Schön, schön!

Also, ich kann mich ja noch an Zeiten erinnern, als eine zweite Klinge im Nassrasierer noch revolutionär war! Dazu gab’s im Werbefilm eine hübsche Animation, in der die eine Klinge es schaffte, das abzurasierende Haar erst anzuheben, bevor die zweite es dann abschnitt. Wie das genau vor sich ging, weiß ich aber nicht mehr, wahrscheinlich haben die Klingen sich vorher abgesprochen und eventuell auch mal untereinander getauscht. Ich erinnere mich aber noch, dass ich die Vorstellung für einen Mann eher unangenehm fand.

Neuerdings haben Herrenrasierer sogar 5 Klingen! Wer von denen da jetzt was macht, kann ich nicht sagen, ich bin ja kein Herr und der Werbespot schweigt sich dazu aus. Das Ding hat aber auch noch einen „Powergriff“! Leider habe ich auch hier wieder mal keine Ahnung, was einen Powergriff von einem normalen unterscheidet, aber sicher ist so ein Griff ganz was Tolles. Power heißt ja Macht und ich weiß, dass viele Leute ihre Fern-
bedienung so nennen („Gib’ mal die Macht, ich will was anderes sehen!“). Eventuell reicht es also, diesen Rasierer nur so ungefähr in Gesichtsnähe zu halten, um dann astrein ferngeglättet zu werden. Moderne Wissenschaft, eben. Ich sage jetzt mal voraus, dass zukünftige Rasierer breit wie Putzkellen werden, damit alle 289 Klingen darauf Platz finden. Und die Rasur findet dann vielleicht über’s Internet statt. Bis dahin dauert’s sicher nicht mehr lang.

Ich staune sowieso, was heutzutage schon alles möglich ist.

Mascara, der meinen Augenhaaren 12x mehr Volumen geben soll! Und dazu bildet er an-
geblich auch noch irgendwelche verlängernden Röhrchen um jede einzelne Wimper! Muss ich dann abends beim Abschminken womöglich den Klempner rufen? Ach, ich möchte eigentlich ungern mit irgendwelchen Rohrsystemen im Gesicht herumlaufen und finde außerdem, Frau Longoria sieht in dem Spot vielmehr aus, als hätte sie sich zwei Schuh-
bürsten über die Augen klemmen lassen. Ja, wer will denn so was!? Zum Glück wissen wir ja alle, dass die üppigen Wimpern im Spot computergeneriert sind und müssen uns da keine richtigen Sorgen machen.

Sorgen macht mir dann schon eher, weil ich immer noch viel zu oft schutzlos aus dem Haus gehe.

Wenn man nämlich den Werbeherrschaften glauben darf, sind wir Frauen Tag und Nacht stark schutzbedürftig. Offenbar herrscht die Auffassung, dass aus den Damen rund um die Uhr merkwürdige Sturzbäche heraus wollen, die ihnen selbst allergrößte Furcht einjagen und weswegen sie dringend ständige Sicherheit und Schutz brauchen. Die modernen Schutzengel haben glücklicherweise ebenfalls prima Flügel, und es gibt sie (ganz entge-
gen den herkömmlichen) sogar mit Frischeduft und ohne.

Ach was! Ich bin ein verwegenes Weib und traue mich auch ohne „Hauch von Kamille“ auf die Straße.

Wenn ich nicht gerade versuche, meine Haare „in den Griff“ zu kriegen. Die sind mir näm-
lich zu dünn (kraftlos heißt das neuerdings!) und auch irgendwie zuwenig und manchmal sogar ein bisschen spröde, wenn ich ehrlich bin. Alle diese drei Attribute passen meiner Meinung nach nicht zu mir, deshalb habe ich mir ein tolles „Repair“-Shampoo gekauft. In nur zwei Minuten soll ich damit eigentlich einen sensationellen seidig-glänzenden, ganz geschmeidigen Riesenhelm aus Frisur hingewaschen kriegen! Doch ich seh’ natürlich trotzdem aus wie immer; – hat sich was mit Reparatur! Na, eventuell ist auf meinem Kopf ja auch nichts mehr zu machen.

Pfffft!  – Dann schütt’ ich das Zeug eben auf mein Fahrrad, da geht nämlich schon seit Wochen das vordere Licht nicht…

18 thoughts on “Schön, schön!

  1. Gestern sah ich eine Fernsehwerbung für ein neues Shampoo. Wer um alles in der Welt schmiert sich – Loreal Anti Haarbruch „Zement Ceramid“ – in die Haare? Auch wenn Frau Schiffer das noch so toll findet. Zement gehrötnicht ins Haar. Nichtmal beim Renovieren.

  2. „Powergriff“ ist so eine Art Handy-Vibrations-Alarm im Rasierer. Der funktioniert mit Batterie, und wenn man den einschaltet, dann wackelt der Rasierer so leicht hin und her. Wozu das gut ist, ist nicht so wirklich klar, denn das Rasieren geht dadurch weder besser noch leichter.

    Aber – wir Männer sind eben immer sehr leicht für ein Produkt zu begeistern, was Batterien verbraucht, Krach macht, einen Knopf zum Ein- und Ausschalten hat und wo Power draufsteht.

    Darum lieben wir auch Organizer, obwohl wir die nie konsequent benutzen, darum sind wir trotzdem so oft unpünktlich; und wir würden nie und nimmer zugeben, dass so ein kleiner Terminkalender im A7-Format, wie Frauen den haben, einfach viel praktischer ist.

      • Genau so einer. Hab ich mir letztens besorgt. Seitdem kann ich mir ein Leben ohne so ein Dings nicht mehr vorstellen.

        Und wenn ich morgens aufstehe, tanke ich als erstes 20 Liter Super in meinen Kalender, und dann werfe ich ihn an, mit so ner Strippe wie beim Rasenmäher…. wrurruuuruuuuurrraaaooouuumm! Was ein Sound! Was ein Duft! Wie männlich!!!

        Mit dem 4m^2 Display kann ich mir beim Rasieren die Badezimmerbeleuchtung schenken und dabei schon mal meine Termine für diesen Tag abklären, sehr praktisch, das… Das Bedienpanel hat zehn Knöpfe, für den Turbo-Motivator, das High-Energy-Teamwork-Connect, den Power-Management-Leitungs-Regler und den Freizeit-Wellness-Fitness-Booster. Und so weiter. Und zwanzig Leuchtdioden, die schön glitzern, solang die Badezimmerbeleuchtung aus ist.

        Super ist für Männer außerdem besser als jedes Parfüm, aber man muss lüften im Badezimmer, bevor die Luft zu NOx-haltig wird.

        Und ich geniesse die neidischen Blicke der Kollegen, wenn ich bei der Arbeit dieses Power-Dings hinter mir her ziehe. Ich weiß, jeder von den Kerlen denkt: Sowas kauf ich mir morgen auch…

        • Nicht zu vergessen die Damen, die sicher reihenweise in Ohnmacht gleiten, wenn sie dieser Supermaschine ansichtig werden…

          Dafür hab‘ ich ein Adressbuch, dass nur 4×5 Zentimeter(!) misst, pink ist, und in das ich mit einem ganz kleinen Stift reinschreibe. Beide passen zusammen in die kleine Tasche, die man vorne rechts an der Jeans hat. Und das beste daran ist: Das stimmt tatsächlich! ;D

          Habe ich mir mal selbst gebastelt, mit Fadenheftung und Register sogar, weil mir die anderen immer zu, äh, formatig waren…

  3. :)):)):))

    Bei der Passage mit den Flügelchen hatte ich mich gerade mal so von den Putzkellen erholt, und dann war’s bei mir endgültig vorbei :)) Diese Werbung ist wirklich so selten doof!
    Welche Werber überlegen sich so’nen Mist?

    LG
    Maren

  4. Also wirklich Theobromina!

    In meiner allzulangen Blogabstinenz hätte ich beinahe aus dem Gedächtnis verdrängt, mit welcher subtilen Genialität Du mich gelegentlich zum Lachen bringst.

    Vor einigen Jahren habe ich die Ras(ier)erei in meinem Gesicht aufgegeben, weil mir das mit den 2 Klingen und dem blauen Gleitcremestreifen schon zu bescheuert war.
    Einzig die Vorstellung, mir von einer hübschen Frau mit einem Rasiermesser den Bart stutzen zu lassen, macht die Schur wieder attraktiv.

    Das Ausgeliefertsein macht die Rasur dann wieder zu etwas verwegen männlichem…

    Mit schönen Grüssen,
    der bärtige Indogermane

    • Danke, lieber Alex. 😀
      Geht’s Dir gut? Du lässt Dich ja, schadeschade, wirklich ziemlich selten blicken. – Na, umso größer ist dann eben die Freude!

      Gibt es denn da, wo Du bist, solche rasiermesserscharfen Frauen, oder machst Du Deinem Profilfoto noch immer alle Ehre?

      Sei glatt gegrüßt von der Theobromine.

Schreibe einen Kommentar zu theobromina Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Optionally add an image (JPEG only)