Verschossen

Neulich war ich mal wieder bei einem Feuerwerk. Ich hatte nämlich ganz lieben Besuch, und da dachte ich: Wenn Hannover schon einen Feuerwerkswettbewerb ausrichtet, der im Sommer an fünf Samstagen von verschiedenen Ländern bestritten wird, dann soll man das auch bei Gelegenheit zur Besucherbelustigung vorführen. Der Wettbewerb findet im großen Barockgarten in Herrenhausen statt, und man kann, wenn man pfiffig ist, eine gut gekühlte Flasche Sekt mitnehmen und was zum Schnabulieren, und sich’s schon vorher im Garten gemütlich machen, bis es dunkelt.

Man darf sich aber nicht stören lassen von herummarodierenden Sauftrüppchen, die tat-
sächlich mit Getränke-Bollerwagen und laut vorgetragenem Liedgut über die beheckten Wege ziehen. Ich war ja lange nicht dort gewesen und wunderte mich ein bisschen über die neuen Sitten. Sowas sieht man hier ja eher zu Himmelfahrt oder beim Schützenaus-
marsch. Neuerdings wird der Wettbewerb aber von einem schlimmen Radio präsentiert, und ungefähr genauso hatte ich mir die Hörer auch immer vorgestellt.

Dann hatte es fertig gedunkelt.
Wir wurden von Ordnern von der Bank gekämmt und sollten uns bitteschön in den vorderen Teil des Gartens bewegen, der Sicherheit wegen. Wessen Sicherheit, wurde nicht gesagt. Natürlich wollten wir einen feinen Ausguck finden, und nach meiner Erinne-
rung durfte man früher auch seitlich zum Geschehen stehen. Aber wir wurden überall weggejagt und mussten mitten zwischen die Leute, die im so genannten Ehrenhof zusam-
mengepfercht wurden. Das ist nämlich sicherer.

Wenn ich mir ein Feuerwerk angucke, habe ich immer Schiss, dass in meiner Nähe alles voller „Aaaah!“- und „Ooooh!“- Rufer ist. Ich hatte auch schon mehrmals das Vergnügen, vor oder neben einem „Chemiker“ zu stehen, der genau sagen konnte, mit welchen Pülverchen man welchen Farbeffekt erzielt („Magnesium für Silber, Eisen für Rot“…). Und der das auch tat, das Sagen. Und zwar ausführlich. Nie, nie, nie werde ich verstehen, warum man sich das nicht einfach angucken und still genießen kann!
Ich liebe nämlich Feuerwerk über alle Maßen und kann sehr traurig oder wütend werden, wenn man es mir zutrötet. Zum Glück hatten wir Glück, was das anging.

Weniger Glück hatten wir mit der Musik. Das Feuerwerk wurde von Südafrika ausgerichtet und nachdem sie die „Pflicht“ zu klassischer Musik eigentlich wunderbar hingelegt hatten, kam die „Kür“. Es fing gut an, mit ganz schöner spanischer Gitarrenmusike und ich war auch tüchtig ergriffen, als es plötzlich poppig wurde und mein Begleiter amüsiert fest-
stellte, dass ein gewisser Herr Frank Farian wohl neuerdings in Südafrika ganz groß rausgekommen sei. Da konnte ich auch nur noch lachen. Bon Jovis „Keep the faith“ in fieser Instrumentalversion.  Das kann ich so schon nicht leiden. Irgendwie musste ich an Eimer mit kaltem Wasser denken und beim Fernseher hätte ich jetzt den Ton runterge-
dreht. Dann kam ein Stückchen von Orffs „Carmina Burana“, aber genau an der Stelle, wo es toll wird (wenn die Becken und Pauken losdonnern!), bog das Ganze schon wieder zu farian’scher Pop-Fiesigkeit ab. Überraschenderweise schien das außer uns niemanden zu stören. Hinterher hörte man überall, wie schön das wieder gewesen sei. Ich mag aber nicht glauben, dass das alles Leute waren, die sich auch ohne mit der Wimper zu zucken Waldmeistersirup in den Champagner kippen würden… Ich glaube eher, dass viele sich eine Rechtfertigung für das Kaufen der doch ganz schön teuren Eintrittkarten zusammen-
reden wollten.

(Ich habe übrigens auch schon Feuerwerke gesehen, die zu Popmusik zusammengestellt waren, z.B. zu „Bohemian Rhapsody“ von Queen, oder „Dark side of the Moon“ von Pink Floyd. Das war reinewegs zum Gänsehaut kriegen! Aber am Schönsten finde ich’s doch immer noch zu klassischer Musik, am besten zu Arien. Warum macht nicht mal einer was zu „Lacme“ von Delibes, hm?)

Auf dem dunklen Nachhauseweg fuhr ich übrigens noch durch die Scherben einer Bier-
flasche, die jemand netterweise auf den Fahrradweg hatte fallen lassen. Wahrscheinlich hat er es nicht gemerkt, und deshalb lagen die da noch. Also schoben wir nach Hause, angetrunken, amüsiert und ein bisschen müde, während uns mein platter Vorderreifen ein Liedchen zusammenknautschte.

Am kommenden Wochenende ist Großbritannien dran mit Feuerwerkerei.
Ich weiß aber noch nicht, ob ich mich traue…

7 thoughts on “Verschossen

    • LAKME: darin ist die beste Arie der Welt, finde ich. Die mit den zwei weiblichen Stimmen, die hintereinander so herrlich singen, dass sogar die Pizzawerbung darauf geschmackloserweise zurückgegriffen hat.
      Am besten gefiel mir: dann hatte es fertig gedunkelt.
      Ein genialer Satz!
      Aber geh ruhig immer wieder hin. Das Feuerwerk an sich ist doch was Herrliches. Da muß man sowieso nicht immer noch was draufhaun, Musik und so. Die Farben reichen völlig aus. Außer natürlich : LAKME von Delibes

      • Genau, liebe Annemikki: „Lakmé“ wird die geschrieben, mit k, hab‘ noch mal nachgeschaut. Das tolle Duett heißt, glaub‘ ich: „Viens, Malika“.

        Und endlich weiß mal jemand, was gemeint ist! Sonst kennt das angeblich immer keiner und ich muss es dann vorsingen. Das trägt auch nicht immer zur Klärung bei. Letztes Jahr habe ich mich mit einer Opernsängerin unterhalten, die die Oper angeblich auch nicht kannte! Da habe ich mich das Vorsingen dann aber nicht getraut…

    • Mal sehen, lieber Jules, es hängt ja leider auch vom Wetter ab… Aber vielleicht machen die Briten ja was zu einem Stück der Sex Pistols und alle tanzen Pogo! Obwohl, bei meinem Glück eher zu „Candle in the wind“. 10-jähriger Todestag und so… 😉

  1. Ich würde mir das Feuerwerk einfach vom Fährmann aus ansehen. Da ist es ruhig, Du hörst die Musik nicht (falls wieder was schreckliches kommt) und das Völkchen dort ist auch angenehmer. Wenn überhaupt welches da ist.

    • Meinste vielleicht da, wo das „Strandleben“ ist? Sieht man da gut? Man kann es ja auch in Herrenhausen von der Graft aus begucken, aber da oft vieles in niedriger Höhe abgebrannt wird, verpasst man doch einiges. Außerdem hatte ich da mal ein Grüppchen Idioten mit Ghettoblaster („umz! umz! umz!“-Techno), die nicht aus meiner Nähe wollten. Das war dann sogar noch schlimmer…
      Mal gucken, was überhaupt das Wetter macht.

      • Genau dort. Vom Strandleben direkt sieht man nicht so gut, aber ein Stückchen weiter in Richtung Spinnereibrücke/ Ihmezentrum ist es gar nicht schlecht. Natürlich verpasst man die niedrigeren Feuerwerke dann schon. Aber dafür scheint sich dort kaum nerviges Volk herumzutreiben. Vor zehn Tagen war es jedenfalls wirklich schön dort.

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