ich aber noch einen meiner geliebten Amtstermine wahrnehmen…

Als ich vor Jahren das letzte Mal dort war, hieß mein Sachbearbeiter übrigens Bräutigam und hat mich die ganze Zeit angebaggert wie nix Gutes. Der aktuelle heißt nun Wedel und wird mich vermutlich kräftig mit meinen eigenen Papieren anfächeln oder so. Darauf freue ich mich eigentlich jetzt schon.

Die Mauer muss weg!

Kinder, drückt mir bitte mal die Daumen!
Ich muss heute mal wieder eine Sache mit so einer bockbeinigen Behörde klären…

Der zuständige Sachheini da scheint mir ein echter Maurer zu sein. (Wäre er allerdings wirklich ein Maurer, würde seine Baustelle kaum über die Grundsteinlegung hinaus kommen.) Oder es grüßt ihn vielleicht ständig ein Murmeltier, denn er verlangt von mir immer dieselben Unterlagen, die bereits in mehrfacher Ausführung in seiner Schublade (wahlweise: Eingangskörbchen, Papierkorb, vor seiner Nase, hinter’m Aktenschrank) liegen, um diese dann sofort nach Erhalt zu ignorieren.

Das geht schon ziemlich lange so und ich kenne diesen jungen Mann inzwischen ganz gut. Wenn man mit ihm telefoniert, sagt er abwechselnd zwei Sätze: „Weiß ich auch nicht.“ und „Ja, – ist nicht mein Problem.“. Ach ja, und noch: „Bearbeitungszeit sind vier, sechs, acht Wochen.“ Deswegen vermeide ich es auch, mit ihm zu telefonieren, spreche möglichst mit seinen freundlichen Kollegen und stelle mir klammheimlich vor, wie ich dem Typ irgendwann mal so richtig die Luft aus den Reifen lassen kann.

Wahrscheinlich bin ich viel zu friedlich, aber heute bin ich kurz davor, eine ordentliche Dienstaufsichtsbeschwerde zu verfassen, was sonst ja so gar nicht meine Art ist. Mal sehen, was der Vorgesetzte nachher sagt. Beim letzten Mal hat er nur geseufzt, als er hörte, um wen es ging…

Primaten am Drücker (Auflösung)

Gestern wartete ich nun gespannt, ob denn der Herr Sachbearbeiter wirklich anruft. Inzwischen war mir der Gedanke gekommen, er hätte sich meine Telefonnummer vielleicht nur geben lassen, um sie auf dem Display ablesen zu können, wenn ich ihn anrufe. Und dann eben nicht dran zu gehen. Also hab’ ich mir vorgenommen: wenn er sich bis halb zwölf nicht gemeldet hat (immerhin war Freitag), dann lasse ich mich über die Zentrale mit ihm verbinden. Ich kenn’ ja inzwischen auch fast alle Tricks.

Doch er kam mir um eine Stunde zuvor. Und teilte mir mit, die Sache sei nun in meinem Sinne entschieden. Außerdem wolle er für die Zukunft dies und das festlegen. Über das Erste freute ich mich verhalten (glaub’ ich erst, wenn ich den Wisch hab’), das mit dem Festlegen sollte er mir erklären. Konnte er nicht. Und je weiter ich mit Fragen vordrang, umso konfuser wurde er, faselte was von „neuen Richtlinien“ seit dem 1. Januar. Auf meine Frage, warum ich denn dann nichts von diesen neuen Richtlinien wüsste, und ob man da mal was Schriftliches zur Information haben könne, wurde er immer wackeliger und war dann kurz davor, zu sagen: „Das ist aber so. Menno!“ Stattdessen wollte er mir weismachen, er hätte das auch nur so „unter der Hand“ gesagt bekommen, da hätte es zum Jahreswechsel eine Team-Besprechung gegeben.

Also eine Geheimsache! Da hätte er aber mal lieber etwas besser aufpassen und hinhören sollen, finde ich. Oder es sollten, zum besseren Einprägen, bei diesen Besprechungen wenigstens die wichtigsten Punkte auf Zetteln ausgeteilt werden. Und kurz vor Schluss wird rundum abgefragt, bevor die Teilnehmer ihre Zettelchen vor den Augen ihrer Team-
kollegen verschlucken müssen.

Kann ja wohl nicht sein, dass Ämter jetzt neuerdings nach streng geheimen Kriterien arbeiten! Was, wenn ein Antrag nur deswegen genehmigt wird, weil der Antragsteller aus Versehen ein Eselsohr in die linke obere Ecke des Antrags gemacht hat? Oder ein ande-
rer abgelehnt wird, weil jemand nicht schwarzem, sondern mit blauen Kuli unterschreibt, oder das Ding an einem ungeraden Tag einreicht? Ich möchte jetzt nicht darüber nachden-
ken, dass das eventuell sogar schon so ist. Zumindest, wenn, kann man zurzeit noch dagegen vorgehen…

Ich sprach also beruhigend und freundlich auf dem Mann ein, ließ geschickt ein paar Mal die Wörter „Teamleiter“ und „Absprache“ einfließen, bat ihn, doch bitte bei der alten Rege-
lung zu bleiben, die ja funktioniert, und dazu bitte einen kleinen Vermerk im Aktendeckel zu machen. Ich möchte nämlich nicht so gerne, dass jeder der die Akte in die Hand nimmt, damit herumfuhrwerkt, wie’s ihm gerade in den Kopp kommt.

Und nun warte ich ganz gespannt auf die Post. Mit ein bisschen Glück ist dann erstmal wieder für ein paar Monate Ruhe und halbwegs normaler Betrieb möglich…

Primaten am Drücker

Wenn man, so wie ich, manchmal mit gewissen Ämtern zu tun hat, sollte man sich be-
mühen, sein Anliegen und das ganze Drumherum (Leben, Firmengründung, usw.) so zu gestalten, dass es möglichst einen Standardfall darstellt. Damit können die Herrschaften im Amt was anfangen. Das lässt sich prima lochen und abheften.

Sobald aber eine Besonderheit, eine Variante auftritt, kann man erleben, wie Mühlen nicht nur plötzlich langsamer mahlen, sondern sogar rückwärts!

Anders kann ich mir nicht erklären, wie das kommt, dass meine Sache im Stapel immer wieder aus Versehen nach unten wandert. Es müsste allerdings auch jemand was ent-
scheiden. Entscheiden ist sehr schwierig und gehört wahrscheinlich sowieso vom guten Hausarzt verboten. Leider gibt es auch keine amtliche Vorgaben, die das mal grundsätz-
lich untersagen. Stattdessen gibt es „Ermessensfragen“. Nach meinem persönlichen Ermessen müsste mein Anliegen ca. 2 Minuten bedacht und dann eben entschieden werden, – aber ich hab‘ hier ja auch nix zu sagen.

Im Oktober wurde mir versprochen, dass etwas „so schnell wie möglich“ geklärt würde. Man spricht ja so gern von „affenartiger Geschwindigkeit“… Wenn man dabei an Zwerg-
seidenäffchen denkt, ist der Zusammenhang ja auch prima herzustellen.

(Ich hab‘ da zufällig grade eins da. Es ist noch klein, aber viel größer wird’s auch nicht.)

ZwergseidenaeffchenIch würde mir sehr gern vorstellen, mein Sach-
bearbeiter sei so ein Zwergseidenäffchen, denn das ist nicht nur fast das allersüßeste Tier der Welt,
es ist auch flink und behände, hat seine Augen überall und würde meinen Fall innerhalb von Sekunden bearbeitet und vom Tisch haben.

O.k., aufgrund seiner Körpergröße, die man vielleicht eher Körper-
winzigkeit
nennen sollte, hätte es wohl Probleme mit dem Lochen und Abheften, und wahrscheinlich auch vorher schon mit der schweren Akte.

Aber Zwergseidenäffchen leben ja schließlich in Gruppen, da könnten die sich ja meinet-
wegen gegenseitig ein bisschen helfen. Mein Sachhengst gehört aber wohl eher zur Familie der Orangs. Er ist nicht doof, aber langsam. Vielleicht kämmt er sich den ganzen Tag seine langen Armhaare oder deckt sich mit einem ollen Lappen zu und spielt Verstecken. Jedenfalls kümmert er sich nicht um meinen Fall. Anfang Dezember versprach er mir, es dauere jetzt noch „ungefähr zwei Wochen“. Das ist fünf Wochen her. Als ich ihm vorhin anbot, ich könne ja gerne mal zur Klärung der Sachlage vorbeikommen, wollte er mal lieber schnell meine Telefonnummer haben, um mich morgen dann ganz bestimmt zurückzurufen. Schade, sonst hätte ich ihm gerne mal persönlich so’n bisschen den Kalender erklärt.

Ein Morgen im Schloss

Es gibt eine Behörde, wenn ich von der Post bekomme, weiß ich, der Tag ist gelaufen. Dann komme ich ins Rotieren, bis ich das Gefühl habe, ich bin nur noch in Einzelteilen. Sie schicken ihre Briefe normalerweise so, dass sie freitags ankommen. Weil man dann natürlich niemanden mehr dort erreicht. Also nimmt man den Ärger mit ins Wochenende, meistens regt man sich gezwungenermaßen ab, darauf spekulieren sie bestimmt.

Nun bekam ich mal wieder einen Brief, aber schon gestern, das muss ein Versehen sein. Heute Morgen rief ich dann an und geriet wieder an diesen Menschen, der lieber als Bibliotheksarchivar arbeiten sollte. Oder irgendwas anderes, wo man vielleicht in Keller-
räumen mit schönem Kunstlicht sitzt und nicht so viel mit Menschen zu tun hat, die was von einem wollen. Übelstes Geschnetz nämlich.

Grundsätzlich antwortet er auf alles, was ich ihm ruhig, freundlich und sortiert vortrage, oder ihn frage, mit: „Tja, das ist ihr Problem.“ „Das ist eben so.“ „Da müssen sie den Sachbearbeiter fragen.“ „Darauf kann ich ihnen keine Antwort geben.“ Auch schon mal: „Da heben sie eben Pech gehabt.“ Oder „Was soll ich dazu sagen?“
Die Frage meint er natürlich nicht ernst. Das erkennt man an dem Tonfall, der ist nämlich herablassend und leicht bockig. Ebenso gut könnte er auf alles mit „Nö.“ antworten und die Arme verschränken. So ist er, der Herr J., mit dem ich eben das Vergnügen hatte, mal wieder zu telefonieren. Wir kennen uns nun schon, denn das Problem ist eigentlich jedes Mal dasselbe. Es wird auch jedes Mal wieder zu meinen Gunsten geklärt, aber dafür ist mein Gestrampel nötig. Und wenn es dann läuft, schreibt Herr J. den nächsten Brief.

Er verwies mich aus reiner Unlust an den „zuständigen Sachbearbeiter“ Herrn D., dabei weiß ich genau, dass die Post von ihm war. Er schreibt die Namen anderer Mitarbeiter oben in den Briefkopf, obwohl er fast immer der Verfasser ist. Irgendwann verplapperte sich nämlich ein Vorgesetzter, an den ich mich gewandt hatte, weil ich mit Herrn J. mal wieder nicht weiter kam. Und der Vorgesetzte erzählte mir, dass Herr J. eigentlich gar kein richtiger Sachbearbeiter sei, sondern nur so Hilfsarbeiten ausführt. Aber weil da so viel los ist, darf er auch Sachen entscheiden und wichtige Briefe verfassen, aber er darf sie eigentlich nicht unterschreiben. Und auf so einen bin ich angewiesen!

Ich rief also Herrn D. an, der gleich sauer wurde auf den J., weil der mich in Gegend herumschickt, statt mir zu helfen. Offensichtlich kommt das öfter vor. Herr D. meinte knapp: „Moment mal eben, ja?“ und dann war die Leitung leer. Ich wartete 20 Minuten! Zum Glück haben sie da keine fiese Musik. Dabei stellte ich mir vor, wie Herr J. von Herrn D. anständig in die Mangel genommen wird, von wegen: „So geht’s ja nicht!“ Und: „Sie kümmern sich jetzt um die Frau! Der Fall ist doch ganz einfach!“

Und dann hatte ich plötzlich Herrn J. wieder in der Leitung. Ich fasste noch mal eben zu-
sammen, worum es geht, aber er antwortete nicht gleich. Er macht nämlich gerne auch so aushungernde Pausen. (Diesen Trick kenne ich aber von einer Ex-Liebe, darauf falle ich nicht mehr rein. Dessen zweiter Trick war übrigens, sich erstmal alles anzuhören und dann spöttisch zu fragen: „Meinst Du das etwa ernst?“)
Dann begann er etwas von „Bescheinigung durch den Arbeitgeber“ zu faseln. Ich muss jetzt dazu sagen, dass ich keinen solchen habe, denn ich bin freiberuflich selbständig. Er ließ aber nicht davon ab, ich solle eine Bescheinigung per Einschreiben schicken. Watt? So ging das eine Weile hin und her.

Irgendwann merkte ich, dass etwas komisch war an unserem Gespräch. Noch komischer als sonst… Ich brauchte noch ein Weilchen, bis ich es kapierte: offensichtlich oder –hörig war ich in ein anderes Gespräch geraten, – ich hörte aber nur Herrn J.!
Und antwortete ihm. Diesen Dialog hätte man aufnehmen sollen.

Ich kam mir vor wie bei Kafka.
Das irre ist, ich dachte wirklich, der spricht mit mir! Es war alles fast genauso wie sonst: Das Gefühl, wir sprächen über zwei verschiedene Dinge, sein Gemauer, der Tonfall, – alles. Der ist offenbar immer so, zu allen, die ihn belästigen. Ich dachte bisher, der schaltet das an, wenn er meinen Namen hört, weil ich immer so hartnäckig bin und mich an ihm festbeiße, bis er endlich mit ir-gend-was rausrückt. Wir sind also wahrscheinlich viele… Ich legte einfach auf. (Und frage mich nun, ob mich wirklich die Telefonanlage verulkt hat, oder ob dieser Mensch so gerissen…)

Und nachdem ich bei nun noch mal den netten Herrn D. angerufen habe, der mich gebe-
ten hat, es in einer Stunde noch mal versuchen, weil er die Sachlage sichten und klären will, bin ich nun gespannt, wie’s weitergeht.