You are now leaving the wahnsinnigen sector!

Am verlängerten Wochenende weilte ich mal wieder in der Ferne und lernte etwas über mich. Nämlich, dass es in manchen Lokalen Portionen gibt, die sogar mir zu klein sind. Das war erstaunlich und auch ein bisschen schade, denn das Bestellte, also „Taglierini mit Rucolapesto“, war ziemlich lecker. Sofort beschloss ich, dieses Leckere bald mög-
lichst nachzukochen, um mich daran sattessen zu können.

Also machte ich mich vorhin auf den Weg zum Wahnsinnsdiscounter, um dort Rucola zu erstehen, damit ich ihn später gewissenhaft maschinell zertrümmern könnte. Doch als ich mir ein Wägelchen beim Discounter loseisen wollte, ging das nicht, obwohl ich einen ganz blank glänzenden Euro in das Ding gesteckt hatte, wo man einen Euro, ob er blinkt oder nicht, so reinsteckt. Jetzt muss man vielleicht wissen, dass es hier in der Gegend durch-
aus üblich ist, den Wagen mit nach Hause zu nehmen, denn schließlich hat man ja dafür „bezahlt“. Und die lieben Kleinen können anschließend noch Straßenrennen damit fahren. Ich vermute, als Bremsen dienen dabei zum Parken abgestellte Autos.

Jedenfalls hat der Discounter neuerdings eine Funktion in die Wagen gebaut, die bewirkt, dass beim Verlassen des Kundenparkplatzes eine Art Parkkralle ausfährt und das entfüh-
rende Tun schlagartig stoppt. Sicher haben jetzt so manche Nachbarn ca. halbmeterbreite horizontale blaue Flecken in Bauchhöhe. Leider hat der Erfinder nix eingebaut, das dem Wagen beruhigend sagt: „Alles gut… Dann schiebe ich dich jetzt wieder zurück in die Schlange, kannst wieder entriegeln…“

Denn als ich Wagenbegehr hatte, war der Gute ganz verklemmt, ließ sich erst etwas losruckeln, bevor ich bemerkte was los war und es kostete mich viel Mühe, ihn dann wieder zurück in die Reihe zu schieben, um meinen Euro zurückzukriegen. Auch der zweite und der dritte Wagen stellten sich so an. Erst der vierte ließ sich an die Hand nehmen und fluffig herumfahren. Sicher war ich nicht die Erste, die schon völlig erschöpft den Markt betrat. Und gut, dass ein Schälchen Rucola fast nix wiegt, – wäre es z.B. so schwer wie ein Kartönchen Sekt, hätte ich das nun sicher nicht mehr in den Wagen heben können und die Küche bliebe heute kalt.

Und morgen stelle ich mich vielleicht mal ein Stündchen dort vor die Tür und fotografiere heimlich ein bisschen. Sicher sind bis dahin alle Wagen bis auf zwei oder so komplett verriegelt.

Applaus!

Man sieht ja im Fernsehen Moderatoren, die ihre Kandidaten in Shows herumführen und ihnen Aufgaben oder Fragen stellen. Und wenn die tapferen Kandidaten gehorsam sind, dann sagt so ein Moderator gerne: „Na, das ist jetzt aber einen dicken Applaus wert!“ Also klatscht das so genötigte Publikum los und der Kandidat meistens auch gleich mit, obwohl er sich ja dann eigentlich selbst beklatscht und das soll man eigentlich ja nicht.

Mich würde jetzt mal interessieren, wie viel so ein Applaus denn nun wert ist, den wieder-
um so eine richtige Antwort eines Kandidaten wert ist.

Lässt sich das irgendwie messen? Gibt es dafür börsennotierte Kurse? Wird damit gehan-
delt? Und wieso kann man so was dann nicht irgendwo kaufen? Dafür gäb’s doch sicher Abnehmer en masse:

„Eine mittlere Tüte Applaus, bitte!“
„- Mit oder ohne?“
„Och, – heute ruhig mal mit.“

Und dann könnte man doch eigentlich auch Applaus-Automaten aufstellen, damit der Bedarfsartikel jederzeit verfügbar ist. So Kabinen vielleicht, die ähnlich sind wie diese Passbildbüdchen. Darin wäre dann ein kleines Podest zum Draufstellen, von oben leuch-
tet ein dicker Bühnenschweinwerfer, es wären gute Lautsprecher rundum angebracht und in Brusthöhe ein Geldeinwurf.

Wenn ich da sagenwirmal 50 Cent reinwerfe, ertönt ein kleiner Applaus. So, wie wenn dreivier Leute in der Kneipe zusammensitzen und einer erzählt einen lahmen Witz. Und die anderen klatschen dann so ein bisschen ironisch.

Wenn ich aber 5 Euro einwerfe, bekomme ich schon einen Applaus wie in der Fußgänger-
zone, wo gerade ein Dutzend Leute stehen geblieben sind, um einem dieser fahrenden Gitarristen zuzuhören, der eben eine Akustikversion von „Bohemian Rhapsody“ oder so spielt. Zwar etwas dünne, aber trotzdem ganz schön, eigentlich. Der Gitarrist wirkt sym-
pathisch und hat einen ganz süßen Hund mit Halstuch dabei. Und so einen Applaus, wie der bekommt, kriegt man vielleicht für 5 Euro. Der tut schon ganz gut.

Wenn ich noch was drauflege, und 20 Euro investiere, bekomme ich einen respektablen, fundierten Theaterapplaus, wie für ein gut inszeniertes, aber eher ernstes Stück. So einen, wie ihn Leute spenden, die überwiegend schwarz tragen, die richtigen Bücher lesen, komi-
sche Vornamen haben
(wie Bengt oder Orike) und ihre Individualität durch speziell für sie angefertigte Brillengestelle ausdrücken. Solche Leute applaudieren sicher sehr bewusst und auch handwerklich tiptop.

Für 50 Euro schließlich bekomme ich einen tosenden Beifall mit Stampfen, Jubeln und Hütewerfen. So einen, wo man meint, das Publikum reißt gleich die Sitzgelegenheiten raus vor lauter Ausflipperei. Dazu erklingen „Da capo!“-Rufe und es fliegen einem ganze Blumensträuße um die Ohren. Eventuell kommt sogar eine Windmaschine zum Einsatz! Und gegen Aufpreis wird man auch noch wahlweise mit Plüschsachen oder Damenunter-
wäsche beworfen (mit ein bisschen Glück auch noch in der richtigen Größe…).
– Also, je länger ich darüber nachdenke, umso besser gefällt mir die Idee…

Überlegt mal: was uns da allein an Castingshows erspart bliebe!