Gedankenwölfe und Unverständnis.

Also, das war wieder ’ne Nacht! Alle 15 Minuten aufzuwachen und dabei zugucken zu müssen, wie einem Gedanken durch den Kopf schießen, die man da nun wirklich nicht haben will, ist kein Späßchen. Gibt so Nächte. Aber was sollen die Gedanken sonst auch machen? Tagsüber wird ihnen ja der Zutritt konsequent verwehrt. Alles was sich perfide ranschleicht, wird an Kragen und Hosenboden gepackt und wieder zur Tür rausgeworfen. Ich probier‘ nämlich gerade zum 1. Mal eine beliebte Männermethode gegen Kummer: Verdrängen und Ignorieren. Gut, dass ich ab morgen wieder arbeite, denn „was Neues anfangen“ gehört ebenfalls zur Methode.

Entschuldigung, ich bin gerade etwas kratzbürstig. Ich hab‘ nicht nur ein paar Stunden „liegende Zermürbung“ hinter mir, sondern gestern auch noch im Fernseher gelernt, dass man wohl endlich sowas wie V*agra für Frauen gefunden hat! Bei der Männerpille hat uns ja schon keiner gefragt, ob wir die überhaupt wollen, jetzt sollen wir auch noch unsere eigene Libido tunen, um wieder gleichzuziehen. Da krieg‘ ich Hals. Und natürlich wird auch die wieder nur verschrieben werden, wenn wirklich große Not, bzw. ein erheblich demoliertes Selbstwertgefühl und deutlicher Leidensdruck vorherrschen. Angeblich sei das bei immerhin 10% der Frauen der Fall. Na klar. So war’s bei der blauen Pille ja auch, trotzdem wurden die verteilt wie Freifahrtscheine.

Interessanterweise ist die Damenpille eigentlich ein (täglich einzunehmendes) Antidepres- sivum, das nun unerwartete „Nebenwirkungen“ zeigt. Komisch, dass mich das gar nicht wundert.

Schon lange gibt’s eine Untersuchung darüber, dass es in Beziehungen, in denen der Mann auch mal im Haushalt hilft und seine Liebste sonstwie unterstützt, auch mehr Sex gibt. Die wird von den Herren aber weitestgehend ignoriert. ‚Ne Frau, die sich überlastet, unattraktiv, gestresst und vielleicht auch noch übersehen fühlt, braucht keine Pille. – Die braucht ’nen anderen Mann!

Einen, der ihr ab und an Blumen und Komplimente schenkt, ihr zuhört und auch mal was abnimmt, ohne dass sie danach fragen muss. Und wenn er dann noch weiß, wie die Flasche mit dem Massageöl aufgeht und ihr eine halbe Stunde Zuwendung schenkt, die nur für sie ist… Dann geht die Luzie aber rund. Versprochen. – Ich darf grad‘ gar nicht dran denken.

Sobald aber endlich eine Pille erfunden wird, die Männer dazu bringt, regelmäßig die Küche aufzuräumen, verständnisvoller und interessierter zu sein und zu begreifen, dass Frauenkörper keine Knöpfe zum Draufdrücken haben und einem auch noch nachts die bösen Wölfe vom Leib zu halten,…

… – stell‘ ich mich sofort in die Fußgängerzone, um die Dinger breitflächig zu verteilen!

Männer und Frauen.

Das ist mal ’ne Überschrift! Die zieht, da kann einfach jeder was mit anfangen.
Eigentlich könnt‘ ich hier auch schon wieder aufhören, wenn es mir nur um die Aufmerk- samkeit ginge. Sogar als Buchtitel würde das fast reichen, um’s zu verkaufen. Wenn jetzt noch „Sex“ dazukäme, dann müsste auch gar nix mehr drinstehen, in dem Buch. Das ginge trotzdem weg wie geschnitten Brot.

Meine Kollegin z.B. behauptet gern: „Männer und Frauen passen nicht zusammen!“ Aber das ist natürlich so ’ne typische Kokettbehauptung von Leuten, die diese Bücher lesen, die wohl irgendwas mit Parken auf dem Mars zu tun haben. Oder wie man mit besonders klugen Ratschlägen sein Leben simplifiziert. Oder auch dieses Glücksbuch von diesem Arzt, der mir so auf die Nerven geht, dass ich immer ganz glücklich bin, wenn er mal nicht zu sehen ist.

GeschirrhandtuecherJedenfalls find‘ ich schon, dass Männer und Frauen eigentlich ganz gut zusammen passen, nur vielleicht manchmal nicht zur selben Zeit oder im selben Raum. Ansons- ten muss man sich ziemlich Mühe geben, wenn man nicht die ganze Zeit aneinander vorbei agieren oder bekloppt werden will.

Bei der Arbeit z.B. gehe ich manchmal lieber kurz raus, weil der Kollege mitten in einer summenden und brummenden Küche steht, die voll durchbeschriftet ist. Auf allen Türen und Schubladen kleben Schildchen, auf denen steht: „Gabel, Messer, Löffel“, „Große Teller“ oder „Geschirrhandtücher“ (die sind nur für den Fall, dass unser Ge- schirr mal Hände bekommen sollte). Und dann fragt der Kollege: „Hamwamaln Löffel?“ und macht eine Schranktür in Augenhöhe auf. Da kann man ja nur entweder vor Freude in die Hände klatschen oder rausgehen! Und, wie gesagt, ich geh‘ lieber raus, sonst ist beim In-die-Hände-klatschen da irgendwie der Kollege mit zwischen.

Man muss Verständnis haben, alles liegt nur daran, dass wir in verschiedenen Welten leben, die aber gleichzeitig stattfinden, und irritierenderweise ist es möglich, sich zu berühren oder sich mal was rüberzureichen, obwohl das ja eigentlich gar nicht gehen kann. Männer halten sich eben nicht gern mit Haushaltsdingen auf, die befassen sich lieber mit Politik und allem, was die Welt zusammenhält (Frauen). Manchmal gewinne ich den Eindruck, sie hätten teilweise Schwierigkeiten, sogar ihre eigenen Füße zu finden, und hoffe dann, das trifft nicht auch ausgerechnet auf die Exemplare zu, die die Weltge- schicke leiten! Männer wissen oft auch ganz selbstverständlich, was Herr Putin zu Herrn Obama sagt (und vor allem, was er wirklich damit meint!), aber die eigene Liebste ver- stehen sie nicht, weil Frauen ja so irre kompliziert sind.

Bestimmt wäre die Welt noch viel toller, wenn Männer sich nicht auch noch mit Löffel- suche aufhalten müssten. Dann könnten sie noch mehr die großen, weit entfernten Dinge bereden und dabei verhungern. Ich glaube ja heimlich, dass Politik eigentlich auch nicht viel anders ist als Weibertratsch, nur eben global und nicht so interessant. Aber es ist bestimmt schon besser so, dass noch immer überwiegend Männer den Job machen. Ich könnte das mit den ständigen Feindbildern und Drohgebärden auf Dauer ja gar nicht. Ich wäre viel auch zu mitfühlend, um ganze Konzerne wegzurationalisieren oder die dritte Welt mit Wohlstandsmüll vollzukübeln.

Eine Welt, in der Frauen das Geschehen lenken würden, stelle ich mir hingegen schreck- lich langweilig und harmonisch vor. Jeder säße am liebsten zufrieden zuhause und würd‘ sich’s nett machen, Nachbarn laden sich gegenseitig ab und an mal ein, oder bringen sich Nudelsalat und Gebäck rüber. Und wenn einer wochenlang weg wäre, wüsste man, der ist entweder im Urlaub oder da stimmt was nicht. Also, wenn sich jeder in einem bestimmten Radius um seine unmittelbare Umgebung kümmern würde, wären zwar alle versorgt, aber das wäre viel zu einfach und macht natürlich auch nix her. Dann müsste man ja auch die- se ganzen schönen Territorialsachen abschaffen, weil die dann völlig überflüssig werden.

Aber ich geb’s langsam auf, das ganze Theater noch mit Vernunft begreifen zu wollen. Offenbar ist gerade das Immer-unübersichtlicher-werden das Interessante am politischen und wirtschaftlichen Weltgeschehen. Und dazu braucht’s immerzu Wachstum, weil es nie gut genug ist, wie es ist, und darum muss immer Einer den Anderen fressen, bis nur ein einziges, fettes und ziemlich einsames Monster übrig ist.

Manchmal stelle ich mir vergnügt vor, dass Frauen eines Tages mal nach dem Frühstück beschließen, die Macht des Internets nutzen, um sich weltweit zu verbünden und der alten Geschichte von Lysistrata mal Leben einzuhauchen. (Frauen sprechen nämlich untereinander durchaus ebenfalls über Politik und so, aber sie hören klugerweise lieber damit auf, sobald ein Mann den Raum betritt. Weil die nämlich meistens gleich zeigen müssen, wie Bescheid sie wissen. Also reden wir einfach über Kindererziehung, bis er wieder weg ist.) In Kenia schien es bereits Ansätze dazu zu geben, wie ich eben mit Wohlwollen festgestellt hab.

Sicher fiele das ganz schön schwer, aber wenn sich alle dran hielten, so für’s große Ganze… – wer weiß, wer weiß! (Und vor allem die anschließende Freudenfeier könnte doch interessant werden.) Und bis dahin könnte man ja vielleicht auf Schokokuchen ausweichen…