Vorgestern las ich unter der Überschrift „Auf zur letzten Fahrt“, dass eine etwas kuriose Sehenswürdigkeit Hannovers bald in Rente geht: Der einzigartige „Schrägfahrstuhl“* im Turm des neuen Rathauses stellt den Betrieb am 4. November ein.
Der Name „Neues Rathaus“ täuscht übrigens, es ist fast hundert Jahre alt. Aber wir haben eben noch eines, und das ist noch mal 500 Jahre älter. Zum Teil, wenigstens, meine ich.
Jedenfalls, der Fahrstuhl. Ich wohne nun schon 20 Jahre in Hannover, davor schon fast ge-
nau so lang bei Hannover, aber ich hatte es trotzdem nie geschafft, mal mit diesem Fahr-
stuhl zu fahren. Bis zum September dieses Jahres. Da ergab es sich mittenmal so. Man betritt also das Ding im dritten Stock, dann fährt er ein Stückchen nach oben, um dann tatsächlich der Wölbung der Rathauskuppel bis ganz oben zu folgen. Das ist ein ulkiges Gefühl, macht aber doll Spaß und im Dach der schiefen Kabine ist ein Fenster, und wenn man während der Fahrt da durchguckt, sieht man das:
(Die Wölbung der Schienenstrecke lässt sich hier leider nur erahnen. Selber ausprobieren ist schöner.)
Als ich nun las, dass es damit bald vorbei ist, dachte ich natürlich sofort: Mensch, toll, dass ich das neulich noch gemacht habe! Die Aussicht vom Rathausturm ist dann übri-
gens auch beeindruckend, denn man sieht die ganze Stadt von da oben, sogar, wenn man Höhenangst hat und dazu neigt, dann die Augen zuzukneifen. Und wenn es windig ist, wird’s natürlich ganz schön kalt. Wer aber in den nächsten Tagen hier in der Nähe ist, sollte das unbedingt noch mal schnell ausprobieren, bevor’s zu spät ist.
Im Frühjahr, las ich weiter, soll dann zum Glück ein neuer Fahrstuhl eingesetzt werden, der aber nach dem alten System funktionieren soll. Dennoch wird es ein Neuer sein. Also wird auch das Gefühl anders sein, denke ich.
Und wenn man schon mal da ist, kann man, wenn man ganz genau die wunderschöne Fassade betrachtet (liebe Emily, guck’ mal eben weg, bitte), erkennen, dass damals beim Bau des Rathauses wohl eine Vorform der beliebten Legosteine zum Einsatz gekommen sein muss.
Vielleicht, dass die Unterkonstruktion…?
* Alle sagen hier so, auch wenn’s nicht korrekt ist.
*Augen fest zuhalt* 🙂
Bin aber richtig froh, dass sie den Aufzug bloß erneuern. Ganz schließen wäre eine Katastrophe gewesen.
Ich glaube, dann würde man auch gar nicht mehr auf die Kuppelspitze kommen, oder? Oder gibt’s noch eine Treppe?
Das Ding ist wirklich eine Attraktion, – zu Recht. Aber abgesehen davon würde ihnen wohl auch eine Einnahmequelle fehlen.
Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich das nun endlich und noch rechtzeitig gemacht habe…
Ich hätte dem Modernisierungswahnsinn durchaus zugetraut, dass sie einen neuen, geraden Aufzug einsetzen. Die sind zu allem fähig.
Da ich ja in dieser Stadt groß geworden bin, wurde mir dieses Erlebnis schon in frühester Kindheit nahe gebracht. Und immer mal wieder aufgefrischt.
Ich würd‘ ja schick finden, wenn sie sowas wie ’nen Treppenlifter außen an die Kuppel tüdeln würden, der sich dann schneckenförmig drumrum nach oben schraubt. Morgen ruf‘ ich da gleich mal an und schlage das vor!
Er müsste dann aber dezent im Design sein und sich dennoch deutlich von der historischen Substanz abheben, um unterscheidbar von der denkmalgeschützten Substanz zu sein. Dann wäre das zumindest nach der Charta von Venedig durchaus vertretbar. 😀
„Charta von Venedig“? Ist das eine Art Regelwerk für den Umgang mit historischen Gebäuden? Haben sie da etwa auch reingeguckt, als sie damals den neuen Eingang für’s alte Rathaus konzipiert haben? (Unschwer herauszulesen: Der gefällt mir nicht besonders.)
Sozusagen, ja. es ist eine Richtlinie von 1964 für Denkmalschutz in Europa. Also lange vor unseren Gesetzen in Deutschland entstanden.
Beim Alten Rathaus weiß ich es nicht, gehe aber mal davon aus *g* Ich find‘ den gar nicht so schlecht, übrigens.