Führerschein (4. und letzter Teil)

Die Fahrstunden wurden langsam, sehr langsam, besser. Spaß hatte ich an der Sache trotzdem nicht richtig, das enttäuschte mich schon. Eine Landstraße mit über 100 kmh langzubrettern liegt mir einfach nicht. Plötzlich kam H. damit rüber, dass er mich für den 13. Dezember für die Prüfung angemeldet hatte! Das war schon in der darauf folgenden Woche! Inzwischen hatte ich 18 Fahrtermine gehabt und das Gefühl, ich bräuchte eigentlich noch mal so viele. Allerdings wurde das Geld auch schnell weniger. Insgeheim vermutete ich, H. wolle mich vielleicht loswerden, um einem Infarkt lieber aus dem Wege zu gehen, denn wir stritten oft im Auto.

„Du machst mich fertig!“
„Aber dafür bin ich lustig!“
„Das glaubst Du auch nur!“
Also noch eine Woche zum Üben. Wir machten eine richtige Intensiv-Woche draus und fuhren fast jeden Tag zweimal. Immer noch machte ich dämliche Fehler, rief dann immer gleich: “Sach nix!“, während H. sich wortlos einen Schoko-Taler aus dem Handschuhfach fummelte.
„Ich will auch!“
„Nö. Haste nicht verdient.“

Dann kam der Tag der Prüfung.
H. hatte mich eigentlich an diesem Tag angemeldet, weil er gesehen hatte, dass ein bestimmter netter Prüfer an diesem Tag dran sein sollte. Leider kam es anders und irgendwas wurde getauscht, so dass ausgerechnet Prüfer G. zuständig war, ein so genannter “scharfer Hund“! Dass wir den 13. hatten, amüsierte mich eher, außerdem war’s ein Mittwoch.
Zuerst sollte der „Ponyhof!“-Kollege mit einer seiner Schülerinnen geprüft werden. Danach waren wir mit Herrn G. auf einem Parkplatz verabredet, um ihn aufzunehmen. Als wir dort ankamen, gingen die beiden Lehrer erstmal schön mit Herrn G. Kaffee trinken im Imbiss. Ich wurde allein im Auto gelassen wie ein Hündchen. Die andere Schülerin hatte locker bestanden und war schon längst auf dem Weg nach Hause. Ich saß also im Fahrschulauto und wartete. Ich schüttelte mich immer wieder vor Aufregung, guckte ständig zum Imbiss und meckerte leise vor mich hin. Die Herren hatten Zeit. Nach fünf Stunden kamen sie zurück und Herr G. guckte mich gleich biestig an. Großartig!

Als er und H. eingestiegen waren, ging’s auch schon los mit der Fragerei. Ich sollte sagen, was mir zu Reifen einfiel. Da ich wusste, dass mir dazu vier Sachen einfallen mussten, überlegte ich kurz, ob ich „Rund, schwarz, Gummi, Luft drinne“ sagen sollte, um die Situation aufzulockern. Aber ein Blick auf Herrn G. genügte. Ich spulte drei der vier Dinger (allgemeiner Zustand, Profil und noch was) ab und grade als H. schon heimlich dicke Backen machte, fiel mir noch „Luftdruck prüfen!“ ein. Die andere Frage, die er mir stellte, habe ich schon wieder vergessen, so puppig war die. Also gings nun los. Die Strecke hatte H. mit mir mehrfach in verschiedenen Kombinationen geübt. Es gab „Fallen“, die ich aber nun zum Glück kannte und auf die ich nicht mehr reinfiel. Allerdings sind auch Prüfer manchmal überrascht. Das merkte ich, als wir zu einer großen Kreuzung kamen, über die ich fahren sollte. Die Ampelanlage war nämlich ausgefallen. Ich musste mich vortasten und hatte wohl gewaltiges Glück, dass da kein Laster oder sowas kam. Eisiges Schweigen im Fond.
Dann ging es Richtung Schnellweg. H. hatte mir eingebläut, sollten wir hier lang müssen, auf jeden Fall und unbedingt 100 km/h zu fahren, denn der Herr G. hatte schon Prüflinge durchrauschen lassen, die dort langsamer gewesen waren. Kaum, dass ich von der vorgelagerten Kreuzung herunter war, ging ich schon auf’s Gas und zischte ab. Herr G. guckte überrascht und ärgerte sich offensichtlich, dass ich diese Hürde locker genommen hatte. In einer 30er Zone lief vor uns eine schwarze Katze über die Straße, aber sowieso von rechts nach links. Herr G, war erleichtert. Offenbar war er abergläubisch.

Eine Kurve fuhr ich zu weit aus, da war es schon wieder vorbei mit seiner guten Laune. Säuerlich gab er Anweisung zum Parken. Das klappte richtig gut. Ich sah, dass H. zufrieden war. Als wir endlich am TÜV-Gelände ankamen, konnte ich aber immer noch nicht sagen, ob ich nun bestanden hatte oder nicht. Wir waren nur 35 Minuten gefahren.

Herr G. holte Luft und meckerte sich richtig frei. Er zeigt mal allen Anwesenden, was Korinthenkacker so drauf haben, zeigte uns seine Harke und motzte dann zum guten Schluss, ich sei mit gerade mal „ausreichend“ noch eben so durch gekommen. Beispielsweise fand er es überhaupt nicht gut, dass ich in Rechtsvorlinks-Zonen nicht nur nach rechts, sondern auch nach links geguckt hatte! Ich gucke aber hin, wo es mir passt. Da ich ja noch recht rege bin, dauert das meistens  auch gar nicht lange. Missmutig überreichte er mir die doofe Plastikkarte und verabschiedete sich noch nicht mal richtig. Der Drecksack, der.
„Ihnen auch’n schön’ Tach noch, Herr G.!“
H. machte ein „Na also!“-Gesicht und fuhr uns zur Fahrschule zurück. Unterwegs wurde ich an jeder Straßenecke ein Kilo leichter.

Meinem Väterchen habe ich übrigens geschworen, dass er das irgendwann heimgezahlt kriegt. Ich überlege aber noch, wie…

21 thoughts on “Führerschein (4. und letzter Teil)

    • Ja, meine Liebe, das war heftig, passte aber zum Rest. Du weißt ja ebenfalls noch gut, wie das ist, Deine Wunden sind ja auch noch frisch… Ich staune immer, wie locker andere so in der Gegend rumsausen! Vielleicht sind wir einfach „anders“. mir gefällt dieser Gedanke aber gar nicht schlecht. 😉

      Hast Du noch mal überlegt, ob Du auch Carsharing machen willst?

      • Vielleicht liegt das auch an unserem *räusper* etwas fortgeschrittenen Alter. Ich schätze, dass ich mit 17/ 18 insgesamt wesentlich unängstlicher an die Sache gegangen wäre. Und leichtsinniger bestimmt auch. Mittlerweile habe ich einfach auch präsenter, was alles passieren kann. Das gepaart mit der Anfänger-Unsicherheit erklärt bestimmt einiges.

        Ja, machen möchte ich das auf jeden Fall. Ich muss nur noch mit meiner Oma sprechen, wann wir das in Angriff nehmen. Denn allein kann ich das definitiv nicht bezahlen.

        • Ach ja, das hatte ich vergessen: Du bist ja schon 83. Man merkt das gar nicht, weil Du so kregel bist. 😉
          Habe ich aber auch genau so empfunden, dass das was mit inzwischen abgearbeiteter jugendlicher Sorglosigkeit zu tun hat.

          Vergessen hatte ich auch, Dir zu erzählen, dass man die Kaution nicht unbedingt bezahlen muss. Allerdings kostet dann das Ausleihen etwas mehr (10%). So habe ich das auch gemacht. Man kann die kaution nachreichen, wenn man dann mal wieder Geld im Haus hat und bezahlt ab da den normalen Preis.
          Vielleicht ist das ja auch was für Dich.

          • Guter Tip, danke. Ich muss einfach mal sehen. Meine Oma wollte mir das ja generell schon sponsern. Aber eben lieber erst, wenn ich etwas mehr Fahrpraxis habe. Womit sich die Katze in den Schwanz beißt.

  1. Hallo!
    Dein Eintrag hat mein Langzeitgedächnis wach gerüttelt.
    Es war Februar….. der Prüfer hieß irgendwas mit Schüttelweide… aber darauf hatte mein Fahrlehrer mich bereits vorbereitet, weil er Angst hatte, ich würde ihn sonst in Grund und Boden blamieren, wenn der sich vorstellt…..es herrschte eine Aussentemperatur von -4 Grad……. die Strassen war gefroren, den der da oben wußte anscheinend von meiner Prüfung und ließ es den abend vorher auch noch regnen….. kurz…. Autobahnfahrt fiel ganz aus und selbst auf der Umgehung war nicht mehr als 30 km/h angesagt!
    die „Herren“ sprachen vom letzten Winter und nach 30 Minuten war alles vorbei…. aber bloß nicht weiter sagen!

    • Das ist ja auch schön! Heißt das denn, Du darfst jetzt ausschließlich bei Glatteis fahren? 😉
      Nein, sag‘ ich nicht weiter…

      Ich hatte mir übrigens Schnee erhofft für die Prüfung, aus den von Dir genannten Gründen, aber es war ekelhaft sonnig und trocken. Na, hat ja trotzdem geklappt.

  2. ajaja… die verlorene Jugend… ich bin durch meine erste Fahrprüfung durchgefallen weil ich ein Hundehalsband trug. Nich so’n Punkerteil mit Nieten, sondern ein original von irgendeinem Hund verlorenes, das auch nach Hund roch.

    Auch das Einparken hat dem Prüfer nicht gefallen – obwohl ich noch 10 cm Luft hatte, fein säuberlich verteilt auf 5 cm neben dem linken und 5 cm neben dem rechten Außenspiegel.

    Damit die beiden Herren (also der Prüfer und der Fahrlehrer) sich im Auto 5 Minuten lang anblöken konnten, musste ich allerdings wieder ausparken und aussteigen.

    Glaub mir, Führerschein mit 18 machen is auch nich viel besser. Man überschüttet lediglich die peinigende Erinnerung, sich vorzukommen als ob man Eier statt Räder untergeschraubt hätte und alle Klassenkameraden gucken zu, mit ganz vielen anderen Eindrücken – erste Liebe, erster Pickel, erste Pulle Wodka, erster Diskobesuch, erster verschluckter Tampon (Quatsch, wie hieß denn das Ding noch was man nur versehentlich unzerkaut runterschluckt wenn einem jemand zwischen die Schulterblätter kloppt – Kaugummi… nee Gummibärchen. Ach, ich brauch Kaffee), erstes dieses-jenes-welches…

    Jugend ist die Zeit in der man alle peinlichen Eindrücke möglichst schnell mit noch peinlicheren Eindrücken überschüttet, und möglichst alles auf einmal. Erwachsene heben sich jede Peinlichkeit schön auf, um sie brav nacheinander in einer unendlichen Kette zu zelebrieren und sich für alles einzeln zu schämen. Sogar dafür, dass sie was dazulernen 🙂

    Ich hab das Autofahren übrigens 2005 wieder aufgegeben. 18 Jahre zunehmend lustloser mit 50 durch nen Ort und 100 über ne Landstraße von A (wo man sein möchte) nach B (wo man eigentlich gar nicht hin will, aber muss) gurken sind genug. Der Traum der Vergrößerung der individuellen Freiheit durch die Vergrößerung des individuell erFAHRbaren Radius ist genau das: ein Traum. Zumindest in Städten wie Marburg hast du zu bestimmten Zeiten ne sehr gute Chance, zu Fuß genauso schnell am anderen Ende der Stadt zu sein wie mittm Auto, und als Fußgänger hast du einen unschätzbaren Vorteil: am Ziel brauchst du keinen Parkplatz.

    Nachteil 1 ist, du musst die Bierkisten den ganzen Weg tragen und nicht nur bis zum Kofferraum. Was aber vollkommen egal ist, wenn dein Auto ungefähr so weit weg einen Parkplatz bekommen hat, wie du in Gegenrichtung wohnst. Und genauso egal, wenn du statt „in Kofferraum“ einfach in den nächsten Bus stellst.

    Nachteil 2 ist, wenn du Freunde aufm Land besuchen willst; dann musst du entweder radeln oder du musst von Autobesitzern mitgenommen werden.

    Solang ich in Marburg quasi in einer Bushaltestelle wohne, brauch ich kein eigenes Auto, schon gar nicht alleine. Carsharing wäre tatsächlich zu überlegen, aber siehe Nachteil 1: es kommt drauf an wo das Sharecar steht, ob sich das hinlaufen lohnt oder nicht.

    Laufende Kosten für Versicherung und Parkschein (ohne Sprit) waren monatlich ca 40 Euro, die in den letzten Jahren wirklich nur zum Rumstehen gezahlt wurden. Ich hab den Wagen alle paar Monate gewendet damit die Reifen nicht eckig werden…

    • Joh, eigentlich hatte ich mich ja auch lange erfolgreich um die ganze Sache drumrumgedrückt. Aus eben diesen Gründen: Ich wohn‘ in der Stadt, habe ein Fahrrad, die Straßenbahn ist nicht weit weg und ganz zur Not fährt Freund M. mal mit mir zum Elchhaus, wenn’s sein muss.

      Aber in Momenten, wo ich auf dem Fahrrad zwei Regale, zwei Tischböcke, einen Eimer Farbe und ein paar Holzlatten, alles schön mit Spanngurten festgestrapst, vom Baumarkt nach Hause transportierte, wollte ich doch gern Auto fahren können…
      Vielleicht hatte ich sogar schon einen FS, habe aber die Erinnerung daran verschüttet. Nach deiner Theorie wäre das ja gar nicht abwegig…

      Jedenfalls, mit Carsharing findet man’s irgenwie weniger sinnlos und das ist doch schon was. Blöd beim Autoteilen ist aber, dass man alle Cassettchen, Trinkpullen, Fussel und Schokopapierchen sofort wegräumen muss und auch keine lustigen Schmücke anbringen kann. Deswegen wird’s im Auto auch nie so richtig gemütlich.

  3. Ich habe DEINE FAHRSCHULE sooo gerne gelesen und hatte gleich wieder eine Menge Erinnerungen an meine eigene vor zwanzig, was sage ich denn da, vor DREISSIG Jahren, inklusive riesigem Verklärungstank. Ich muß ja Auto fahren, die Hunde, das Bier und die MuttiundVatis. Aber Schalten ist bei MIR NICHT MEHR. Ich fahre nur noch ganz große Automatikautos, da erspart man sich eine Menge Hampelei und wird ziemlich gelassen. Würde ich allen jungen Männern die ersten drei Jahre zur Pflicht machen, da muß man nämlich automatisch nicht mehr so angeben.

    • In der dritten oder vierten Fahrstunde sagte ich zu Fahrlehrer H., ich könne mir ja auch ’nen Automatikwagen anschaffen. Da rief der gleich: „Seeehr gute Idee!“ Keine Ahnung, wieso.
      Eigentlich fehlt das noch im Text…

  4. Ob es auf dieser Welt Prüfer gibt, die einen nicht vollmeckern und explizit darauf hinweisen, das sie nur ausnahmsweise mal ein Auge zudrücken und man „gerade so“ bestanden hätte..? :DD

    • Weiß nicht, ich hab‘ den Mist ja zum Glück nur einmal machen müssen. 😉 Der war jedenfalls drauf wie einer, der Verstopfung hat und deswegen sauer ist auf die ganze Welt.

  5. zu meiner ersten prüfung habe ich ungefähr acht (!) gläser wasser mit rescue-tropfen getrunken. ich war so dermaßen entspannt, fast albern, dass ich ganz easy eine rote ampel überfahren habe. das wars dann fürs erste.
    der zweite anlauf hat dann die ersehnte legitimation gebracht.
    ich habe NIE ausgerechnet, was mich der spaß gekostet hat. ich habe nach jeden stunde bar bezahlt. aus den augen, aus dem sinn 😉
    heute fahre ich mit großer hingbe ein gnadenlos geiles auto – stelle dir mal ein bild rein – und genieße den mädchenbonus immer wieder gerne.

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