Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

(Erstveröffentlichung: 29. Juli 2007)

Theobrominenfuesse Gestern hatte ich mal so gar keine Lust. Ich rede mich auf’s Wetter raus, das mal hü ist, und mal hott. Und wenn das Wetter schon so unentschlossen daher kommt… Ach, und heute könnte ich auch bestimmt den ganzen Tag hier liegen. Gerade mache ich mir Gedanken über Kellnerinnen. Über solche, denen man anmerkt, dass sie nie eine Aus-
bildung zur Restaurantfachfrau gesehen haben. Solche, die vielleicht während des Studiums oder aus ganz normalen Geldver-
diengründen „kellnern“ gehen. Ich habe das übrigens vor ca. 15 Jahren auch eine ganze Weile in verschiedenen Läden gemacht, und vielleicht achte ich deshalb etwas mehr darauf, wie die Damen mit den Gästen umgehen. Machen wir uns nichts vor, meistens sind es Damen.

Obwohl das ja immer gern behauptet wird, sagen sie fast nie: „Draußen nur Kännchen!“ Auch „Kollegin kommt gleich!“ habe ich, glaubich, noch nie zugerufen bekommen. Was ich aber schon öfter gehört habe, ist: „Das ist nicht mein Tisch!“
Und dann denke ich: Naja, ich hatte jetzt auch nicht gedacht, dass sie jeden Tag ihren eigenen Tisch mitbringen muss. Das wäre ja eine ziemlich merkwürdige, wenn nicht unzulässige Vertragsklausel, und wenn sie kein Auto hat, ist das auch ganz schön schwierig für sie. Der Tisch wird also schon wahrscheinlich ihrem Chef oder ihrer Chefin gehören. Aber ich weiß ja, was sie meint und warte, bis die Kollegin kommt.

Wenn sie dann kommt, fragt sie manchmal streng: „Wissen sie schon, was sie wollen?“ Dann komme ich mir vor, als stünde ich vor meinen Eltern, die mich fragen, was ich denn nun aus meinem Leben zu machen gedenke. Und möchte antworten: „Naja, ich dachte, ich verdien’ jetzt erstmal ein bisschen Geld, dann reise ich vielleicht erstmal nach Norwe- gen, da wollte ich immer schon mal hin, Fjorde gucken. Und dann, wenn ich wieder hier bin, weiß ich bestimmt auch, wie’s weiter gehen soll. Vielleicht mache ich mich ja selbst- ständig oder so…“ Das verkneife ich mir aber, denn wenn ich sie jetzt ärgere, kriege ich später kein Schirmchen auf mein Eis.

Wenn sie dann wieder kommt, um das Bestellte zu bringen, sagt sie bestimmt: „Sooo…!“, während sie es abstellt. „So!“ heißt ja angeblich „halb fertig“. Im Café heißt es aber: „Jetzt räum’ doch bitte mal Deinen Krempel zur Seite und nimm’ die Ellbogen vom Tisch, denn das Ding hier ist schwer/heiß/sperrig, mir fällt gleich die Hand ab und ich hab’s eilig.“

Wenn sie eine nicht so gute Kellnerin ist, fasst sie die Gläser ganz oben am Rand an. Dann hoffe ich, dass sie wenigstens halbwegs saubere Fingerchen hat. Leider sehe ich dieses Glas-oben-am-Rand-Anfassen ziemlich häufig und wundere mich immer, dass das von den Chefs nicht geahndet wird. Denn die wollen ja nach außen gerne einen properen Eindruck vermitteln. Was aber z.B. manchmal so hinter Theken passiert, oder sogar in der Küche, würde dem Gast schon mal den Appetit verderben. Darum ist er normalerwei- se froh, wenn er’s nicht mitbekommt. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte die kommenden drei Zeilen überspringen.

Wenn man nämlich mal gesehen hat, wie eine Bierleitung aussehen kann, die länger nicht gereinigt wurde, der bestellt fortan nur noch Flaschenbier. Denn dann ist es auch schon total egal, wo das Bierglas beim Servieren angefasst wird und womit.

Wenn ich also meine Bestellung bekommen habe und mich vielleicht gerade daran gemacht habe, Messer und Gabel aus der Serviette zu wickeln und alles zurecht zu schieben und loszulegen, kommt bestimmt jemand zum „Abkassieren“, weil jetzt „Schichtwechsel“ ist. Dann legt man das Besteck wieder hin, fummelt das Portemonnaie raus, dabei fällt einem das Messer runter und man weiß gar nicht, wer kriegt denn jetzt das Trinkgeld? Sie oder ihre später abräumende Kollegin? Übrigens ist mir auch mal aufgefallen, dass Servicepersonal noch so patzig sein kann, wenn’s aber ans Bezahlen geht, sind sie die Lebensfreude selbst. Komisch, oder?
Naja, hab’ ich bestimmt genau so gemacht, damals.

Wenn die Teller leer gegessen da stehen, wird abgeräumt und dabei hastig gefragt: „Hat’s geschmeckt?“ Nach meiner Erfahrung reicht als Antwort ein knappes „Ja.“, denn entweder ist die Servierdame schon längst wieder weg, oder sie kann mit Kritik nicht recht umgehen („Das soll so!“). Es ist also fast immer sinnlos, ein Gespräch anfangen zu wollen. Selten landet die Anregung da, wo sie hingehört: In der Küche. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Köche darauf reagieren. Im günstigen Fall mit Schulterzucken. Im ungünstigen Fall mit launigen Vorschlägen, die der Gast lieber nicht hören möchte.

Der Gast möchte sich ja bloß entspannen. Und es interessiert ihn eigentlich nicht, ob das Personal gerade total im Stress ist. Ich erinnere mich noch gut, wie schwer es manchmal war, freundlich zu bleiben, wenn man gar nicht mehr wußte, wo einem der Kopf stand. Aber dennoch habe ich es immer vermieden, den Gästen mein Herz auszuschütten oder sie anzublaffen. Manche, die verständnisvoll aussahen, habe ich gelegentlich freundlich um Geduld gebeten, weil viel los war. Netterweise waren das dann meistens die, die das beste Trinkgeld gegeben haben. Nur mal so als Tipp.

Und natürlich gibt es unangenehme, doofe Gäste. Die einen 5 mal rennen lassen für ein Extratütchen Zucker, einen neuen Kaffeelöffel, ein Glas Leitungswasser, die Eiskarte und doch noch einen kleinen Salat, Dressing aber extra. Und dann geben sie 15 ct. Trinkgeld und fragen noch, warum man sie frech angrinst.
Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.

55 thoughts on “Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

  1. Einmal, jaha, einmal in meinem Leben hab ich mich zusammen mit meiner Mutter ganz massiv über supermiserables Essen beschwert. Das war in einem Ristorante in Schleswig, wo ich vorher schon einmal gut(!) gegessen hatte. Kaum will man vor Muttern damit angeben, bekommt man einen wässrigen, in der Mitte kaum durchgebackenen Pappkrampf serviert. Das war für mich wiederum so peinlich, dass ich gar nicht anders konnte, als mich zu beschweren.
    Und? Was war? Wir mussten nur die Getränke bezahlen und bekamen dumme Ausreden serviert: neue Aushilfe, Koch krank. Außerdem kam dabei raus, dass sie die Pizzen in diesem Laden vorbacken und im Gefrierfach aufbewahren. Wie der Vollblutitaliener das eben so macht. Nie wieder Pizza in Schleswig, sag ich da. :yes:

  2. „Kein Schirmchen aufm Eis“? Lassen die Genfer Konventionen sowas zu. Das ist doch Genussmittelterrorismus.

    Als ich noch an der FH in Mainz studierte hatten die Mensadamen immer ähnliche Druckmittel:
    „Räumt bitte eure Tische ab, sonst gibt’s morgen kein‘ Kaffee.“
    Kennt das noch jemand?

    Und gelegentlich haben sie das auch durchgezogen. Einmal gab’s eine ganze Woche keinen Kaffee und ein einziges Mal haben sie die brutalste aller Bremsen gezogen: keine Pommes.

    Hatte wohl auch was damit zu tun, dass wir die Mensatassen im Aktzeichenkurs zum Farbe anrühren benutzt hatten.

    • Jetzt weiß ich auch, wieso ich nix nicht studiert habe! 😉 Eine Pommessperre hätte ich niemals ausgehalten (Kaffee schon) und sofort eine gepflegte Rebellion oder einen Mensastreik angezettelt. Das ist ja wohl… Steht doch wohl im Grundgesetz, dass jedem Bürger jederzeit Zugang zu Kartoffelstäbchen gewährt werden muss! Und Mayo! *grumbl*

      • Du kennst die Mainzer Mensadamen nicht. Die hätten eine Revolte im Keim erstickt. Brutalstmöglich. Guantanamo ist ein Wellness-Center gegen die FH-Mensa in Mainz.
        Da gab es belegte Brötchen in neutralen braunen Papiertütchen verpackt mit der Aufschrift: „Salami“, „Käse“ etc“ und auf den Brötchen war dann auch genau das: exakt eine Scheibe Salami bzw. eine Scheibe Käse. Kein Salatblättchen oder Tomatenscheibchen beeinflusste den reinen Geschmack.
        Da wurden arglose Studenten zum genussfreien Dahinvegetieren gezwungen. Kein Wunder dass ich so geworden bin, wie ich bin.

        • Du bist genussfreier Dahinvegetierer? Den Eindruck hatt‘ ich ja nun nicht, bisher. Naja, Mainz. Ich sag nur ZDF, Karneval, Schuhcreme. Sei froh, dass Du da weg bist! Und jetzt immer freien Pommeszugang hast. 😉

  3. ich hab mal auf der kirmes in OL aushilfs-tanzzelt-getränkebereich-bedient… zwei tage lang. es gab eine ‚toga‘ zum anziehen und weder spüli noch warmes wasser für die gläser – *brrr. also, achtung: auch auf festen immer nur aus flaschen!! o_O

  4. Ich habe mich schon wieder köstlichst* amüsiert (überhaupt sind Deine letzten Texte wieder einmal „SZ“-Feuilleton-verdächtig; die „SZ“ ist ein „Leitmedium“, steht im Internet, boah ejh!), und mir natürlich sofort vorgestellt (so was läuft bei mir automatisch in der Grübelkugel**, das kann ich nicht steuern), diese Antwort mit den Fjorden würde tatsächlich Eine(r) geben; aber ich denke, so Service-Management-Assistenten (früher „Kellner“) können Einiges ab…

    Die doofen Gäste (ich war auch mal „Galeerensklave“ – nicht meine Bezeichnung, hihi – auf ’nem Ausflugsschiff in B; Spitzenbelastung 10 Tage von früh um sechs bis abends um elf auf dem Kahn, allerdings in der Spülküche- oder vielmehr „Ecke“) sind wohl oft die, die in ihrem Berufsalltag eifrig runter schlucken, und jetzt mal vor Mutti den dicken Otto markieren wollen; manchmal hat man gemerkt: die haben das im Film so gesehen…
    —————————————–
    * Das ist dieses Superstlativ nach Herrn Koch, du weißt schon…
    ** Gemeinhin: Kopf

    • Das sind ja alte Texte aus der Anfangszeit, die ich bloß entstaubt und noch mal vorgeholt habe, um mich 1. an meine Anfangszeiten hier zu erinnern (weil ich da schtielmäßich wieder hinwill) und 2. den Januar zu überbrücken, weil ich jetzt keine rechte Zeit und nicht den Kopp zum Schreiben habe. Hab‘ grade Stress und Kummer, da muss ich erstmal dran lang…

      Vielen Dank aber für das Lob, geht runter wie Kakao! 😀

      Ja, „witzige“ Gäste können seeehr anstrengend sein. Vor allem, wenn sie die schlagfertige Antwort nicht verknusen können. Da musste ich mich oft zurückhalten. 😉

      • Oh.

        Da habe ich ja was erzählt. Ümplüzüt. Oder so. Früher war Frau Theo besser. Hihi. – Sorry!

        Aber wenn et runter jeht wie Kakao, denn is‘ ja doch jut…

        Ach ja… Ich rotiere auch ein bisschen (ein bisschen schwanger, haha); völlig pubertär, himmelhoch trübend, zu Tode bejauchzt und jeden Tag was Anderes vor – gerade drum drück ich Dir die Daumen!

        • Himmel! Dieser „smiley“ macht einem ja Albträume!

          Frau Theo war früher wirklich…, naja, anders. Fluffiger, alberner, zwirbeliger, – irgendwie. Da komm‘ ich aber wieder hin! 😉 Ich dachte aber, Du hättest das mit dem „Revival/Reprise“ hier mitbekommen, weil Du doch auch zu dem „Sticky“-Eintrag oben, der das Ganze erläutert, kommentiert hast.

          Aber man ist eben gerade nicht so gut beisammen, da drück‘ ick noch mal’n Ooge zu, wa! (Ist sicher die Jahreszeit, der Januar ist für mich sowieso oft: Kälte, Gräue, Schicksalsschläge und zu dünne Haut.) Drücken wir uns mal gegenseitig die Daumen, vielleicht taugt’s. 🙂

          • Weia! – Wo Du es sagst (betr: Smiley“); ich merke das nicht mehr, weil mir seit -zig Jahren gar seltsam geträumt wird, ach…

            Ja, das habe ich schon mitbekommen, ich hatte nur nicht gedacht, dass nun alle derzeit erscheinenden Beiträge von ehedem wären. Oder so ähnlich.

            Ich kieke manchmal ooch in meine „alten Beiträge“; ich weiß echt nicht, was ich von meiner Bloggerei halten soll; es ist alles nüscht Halbes und nüscht Janzes; inzwischen (geht ja nun schon 6 Jahre) gehört das aber dazu wie Rasieren oder Morgenkaffee in den Gierschlund praktizieren usw.

            „Helf Er sich!“ (John Wolf Goethe)

          • Na, deswegen steht doch überall klein das Ersterscheinungsdatum drübber.

            Das mach‘ ich noch ungefähr zwei Wochen so, dann trete ich wieder aus’m Karbäuschen.

            Wofür man’s macht, ist doch nicht so wichtig. Für mich ist bloß wichtig, dass ich zufrieden damit bin, was ich hier veröffentliche und dass ich so Kontakte haben kann, die ich sonst eben nicht hätte. Was darüber hinausgehen könnte, ginge eben: darüber hinaus.

          • Höhö. Das Übliche: das klein Gedruckte nich‘ gelesen…

            Gramvoll

            Das Fossil

            PS: Wirkstoff reichen Sonntag!
            PPS: Ich weiß immer noch nicht wirklich, wofür ich blogge… es kann nicht alles nur Geltungsdrang sein…

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