Freundin T. war das Grauwetter leid und verfügte, es wäre mal wieder Zeit für die Sauna.
Eigentlich muss sie da nicht großartig verfügen, weil ich mich ja sowieso jedes Mal freue, wenn sie mal Zeit für sowas und mich hat. Aber wenn sie gern ein bisschen verfügen möchte, dann lass‘ ich sie natürlich. Übrigens kann sie nicht nur prima verfügen, sondern sogar auch verfugen! Selbst gesehen habe ich das! Allerdings ist das eine ganz andere Geschichte…
Also, wir sind ins Warme. Herrlich, sich auszupellen und dann schummerbeleuchtet aufs Schwitzen zu warten! Wo macht man das schon sonst? (Naja. Jetzt fällt mir vielleicht doch noch ein weiteres Szenario ein…) Und endlich mal warme Füße! Hach. Und außer- dem diesmal netterweise lauter schwatzhafte Herren um uns (um das Glück komplett zu machen, dabei auch noch ausschließlich mit sich selbst beschäftigte) sodass wir diesmal einen Freibrief zum Schnattern haben. Also schnattern wir. Über den Job, wer was wann weshalb zu wem gesagt hat, ob man wirklich gern etwas trinken möchte, das „Antioxi- dant“ heißt und darüber, dass es hier aber mal ganz schön warm ist.
Nach zwei Gängen mit anschließender gehöriger Abschreckung (sicherlich kann man mir jetzt ganz leicht die Schale abpellen, aber zum Glück gibt es niemanden, der so eine Un- geheuerlichkeit auch nur andächte) und nachgeschobenem Nickerchen am Kamin gehen wir ins Bistro. Freundin T. meint dann, kaum dass wir sitzen, wir müssten wohl noch ein bisschen „abschwitzen“ und ich erkläre ihr (erklären, ja das tut sie gern), dass das bei Pferden so heißt: Abschwitzen. Bei Rennpferden z.B. Die würden meines Wissen sogar nach dem Lauf abgerakelt, wenn es sein muss. Freundin T. amüsiert die Vorstellung, wir seien Pferdchen, die quietschend abgezogen werden, da kommt auch schon der Kellner angetrabt, er bringt mein Malzbier.
„Wenn das jetzt auch noch kalt ist, drehe ich geradewegs durch!“ behaupte ich. Immerhin kann man es durchaus als kühl bezeichnen und T. bietet gleich an, mich später in die nächste Pferdepsychiatrie zu fahren. Leider haben wir auf dem Weg zum Saunabad aber bloß eine Kleintierpraxis gesehen und sind nicht sicher, ob die uns nehmen. „Wieso?“, führt T. an, „Früher diese Urpferdchen, die waren doch auch nur so groß wie Hunde!“ – „Ja, aber da waren die Hunde bestimmt noch größer, so Stockmaß von 2 m, bestimmt!“ – „Hm, hm.“
Jetzt kommt das Essen. Meinen Salat mit Spargel hat man mit einem besonderen Phäno- men bedacht: Spargel, der ab-so-lut geschmacksneutral ist. Ich meine, Spargel hat ja normalerweise schon einen eigenen Geschmack. Aber der hier ist ganz sicher eine teure Spezialzüchtung für Leute, die keinen Spargel mögen, und schmeckt nicht mal nach Lei- tungswasser. – Irre! Das versprochene Bärlauchbaguette ist dafür ein Kürbiskernbrot, aber kleine Pferdchen müssen wohl auch irgendwann mal lernen, dass sie nicht einfach immer so alles bekommen können, was sie wollen. Und wenn es noch so auf der Karte steht!
Dennoch sind wir echt vollgefuttert, als wir uns zum dritten Gang aufmachen. Eigentlich gehen wir ja bloß in die Sauna, weil der Ruheraum mit Kaminfeuer im großen Holzhaus so schön ist. Mal ehrlich gesagt. Wir liegen da also gemütlich (nachdem T. wieder ungefähr zwanzig Minuten gebraucht hat, sich ihrer inneren Vorschrift gemäß in die Decken einzu- wickeln), haben sogar den Ruheraum für uns allein (können also schwatzen), als unser Lieblingssaunameister M. reinkommt. Gerade rege ich mich so schön darüber auf, dass es in der Stadt nur noch so „Kunstlederjackensch…“ gibt, als er (wieder mal echt gut aussehend) fragt, ob er für uns denn noch mal einen neuen Scheit aufs Feuerchen legen soll. „Ach, das wäre aber reizend!“ flöte ich. Da bringt er gleich zwei und hampelt direkt vor uns mit seinem Geschirrtuchläppchen rum, das seine Arbeitskleidung darstellt. Muss wohl offensichtlich sein, dass wir uns bannich wohl fühlen, denn er meint: „Und jetzt noch ein Gläschen Rotwein, was?“ – „Au ja. Und Schnittchen! Mit Wurst und Ei.“ – „Und am besten noch ein Schnittchen, dass die Schnittchen serviert?“ – „Gern. Nix dagegen!“
M. verschwindet und wir überlegen direkt, ob man eine spezielle Ausbildung braucht, um solche Geschirrtücher tragen zu dürfen. „Koch, bestimmt.“ – „Meinste?“ – „Also, wenn er gut ist, kommt er in fünf Minuten mit zwei Gläsern Rotwein wieder.“ – „Aber bloß keine Schnittchen, ich kann nix mehr essen!“
Nach sechs Minuten stehen wir dann aber auf und gehen gut gelaunt kichernd allmählich den schönen Abend beschließen.