Peitschende Russen draußen, vergnügt genießende drinnen. Und ich hab‘ Halbzeit.

Angeblich kommt ja heute -oder war’s schon gestern?- die „Russenpeitsche“ zu uns rüber, also sollten wir uns wohl besser ordentlich warm anziehen.

Woher ich diese Info habe? – Na, aus der Straßenbahn. Ich saß nämlich vor ein paar Tagen neben Einem, der hatte eine ganz schlimme Zeitung aufgeschlagen, und da stands: Dann und dann „…kommt die Russenpeitsche!“ Dazu gab’s eine Landkarte von Deutschland und einen Pfeil, der breit, schwarz und bedrohlich von Osten kommend drüberlag. Ich weiß es jetzt natürlich nicht ganz genau, weil da nicht so lange reingucken wollte (davon kann man nämlich blind werden! Doch, wirklich!) aber ich glaube, es ging ums Wetter. Also, dass es jetzt halt kalt wird. Oder noch kälter. Weil es ja jetzt quasi Winter werden soll. Vielleicht sogar mit Schnee.

– Ja, da wirste doch bekloppt! Wo wir doch morgen erst Anfang Dezember haben, also normalerweise die klassische Zeit des Jahres für: Schläppchen, Röckchen und Töppchen, äh…, Tops! – Versteh‘ mal einer diese Russen…!

Obwohl, gestern hatte ich ein sehr nettes russisches Ehepaar zur Weinprobe da (mal ganz abgesehen von den ungefähr hundert anderen Kunden, die natürlich ebenfalls alles probieren wollten), die habe ich sogar sehr gut verstanden. Er sagte nämlich immer, Weine über 50,- Euro könne er eigentlich blind trinken, die schmeckten ihm immer. Sie pfichtete ihm mit glänzenden Augen bei, und beide waren vergnügter Laune, weil ich ihnen einen guten Tropfen nach dem anderen einschenkte und wir nebenbei herumscherzten über die guten Dinge des Lebens und so. Ich war eigentlich auch vergnügt, musste meine Aufmerksamkeit aber noch mit der Restumgebung teilen, denn da war ordentlich was los.

Reichlich besuchte Weinproben finden bei uns gleich mehrfach im Jahr statt, um besondere Weine nach Themen zu bewerben, und dann bekommen gute Kunden schicke schriftliche Einladungen dazu und können sich durchkosten. Vier Tage lang haben sie Zeit, sich von mir jeweils winzige Schlückchen verabreichen zu lassen und die dann eben irgendwie zu finden. Und am besten gleich kistenweise mitzunehmen. Das machen sie dann auch. Zuvor wird palavert, mit Weinwissen brilliert, geschmatzt und geschlürft, um den besten Platz vor meinem Verkostungstresen gekämpft. Es werden Notizen gemacht, Bekannte getroffen, Weingläser an unmöglichen Plätzen stehen gelassen, und manchmal quatscht sich einer bei mir fest und erzählt mir, welchen Wein er irgendwann mal auf welcher Reise wo getrunken hat, und ob wir den eventuell hätten? Haben wir nicht.

Diese Tage sind jedenfalls enorm Kräfte zehrend, kann ich Euch sagen. Zum Feierabend, wenn die Kunden alle wieder wieder weg sind, geraten wir dann regelmäßig in quietschalberne Stimmung, um die Anspannung und Erschöpfung loszulassen, und trinken selbst noch ein bis fünf Schlückchen, bevor wir mehr oder weniger beduselt nach Hause schleichen, um uns ein bisschen auszuruhen. Vorgestern hatte ich dazu noch einen verdammt langen Tag, da spürte ich abends meine Füße nicht mal mehr so richtig. Bloß nachts wachte ich mal auf, weil da am Fußende des Betts was unter der Bettdecke merkwürdig vor sich hin pochte.

Na, heute und morgen noch. Wenn ich dann morgen Abend nach Hause komme, schlafe ich vermutlich direkt bis Montagfrüh durch. Und in den Wachzeiten, sollte es welche geben und sie in der Nähe des Abends liegen, gönne ich mir mal ein schööönes Bierchen!

12 thoughts on “Peitschende Russen draußen, vergnügt genießende drinnen. Und ich hab‘ Halbzeit.

  1. Kein Bier vor vier !
    Aber sonst ist alles erlaubt! 😉

    Hört sich alles anstrengend an, aber auch Spaß bringend. Und das freut mich sehr. Ich denke mal, es sind nicht nur die Füße, sondern bestimmt auch die Flusen. Die man sich an den Mund redet und die einem an den Kopp geredet werden. Das ist nämlich derzeit auch mein Hauptproblem. Ich komm abends nach Hause und mag mich nicht mal mehr zu einem Piep aufraffen.

    Morgen krücken wir uns ja zur Firmung des Neu-Holländisch-Genies und werden anschliessend sicher auch den oder anderen Tropfen verkosten ! Mit einem sehnsüchtigen Salute in DEine Richtung !

    Innige Ferndrückung, meine Liebe.
    Die BBH

    • Ach, meine liebe Britta… Wenn wir doch auch endlich mal in Ruhe beisammen salutieren könnten! *seufz* Ich kann im Moment so gar keine Pläne machen, verdorri noch eins!

      Na, mit der Firmung hat ja alles gut geklappt, Dein Genie-Knie-Sohn hat sich nicht etwa im Schnee lang gemacht, sondern sogar ganz cool aus’m Hemd geguckt, wie ich soeben gesehen habe. Also eine Sorge weniger, was? 😉

      Und Flusen, die hatte ich. Alles voll, sachich Dir. Ich war der reinste Chewbacca. :)) Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich immer die gleichen Sätze von mir gegeben habe:

      – „Ach, das ist ja schön!“
      – „So. Was kann ich denn für SIE tun?“
      – „Und? Wie finden Sie den?“
      – „Wein ist ja zum Glück Geschmackssache. Sehr persönlich.“
      – „Jaja, die guten Dinge des Lebens…“

      Und pünktlich hat mich nun auch noch eine Erkältung angefallen, die sich heute am einzigen Erholungstag beginnt, breit zu machen, das Biest! 🙄 Hat sich also was mit Bier… – Ingwertee! Naja, nützt ja nix, was?

      Ich wünsch‘ Dir noch’n schönen, geruhsamen, ruhigen, kerzenbeleuchteten 1. Advent, meine liebste BBH. 😀
      Deine Theo

    • Au ja, so’ne schöne Banja, – das wär’s! 😀 Hab‘ ich schon mal mitgemacht (wir haben hier in H so ’nen Saunatempel, da gibt’s das), das war echt nicht schlecht. Allerdings war das ohne Wodka. 😉 Aber richtig mit Birkenpeitschzweigen! Tat gar nicht weh…

      Hätte ich das dieser Tage gemacht, statt hinterm Tresen rumzulungern, wäre ich heute bestimmt nicht erkältet. Mmpf.

      • Ha! Meine Assoziationen sind doch nicht völlig asozial!

        Soll ja auch nicht weh tun, ist zwecks Durchblutung und so. Oder so ähnlich.

        (… ich war einmal vor Jahrhunderten in einer Sauna und bin prompt kollabiert… fossile Männchen sind sensibel…)

        (… so ’ne Hütte… na ja…)

  2. Ich oute mich auch mal als Leser, der bekennen kann, das im angeblichen Osten der noch nicht so gebrauchten Bundesländer und hart an deren einstiger nicht so imaginären Grenze dieses komische weiße Zeuchs herumliegt; man darf dabei von durchaus nennenswerter Höhe ausgehen, auch wenn es schon schlimmer war und sicherlich auch kommen wird.

    Wein ist ja nicht so sehr meins, bin mittlerweile im Lauf der Lebensjahre dem Alkohol ja längst nicht mehr so zugetan, wie einst einmal; wenn dann eher mal’n Bierchen – meist mit Cola oder auch mal Waldmeister – oder eben Whisky – ganz wichtig ohne e, auch wenn das LilaLabel von Daniels Jack doch genießbar ist

    • Boah, und auch so richtig mit lustigen Atemfahnen und Handschuh-Mütze-Schal-Kombi und so? ;D Hier flockt es inzwischen ja auch von oben, aber liegenbleiben will’s nicht, das umtriebige Zeug, das.

      Bier finde ich auch immer noch gut, besonders (bekanntermaßen) Mädchenbier, aber Wein kann schon auch ein Erlebnis sein. Ich bin ja eh‘ so’n Feinschmeckerle, egal ob rustikal oder ete petete: Gut muss es halt sein! 😀 Whisky und alles Hochprozentige (abgesehen von Schokoladen) mag ich widerum nicht so. Bei Likör ist Schluss. Reicht ja aber auch. Vertragen tu‘ ich eh‘ fast nix. *hick*

      • Erstmal Gute Besserung, meine liebe Theo :wave:

        Und ja, Atemfahnen, die auf dem besten Wege sind zu kristalisieren und warme Winteranziehsachen sind angesagt, auch wenn es hier ja erst anfängt; ist also wohl eher so, wie wenn es bei euch aufhört 😉

        Ormuz verträgt ja auch nix, bist also nicht alleine und mehr für mich :>>

        • Danke, diese Erkältung belauert mich irgendwie noch etwas unentschlossen. 🙄

          Also, hier ist gar keine richtige „Russenpeitsche“ angekommen. Man munkelt, sie habe wohl Verspätung und käm‘ eventuell noch. Vieleicht schickt sie ja auch irgendwann mal eine Karte…

          Am Samstag geh‘ ich auf eine Party, da werde ich mal messen, wie’s mit meiner Vertragung im Moment so aussieht. 😉 (Soll ich Dir das, was übrigbleibt, einpacken lassen?)

          • DAnke, ich schniefe nach wie vor, das reicht völlig :DD

            Die peitschenden Russen kommen vermutlich per Bahn, das erklärt die Verspätung

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