Da hat man dann die Quittung.

(Erstveröffentlichung: 13. Oktober 2007)

Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass ich früher eine Zeitlang gekellnert habe…

Und vor ein paar Tagen fiel mir plötzlich und mittenmal wieder diese kackfreche Kollegin ein, die ich damals in dem einen Altstadtlokal hatte. Sie war ca. 1,50 groß, hatte das Temperament eines aufgezogenen Tschingderassabumm-Äffchens und hieß irgendwie Silke oder Sandra oder so.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund genoss sie totale Narrenfreiheit, was den Umgang mit Gästen anging. Der Chef, sonst Choleriker mit starkem Drall zum Alkoholmissbrauch, schmiss nach uns anderen schomma Töpfe oder drohte uns mit dem Messer, wenn wir zur Unzeit was von ihm wollten. Eine Bestellung für den Gast zum Beispiel.

Silke dagegen riss einfach die Klappe auf, nannte ihn „nicht ganz dicht“ oder „wohl schon wieder hacke“, drängte sich an ihm vorbei und holte sich einfach, was sie brauchte. Da lachte der nur. Silke durfte alles. Als wir mal spanische Messegäste hatten, die sich lei- der wie Sau benahmen, unverschämt waren und dann nicht mal das kleinste bisschen Trinkgeld gaben, schrieb sie ihnen nicht „Speisen und Getränke“ auf die Quittung, sondern setzte stattdessen „Klappräder und Gummimäuse“ ein.

Als dann im Sommer mal wieder Altstadtfest war, engagierte der Chef eine nette Klofrau, die 50 Pfennig Zoll erheben sollte, wenn Leute unseren Laden nur zum Pinkeln betreten wollten. Das war total sinnig, denn draußen schoben sich bierseligen Massen nur so vorbei, die Bude war auch voll mit richtigen Gästen, und ständig rannten Pinkeltrüppchen durch den Laden. Wenn es die gute Klofrau nicht gegeben hätte, hätte das Kabäuschen schnell ziemlich fies ausgesehen. Und darum sollte sie dann eben auch gut entlohnt werden.

Ein Pinkelgast regte sich aber über dieses „unverschämte Gebaren“ sehr auf und wandte sich blöderweise ausgerechnet an Silke, um sich lautstark über den „gepfefferten Preis“ zu beschweren. Der Chef stand übrigens auch dabei, aber der Gast hatte sich ja nun Silke ausgesucht. Sie ließ ihn einfach erstmal reden und fragte dann ruhig, was er denn jetzt genau von ihr wolle. Überrascht überlegte er kurz und meinte, er wolle eine Quittung! Beifall heischend sah er sich um, ob auch alle zuhörten und wiederholte: „Genau. Eine Quittung über die 50 Pfennig! Dann reiche ich das beim Finanzamt ein! So!“

Silke verzog keine Miene, holte den Block raus, schrieb ihm in aller Seelenruhe eine Quittung und stempelte sie ordentlich ab. Wir warteten unauffällig gespannt, denn wir kannten sie ja nun. „Sooo, bitte. Hier habense ihre Quittung über ihre 50 Pfennig, der Herr!“ Sie faltete das Papierchen noch einmal ordentlich zusammen und lächelte den Verärgerten versöhnlich an. Er steckte das Papier in die Tasche, klopfte da noch mal drauf und meinte: „Na also! Schön! Das kann ich doch bestimmt von der Steuer ab-
setzen…“
Und damit verließ er erhobenen Hauptes das Lokal als Sieger.

Wir guckten natürlich neugierig, da drehte sich Silke zu uns um, grinste und meinte: „Da wird sich der Finanzbeamte aber schön wundern. Ich hab’ dem da gerade für seine 50 Pfennig ’nen schönen Bordellbesuch draufgeschrieben…!“

22 thoughts on “Da hat man dann die Quittung.

    • Ein richtiges Original, also die Sorte, wo man sagt: „Wer die umbringen will, muss die große Klappe extra erschlagen!“ Keine Ahnung, was sie jetzt macht, aber manchmal wüsst‘ ich’s gern. :))

  1. Hihi, Klappräder und Gummimäuse :))
    In meiner Kellnerzeit hatte ich auch eine rotzfreche Kollegin, namens Julia. Die legte sich besonders gerne mit Frauen an, sie hasste nämlich Frauen! einmal kam sie mir entgegen – mittem im Lokal – und meint zu mir, so richtig sotto voce: „Die Fotze am Tisch 3 regt mich sooooowas von auf, gleich krachts“. Wie sich da me Menge Köpfe drehten kannste dir ja vorstellen…

    • …und alle haben überlegt, welcher Tisch wohl die 3 hat? :))

      Da, wo ich jetzt noch 1 1/2 Wochen bin, gab’s eine Vorgängerin, die mal zu einem Gast (einer alten Dame) auf die tüdelige Frage: „Na, wo setze ich mich denn jetzt bloß mal hin..?“ ganz zackig geantwortet hat: „Am besten auf ihren Hintern!“

      Also, ICH könnte datt nich‘!

  2. „Klappräder und Gummimäuse“ – wie geil ist das denn?
    Eine Quittung für einen Klobesuch haben wollen, das ist auch ultra dreist, hat sich aber auch deutschen Autobahnraststätten mittlerweile durchgesetzt. Diese beknackten „Sanifaihr“-Pinkelbons sind ja das allerletzte. Vielleicht war der beschriebene Uriniergast ja der Erfinder.

    • Sind da nicht auch Kaffeegutscheine drauf? Und treibt Kaffee dann nicht wieder? So kommt man ja auch nie von der Autobahn runter…

      Der Typ wollte sich bloß vor seinen Freunden wichtig tun. Wahrscheinlich war das der Auftritt seines Lebens, von dem er heute noch zehrt. Und ich wette, die Quittung hat er auch niemandem gezeigt! :))

      • o.k. Wenn ich mein Ego aufpolieren kann, indem ich wegen 50 cent mit einer sowieso gestressten jungen Dame einen Spontanzwist vom Zaun breche…na bitteschön. Andere brauchen dazu einen Porsche, das ist viiiiel teurer als 50 cent.

  3. :)) Köstlich! Ich hab auch mal in einer Kneipe gearbeitet und kann es mir bildlich vorstellen. Ich hatte zwar auch eine kackfreche Kollegin; aber an Silke oder Sandra oder so reicht die nicht ran!

    • Damals habe ich sie echt bewundert, weil die sich das einfach so getraut hat. Heutzutage könnte ich sowas vielleicht auch bringen.

      Zumindest habe ich damals auch schon mal einem Gast, der durch’s ganze Lokal einfach „ZAHLEN!!!“ brüllte, ein paar schöne Zettel gemalt und gebracht: „Also, hier hätte ich eine 8. Und das hier ist eine 3, die ist doch schick! Oder wollen sie lieber eine 4?“ Er hat’s gar nicht geschnallt, aber die Nachbartische haben sich gebogen. :))

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Optionally add an image (JPEG only)