Das richtige Vokabular

Kinder. Ich selber hab’ ja, aus verschiedenen Gründen, keine, könnte mir aber wohl jeder-
zeit welche borgen. Vielleicht mache ich das sogar mal. Gestern jedenfalls war ich mit meiner japanischen Freundin M. und ihrer bald zwei Jahre alten Tochter M.N. in der Stadt. Freundin M. hatte einen Arzttermin und M.N. sollte solange im Wartezimmer auf mich aufpassen.

Damit uns die Zeit nicht zu lang wird, bekamen wir eine schöne Tüte Tierkekse für auffe Faust. Im Wartezimmer stand zudem ein Körbchen mit bunten Bauklötzen, und zwischen den Bauklötzen fanden sich so hübsche, flache, klar lackierte Holztiere. Kekslöwe in der rechten Hand, Holzlöwe in der linken, kann es schnell schon mal zu Verwechslungen kommen. Beinahe hätte ich einen Zahnarzttermin gebraucht. Von M.N. war kein Trost zu erwarten, sie versuchte nämlich gerade, einer Wildfremden unauffällig in die Handtasche zu steigen.

Später, wieder zu dritt, untersuchten wir das Sortiment eines skandinavischen Klamotten-
verjublers. M.N, die gerade sprechen lernt, kann drei Wörter schon besonders gut und benutzt sie gern: „Mehr!“ (Variante: „Mehrmehr!“), „Bitte!“ und „Liebe!“. Die daraus zu bildenden Kombinationen kann sich ja jeder selbst ausrechnen und wer gestern in der Innenstadt war, konnte sie auch deutlich hören. Ebenso die mütterliche Antwort über zwei Kleiderständer hinweg: „Ja, gleich…!“ oder: „Jetzt nicht…!“

Weil ich mir schon morgens beim Hochheben der kleinen Rackerin irgendwie den Rücken verknorzelt hatte, dauerte der Bummel nicht so lang wie sonst, und trotzdem kriegten wir Hunger. (Keine Sorge, der Rücken hat sich gegen Abend geräuschvoll wieder in seine für ihn vorgesehene Position eingefunden.) Beim Sushi (was sonst) fiel mir ein, dass es hier zum Glück ausnahmsweise mal keine Anwendung gibt für eine inflationär gebrauchte Redewendung, die mir neuerdings ständig aus dem Fernseher entgegenfällt. Bald fange ich eine Strichliste an. Neee, nicht „in aller Munde“. Das wird ja unappetitlicherweise dauernd über Zeitungsartikel geschrieben: „Bio (bzw. Health food, xyz…) ist in aller Munde“.

Sondern das, was in diesen Kochshows jetzt immerzu alle sagen; – müsst Ihr mal drauf achten, nämlich: „…auf den Punkt gegart!“ Das konnte man vom Sushi nun wirklich nicht behaupten.

14 thoughts on “Das richtige Vokabular

  1. Hört sich so an, als ob Du Spaß gehabt hättest?!
    Freut mich. Übrigens habe ich gestern meines mal besucht und beguckt. Wir sind nämlich im Augenblick noch im Kombipack zu haben.
    Schönen Tag auch.

    • Ja, den habe ich mit den Beiden immer reichlich! 😉

      Und ich hatte schon sowas leise aus Deinen Einträgen herausgelesen… Ich wünsch‘ Dir auch von Herzen einen schönen Tag!

      Ganz liebe Grüße, Theo

    • Mama und Papa lieben sie ja sowieso wie verrückt (wenn sie nicht gerade Klamotten gucken), und für alles andere hat sie ja zum Glück noch reichlich Zeit. Wenn es soweit ist, wird sie sich bestimmt erinnern. Den Rest versteht man leider noch nicht. Ich mein‘ dann immer, es wär‘ bestimmt Japanisch, Freundin M. hingegen vermutet, es wär‘ sicher Deutsch… :))

  2. Finde ich toll, dass die Kleine als eines der ersten Wörter „Liebe“ kennt. Mein erstes Wort soll „Auto“ gewesen sein, da muss ich mich glatt schämen.

    Dankeschön für die lustige Schilderung. Habs gern gelesen.

  3. au fein, solch einen tag hätt ich gern eingetauscht, wo gibts die tagesinhalttauschzentrale, und wie ist der derzeitige kurs?

    …ich sollte mehr zum arzt gehen, dort sind wartezimmer geradezu einladend, zum handtaschenpersonenumschlagplatz zu werden. und der rücken, ja hmm, das sagt mir jetzt was …

    jedenfalls sind die ehrlichen zwerge einige der schönsten erfindungen, wenn man auch oft davon ausgehen sollte, dass sie das, was sie meinten, richtig meinten, nur, seufz, wir habens nicht verstanden …

    und donnerstag ist zahnarzt,schööön, obwohl, kinder sind da eher weniger…

    wie jules schon sagt, eine erfrischende und lustige geschichte, vielen dank, und einen schönen abend noch. upps, ich hab den rücken vergessen 😉

    bis denne, jenne

    • Naja, wenn ich überlege, ob ich einen „Tag mit einer großen und einer kleinen Freundin“ gegen „Dielenverlegung mit Rückenschmerzen“ tauschen möchte… – Dann überlege ich mal lieber noch ein bisschen weiter… 😉 Auch den Zahnarzttermin möchte ich mir nicht unbedingt einhandeln, ich war ja ganz froh, dass bei mir keiner nötig wurde. Hmmmm… Könntest Du zum Tauschen vielleicht lieber Deinen Osterbrunch anbieten? Dann fiele es mir etwas leichter…

      Ja, die Lütten haben’s in sich. Und das Schöne: Da, wo die kleine M.N. herkommt, gibt’s bald noch eins mehr. So vergrößert sich mein Freundeskreis, ohne dass ich auch nur das Geringste dafür tun muss! :))

      Sonnige Grüße und weiterhin gute Besserung!
      Theo

      • oh, haben wir wohl den gleichen freundeskreis? liste vergleichen! 😉 denn die manu wurde just am sonntag wiederum mama und die mone plant die storchgepäcklandung im september (zwei osterbruncher mehr!!!)

        daher werden diese beiden ende märz zum frühlingsfest nicht zugegen sein, aber der gitarrespielkay aus halle und die jonglier-schlagzeug-einrad-jette, die ich schon zwanzig jahre kenne, seit sie 6 jahre alt war, und die hungsens mit den verrückten kinders till-erwin und lilo und viele weitere jenne-eidgenossen, einmal im jahr scharre ich alle meine freundeskreislieblinge um mich.. ich hege und pflege sie wie meine blumen und pflanzen. und alle bleiben über nacht im alten gemäuer. das schönste ist dann das frühstück an der grossen rittertafel… 🙂

        einmal standen 19 eierbecher auf dem tisch!

        …soll er mal nur wachsen, der freundeskreis, ich mag ihn!

        und den geplatzten tagestausch kann ich vollstens verstehen;) ich lass mir mal verlockendere tage einfallen, als zahnerei und rückerung.
        …oder tagesverschmelzungen und was es da nicht alles gibt…

        denkdenk, erst mal liebe grüsse von des baues werkzeugfront, und bis denne, alles gute, jenne!

        • Ich weiß nicht, lieber Jenne, hast Du ein deutsch-japanisches Pärchen aus Hannover dabei? Bei denen gibt’s den Zweitzweig im Juli. Noch wohnen sie im Haus gegenüber, ziehen aber in einigen Wochen auf die andere Seite der Stadt, was zwar betrübend, aber verständlich ist. Muss ich halt in Zukunft ein bisschen mehr radstrampeln, um da mal vorbeizuschauen…

          Aber man tut’s ja doch gern, um die Freundschaft zu pflegen.

          19 Eierbecher! Bringt da jeder seinen mit, oder habt Ihr so viele im Haus? (Na, zur Not tut’s ja auch mal so ein Stein mit Loch, wie Du ihn neulich gefunden hast…) Ich wünsche Euch jedenfalls ganz tolles Wetter für Euer Frühlingsfest!!!

          Und bin gespannt auf die Fotos von der Neudielung!

          Bis bald und liebe Grüße zurück vonner Theobromine.

          • tatsächlich tätigte ich dielerische fotos, liebe theobrombeere!

            ich habe sogar ab samstag endlich etwas zeit, diese auch ins blogländle zu hieven, denn wider erwartens kann jenne mal das wochenende daheim und nicht zwischen drucktechnischem interieur verbringen. feinfein… im übrigen überlege ich gerade, ob interieur, auch „das richtige vokabular“ ist …

            denn wikipedia hat hierbei mehrere deutungen, eine besagt, dass damit: „bei Tieren die psychischen Eigenschaften im Gegensatz zu den physischen Eigenschaften, die als Exterieur bezeichnet werden“ kaum zu glauben, was man alles noch nicht weiss und daher selten glaubt… hmmm.

            und radeln, liebes theobrominsche, macht doch spass, so die tage einer längerung der hellen phase anheim fallen! ich freu mich schon drauf, da wird der hiesige see hoffentlich schon vollends umradelbar sein.

            … zum schluss: in liste geschaut, seufz, nix zweitzweigeltern deutschjapanisch dabei; und eierbecher: jepp so viele sinds, wenn man auch die entfremdeten sakebecher zählen darf, aber die idee mit dem lochstein ist gut, vielen dank, weise theobromina, ich werde ab jetzt die augen auf eierbecher an der wege ränder abrichten, die idee find ich nämlich wunderprächtig!

            viele grüsse nach hanno!
            dasjenne.

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