Jetzt reiß‘ Dich mal zusammen!

Ich fänd‘ es gar nicht schlimm, wenn dieser Satz aus Versehen verschwinden würde, denn er ist nicht nur ein Ausdruck herablassender Ungeduld, sondern auch ziemlich hässlich und unlogisch. Wie soll das denn gehen?! Wer so angesprochen wird, fühlt sich eigentlich immer schlechter als vorher. Ausnahme: Man sagt ihn zu sich selbst. Aber auch da gibt es wesentlich schönere Alternativen.

Ich weiß das, denn ich hab‘ immer mal Panikattacken.
Und seit Wochen überleg‘ ich schon, das hier mal unterzubringen.

Der Begriff Panikattacke verbindet zwei Wörter, die einzeln schon dramatisch daher kom-
men. Panik ist Angst, die nicht mehr kontrollierbar ist. Eine Attacke ist ein Angriff, der unerwartet heftig ist. Trotzdem können sich Manche unter Panikattacken nix richtiges vorstellen. Ein gebrochenes Bein ist deutlicher und man kann auf dem Gips sogar unter-
schreiben. Ich hingegen möchte nicht so gern, dass mich jemand zu unterschreiben versucht, während ich eine Panikattacke habe.

Das fühlt sich übrigens ungefähr so an:
Zuerst ist da eine unangenehme innere Unruhe, die mich dazu bringt, herumzutigern, fah-
rige Aktionen anzufangen. (Eltern, deren Kinder schon längst zuhause sein sollten, und die sich Sorgen machen, kennen diese Unruhe.) Als Nächstes bekomme ich einen komi-
schen Druck auf der Brust, der mir das Gefühl gibt, ich könne nicht richtig atmen, als würde die Luft irgendwie zäh. Das Herz schlägt schneller, Schwindel kommt hinzu. Dann beginne ich mir Gedanken um meinen Kreislauf zu machen. Nicht, dass ich vielleicht ohnmächtig werde oder so… Wenn es richtig rund geht, jagt, stolpert und bollert das Herz und ich habe Schiss, dass es irgendwann ganz aussetzt und das war’s. Das ist nicht schön. Wirklich nicht schön. Vor allem nicht, wenn es im Supermarkt stattfindet oder in einem fahrenden Zug. Aber auch zuhause nicht.

Und man kann sich nicht zusammenreißen. Weg kann man auch nicht, denn die Angst sitzt ja genau an der Stelle, die man selber von Haar- bis Fußspitze ausfüllt. Dass man keinen Grund hat, weiß man dann schon. Aber: Nützt nix.

Immerhin habe ich mal irgendwo aufgeschnappt, dass der Körper so einen Stress nicht länger als ca. 20 Minuten aufrechterhalten kann, dann ist das Adrenalin alle. Und danach man ist ziemlich erschöpft, dünnhäutig und überreizt.

Wieso ich das habe?
Also, ich hatte das vor vielen Jahren schon mal eine Zeitlang, als ich in einer ziemlich bedrückenden Lebenssituation steckte. Dann änderte sich mein Leben ganz radikal, und es hörte auf. Ich dachte damals eigentlich, ich wäre die Attacken für immer los. Doch seit einem Vierteljahr plage ich mich nun wieder damit herum.

Es hängt sicher damit zusammen, dass ich in den letzten Jahren ein paar heftige Schläge auf’s Fundament bekommen habe und wohl nicht genug Zeit zwischen den Einschlägen hatte, um mich davon wieder richtig zu erholen. Ich hab‘ immer gesagt: „Ich fahr‘ schon länger auf Reserve“, obwohl ich Mensch-/Maschinenvergleiche ja ablehne. Und in den letzten Monaten beschäftigten mich so einige Dinge stark. Viele sehr schöne, aber auch schwere. Das muss dann wohl irgendwie Sediment aufgewirbelt haben.

Naja, und jetzt hab‘ ich den Salat. Und weil mich das mitunter und wohl noch ein Weil-
chen beschäftigt, steht’s jetzt mal hier.