Hurra, wir leben noch!

Tun wir doch, oder?
– Hallo?!? Sind wir noch da?

In der Eck-Bäckerei gibt’s übrigens immer noch keine „Beschleunigungsteilchen“, das wundert mich jetzt aber schon. Die Bäcker sind doch sonst bei jedem Ereignis sofort dabei! Da müsste es doch längst „LaugenbreCERN“ und „Schwarze Löcher“ mit Mohn-
füllung geben…

Gestern im Fernsehen wurde mir zufällig gleich zweimal hintereinander erklärt, dass die Herrschaften vom CERN vor ungefähr so zwei-dreihundert Jahren das Internet erfunden haben. Also, das wusste ich sogar schon! Was ich nicht wusste, ist, dass das bedeutet, dass sie jetzt immer alles dürfen. Sogar Weltuntergänge. Schon doll. Der Zusammenhang ist mir bisher nicht ganz klar, aber das liegt sicher an mir, und ich überlege jetzt natürlich die ganze Zeit, ob ich nicht (außer dem dehydriertem Wasser) auch schon mal was irre Gemeingebräuchliches erfunden habe. Dann dürfte ich nämlich ganz bestimmt auch mal einfach so rumfuhrwerken wie’s mir frommt, ohne auch nur ungefähr zu wissen, was nach-
her dabei rauskommt. Oder reinkommt. Oder aufgeschluckt wird.

Einige NichtCERNer fragen sich ja wohl, wozu diese armen Teilchen überhaupt so aufein-
ander gehetzt werden müssen, und was das dann für die Allgemeinheit eigentlich bringen soll. – Einen göttlichen Funken? Naja, falls mal der Strom ausfällt… – Oder praktische schwarze Minilöcher zum Mitnehmen, für den Vorgarten, in die man seinen Hausmüll schmeißen kann, damit er ganz fix nach Alpha Centauri oder Wattweißichwohin wegge-
rüsselt wird? 

Also, ehrlich gesagt, ich verstehe ja das Meiste, was wir bisher schon so an Technologie haben, noch immer nicht und hätte da vielleicht erstmal Aufholbedarf. Vielleicht könnten die Damen und Herren Forscher ja noch ein bisschen abwarten, bis wir Unforschen die ganzen Gebrauchsanweisungen und Bedienungsheftchen für z.B. Lotuseffekt, Quarks und Mikrowellen endlich durch haben, bevor da weiter vorausgeforscht wird.

Toll find’ ich auch, dass die CERN-Wissenschaftler eigentlich nur gewinnen können. Das muss doch wirklich ein super Gefühl sein: Entweder haben sie den Erfolg, den sie sich ausgerechnet haben, wobei wirklich alles harmlos bleibt. Oder es macht eben leise „Puff!“ oder meinetwegen auch „Twäng!“ und niemand fragt mehr nach, wer eigentlich eben noch welchen Stecker wo reingefieselt hat.

Diese Berechnungssachen sind mir übrigens eh’ alle suspekt. Statistiken, puh, und dann noch Wahrscheinlichkeits- und Risikoberechnung… Meiner Meinung nach ist das alles ohnehin völlig wurscht. Entweder passiert was, oder es passiert eben nix. Hinterher zu gucken, ob die Wahrscheinlichkeit dafür bei 0,00000001 Promille gelegen hat, kann aber sicher ein hübsches Hobby sein.

Ach so, und dann wurde gestern im Fernsehen auch noch gemutmaßt, die Stromkosten für den Beschleuniger lägen so bei ca. 19 Millionen Euro im Jahr. Der danach gefragte Forschungsmann lächelte aber nur amüsiert und meinte, das fiele nicht sehr ins Gewicht, denn man bekäme für so ein Jahr schließlich einen Etat von 1.000 Millionen. Das find’ ich jetzt aber nur konsequent, man muss ja schließlich nicht nur den Strom bezahlen, son-
dern auch die Miete, die Nebenkosten, Telefon und die Müllabfuhr. Und leben muss man schließlich auch noch von Irgendwas.

Also, aber nur, wenn man dann noch da ist; – sonst wär’s natürlich Quatsch.

18 thoughts on “Hurra, wir leben noch!

  1. Prima, ein feiner, ziemlich amüsanter Text. Zum Thema ließe sich vieles sagen. Leider habe ich mir offenbar ein kleines Schwarzes Loch eingefangen, das sich die meisten Gedanken schon einverleibt hat. Die Reste sind eigentlich kaum sendefähig. Gestern sah ich nämlich den selbsternannte CERN-Experten Ranga Yogeshwar in WDR aktuell. Er wackeltö wunderschön mit dem Köpf und streute süßliche Worthülsen aus, dass er zwar auch nichts Genaues wisse, aber alles gut sei. Und nachdem er auch noch erklärt hatte, dass am CERN ja die Teflonpfanne das Internet erfunden worden sei, weshalb wir jetzt beruhigt das kindische Teilchenbeschleunigen abnicken dürfen, und als er dann endete mit einem gewiss fleißig vor der Kamera geübten Augenzwinkern, das so sympathisch war, dass ich mal eben brechen musste, da wusste ich: Die falschen Propheten sind unter uns. Und das ist ja wohl ein untrügerisches Vorzeichen des Weltuntergangs. Ich will Arschtreten, nur noch Arschtreten, Tschuldigung.

    • Ja, das joviale Augenzwinkern war am Schlimmsten! 😉 Man möchte sofort den Fernseher desinfizieren. Herr Yogeshwar hat es geschickt angestellt, sich den Status eines „Experten für Allet“ zu besorgen. Der hätte seine Einkaufsliste vorlesen können und alle wären beruhigt gewesen. Vor Jahren sah ich ihn mal bei so Astronautentests, u.a. bei einem Parabelflug. Da ruckte und zwinkerte er trotz Schwerelosigkeit genauso. …Und wenn man ihn jetzt mal in den Beschleuniger setzte…? Ups! Verzeihung.

  2. Es war spannend, wie das Thema CERN und „Schwarzes Loch“, in den letzten Wochen und Tagen, ein Thema wurde. Auch in den Blogs fand man dieses Thema immer öfters. Jetzt ist man fast
    enttäuscht, dass wir noch da sind. Die Versuche gehen ja weiter und werden immer interessanter, aber die „Begeisterung“ für das sogenannte „Schwarze Loch“ ist jetzt vermutlich vorbei. Fast Schade…

    poc

    • Ja, Weltuntergang gibt ein unvergleichliches Kribbeln, dem man sich nicht entziehen kann. Außerdem sind für Viele die Zeiten schlecht, da wäre ein plötzliches Verschwinden eben auch ein Verschwinden von Sorgen und Nöten.

      Aber wenn ich das richtig weiß, waren die beiden Versuche ja nur vorbereitende Tests und der eigentliche Betrieb startet erst noch. Es bleibt also spannend… 😉

      Lieben Gruß, Theo.

    • Meine Schoki beschleunige ich lieber weiterhin per Hand… :))

      Das Display ist sicher toll, Danke für den link, aber ich verstehe nichts davon. Und dann noch wissenschaftliches Englisch! (Ich kann auf Englisch ein bisschen plaudern, aber dann hört’s auch bald wieder auf.)

  3. Ja, ist schon komisch… Wieder mal ein schöner Anlass für den Weltuntergang ungenutzt vergangen…

    Nee, jetzt mal im Ernst. Ich finde es faszinierend, wie sich seit biblischen Zeiten diese Ängste durch das kollektive Bewusstsein der Menschen ziehen, dass irgendwann einmal sehr plötzlich das Ende der Welt kommt, die Apokalypse, das „Jüngste Gericht“ oder was auch immer. Die Sintflut, von der im Buch Genesis berichtet wird, war sicher nicht die erste dieser Phantasien, und die Furcht vor einem Schwarzen Loch aus dem Speicherring des CERN wird nicht die Letzte sein.

    Die naturwissenschaftliche Aufklärung in der westlichen Gesellschaft hat an diesen Ängsten nicht das Geringste geändert.

    In einem leider vergriffenen Physikbuch aus dem dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wird mit einer schönen Geschichte vor den Gefahren der Atomkraft gewarnt: Ein früher „Hochenergie-Alchemist“ soll im ausgehenden Mittelalter versucht haben, die Luft anzuzünden. Das Experiment misslang, und kurz danach ist dieser Wissenschaftler schwer verstört aus seinem Labor gestürzt. „Was wäre, wenn es funktioniert hätte? Wenn die Luft gezündet hätte und sich die Flamme ausgebreitet hätte wie ein Feuerball, im Haus, in der Stadt, im Land und in der ganzen Welt alle atembare Luft verbrannt hatte, bis von diesem Planeten nur eine verkohlte Aschekugel übrig wäre? Welch ein Glück, dass diesem Versuch kein Erfolg beschert war.“

    Auch die Nutzung der Atomenergie, die ja in gewisser Weise ein Versuch ist, die Materie „anzuzünden“, hätte sich so auswirken können, doch sind die Wechselwirkungen zwischen Materie und schnellen Neutronen zu gering, in nicht hochangereichertem Material eine Kettenreaktion auszulösen. Das ist – so hört man – vor den Versuchen zur Kernspaltung berechnet worden.

    Auch am CERN wurde die Gefahr, unabsichtlich ein Schwarzes Loch zu erzeugen, berechnet. Schwarze Löcher in der Größenordnung, wie sie theoretisch in einem solchen Teilchenbeschleuniger wie dem LHC entstehen können, lösen sich aber so schnell wieder auf (in milliardstel Sekunden), dass sie keine Gefahr für die Anlage bzw. für die Erde sein können…

    Aber die Urangst vor dem Ende der Welt lässt uns auch den Berechnungen der Wissenschaftler misstrauen…

    Übrigens: das entscheidende Experiment, bei dem vielleicht schwarze Löcher entstehen könnten, wurde noch gar nicht durchgeführt. Bisher geht es den Wissenschaftlern nur darum, überhaupt einen stabilen, für Experimente nutzbaren Strahl von Protonen durch den 27 Kilometer langen Speicherring zu schicken. Mit einem Laserstrahl eine 27 Kilometer entfernte Briefmarke zu treffen ist nämlich ein Kinderspiel dagegen.

    (Wieso schreibe ich das eigentlich in Dein Blog und nicht in meins? 😉 )

    Früher wollte ich immer mal Atomphysiker werden…

    • Lieber Richard,

      ja, Weltuntergangsphantasien sind beliebt, schon immer. Dennoch fährt der Mensch fort, Ding auszuprobieren, von denen er nur eine theoretische Vorstellung hat. Diese Lust an der Entdeckung wird, meiner Meinung nach, auch wirklich mal unser Ende sein.

      Meinetwegen haben wir längst mehr als genug Kenntnisse, um gut damit leben zu können (wenn wir sie denn endlich mal anwendeten!). Das mitunter zerstörerische Element an den Ergebnissen mancher Forschung ist sicher auch ein Kitzel, dem sich Forscher nicht entziehen können. Ich denke manchmal darüber nach, ob das so ein männlicher Eroberungsdrang ohne Rücksicht auf Verluste ist. Hauptsache: Erster. Wie viele Frauen arbeiten wohl direkt am CERN?

      Was die Atomkraft angeht, wird mir jedes Mal schlecht, wenn ich darüber nachdenke, welche tickenden Zeitbomben überall auf der Welt knapp unter der Oberfläche liegen… Das wird uns auch bald einholen. Tut es ja auch schon. Die Einschläge sind nur noch zu weit auseinander.

      Dass eventuelle schwarze Löcher zerfallen, ist genauso Theorie wie ihre Entstehung. Man weiß es nicht. Und der nächste, größere LHC wartet aber schon…

      Zusammenfassend kann ich sagen: ich muss das, was da erforscht werden soll, gar nicht wissen. Wie die Welt vor Milliarden Jahren entstanden ist und so. Meine jetzige Welt ist so kompliziert, und ich wüsste lieber, wie ich gut darin leben kann! Mit dem Geld vom CERN könnte man sicher ganz Afrika begrünen und noch ganz andere Projekte starten…

      Hab‘ übrigens gesehen, Du hast jetzt in Deinem Blog einen entsprechenden Eintrag gemacht. 😉

      Einen schönen Sonntag!
      Theo

  4. Ein Eintrag aus der Gefahrenzone.
    Ich wohne ja seit immer in Darmstadt und bei uns in der Nähe existiert ja ein Institut, die gewohnheitsmäßig nach neuen Elementen rumforschen. Meistens klappt das gelegentlich und eines der neuentdeckten Elementarteilchen (ohne Mohn, aber mit Vanillepudding) heißt sogar nach meiner Heimatstadt „Darmstadtium“ wahrscheinlich war ihnen „Wixhausium“ (da steht der Laden nämlich) dann doch zu peinlich. Auf jeden Fall lebt so ein Teilchen gefühlt ein Viertelzillionstel Sekündchen und ist dann wieder weg. Ich hoffe das passiert meiner Heimatstadt nicht. Vielleicht isses aber auch schon passiert und ich lebe mittlerweile im Inneren eines Hefegebäcks oder was auch immer.

    Auf jeden Fall konnten wir den Weltuntergang bis jetzt verhindern, und unser Spargelfelder produzieren wunderbar großen Spargel, der beim Schälen sogar leuchtet.

    • Wie praktisch! Dann wächst der sicher auch das ganze Jahr über, was?

      Dann hoffe ich mal, die Darmstädter Fähigkeit, komische Elemente verschwinden zu lassen, wird im ggf. Kampf gegen schwarze Löcher, die auf ihr Bleiberecht pochen, eingesetzt werden können. Haltet Eure Telefonleitungen frei, falls man Euch aus Genf zu erreichen sucht!

      Die Vorstellung, in einem Hefeteilchen zu wohnen, ist aber am Sonntagmorgen so kuschelig, dass ich sie mir nun möglichst bis mittags stabil halten werde, bevor ich sie verpuffen lasse… :))

  5. Wir leben noch? Sicher? Das Selbst ist ein Verhältnis, das sich nur zu sich selbst verhält und nicht zu einem anderen, liebe theo. Wenn wir etwas sehen, muss es nicht unbedingt da sein. Wir können es uns ja auch einbilden. Die Existenz des Vorhandenseins beweisen wir durch das Befragen einer zweiten Person. Schlüssig wäre es, wenn er/sie es dann auch sieht. Was aber, wenn diese zweite Person auch nur Einbildung ist, und die Antworten durch dein Unbewußtsein gesteuert werden? Sagte Einstein nicht in etwa – die Dinge sind so wie sie sind, weil wir sie so individuell wahrnehmen?
    Halten wir es mit Descartes – cogito ergo sum. Ich denke also blog ich – oder so ähnlich. Es wäre doch schade, wenn wir nur die Einbildung /der Traum einer übergeordneten Lebensform wären und mit seinem Erwachen sterben würden.
    (Siehst du? CERN ist gar nicht so wichtig ;))

    • Respekt, Respekt!

      Ja, manchmal habe ich auch schon gedacht: Vielleicht sind wir schon längst verschwunden, merken es nur nicht. Dann wäre es ja nicht so wild…

      Eine Theorie sagt doch aber, wenn man von einem schwarzen Loch aufgeschlürft wird, dehnt sich die Zeit ins Unendliche und der Moment, in dem es mich erwischt, hört vielleicht nie mehr auf. Was, wenn es ein ganz unangenehmer Moment ist? Und was, wenn das Bewusstsein aber weiterläuft? Ich habe darum jetzt immer etwas Schoki dabei. Wenn ich das schwarze Ding kommen sehe, lege ich mir ein Stückchen auf die Zunge… 😉 Sicher ist sicher.

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