So sieht’s aus.

Dass ich mit meinem neuen Job nicht ganz glücklich bin, hat man mir hier wahrscheinlich schon angemerkt. Dass ich aber regelrecht unglücklich bin, gebe ich erst heute richtig zu. Ich fühl mich sogar fast ein bisschen wie eine Fliege auf Leimpapier.

Es könnte ein toller Job sein, die Aufgabe macht mir richtig Spaß, weil ich dort vieles anbringen kann, was ich in anderen Bereichen aufgesammelt habe. Ich muss Gruppen kompetent/witzig erklärend durch die Ausstellung führen, mich für die anschließende Verkostung in eine fixe Kaltmamsell verwandeln und zwischendrin den ganzen, vielen Bürokram machen. Meine Gäste sind mal fidele Landfrauen, mal Lions-Clubs. Mal die öligen Außendienstler mit ihren Kunden, mal Seminargäste, mal die Geschäftsführung mit wichtigen Besuchern.

Ich bestelle die ganze Ware, karre sie an, hüte den Verkauf, organisiere Veranstaltungen und bereite sie vor (und nach). Dann bin ich noch für das ganze Gebäude und seine Tech- nik zuständig und muss Handwerker koordinieren und wissen, wieso die Heizung mal wieder nicht zündet und warum die Beleuchtung neuerdings flackert. Zwischendrin stehe ich auf der Leiter und wechsle Spots aus, während ich vielleicht eine telefonische Anfrage entgegennehme oder mache die Abrechnung für die letzte Veranstaltung.

Die Details lasse ich jetzt mal weg.

Alles wäre schön, wenn ich das nicht mit der Kollegin machen müsste. Sie hat offiziell die Leitung der ganzen Klamotte inne, wir sind also zu zweit, und ich bin ihre „rechte Hand“. Ich bin da eigentlich gut drin, ich bin nämlich was ganz Seltenes: gern die Zweite.

Allerdings geht das nur so lange gut, wie ich jemanden unterstützen kann, der was auf dem Kasten hat und weiß, was er an mir hat. Oder sie. Leider ist meine Weisungsbefugte aber unfähig zur Teamarbeit, herzlich unorganisiert, dafür extrem hektisch, trickst sich überall durch und lässt sich liebend gern den Allerwertesten nachtragen. Dabei tut sie wahnsinnig herzlich und glaubt, man merkt nicht, wie sie ihre Schäfchen unterm Ellen- bogen durch ins Trockene winkt. Ehrlich gesagt, brauchte ich tatsächlich ein Weilchen, bis ich das alles so auseinanderkriegte, weil ich diese Form von „Zusammenarbeit“ überhaupt nicht kannte, arglos und hilfsbereit, wie ich bin. Und nachdem ich nun einige Monate dort bin, fassen andere Mitarbeiter Vertrauen zu mir und bestätigen mir, was ich schon lange ahne: Intrigen, Stuhlgesäge, und meine mitunter von Heulkrämpfen geschüt- telte Vorgängerinnen, die immer gegangen wurden, wenn’s irgendwo hakte.

Doof dazu, dass Madame mit der Oberchefin lose befreundet ist und die auch nur am Rande mitbekommt, was bei uns so los ist, denn wir sind relativ autark in unserem Gebäude.

Ich weiß, was ich leiste. Ich rackere 40 Std. in der Woche, und zwar so, dass ich abends umkippe. Schließlich arbeite ich nicht selten für Zwei, habe die ganze Organisation immer mit im Kopf. Ich glaube, dass auch die Oberchefin und die anderen Herrschaften der Geschäftsleitung inzwischen sehr zufrieden mit dem sind, was sie von mir mitbekommen. Leider ist das aber nicht wirklich viel. Wenn die wüssten, was sie alles nicht wissen! Aber ich kann (und will) ja schlecht hingehen und petzen. Und kündigen kann ich auch nicht, weil ich natürlich das Geld brauche, um die Verluste der letzten Jahre mal wieder aufzu- holen und zudem eine Förderung zurückgezahlt werden müsste, wenn der Vertrag (1 Jahr) nicht erfüllt wird.

Mein Plan ist nun, nach dem Urlaub (dann ist auch meine 6-monatige Probezeit rum) ein Gespräch mit der Oberchefin zu suchen und dann sehr gut vorbereitet zu sein. So viele sachliche Argumente wie nur möglich, Persönliches nur hauchdünn mal zwischen zwei Zeilen oder so. Eventuell weckt das mal Aufmerksamkeit und die Erkenntnis, dass es ja nicht immer ausschließlich an den „rechten Händen“ liegen kann, wenn was nicht läuft.

Und nebenbei studiere ich eben die Stellenanzeigen. Schade. Wirklich.

22 thoughts on “So sieht’s aus.

  1. Das ist eine schwierige Situation, die aber wohl häufig so vorkommt. Ob es nun wirklich etwas bringt, mit der »Oberchefin« zu sprechen? Du gehst wohl davon aus, dass sie guten Argumenten zugänglich ist … aber was soll sie tun? Die Kollegin wegschubsen und dich auf den Thron setzen? Die Sache kann leicht nach hinten losgehen.

    Warum sprichst du nicht einfach mit de Kollegin, sagst ihr deine Erkenntnisse auf den Kopf zu, erklärst, sie hätte in dir unter diesen und jenen Bedingungen eine loyale Mitarbeiter, aber du könntest auch anders … Das schafft klare Fronten, und damit lässt sich, wenn ale Stricke reißen, eleganter kämpfen.

    • Ach, lieber Rupi, so ein Gespräch hatte ich mit der Kollegin schon wenigstens dreimal (das war das erste, was ich versucht habe). Dann ist es jeweils für vier Tage gut und dann geht alles von vorne los…

      Und die Oberchefin soll ruhig mal einen Teil ihrer Aufmerksamkeit auf mich lenken, das kann mir nur nützen. Vielleicht kann ich sie ein bisschen sensibilisieren, und meine Leistungen und meine „Mitdenke“ mal etwas zu betonen kann auch nicht schaden. Den Job der Anderen will ich gar nicht, und das werde ich auch so merken lassen. Ich möchte nur, dass sie etwas unter Beobachtung genommen wird. Wenn sie das spürt, kann sie mit mir (und Anderen) nicht mehr so rumfuhrwerken. Die hat nämlich panische Angst davor, dass man bei ihr genauer hinguckt.

      Ich möcht‘ eigentlich nur meinen Job vernünftig machen dürfen.

  2. Es gibt leider so Zeiten, dann kommt es wieder gut!
    Mir geht es beruflich auch nicht sehr gut, aber ich hoffe,
    dass die Zukunft wieder besser wird.
    ALLES GUTE!

    POC

  3. Schwierig, schwierig 🙄

    Dass es Dir Spaß macht, in dem Job viele unterschiedliche Dinge erledigen zu müssen, kann ich total gut nachvollziehen. Aber in Anbetracht der Situation … Wäre es nicht vielleicht sinnig, die Kompetenzen bzw. Verantwortlichkeiten etwas klarer zu strukturieren und abzugrenzen? (Logo, das würde der Madame wahrscheinlich weniger gefallen, weil dann ihre eigenen Defizite deutlicher würden …)

    Mehr fällt mir dazu momentan nicht ein,
    aber wenn noch was kommt, lass ich’s Dich wissen, klar :yes:

    LG
    Maren

    • Und weisste was, liebe Maren? – Genau sowas habe ich mir auch überlegt! 😀

      Ist allerdings schwierig, weil wir natürlich beide so ein bisschen für alles zuständig sind (oft ist ja auch die Eine von uns tagsüber da, die Andere abends). Aber es gibt Bereiche, in denen das machbar ist. Das wird ganz sicher ein Punkt auf meiner Liste.

      Zudem habe ich schon Tagesprotokolle gemacht (und werde noch ein paar machen), aus denen hervorgeht, was ich inzwischen alles an Aufgaben übernehme. Und auch, was gegen Mittag regelmäßig an mir klebenbleibt, wenn Madame ihre Schicht beendet. Ich weiß ja, das Chefs gern klare Angaben und Vorschläge wollen statt diffuser Beschwerden.
      Also, irgendwas sollte schon dabei rumkommen…

      Ganz lieben Gruß zurück, Theo

  4. auf alle fälle find eich persönlich deinen nachurlaubs-plan am besten. wenn die oberchefin so ist, wie man sie sich wünscht, wird sie ein offenes ohr haben, wenn sie aber, ebenso intrigant, deine anliegend ignoriert, hat sie deine arbeitskraft aber auch nicht verdient. da hast du dann wahrlich besseres verdient.

    auf alle fälle ist bei beiden möglichkeiten das gespräch die lösung :yes:

    *so, und nun pflücke ich beeren und gedanklich für euch mit*

    huhuuu, jenne 🙂

    • Darauf bin ich auch mal neugierig, denn ich kann die Oberchefin da noch nicht richtig einschätzen. Nach diesem Gespräch wird sich also gleich Mehreres für mich geklärt haben.

      Ma gucken. 😉

      Vorher genieß ich erst noch ein bisschen meinen Urlaub…

      Winke vom Lümmeldiwan! :wave:
      – Theo

  5. ja, das stimmt. geahnt hat man sowas.
    finde deinen plan gut, mit der chefin zu sprechen. es wäre schade, wenn du dir einen anderen job suchen müsstest, nur weil so ne kurpfuscherin erfolgreich durchflutscht.
    aber pass auf: ich habe auch schon erlebt, dass solche leute nicht umsonst in einer firma gehalten werden, da sie nämlich ihr fähnchen in den wind hängen und sich (scheinbar – die arbeit machen dann andere) für alles vorn karren spannen lassen…

    wünsche dir dennoch viel erfolg! 🙂

  6. Huch, den Eintrag entdecke ich tatsächlich erst heute. Liegt vermutlich daran, dass mich vor allem ein Kollege mit „Freundeseinträgen“ zutextet, dass ich da kaum noch reingucke.

    Dass es zuweilen etwas seltsam zugeht, blitzte schon manchmal durch. Jetzt lese ich Details, die mich in Teilen an die Probleme von Freunden erinnern. Leider kann ich Dir von denen keine Ideallösung vorschlagen. Die Lösungen, die meine Freunde gefunden haben, schwanken zwischen dem einvernehmlich Ausscheiden nach der Installation eines Betriebsrats und dem fortgesetzten Ertragen der seltsamen Zustände mit dem dazugehörigen Meckern.
    Ich selbst bin eher jemand, der sich irgendwann intern (sehr deutlich) beschwert, dann die Konsequenzen zieht und das Feld räumt. Das lockert die Psyche eine Zeit lang, ist aber auf Dauer auch nicht wirklich zu empfehlen.
    Halte uns bitte auf dem Laufenden, was sich da entwickelt!

    • Macht ja nix, man kann sowas schon mal übersehen. Passiert mir auch…

      Ich hab‘ lange überlegt (und tu‘ es noch), welche Wege ich gehen kann. Ich will’s eben mit einem vernünftig-sachlichen Gespräch versuchen und hoffe noch ein bisschen, dass es was nützt. Falls nicht, werde ich mich da aber nicht aufreiben, die Energie kann ich nämlich sinnvoller einsetzen. Mein Ziel ist es im Moment (aus verschiedenen Gründen), das Jahr vollzukriegen. Das ist ein überschaubarer Zeitraum, denke ich. Sollte sich in den nächsten 6 Monaten deutlich was verbessern, bleibe ich gern auch länger.

      Ich werd‘ natürlich ab und zu berichten, ob + was sich tut…

  7. So, jetzt hab ich das mal nachgelesen, ist mir entweder entgan gen, oder hast du mir den noch freigeschaltet? Egal…

    Ähnliches ist zur Zeit leider öfter zu hören. Vorgesetzte die Chaos anrichten und die kleinen daben es aus. Wenn dann tatsächlich was daneben geht, waren es natürlich die kleinen. Meinem betsen Freund geht es auch so, nur ist dessen Chefin mit dem Obermacker nicht nur lose befreundet, die in der obersten Etage müssen geradezu meinen die Sonne schiene aus der ihrem Arsch 🙄

    Ich selbst habe das auch schon erlebt; jetzt reisse ich mir zwar auch den Hintern auf, aber wenn man selbständig ist weiß man wenigstens wie was läuft und für wen man was macht.

    Übrigens schön wie du das gesagt hast, „gern die zweite“. Das trifft auf mich auch irgendwie zu. Versteht nicht jeder, manch einer meint vielleicht man würde sich vor der ganzen Verantwortung drücken, aber das ist es nicht! Mir ist nur ein „danke für deine Hilfe“ oder „ohne ihn hätte ich es nicht geschafft“ (wenn man es denn zu hören bekommt) irgendwie lieber als das volle Rampenlicht.

    • Eventuell hatte ich Dir den nachträglich freigeschaltet, als wir Blogfreunde wurden, das war so um die Zeit, glaube, ich.

      Ja, ich hatte das neulich auch, dass die Kollegin mich hat eine Rechnung dreimal anders schreiben lassen, weil sie selbst nicht wusste, wie’s geht. Als die Buchhaltung dann darin Fehler angemeckert und ihr aufgezeigt hat, wie’s geht, meinte sie wohl: „Die ist ja nicht von mir. So hätte ich das auch gemacht!“ – Von wegen! *vogelzeig*

      Die Chefin schien mir aber ganz vernünftig, muss ich sagen. Ich kann das jetzt nur abwarten…

      Zweite(r) zu sein, bedeutet eigentlich genauso viel Kompetenz und Verantwortung, aber weniger Druck und Aufmerksamkeit von außen. Also, diese Oberflächenspannung fällt weg. Und wenn man dann noch gelobt wird, ist das doch eigentlich der schönste Platz in einer Rangliste. 😉

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