Nix als Behauptungen: Weiße Hosen werden schneller dreckig

Vorgestern abend am Bahnhof tummelten sich drei Jugendliche. Zwei von ihnen wohl mit migrantösem Hintergrund. („Migrantenhintergrund“ ist, das weiß ich genau, wenn hinter einem ein eingewandertes Plakat oder ein Plakat mit Eingewanderten aufgehängt ist.) Der dritte kann vom Anschein her gut mit inländischem Stammbaum über mehrere Generation ausgestattet gewesen sein (das weiß ich jetzt nicht so genau, den Stammbaum führt man ja normalerweise nicht bei sich, und ich hätte mich auch schwer gehütet, ihn danach zu fragen), sprach aber merkwürdigerweise genau so wie die beiden vermutlich türkisch- stämmigen Jungs.

Nämlich so, dass jede Silbe so dumpf hingespuckt wird und am Satzanfang und Satzen- de jeweils „Alter!“ gebrüllt wird. (Das nennt man Interpunktion, das weiß ich ebenfalls genau.) Wenn das mit dem „Alten“ vorne und hinten nicht wäre, könnte man das Gespro- chene auch für eine merkwürdige Art von Husten halten (bei Husten gibt’s ja, soweit ich das weiß, auch keinen anständigen Satzbau), und es erstaunt mich immer wieder, dass das anscheinend die aktuelle Jugendsprache sein soll, die sich eben nicht an Jugend- fachausdrücken festmacht, sondern an Tonfall und Schlichtheit, und viele so reden, als wären sie mit der Sprache erst vor ein paar Monaten zum ersten Mal in Berührung gekommen.

Ehrlich gesagt, macht mir das schon ein bisschen Sorgen, denn wer seine Gedanken nur schwer in Worte gefasst bekommt, dessen arme Gedanken müssen sich doch irgend- wann ziemlich eingesperrt vorkommen und dann anfangen, gegen ihren Besitzer zu rebellieren. Aber vielleicht bin ich auch im Irrtum und Brockensprache reicht völlig aus, um damit gut durchs Leben zu gondeln.

Mitzuteilen hatte man jedenfalls sich und den Umstehenden, dass „weiße Hosen ja echt cool“ sind, aber „scheiße voll schnell dreckich werden“.

Mich amüsierte das ein bisschen, denn ich wusste es schließlich besser.

Weiße Hosen werden nämlich überhaupt nicht schneller dreckig als andere! Es sei denn, es sind zufälig auch noch Arbeitshosen, aber dann liegts eben an der Tätigkeit. Bei der Arbeit wird man ja allgemein rascher dreckig, als wenn man z.B. nur so rumsitzt oder so. (Und das weiß ich nun wirklich ganz genau!) Beim Rumsitzen ist die Hosenfarbe ziemlich egal.

Ansonsten werden weiße Hosen genauso schnell dreckig wie andere, man sieht’s bei den weißen nur viel deutlicher.

Und genau deswegen sind sogenannte Arbeitshosen meistens dunkler, gern blau oder grün. Ausnahme sind natürlich die von Malern, die allerdings auch überwiegend weiße Farbe verstreichen müssen. Und weil die sich dabei genauso einsauen wie -sagenwirmal- Autoschrauber, sind Malerhosen eben weiß. Die sind nach getaner Arbeit quasi ebenfalls dreckig, aber man sieht’s nicht gleich so… Daraus leitet sich ab: Wer Hosen trägt, muss sich eben den farblich passenden Schmutz dazu suchen. Im Vorteil ist klar, wer vielfarbig gemusterte Hosen trägt, der hat dann die größere Auswahl. Alles bloß ’ne Sache von Köpfchen.

Ich trag ja übrigens gern Jeans, weil man die länger als einen Tag anziehen kann, wenn man nicht so blöd ist, darin als Maler arbeiten zu wollen. Ein Fehlschluß wäre es jetzt allerdings, zu glauben, ich hätte es den ganzen Tag mit blauem Dreck zu tun.

Das alles habe ich den drei jungen Herren aber lieber nicht auseinandergesetzt, denn erstens hatte ich vorgestern zufällig eine weiße Hose mit einem deutlich sichtbaren Fleck (von Arbeiten!) an und zweitens kam mein Zug und ich wollte da rein, während die sich lieber am Bahnhof weitertummeln wollten…

12 thoughts on “Nix als Behauptungen: Weiße Hosen werden schneller dreckig

    • Und weißte was, liebes Rebhuhn? Gerade bei solchen Texten, die mir beim Schreiben richtig Spaß machen, und mit denen ich selber ganz zufrieden bin, bekomme ich meistens die wenigsten Kommentare. 😉

      Deswegen zählt Deiner doppelt und fünffach!

      Liebe Grüße, – Theo

  1. ich wundere mich auch manchmal, welchen aspekt aus einem post die leute aufgreifen… schon witzig. aber hast recht, so richtig ‚verstanden‘, wer warum wann wieviel kommentiert, habe ich auch noch nicht ;).

    • Ich bilde mir ja ein, dass sich das auch verändert hat. Also, als ich anfing, hatte ich den Eindruck, dass sich viele Leser tiefer auf die einzelnen Aspekte eingelassen und dazu kommentiert bzw. sie fortgeführt haben. Aber vielleicht waren meine Texte da auch anders… (Manchmal vermisse ich das ein bisschen, ehrlich gesagt.) Hm, hm.

  2. „Eeyyy du bist voll hubsch Altaaa.“ Nachzulesen in fast jedem sozialem Netzwerk – unter Gästebucheinträge ;).
    Das ist nunmal die Sprache unserer Rentenzahler *lach*

    LG Andi

    • Von wegen Rentenzahler. Es werden zwar BM*s bestellt und mehrere Handyverträge abgeschlossen, aber Generationsverträge hat man ja schließlich nie unterschrieben… Generationsvertrag ist, wenn Mama die Klamotten wäscht, bis man ’ne eigene Frau dafür hat. 😉

      Lieben Gruß zurück, Theo

  3. Dass weiße Hosen „scheiße voll schnell dreckich werden“, könnte man auch als wahre Aussage gelten lassen, wenn man das Augenmerk auf die ersten beiden Wörter legt. Deshalb hab ich mich zuerst erschreckt und dachte, na klar, aber man will es eigentlich nicht wissen. Allerdings sparst du diesen Aspekt in deiner hübschen Argumentation aus, gehst gekonnt drumherum, so dass ich zugeben muss, deine feinere Sicht gefällt mir viel besser, liebe Theo.

    • Darauf bin ich gar nicht gekommen, lieber Jules, was wieder mal zeigt, wie blütensauber mein Seelchen wohl sein muss. 😉

      Es handelt sich hierbei ja anscheinend um Steigerungsformen. „Voll“ ist erste Steigerung („Tschuldigung, ihr Rucksack ist voll offen!“), „scheiße voll“ ist die nächste Steigerung („Boah, ich bin scheiße voll verknallt in die!“).

      Was danach kommt, möchte man lieber wirklich nicht wissen. :))

    • Stimmt. 😉
      Dazu gibt’s aber auch noch meine kleine Nebentheorie: wenn was neu ist, dann behandelt man’s so vorsichtig, dass man schon aus Tüdeligkeit Macken reinmacht, weil man eben genau das verhindern will.

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