Primaten am Drücker

Wenn man, so wie ich, manchmal mit gewissen Ämtern zu tun hat, sollte man sich be-
mühen, sein Anliegen und das ganze Drumherum (Leben, Firmengründung, usw.) so zu gestalten, dass es möglichst einen Standardfall darstellt. Damit können die Herrschaften im Amt was anfangen. Das lässt sich prima lochen und abheften.

Sobald aber eine Besonderheit, eine Variante auftritt, kann man erleben, wie Mühlen nicht nur plötzlich langsamer mahlen, sondern sogar rückwärts!

Anders kann ich mir nicht erklären, wie das kommt, dass meine Sache im Stapel immer wieder aus Versehen nach unten wandert. Es müsste allerdings auch jemand was ent-
scheiden. Entscheiden ist sehr schwierig und gehört wahrscheinlich sowieso vom guten Hausarzt verboten. Leider gibt es auch keine amtliche Vorgaben, die das mal grundsätz-
lich untersagen. Stattdessen gibt es „Ermessensfragen“. Nach meinem persönlichen Ermessen müsste mein Anliegen ca. 2 Minuten bedacht und dann eben entschieden werden, – aber ich hab‘ hier ja auch nix zu sagen.

Im Oktober wurde mir versprochen, dass etwas „so schnell wie möglich“ geklärt würde. Man spricht ja so gern von „affenartiger Geschwindigkeit“… Wenn man dabei an Zwerg-
seidenäffchen denkt, ist der Zusammenhang ja auch prima herzustellen.

(Ich hab‘ da zufällig grade eins da. Es ist noch klein, aber viel größer wird’s auch nicht.)

ZwergseidenaeffchenIch würde mir sehr gern vorstellen, mein Sach-
bearbeiter sei so ein Zwergseidenäffchen, denn das ist nicht nur fast das allersüßeste Tier der Welt,
es ist auch flink und behände, hat seine Augen überall und würde meinen Fall innerhalb von Sekunden bearbeitet und vom Tisch haben.

O.k., aufgrund seiner Körpergröße, die man vielleicht eher Körper-
winzigkeit
nennen sollte, hätte es wohl Probleme mit dem Lochen und Abheften, und wahrscheinlich auch vorher schon mit der schweren Akte.

Aber Zwergseidenäffchen leben ja schließlich in Gruppen, da könnten die sich ja meinet-
wegen gegenseitig ein bisschen helfen. Mein Sachhengst gehört aber wohl eher zur Familie der Orangs. Er ist nicht doof, aber langsam. Vielleicht kämmt er sich den ganzen Tag seine langen Armhaare oder deckt sich mit einem ollen Lappen zu und spielt Verstecken. Jedenfalls kümmert er sich nicht um meinen Fall. Anfang Dezember versprach er mir, es dauere jetzt noch „ungefähr zwei Wochen“. Das ist fünf Wochen her. Als ich ihm vorhin anbot, ich könne ja gerne mal zur Klärung der Sachlage vorbeikommen, wollte er mal lieber schnell meine Telefonnummer haben, um mich morgen dann ganz bestimmt zurückzurufen. Schade, sonst hätte ich ihm gerne mal persönlich so’n bisschen den Kalender erklärt.

13 thoughts on “Primaten am Drücker

  1. Oje, meine Liebe,

    dein Text klingt nach Ärger. Doch wie du ihn sprachlich umgesetzt hast, ist gleich ein kleines Kunststück daraus geworden – ein wunderbarer Text. Ich hoffe, das ist dir ein kleiner Trost.

    Beste Grüße und in der Sache mehr Glück als bisher!
    Dein Jules

    • Na, mein lieber Jules, dann hat es ja wenigstens was Gutes. 😉

      In der Ämtersache bin ich zurzeit noch erstaunlich ruhig. Wenn sich da jetzt nüscht bewegt, bewege ich mich. Und zwar schnurstracks in diese Amtsstube. Dazu setze ich glatt noch mal die strenge Brille auf. Oder sogar beide!

      Aber drück‘ mir doch ruhig mal einen Daumen, das kann nie schaden…
      Deine Theobromina

    • Immer auf die armen Äffchen!

      Wenn das wirklich so wär‘, würd’s ja auf’s Erfreulichste fluppen für und für, lieber Rupi. Hingegen ein ganzes Amt voll Orangs in einen Sack zu stecken, ist ein Job für Lebensmüde… Ich versuch’s erstmal weiter mit Charme, Argumenten und Hartnäckigkeit. (Und dann erst mit Kloppe. :)))

  2. Ich kann mir fast vorstellen, um welches Amt es geht. Da arbeiten ohnehin sehr seltsame Gestalten. Von einer Freundin habe ich erfahren, dass einer der Herren dorthin strafversetzt wurde. Weil er in einer anderen Behörde einfach seine Arbeit in einer Schreibtischschublade versteckt hatte und sie nicht erledigte…

  3. So’n Mist kenn ich auch von hier. Wir hatten damals so ziemlich als Erste von diesem Baugebiet erfahren und waren, dank der Ämter, fast als letzte fertig. Irgendwo war immer so ein Schnarch-Schlumpf, der die Akte aus irgendeinem Grund immer ganz nach unten packte.

    • Manchmal wundere ich mich wirklich, dass es nicht täglich irgendwo Amokläufe gibt. Vielleicht können wir uns wirklich nicht vorstellen, wie es ist, den ganzen Tag Anträge prüfen zu müssen, aber dazu kommt eben noch oft Patzigkeit, Willkür und Blocken. Na, offenbar kennst Du das auch gut.

      Allerdings gibt’s auch Ausnahmen: In eben jenem Amt gibt’s einen Herrn, der immer sehr nett und hilfsbereit ist. Leider ist er oft nicht zuständig oder kann aufgrund von Richtlinien nicht so helfen, wie er möchte. Dann sind wir gemeinsam frustriert…

      • Nicht jeder von uns ist für den Beruf geschaffen, aber diese Leute haben ihn sich ausgesucht. In meinem Beruf kann ich schließlich auch nicht meinen Frust an den Kunden auslassen.

        Es gibt einen Beruf für Frauen, bei dem sie ihren Frust an ihren Kunden auslassen können: Domina 😉 :))

        Dein netter Herr muß nur aufpassen, das ihm seine Nettigkeiten nicht übel genommen werden. Den Blockern stößt die Hilfsbereitschaft irgendwann sauer auf und schwärzen ihn an, bis er dann auch einer von ‚ihnen‘ geworden ist.

  4. Es kommt tatsächlich vor, dass man ein Standardfall ist? Ich habe noch kein einziges Formular erlebt, bei dem ich ein Standardfall war. Besonders gut sind da die Zettel, die die BfA verschickt.

      • Das habe ich auch schon gemerkt. Aber wer ist das angesichts dieser Formulare nicht? Ich möchte wetten, dass die nicht mal auf einen Sachbearbeiter passen, der sofort nach der Volksschule beim Amt angefangen hat und seit 40 Jahren da arbeitet.

        • Die wollen uns doch bloß alle feddich machen!

          Ich überleg‘ gerade, ob ich jemanden würde kennen lernen wollen, der in ein Standardformular passt. Ich glaube: Nööö. (Obwohl ich schon gerne mal jemanden kennen würde, den’s überhaupt gar nicht gibt.)

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