Jetzt weiß ich endlich wieder, was ich schon seit Wochen suchend im Hinterkopf herumrolle. Es wollte und wollte mir einfach nicht einfallen.
Es hat was mit einer Madeleine zu tun. Eigentlich mit dem Gebäck, und nicht mit der verschwundenen kleinen Maddie. Im Moment regen sich ja gerade alle wegen dieser T*tanicsache auf. Ich kann dazu nur sagen: Satire darf alles. Muss alles dürfen. Man muss das Ergebnis aber nicht gut finden. Das Nichtgutfinden drückt man dann eben über’s Nichtkonsumieren aus. Das funktioniert immer noch am Besten. Mir kann keiner erzählen, dass die Titanic mit dem aktuellen Heft plötzlich eine Mörderauflage hat.
Ich glaub’, da wird mal wieder am falschen Ende gestritten.
Aber ich wollte ja über Gebäck schreiben. Nee, über’s Vergessen und Erinnern! Was denn jetzt? Man steigt ja nicht mehr durch! Gebäck, Satire, dicke Schiffe, wieder Gebäck, dann plötzlich Vergessen? Spinnt die Theobromine jetzt oder wie? Neenee, alles gut.
Also: Seit ungefähr zwei Wochen versuche ich mich zu erinnern, wie dieser Schriftsteller hieß, der immer im Zusammenhang mit Madeleines genannt wird. Madeleines sind näm-
lich so kleine französische Küchlein, oft mit zartem Orangen- oder Mandelaroma.
Und dieser Schriftsteller hatte was geschrieben über Erinnerungen, die verknüpft sind mit Düften oder Geschmäckern. Und ich hatte mich darüber unterhalten, wusste aber nicht mehr, wer. Gestern habe ich mir sogar Madeleines gekauft, weil mir nun ebenfalls wieder eingefallen war, dass ich die auch lange nicht gegessen hab’. Heute hat’s mir dann gereicht und ich hab’s im web gegockelt.
Proust war’s nämlich, der wohl in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ die Pforten der Erinnerung mit einer Madeleine öffnete. Hab’s nie gelesen. Vielleicht fiel es mir deswegen nicht ein. Gut, dass man heutzutage ein mobiles Gedächtnis wie den Gockl hat. Eigent-
lich macht man sich’s zu einfach, wenn man da reinguckt, aber ich hab’ ja wenigstens zwei Wochen gewartet.
Was ich nicht im web fragen konnte, war das andere, was mich ebenfalls beschäftigte. Vor gut zwei Wochen war ich nämlich in Begleitung im „Mezzo“, das ist hier so ein Kneipencafé in der Innenstadt. Da bediente uns eine junge Frau, die mir bekannt vorkam. Ich kam aber nicht drauf. So eine ganz hübsche Rotblonde mit Knutschmund, aber ernstem Blick.
Ich fing an zu grübeln. Eine Freundin von Freunden? Hätte ich jetzt ausführlicher „Hallo“ sagen sollen? Falls sie mich kannte, ließ sie sich nichts anmerken. Sie war recht jung, vielleicht aus einer mal besuchten WG? Oder hatte ich sie am End’ mal im Fernsehen gesehn? Eine junge Schauspielerin vielleicht? Oder eine Poetry-Slammerin? Kannte ich sie aus einer anderen Kneipe vom Sehen? Mein Begleiter wusste auch nichts dazu zu sagen. Doch mich beschäftigte das. Tagelang. Immer wieder tauchte das auf.
Und vorgestern saugte ich Staub. Und dachte daran, dass meine Nachbarn unter mir bestimmt gerade die Motten kriegen, weil ich so herumbollerte. Und ZACK! – da war’s. Sie hieß D. und hatte unter mir gewohnt vor ein paar Jahren. Und da immer ihren Hund angeschrieen. Wenn der bellte, schrie sie sofort: „GAYA! AUS!!! AAAAAHUUUUS!!!“ und war viel lauter als der Hund. Irgendwann fing das richtig an, mir auf die Nerven zu gehen. Gaya bellte natürlich trotzdem, – wenn Frauchen immer so schön zurückbellt…
Außerdem spielte Frauchen gern nachts um Dreie, oder tagsüber um Einse, egal wann, „Just like a pill“ von Pink. Und zwar volle Pulle, achtmal hintereinander weg und sang dazu. Und Gaya… Lassen wir das.
Jedenfalls, und was ich eigentlich sagen wollte, es müssen nicht unbedingt zarte Gebäckteilchen sein, wenn’s in der Erinnerung hakt.
Staubsaugen tut’s auch schomma..
Ja, ja, das Zen der Hausarbeit. Wenn ich den Fußboden massiere fallen mir auch immer Dinge wieder ein. Einfache, stupide Arbeiten gibt es halt viel zu wenige. Wahrscheinlich konnten die Menschen früher deshalb auch immer alles „mündlich überliefern“. Die hatte so viel nervtötende Arbeiten zu verrichten (Kaisers Felder beackern, an der Pest sterben, Ziegen striegeln) dass die einfach nix vergessen haben.
Also, dass Ziegen striegeln gegen Gedächtnislücken helfen soll, ist mir ein neuer, aber willkommener und putziger Gedanke. Gleich morgen gehe ich mal in den Zoo auf die Streichelwiese. Bestimmt fällt mir da wieder ein, womit ich noch mal meine erste Million verdienen wollte… Und wehe, die Biester halten nicht still!
*lach* Okay, beim nächsten Mezzo-Besuch brülle ich mal ganz laut „Gaya aus!!“ durch den Laden…
Oh, ja bitte, würdest Du das tun? :))
Gerne doch! Als Tarnung kann ich noch eine Hundeleine mitnehmen. Dann hält man mich bloß für verrückt.
Da würde ich durchaus gerne Mäuschen spielen! Leider würde mich D. bestimmt erkennen… 🙂