Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

Theobrominenfuesse Gestern hatte ich mal so gar keine Lust. Ich rede mich auf’s Wetter raus, das mal hü ist, und mal hott. Und wenn das Wetter schon so unentschlossen daher kommt… Ach, und heute könnte ich auch bestimmt den ganzen Tag hier liegen. Angeregt durch einen von Trithemius’ Abendbummeln mache ich mir Gedanken über Kellnerinnen. Über solche, denen man anmerkt, dass sie nie eine Aus-
bildung zur Restaurantfachfrau gesehen haben. Solche, die vielleicht während des Studiums oder aus ganz normalen Geldver-
diengründen „kellnern“ gehen. Ich habe das übrigens vor ca. 15 Jahren auch eine ganze Weile in verschiedenen Läden gemacht, und vielleicht achte ich deshalb etwas mehr darauf, wie die Damen mit den Gästen umgehen. Machen wir uns nichts vor, meistens sind es Damen.

Obwohl das ja immer gern behauptet wird, sagen sie fast nie: „Draußen nur Kännchen!“ Auch „Kollegin kommt gleich!“ habe ich, glaubich, noch nie zugerufen bekommen. Was ich aber schon öfter gehört habe, ist: „Das ist nicht mein Tisch!“
Und dann denke ich: Naja, ich hatte jetzt auch nicht gedacht, dass sie jeden Tag ihren eigenen Tisch mitbringen muss. Das wäre ja eine ziemlich merkwürdige, wenn nicht unzulässige Vertragsklausel, und wenn sie kein Auto hat, ist das auch ganz schön schwierig für sie. Der Tisch wird also schon wahrscheinlich ihrem Chef oder ihrer Chefin gehören. Aber ich weiß ja, was sie meint und warte, bis die Kollegin kommt.

Wenn sie dann kommt, fragt sie manchmal streng: „Wissen sie schon, was sie wollen?“ Dann komme ich mir vor, als stünde ich vor meinen Eltern, die mich fragen, was ich denn nun aus meinem Leben zu machen gedenke. Und möchte antworten: „Naja, ich dachte, ich verdien’ jetzt erstmal ein bisschen Geld, dann reise ich vielleicht erstmal nach Norwegen, da wollte ich immer schon mal hin, Fjorde gucken. Und dann, wenn ich wieder hier bin, weiß ich bestimmt auch, wie’s weiter gehen soll. Vielleicht mache ich mich ja selbstständig oder so…“ Das verkneife ich mir aber, denn wenn ich sie jetzt ärgere, kriege ich später kein Schirmchen auf mein Eis.

Wenn sie dann wieder kommt, um das Bestellte zu bringen, sagt sie bestimmt: „Soooo…!“, während sie es abstellt. „So!“ heißt ja angeblich „halb fertig“. Im Café heißt es aber: „Räum’ doch bitte mal Deinen Krempel zur Seite und nimm’ die Ellbogen vom Tisch, denn das Ding hier ist schwer/heiß/sperrig, mir fällt gleich die Hand ab und ich hab’s eilig.“

Wenn sie eine nicht so gute Kellnerin ist, fasst sie die Gläser ganz oben am Rand an. Dann hoffe ich, dass sie wenigstens halbwegs saubere Fingerchen hat. Leider sehe ich dieses Glas-oben-am-Rand-Anfassen ziemlich häufig und wundere mich immer, dass das von den Chefs nicht geahndet wird. Denn die wollen ja nach außen gerne einen properen Eindruck vermitteln. Was aber z.B. manchmal so hinter Theken passiert, oder in der Küche, würde dem Gast schon mal den Appetit verderben. Darum ist er normalerweise froh, wenn er’s nicht mitbekommt. Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte die kommenden drei Zeilen überspringen.

Wenn man nämlich mal gesehen hat, wie eine Bierleitung aussehen kann, die länger nicht gereinigt wurde, der bestellt fortan nur noch Flaschenbier. Denn dann ist es auch schon total egal, wo das Bierglas beim Servieren angefasst wird und womit.

Wenn ich also meine Bestellung bekommen habe und mich vielleicht gerade daran gemacht habe, Messer und Gabel aus der Serviette zu wickeln und alles zurecht zu schieben und loszulegen, kommt bestimmt jemand zum „Abkassieren“, weil jetzt „Schichtwechsel“ ist. Dann legt man das Besteck wieder hin, fummelt das Portemonnaie raus, dabei fällt einem das Messer runter und man weiß gar nicht, wer kriegt denn jetzt das Trinkgeld? Sie oder ihre später abräumende Kollegin? Übrigens ist mir auch mal aufgefallen, dass Servicepersonal noch so patzig sein kann, wenn’s aber ans Bezahlen geht, sind sie die Lebensfreude selbst. Komisch, oder?
Naja, hab’ ich bestimmt genau so gemacht, damals.

Wenn die Teller leer gegessen da stehen, wird abgeräumt und dabei hastig gefragt: „Hat’s geschmeckt?“ Nach meiner Erfahrung reicht als Antwort ein knappes „Ja.“, denn entweder ist die Servierdame schon längst wieder weg, oder sie kann mit Kritik nicht recht umgehen („Das soll so!“). Es ist also fast immer sinnlos, ein Gespräch anfangen zu wollen. Selten landet die Anregung da, wo sie hingehört: In der Küche. Und aus eigener Erfahrung weiß ich, wie Köche darauf reagieren. Im günstigen Fall mit Schulterzucken. Im ungünstigen Fall mit launigen Vorschlägen, die der Gast lieber nicht hören möchte.

Der Gast möchte sich ja bloß entspannen. Und es interessiert ihn eigentlich nicht, ob das Personal gerade total im Stress ist. Ich erinnere mich noch gut, wie schwer es manchmal war, freundlich zu bleiben, wenn man gar nicht mehr wußte, wo einem der Kopf stand. Aber dennoch habe ich es immer vermieden, den Gästen mein Herz auszuschütten oder sie anzublaffen. Manche, die verständnisvoll aussahen, habe ich gelegentlich freundlich um Geduld gebeten, weil viel los war. Netterweise waren das dann meistens die, die das beste Trinkgeld gegeben haben. Nur mal so als Tipp.

Und natürlich gibt es unangenehme, doofe Gäste. Die einen 5 mal rennen lassen für ein Extratütchen Zucker, einen neuen Kaffeelöffel, ein Glas Leitungswasser, die Eiskarte und doch noch einen kleinen Salat, Dressing aber extra. Und dann geben sie 15 ct. Trinkgeld und fragen noch, warum man sie frech angrinst.
Aber das ist ja ein ganz anderes Thema.

9 thoughts on “Küchensofagedanken am Morgen (Teil 3) – Service

  1. Contenance bewahren fällt nicht leicht – auf beiden Seiten.
    Denn es gibt sie immer noch! Diese ‚ichlaßdiepuppentanzen-‚
    und ‚waskostetdieweltgäste‘.

    Der Schluß ist etwas zu kurz gekommen bei Deinem ‚Service-Beitrag‘.
    Unabhängig davon: Deine Füße sind das Schönste an diesem Artikel, in jeder Hinsicht. 🙂

    Hier in der Blogwelt nimmt sich leider kaum jemand Zeit etwas mehr als zwei Minuten bei einem Artikel. Davon geht dann bereits 50% für die Betrachtung des Fotos drauf.
    Lieber Gruß, Globe

  2. Darf ich mir deine heutigen „Küchensofagedanken“ klauen, liebe Theobromina? Dann drucke ich mir den Text ein paarmal aus und lass ihn bei passender Gelegenheit auf Tischen liegen, damit die Kellnerinnen auch ma wat lernen können.

    Schönen Sonntag!
    Dein Trittenheim

    • Da Du mir ja erst den Anstoss zum Thema gegeben hast, bist Du sowieso irgendwie am Urheberrecht beteiligt, mein Lieber. Das wäre also nicht mal richtiges Klauen.
      Allerdings fürchte ich, Du wirst dann beim übernächsten Besuch der Lokalität nur noch vermindert gern gesehen. Das solltest Du in jedem Fall bedenken…

      Dir ebenfalls noch einen schönen Sonntag!
      Deine Theobromine

  3. Ich bin da auch immer sehr zwiespältig. Weil ich ja auch beide Seiten kenne. Es gibt Servicekräfte, die ich auf der Stelle feuern würde. Umgekehrt gibt es Gäste, denen ich gern und ausgiebig das Tablett solange auf den Kopf schlagen würde, bis sie bewusstlos vom Stuhl fallen. Und trotzdem beiße ich dann die Zähne zusammen und lächle auch die noch an.

    • Du bist eben auch gut erzogen. Ich war auch oft kurz davor, dem Tablett eine hübsche Schräglage zu verpassen, so dass mir die Getränke „aber nur aus Versehen“ beim Gast in den Schoß rutschten. 😉 😉

  4. Hach ja… die liebe Kellner-Zeit… sowas hab ich auch schon gemacht… prinzipiell war es meist sehr unterhaltsam, aber da gab es dann halt auch die Gäste, die du im letzten Absatz beschreibst.
    Übrigens hab ich immer einen auf den Deckel bekommen, wenn ich anfangs die Gläser oben angepackt habe… hab’s dann sehr schnell gelassen.^^
    Uuuuund ich hab Kritik immer in die Küche gebracht. Sonst wäre sie ja an mir hängengeblieben. 😀

      • Na ja… mal so, mal so. 🙂
        Amüsiert hätte mich ja sowas wie „Oh… hätte ich den Herd zum Kochen doch anschalten sollen?“
        Aber da stand ein alter Hase in der Küche… irgendwie ziemlich original mit Holzbein und charakteristischem Humpeln. Hätte auch prima in die Kombüse auf dem nächsten Dampfer gepasst.^^

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