Ich hatte ja versprochen, ein bisschen vom sonntäglichen Klassik-Picknick zu berichten, dabei wäre ich beinahe gar nicht hingegangen… Weil nämlich niemand mitkommen konn-
te oder wollte: Freundin T. ist im Urlaub, der liebste Besucher meilenweit entfernt, Freund M. musste arbeiten, Freundin M. das neue Winzkind hüten, Freundin S. hatte schlichtweg keine Lust und Freundin V. schon was anderes vor. Und so alleine? Hm.
Nachdem ich aber den ganzen Sonntagvormittag an meinem Beitrag zum Ohrwurm-Bash-
ing gebastelt hatte, wurde ich immer unruhiger, bis ich endlich in die Dusche sprang, in irgendwelche Klamotten stieg (-nein, halt: erst hab‘ ich natürlich die Dusche vorher wieder abgemacht), mir einzweidrei Köstlichkeiten einpackte, mir eine Unterlage, meine Kamera und mein Notizbüchlein griff und lossauste. Unterwegs fiel mir ein, dass ich mir weder ei-
ne Gabel für die Shrimps in Aioli, noch eine Serviette eingesteckt hatte. Ich würde also meine Shrimps mit dem Messer essen müssen, ohne dabei zu kleckern. Das machte aber nix, denn die Avocado, die es eigentlich dazu geben sollte, lag auch noch gemütlich auf dem Küchentisch…
Mit (eigentlich ja wie üblich) raushängender Zunge kam ich gerade noch rechtzeitig an, – eben sollte es losgehen. Ich fand einen Platz hinter einer Klappstuhlrunde, die in ihrer Mitte eine feine weiße Tischdecke auf dem Rasen platziert hatte. Auf der Tischdecke lag sogar ein Blumenkranz als „Tischdekoration“, umge-
ben von Käsekuchen und leckeren Teilchen.
Leider fehlt mir die nötige kriminelle Energie, denn als die Musik einsetzte, schlossen alle in der Runde die Augen, und ich dachte wirklich kurz daran, unter den Stühlen durch zu greifen und mir so ein Stück von dem Käsekuchen zu schnappen. Der sah nämlich perfekt fluffig und sehr, sehr lecker aus! Ich bin eine verdammte Schissbutze.
Jemand in meiner Nähe hatte ein schlimmes, süßliches 80er-Jahre-Parfum aufgelegt, da ver-
ging mir der Kuchenappetit aber ohnehin sofort wieder. Ich konzentrierte mich also lieber auf die Geräusche. Wunderbare Musik (zuerst etwas aus dem „Harry Potter“-Soundtrack), eine Mutter („Johannes! Johannes, lass’ das da liegen!“), Bäumerauschen, ein richtig Schlauer mit Handy („…ich bin jetzt hier unter dem Baum!“) und ein Hubschrauber. Aber dann beruhigte es sich, und ich konnte ungefähr eine Viertelstunde lang die herrliche Musik genießen.
Dann ging’s doch wieder los: ich musste feststellen, dass der Unterschied zwischen ei-
nem Klassik- und einem Rockkonzert der ist, dass man sich bei einem Rockkonzert ohne weiteres mittendrin mit „Hi Alter! Na, eeeewich nicht geseh’n! Siehste Olaf noch? Macht’n der?“ begrüßen kann, ohne dass es jemanden stört. Und immerhin weiß ich jetzt, was Olaf so macht. Ich kenne ihn zwar nicht, aber ich weiß jetzt, was er macht. Falls es also hier jemand wissen möchte…
Die Stuhlkreisleute drehten sich immer mal nach den Störenfrieden um und guckten vor-
wurfsvoll. Eigentlich fand ich das in diesem Moment ganz gut, denn wenn ich mich allein umgedreht hätte, dann hätte es sicher kaum Wirkung gehabt. Leider überhörten sie völlig, dass sie dabei mit ihren Funktionsjacken an ihren Stuhllehnen so laute Raschelgeräusche machten, dass diese die Olaffreunde fast noch übertönten.
(Das ist so ein Phänomen, das ich oft beobachte: Leise sein bedeutet für Viele, den Mund zu halten. Auch zuhause, übrigens. Alle anderen Geräusche, die sie produzieren, blenden sie aus, wickeln Bonbons aus Folien, knallen Schranktüren, schalten Föne ein, rascheln sonstwie herum oder lassen nebenbei den Rasenmäher laufen.)
Die Olaffreunde wurden jedenfalls irgendwann von allein stiller, wahrscheinlich, nachdem sie alles besprochen hatten, und so konnte ich dann wieder ein bisschen der Musik (Carl Maria v. Weber, Konzert für Klarinette und Orchester, Nr.2, Es-Dur op. 74) lauschen und versuchen, meine Shrimps möglichst unauffällig zu verspachteln. Und das kann man jetzt ruhig mal wörtlich nehmen, weil ich sie mir nämlich mithilfe eines Messers gewissenhaft auf das Brot spachtelte, an das ich immerhin gedacht hatte. Für ein Weilchen war ich also ganz glücklich, obwohl allein. Um mich herum gab’s aber eh‘ noch Viele, die ohne Begleitung dort waren, darauf hatte ich wohl früher nie so geachtet.
Und dann kam das Grauen: Eine furchtbare Tussi (sorry, aber hier gibt’s einfach keinen anderen, passenden Ausdruck) setzte sich zu dem Pärchen hinter mir und fand nichts dabei, ihre Umgebung unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, dass sie heute im Heiz-
kraftwerk zum „Tag der offenen Tür“ und noch vorgestern an der See gewesen war. Ich will hier jetzt nicht alles wiedergeben, nur soviel: Ein Heizkraftwerk kann „voll spannend“ sein und an der See war es erst „irre toll“ (ausführliche Beschreibung), aber dann hatte sie sich an einem Imbiss eine Currywurst gekauft und kaum wollte sie anfangen zu essen, kamen von überall Dutzende Wespen angeflogen und…
…ja, und der arme Herr Liszt und sein schönes Konzert für Klavier und Orchester (Nr.1, Es-Dur) mussten kurz vor Schluß dran glauben. Ich packte meine Sachen leise ein und verzog mich. Eventuell ist mir die Geräuschkulisse diesmal besonders aufgefallen, weil ich niemanden zum Tuscheln hatte. Vielleicht habe ich mir aber auch nur zufällig einen Platz ausgesucht, an dem nur Leute waren, die meinen, unter freiem Himmel darf man die sich redlich mühenden, richtig guten Musiker ruhig mit doofen Geschichten zutröten. Egal, war trotzdem schön, und ich bin froh, mich noch aufgerafft zu haben.
Im nächsten Jahr geh’ ich garantiert wieder hin. Und meine Begleitung ist sicherheitshal-
ber auch schon quasi zwangsverpflichtet…
Ähem, du hast dir nicht zufällig die Nummer von der Tussi geben lassen?
Bei meinem letzten Konzert (ich war zur jungen Philharmonie eingeladen) war es genau umgekehrt – also andersherum – entgegengesetzt – ach, du weißt schon! Im erlauchten Kreise ihrer Dekadenzen konnte es gar nicht vornehm genug sein.
Wunderte mich, daß die mit nem derartigen Stock im Hintern überhaupt laufen konnten. Anschließend Buffet und Champagner. Ach nee, sind wir cremig! Warum gibt es nur kein Mittelding? Entspannt ein Konzert genießen, und ein bißchen plaudern?
Ach ja, und was ist jetzt mit Olaf?
B)
Äh, nee, lieber nicht… 😉
Ja, das Mittelding hätte ich (wie in den anderen Jahren) auch gern gehabt: Ein Stündchen vorher da sein, Piccolo trinken, Häppchen verschnabulieren und ein bischen ratschen. Dann Musik erster Teil, still auf der Decke liegend genossen, dann Pause wieder Häppchen und Geratsche, dann zweiter Teil Musik. Und hinterher bei guten Wetter einfach sitzen bleiben, bis das Körbchen leer ist und alle Themen erschöpft.
Olaf hat sich von seiner Freundin getrennt und arbeitet jetzt bei einer Versicherung. :>>
Olaf? Ich fass es nicht, ich glaube, ich habe Olaf 92 zum letzten Mal gesehen, was macht der denn jetzt so? Ich hab gehört, dass der irgendwie Geschichte oder sowas studiert hat?
Doc Vonk? DU hier? Möööönsch! Cool siehste aus… Lass mich ma ziehn…
Ist sich das Papierinski mit Knasterowitsch. Wir in russische Taiga nennen Machorka.
Die Zunge is ja ganz nett Herr Docowitsch, aber das Zungendrumherum von Theo is eindeutig hübscher.*nicke
Bon, das räume ich ohne Probleme ein. 🙂
@ Totte: Olaf hat sich von seiner Freundin getrennt und arbeitet jetzt bei ’ner Versicherung… 😉
@ Taste: Mit „Lass‘ mich mal ziehen!“ meinst Du hoffentlich nicht die Zunge, oder…? – Oder? ;D
@ ^Hallow: Da stimme ich mal ganz frech zu, hehehe… (er hat außerdem das Lipgloss, …äh, vergessen). :>>
@ Olaf: Bei einer Versicherung? Ich denk, er hat Geschichte studiert?!?
@ Lippgloss: Dabei hatte Lilith doch neulich noch mit Taste spekuliert, ob ich mir für die Aktion welchen gekauft hätte. :))
@ Totte: Na, kommt doch hin, die Freundin ist doch jetzt Geschichte. *bruahahaha!*
@ Theo: Das stimmt, aber ich hatte gehört, das sei schon Jahre her, wie kann er sich dann jetzt getrennt haben? *ggg*
@ Totte: Was weiß ich denn? Du kennst ihn doch besser… 😉 Vielleicht wusste sie all‘ die Jahre nichts davon.
Heute schon. Gestern nicht… :>>
Wo iss´n die Fluppe jetzt hin…. und warum guckst Du mich so frech an… SOLL ICH DIR DIE ZUNGE ABSCHNEIDEN!
Aufgeraucht, vermutlich! 😉 Guck‘ einfach bis Morgen nicht hin…
Guck einfach bis morgen nicht hin… SEH ICH DICH – SEH ICH IHN…
Au weia! Waschechtes Trauma, wa? :>>
So ziemlich… laufe seit Stunden mit hängender Zunge durch die Gegend… die Nachbarn gucken schon…
Musste ab und zu mal ein leckeres Feierabendbier drüberschütten, sonst trocknet die aus. Nur so als Tipp. 😉
Oh! Guter Tipp. Bin schon als am trockenen Rotwein süppeln… konnt ja nix werden… :))
Aber nich‘ Staub husten hier! Ich hab‘ grade saubergemacht…
*röchel* *kröchz* *hust*
Das wagst Du nicht! Außerdem raucht man nicht bei einem Klassikkonzert! Und jetzt will ich leckere Coppeneurschokolade lutschen – mein Dank gilt der edlen Spenderin.
Ich rauche wann und wo ich will und überhaupt… gibt´s hier keinen Schoppen?
Coiffeurschokolade… wer lutscht denn sowas?
http://www.coppeneur.de/
Sitzen gar nicht mal so weit weg von Dir, im Westerwald.
Oh… danke für den Link. Wie edel. Ich hab eine Freundin die hat nach dem Film „Die Chocolaterie“ ´n Rappel bekommen und hat auch so einen Laden aufgemacht. Das ist Jahre her… läuft immer noch und sie stellt alles selber her.
Verschickt sie die auch? Hat sie einen Online-Shop? Hier wäre die richtige Stelle, für sie Werbung zu machen. :>>
WAS DAS DENN???!!! Boah ey… :))
Wie? Was?
Du hattest Dich so verändert… plötzlich…
und ganz am anfang war da noch so ein anderen, ein blauer hintergrund… so schnell konnt ich gar nicht gucken, da war dann ich da… also du.. tostetattedoc…
WEISST DU ÜBERHAUPT WAS DAS FÜR EIN NERVENKITZELANGESPANNTHEITZERREISSMICHPROBEKURZVORDERARBEIT HEUTE MORGEN HIER WAR?! HÄ`?!
Nö.
Dacht ich mir…
TOTTE? TOTTE??
Nein, Toste.
Ah! Toste. Ich bin Tatte. Angenehm…
Warte, ich muss eben die Enten füttern.
Bisschen spät, was? Aber gut, ich geh dann mal ein bisschen an anderer Blogger Ava rumgrafiken…
Ja? Was gibt es denn morgen?
Zu spät!
Wie: zu spät?
Gern gescheh’n. 😉
:)) Schöööön geschrieben. Toll! Gar nicht so einfach auf so einem PLATZkonzert Stille zu geniessen, was?
Danke sehr. 😀
Nee, das war diesmal besonders schwer, ich war wohl in der Krawallecke gelandet. Im nächsten Jahr passiert mir das aber nicht!
Du nimmst Shrimps in Aioli mit? Also… *kopfschüttel*
Naja, es war ja ein Picknick…
Ist das Kopfschütteln vegetarischer Natur oder geht’s um die anschließende Knoblauchbeflaggung?