Was man alles so hört.

Hier in meinem Viertel heißen ja viele Mütter Anne, das weiß ich ziemlich genau, weil meinem Haus gegenüber ein Spielplatz angebracht ist, von dem aus die kleinen Racker ihre Mütter ans Fenster rufen, damit die dann mal ein bisschen Geld für Eis runterschmei- ßen oder einfach bloß mal gucken, weil Lukas dem Mehmet gerade die Kekse wegfrisst.

Dieser Spielplatz ist offenbar so schön, dass die Kinder gleich dableiben, bis sie ungefähr 25 sind und nächtens um dreie Bier trinken, sich Witzigkeiten zubrüllen, gegen die Klet- tersachen treten und sich gegenseitig „voll bescheuerte“ Videos auf dem Handy zeigen, was wiederum zu eruptivem Gelächter und dem mehrmaligen lauten Wiederholen der Pointe führt. Den Rest der Handlung kann ich mir jeweils theoretisch dazu denken, wach wär’ ich dann ja schon mal…

Zwischen dem normalen Radau tagsüber und der nächtlichen Rumkobolzung gibt’s aber auch noch die Dämmerung, in der sich mitunter herzzerreißende, aber typische Szenen belauschen lassen. So wie vor ein paar Tagen zwischen Mutter und Kind:

„Los! Nach Hause!“

„Nee, noch nicht…“

„Doch, komm jetzt!“

„Gleich.“

„Ich will aber nach Hause.“

„Nur noch 5 Minuten…“

„Dann geh’ ich alleine!“

„Mir doch egal, ich bleib’ noch!“

„O.K. – Dann geh’ ich jetzt.“

„Du hast ja nicht mal’n Schlüssel…“

„Manno, ich will jetzt aber nach Hause. Ich hab’ auch riesigen Hunger!“

„Jaaahaaa! Gla-heich! Die Mami raucht jetzt noch in Ruhe ’n Kippchen und trinkt ihr Bier zuende, ja? Dann gehen wir nach Hause und ich koch uns was Schönes.“

21 thoughts on “Was man alles so hört.

  1. Wieder eine voll bescheuerte – sagt man doch so? – Gemeinsamkeit! Das mit dem Spielplatz kenne ich auch, nur sind die nächtlichen Rumkobolzer bei uns erst 13. Mit Vorliebe trinken sie Jägermeister, das weiß ich, weil ich die Flaschen immer da liegen sehe. Es scheinen vorwiegend annestämmige zu sein, wenigstens sind sie oft genug annetrunkn. Auch ein paar mit Ministrantenhintergrund sind dabei.

    • Mir wäre ja der Hintergrund total wurscht, wenn sie im Vordergrund nicht so’nen furchtbaren Krach machen würden. Man ist ja kurz davor, die BullPo-li-zei zu rufen!

      Vielleicht tust Du „Deinen“ Jugendlichen aber auch Unrecht. Eventuell sind die nachts bloß da unterwegs, um endlich rauszukriegen, wer da immer die leeren Püllchen auslegt…

      • Nee, die radauern da viel zu viel herum. Manchmal dneke ich sogar die filmen da Sauereien mit ihren Handys, den geräuschen nach. Kurzpornos für eine noch nicht genau definierbare, aber jedenfalls ziemlich „krass draufe“ Zielgruppe.

    • Och, man ist hier wohl nicht so streng traditionell… Außerdem setzen sich die Nachtgrüppchen gern aus allen möglichen Stämmigen zusammen. Ich kann und will das auch nicht immer so genau wissen, wer da was hat und wer nicht.

      • Stimmt ja… Die Türkei produziert Efes-Bier, Yeni-Raki und Villa Doluca-Wein ja nicht nur für den Export an Ungläubige. ;D Ich habe nur das Gefühl, dass die in Deutschland in solchen Dingen oft strenger sind als zu Hause.

        • Das liegt natürlich daran, dass zu uns hauptsächlich Leutchen aus den ärmeren Regionen zugezogen sind (wenn’s einem gut geht, muss man ja eigentlich nicht weg von zuhause). Und da wo’s wenig zu beißen gibt, halten die Menschen ihre Traditionen und Religionen höher. Und in der Fremde ist es dann eben auch ein Stück Heimat und Trost. Versteh‘ ich alles. Schwierig wird’s nur, wenn es darüber zu Konflikten kommt…

      • Mmmh, kalorienarm? 😉
        Ich kannte auch mal einen (äh, Deutschstämmigen), der aß kein Schweinefleisch und hat sich deswegen gern mal als „Hobby-Moslem“ bezeichnet. ;D

        Lieben Zurückgruß, Theo

  2. da hab ich auch mal gewohnt…

    nun wohne ich da, wo’s keine spielplätze gibt und die vattis sturzbetrunken auf der türschwelle sitzen und rumgrölen.

    irgendwas hab ich falsch gemacht…

  3. „Hier in meinem Viertel heißen ja viele Mütter Anne,“ :)) :)) ich muss immer noch so lachen, dass ich den Rest Deines Eintrags noch gar nicht zu Ende gelesen habe. Muss ich wahrscheinlich auch gar nicht zwingend, reicht, wenn ich auf unseren benachbarten Spielplatz gehe.

    Wie auch immer: Sehr geehrte Frau Bromina, Sie sind somit diese Woche heiße Anwärterin für den Satz der Woche !

    • Ui! Na, da hätt‘ ich natürlich nix gegen. 😉

      Ich wunder‘ mich ja immer bloß, dass die vielen Annes auch immer wissen, wer gerade gemeint ist. Für mich schreien die kleinen Rabauken alle gleich…

  4. Mach doch mal ne Umfrage nach dem jeweiligen Hintergrund: Du weißt schon, mit Klemmbrett und Werbekugelschreiber stellst Du dich nachts um 3 an den Spielplatz und fragst einfach:

    „Guten Tag, wir machen gerade eine Umfrage zur zielgruppenrelevanz der Werbeaussagen eines namhaften Herstellers von alkoholischen Erfrischungsgetränken. Hätten Sie Lust teilzunehmen…es dauert auch nicht lange, nur so etwa 5 Minuten!!!!

    Es gibt auch ein kleines Dankeschön…

    1. Frage: Woher kommen Sie und wie heißt Ihre Mutter?“

    And then…..RUN!

    :>

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