Mottoparty.

In letzter Zeit habe ich eigentlich ziemlich viel nachzudenken, habe aber kaum mal die Ruhe dazu, so dass ich eher das Gefühl habe, dass „es“ mich nachdenkt. Hat man ja manchmal so.

Das geht dann vermutlich irgendwie unterirdisch. Wahrscheinlich gibt’s unter dem Stra- ßenpflaster extra so Kanäle, wo das Nachdenken dann stattfindet, während es versucht, mit dem Nachzudenkenden Schritt zu halten. Und wenn dann alles fertig überlegt und durchdacht ist, geht irgendwo hinter mir ein Kläppchen auf und das Nachgedachte rennt ein Stückchen hinter mir her, bis es mich von hinten so geschickt anspringt, dass ich nicht den Eindruck habe: „Huch, es hat mich was angesprungen!“, sondern es wären plötzliche Erkenntnisse und Geistesblitze, die mich durchzucken.

Aber vielleicht ist alles auch ganz anders; – wer weiß das schon.

Wozu ich allerdings höchstselbst gekommen bin, ist, mal darüber nachzudenken, ob ich eigentlich ein Lebensmotto habe. Und überraschenderweise habe ich sogar drei!
(Gelogen. Eigentlich ist das überhaupt kein bisschen überraschend, denn die Drei ist schon immer meine Zahl gewesen.)

Das erste ist schon sehr alt:
„Solvitur ambulando“ – Es wird im Gehen gelöst.

Jeder der weiß, wie sich Gedanken beginnen, im Gehen aufzutüdeln und wieder ordentlich aufzuwickeln, weiß, was ich meine. Das Gehen ist irgendso’n altes nomadisches Ding im Menschen, das Denkprozesse anstösst und durch den Rhythmus ordnet. Dafür braucht’s nicht mal Jakobswege oder so. Ein langer Spaziergang, einmal die Woche, tut’s auch. Das ist mir in letzter Zeit ein bisschen abhanden gekommen, aber verloren gehen wird mir das glücklicherweise nie. Geschrieben hab‘ ich auch schon ab und an mal was dazu.

Das zweite habe ich mal irgendwo aufgeschnappt. Vielleicht von Konfuzius oder einfach aus einem Glückskeks:
„Wenn im Zweifel, tue es nicht.“

Das schöne an diesem Motto ist, dass man ziemlich schnell weiß, ob man wirklich im Zweifel ist. Es hängt nämlich von der Fragestellung ab, die man sich dann zu Hilfe nimmt. Schließlich kann man ja zweifeln, ob man etwas tut oder ob man lieber etwas lässt… Wenn ich tatsächlich nicht weiß, wie ich die Frage stellen soll, weiß ich zumindest, dass ich sie vertagen muss.

Das dritte Motto lautet, und darauf bin ich eventuell sogar selbst gekommen:
„Frauen halten die Welt zusammen!“

Das erlebe ich immer wieder, und in letzter Zeit besonders. Frauen melden sich, schrei- ben mal eben, rufen an, kommen vorbei, haben Kuchen und/oder hilfreichen Likör dabei, hören zu, sehen mehr, verstehen deshalb, umarmen, erfassen die Situation, wissen, was zu tun ist, krempeln mal eben die Ärmel hoch und packen an. Sie kümmern sich, nicht nur in Notzeiten. Weil sie wissen, wie es geht. Und weil sie wissen, wie sehr es hilft. Und wichtig: Ratschläge, die man gebrauchen kann, kommen von Frauen meistens auch erst dann, wenn man sie auch gebrauchen kann. Auch außerhalb von kritischen Phasen sind es doch eher die Frauen, die das Rad am Laufen und das Feuerchen warm halten. Natür- lich gibt’s auch Männer, die „soziale Kompetenz“ gut können, ich kenne sogar welche persönlich, aber ehrlich gesagt, gibt’s mir noch zuwenige davon. Ich hoffe aber.

Jedenfalls finde ich, mit diesen drei Mottos, Motti, Weisheiten kommt man ziemlich gut von einer Woche in die nächste. Eins davon passt immer, um sich wieder ein Stückchen zu bewegen. Das wollte ich nur eben sagen, bevor ich auch schon wieder weiter muss…

28 thoughts on “Mottoparty.

  1. Eins kann ich sehr gut nachvollziehen, das hat übrigens auch etwas mit der Bewegung und dem Blutfluss zu tun. Deshalb kann man sich ja auch besser konzentrieren, wenn man wie wild mit den Händen spricht.
    Zwei wäre totales Gift für mich, weil ich zu viel zweifle. Mit diesem Motto würde ich mich komplett selbst blockieren und könnte vermutlich nicht einmal morgens aufstehen.
    Und zu drei schweige ich mal lieber. 😉

    • Zu eins: Deswegen gehen manche auch bei schweren Gedanken im Zimmer auf und ab, und z.B. die Juden nicken immerzu beim Lesen der Tora…

      Zu zwei: Das glaube ich Dir sofort! :)) Da muss man beherzt ein Stöckchen zwischen die Gedanken schieben können.

      Zu drei: Da zähle ich Dich klar mit zu den Ausnahmen, Totte. 😉 Und natürlich gibt’s diese Ausnahmen auch auf Frauenseite (das erlebe ich schließlich jeden Tag). Aber so vom Prinzip her…

  2. Die ersten beiden Weisheiten kann ich ungelesen unterschreiben. Bei Punkt 3 gibt’s meiner Erfahrung nach eine ziemliche Mischung. Ich kenne viele Frauen, bei denen sich das „Helfen“ aufs Kuchen backen beschränkt und Typen die einfach da sind, noch bevor man sie wirklich braucht – ohne viel Worte.

    Die andere Hälfte besteht aus Frauen, die einem das Gefühl…stopp…die Sicherheit geben, das nix wirklich fies werden kann, wenn sie in der Nähe sind und Kerlen, wie Heißluftballons (denen muss man ständig Feuer machen, damit sie in der Luft bleiben).

    Meiner Erfahrung nach gibt es bei beiden Geschlechtern zwei Kategorien: Menschen die zuhören und Menschen die drauf warten, selbst reden zu können.

    • Klar, es gibt auf beiden Seiten so’ne und solche. 😉 Vielleicht habe ich auch einfach unheimlich Glück mit den Frauen in meinem Freundeskreis. Da fallen mir ohne Nachdenken gleich 5 Stück ein, die so sind wie oben beschrieben. Bei den Männern käm‘ ich da eher ins Grübeln… Die fühlen sich meist nicht zuständig oder meinen, man wolle ja „sicher erstmal seine Ruhe haben“ oder „abgelenkt und/oder aufgemuntert werden“, wenn was ist oder so.

      Das mit dem Zuhören und Reden unterschreibe ich widerum sofort. Allerdings habe ich selbst manchmal Tage, da gehöre ich glatt in die zweite Kategorie. Immerhin fällt mir das dann auf und ich kann ein bisschen gegensteuern, indem ich mich etwas zurücknehme.

  3. Wenn ich überhaupt ein Motto habe dann ist es „Man trifft sich immer zweimal“. Ich versuche meist nett zu sein, und das hat sich schon oft bezahlt gemacht. Kann ja sein daß man die betreffenden mal wieder trifft und von ihnen etwas will/braucht/möchte.
    Dein Motto Nr.2 trifft auf mich wohl auch zu, wenn ich so überlege…

    • Nett und höflich zu sein, sollte man ja schon deshalb anstreben, weil es einfach Spaß macht, wenn man dann auch nette Resonanz bekommt. Allerdings bin ich in den letzten Jahren auch motziger geworden, wenn mir was nicht passt oder es unhöflich zurückschallt. Das kommt wohl vom Vater her, der so’n echter Motzberliner ist.

      Das mit dem zweimal treffen ist mir allerdings auch schon häufig auf überraschende Weise passiert (vielleicht ist hannover aber auch bloß zu klein). Da schadet es nicht, wenn man beim ersten Mal nicht gerade wie die Sau durch’s Dorf gerannt ist. 😉

  4. Stimmt – es gibt sogar berühmte Lürücker, die bewusst im Gehen dichteten, wegen dem Rhythmus… wegen des Rhythmusses… Du weißt schon!

    Und das mit dem Nachdenken in unterirdischen Kanälen hat mich zutiefst erheitert; auch denke ich (wie erwähnt, pflege auch ich zuweilen zu denken), dass der von Dir so plauderhaft eingestreute Vorgang (oder so ähnlich) zumindest teilweise mit dem berühmten „motus animi continuus“ identisch sein könnte, von welchem ich des Öfteren tönte.

    Das nützt zwar auch niemandem was, aber ich wollte das hiermit eingestreut haben.

    Das dritte Motto würde ich (aus Faulheit) sofort unterschreiben; ich sage immer wieder, dass Frauen das starke Geschlecht sind (worin natürlich unbewusst der totale Versorgungsanspruch lauert: danke, Dr. Freudlos – der überwacht mich überall, sogar hier)…

    Schließlich würde ich im Zweifelsfall für „Mottim“ plädieren; so Philosemitismus ist oberschichtig gerade in. Chch.

    Häff fann!

    • So langsam glaub‘ ich echt, dass ich mich oft gar nicht zum Grübeln auf die Matte legen muss, sondern es grübelt auch ohne mich und irgendwann erfahr‘ ich dann schon das Ergebnis. Zurzeit finde ich das ganz angenehm, muss ich sagen.

      Die Versorgungsnummer ist ein hakeliges Thema. Da denk‘ ich gelegentlich drüber nach. Ich gehör‘ auch zu den Frauen, die gern versorgen (und damit ihre Umgebung natürlich auch zum Versorgtwerden erziehen) und merke immer wieder, dass ich das aber auch ruhig ab und zu mal auf mich selber anwenden sollte. An der Stelle gibt’s nämlich Versorgungslücken…

      Kriech‘ die Motten!

      Selber!

      • Hihi. Ausgezeichnet (das mit den Lücken); auch das würde ich unterschreiben wollen… (auch) man (nicht nur frau) kommt sich aber auch immer so guuut vor, wenn man bei Anderen versucht, was man bei sich selbst nicht schafft (ich misstraue mir sehr, wenn ich guuut bin)… da gibt es auch einen Spruch von dem doofen Nietzsche, da komme ich jetzt nicht drauf…

        Ja, es denkt… Und man kann das nicht abstellen (versuche ich schon lange)…

        Besinnliches Sinnieren über den drei Kerzen!!!

        Der G.

Schreibe einen Kommentar zu theobromina Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Optionally add an image (JPEG only)