Frühling, – so wird’s gemacht!

Kastanienbewegung-2014_15

Um halb zwölf stand der Liebste absatzscharrend an der Tür, während ich noch hastig mit meinen widerspenstigen Schnürsenkeln herumtüdelte. Ungewohnt, denn meistens ist es bei uns eher andersrum, aber heute ist ja auch ein besonders besonderer Tag. da kann man schon mal schnürsenkelkonfus werden. Schließlich waren die Füße denn auch endlich vorschriftsmäßig eingwickelt, und es konnte losgehen: Auf in den Duisburger Stadtwald, Mission erfüllen! Warm eingepackt zockelten wir erst ein paar Waldwege entlang, überzeugten uns unterwegs vom ordnungsgemäßen Zustand der Botanik und…

Blattgruen

Grünt. Kann losgehen mit dem Frühling jetzt.

 

… standen dann bald an einer Art Lichtung, wo man extra ein hübsches, neues Bänkchen für uns installiert hatte, damit wir auch einen guten Platz für unsere Sektgläser hatten. – Richtig nett, diese Duisburger Forstleute!
Prost_Fruehling_2015

Traute Bollen, Lebewohl sagend.

 

Die liebgewonnenen Winterbegleiterinnen werden hier noch mal warmgerieben, dankbar beguckt, fein gelobt und ein bisschen abgeküsst.
2_Bollen_2015

Glattgeschmeichelte Kastanienfreunde mit hübschen Bauchnabeln.

 

Gut haben sie ihre Sache wieder mal gemacht! Der Winter war ja wirklich nicht allzu bitter, nur etwas lichtarm vielleicht. Aber jetzt soll er vorbei sein und darum bekommen die Kastanien nun auch ihre Freiheit wieder und segeln um Punkt 12:00 Uhr in sagenwirmal mittelhohen Bögen durchs Gebälk. Wer ganz leise ist und genau hinhört, kann sogar kleine Juchzer vernehmen… Dann raschelt’s noch mal, und weg sind sie auch schon.
Bollenflugfeld

Na, wer findet die Kastanien?

Wir hingegen stoßen noch mal feierlich an, prosten in die -zwar unsichtbare, aber doch irgendwie spürbare- Runde der Kastanienträger, und sind ein bisschen erleichtert. Wieder mal geschafft, der Winter. Und tatsächlich: Der Zauber funktioniert. – Nur wenige Minuten später ist zum ersten Mal am heutigen Tag die Sonne zu sehen! Die noch schlummernden Birken und Buchen leuchten hell auf und uns zieht’s lächelnd erstmal wieder ins Warme.

Prost Frühling, Ihr Lieben!
Eure Theo

"Gmmmbllmsklabmfrskefnssrembllgrummrömömötach…,

… – Schröder! Ich rufe wegen … an!“
So melden sich manche Leute am Telefon. Also, das hat mich schon immer gestört.

Wenn ich schon vom Telefon genötigt werde, eine angenehme Tätigkeit wie vielleicht zum Beispiel… – ach nein, ich nehme lieber ein anderes: Stullenessen, zu unterbrechen, dann will ich gefälligst auch wissen, wer da anruft und mir keine Urlaute anhören! Wer keine Lust hat, den Firmenbezeichnungssermon runterzubeten, den der Chef ihm aufgedrückt hat, soll mir lieber e-mails schreiben. Ich kann doch schließlich nix dafür!

Nein, es ist eine Frage der Aufmerksam- und Höflichkeit (och, hübsch, wie effizient ich da 1x -keit eingespart habe!), sich am Telefon anständig zu melden und schön deutlich zu sprechen. Überhaupt scheint mir deuliches Schbrechn ausse Mode su komm. Ich behöre und -obachte(!) auch immer wieder, wie Leute, die von Ausländern nur schlecht verstanden wurden, ihren Text einfach noch mal LAUTER sprechen, statt einfach deutlicher. Die sind ja nun nicht alle taub, die Ortsfremden, die kommen bloß mit verschleppten Silm oft nicht so direkt klar.

Und jetzt muss ich mich mal selber loben, denn das ist DIE Gelegenheit.

Ich arbeitete nämlich mal in einem Feinkost- und Delikatessengeschäft und hatte mich dort am Telefon zu melden mit: „Guten Tag. L. T….. -Gourmet-Service, mein Name ist G……, was kann ich für sie tun?“ Und mein Chef rief gern und oft in meiner Filiale an, weil ich das „sooo schön“ sagte. Auch Kunden versprachen häufig, sofort Appetit zu kriegen. Zumindest lag es nicht an mir, dass der Laden später den Bach runterging, denn da war ich schon lange nicht mehr dabei. Es lag vielmehr an dem Windhund von Chef, der zwar ein ausgesprochen gutes Händchen für Filialleiterinnen hatte, aber leider keines für seri- öse Geschäfte, Finanzen und wie man Mitarbeitern ihren sauer verdienten Lohn auszahlt. Mistfink, der.

Was wollte ich noch sagen? Ach so, ja. Wenn Leute was sagen. Am Telefon oder sonst- wo. Neulich waren im Radio welche, die hatten dort extra angerufen, um ihre Kosenamen zu verraten. Da waren welche dabei, die hießen „Gogo“, „Käsetiger“ oder sogar „Wampi“ und meinten, sie hofften, das hätten jetzt nicht so viele gehört…

Das war in dem Radio bei der Arbeit, das auf der Schreibtischseite der Kollegin steht. Darin läuft so ein Sender, der mir den ganzen Tag praktische Gänsehaut macht. Was an Gänsehaut nun praktisch ist, weiß ich jetzt auch nicht so genau, aber vielleicht machen sie ja darüber auch bald mal eine Sendung, die würde dann prima ins Programm passen.

Die Gänsehaut kriege ich, weil jeden Tag und immerzu Sachen gespielt werden, von de- nen ich gehofft hatte, dass sie sich inzwischen längst irgendwie verkompostiert hätten. Es scheint aber auch bei Musik sowas wie schwer abbaubare Substanzen zu geben, woraus sich dann „Hits“ von Meatloaf („I would do anything for you…“), Marillion („Kayleigh“), H.R. Kunze („Dein ist mein ganzes Herz“) und, das Schlimmste, Clowns und Helden („Ich liebe Dich!!!“) zusammensetzen. (Wer sich jetzt erdreistet, mir sowas in die Kommentare zu vertublinken, muss mit rigoroser Kommentarlöschung rechnen. *gg*)

Immerhin, es kommen auch Feine junge Kannibalen („Sie fährt mich wahnsinnig!“), Billy Idol („Fleisch für Fantasie“) und Strangulierer („Immer die Sonne“) zu Gehör. Und kennt vielleicht auch noch jemand „Sing‘ diese Verrostung zu mir!“?

Na, jetzt ist erstmal Wochenende, da schweigt das Radio. Es schnauft nicht mal. Das wiederum habe ich vorhin gemacht, nachdem ich einen 35l-Sack Blumenerde vom Super- laden nach Hause und drei Etagen hoch gezerrt hatte.

Ihr ahnt sicher schon, was ich damit vorhabe…

Stolz und Unvorteil.

Ich hab’ nicht viele Eigenschaften, auf die ich besonders stolz wäre.

Beispielsweise gehört nicht dazu, zwischen speziellen Grenzsteinen auf die Welt gekom- men zu sein, schließlich kann ich da ja nix für. Es soll wohl Leute geben, die wegen so was ständig ganz aufgeregt sind, aber das habe ich vielleicht auch bloß wieder irgendwo aufgeschnappt oder falsch verstanden, weil: kann ja eigentlich nicht sein.

Wenn überhaupt, könnten höchstens meine Eltern stolz drauf sein, aber die haben zum Glück anderes zu tun. Zum Beispiel könnten sie sich streiten, wieso ich eigentlich dann doch nicht in Berlin geboren wurde, sondern eben in Springe (das war, weil meine Mutter im Streit abgehauen ist zu ihren Eltern), oder über anderen überflüssigen Mist. Das tun sie aber schon deshalb nicht, weil sie seit mindestens 20 Jahren kein Wort mehr mitein- ander gewechselt haben. Davor verwendeten sie übrigens hauptsächlich Wörter, für die man eigentlich einen Stall bräuchte. – Was das wiederum für meine Abstammung be- deutet, darüber möchte ich lieber nicht nachdenken…

Neulich ist mir aber doch was eingefallen, worauf ich tatsächlich ein bisschen stolz bin.
Und zwar: Ich habe tatsächlich kein einziges Poloshirt im Schrank.

Jetzt würde ich natürlich gern behaupten, dass das schon immer so war, aber das wäre leider gelogen, denn ich den 80ern hatte ich eins. Ein weißes. Das hatte ich mir aber nur gekauft, weil ich einen Typen gut fand, von dem ich vermutete, der stünde vielleicht auf Poloshirtmädchen. Dass so Einer damit ohnehin nix für mich sein konnte, habe ich mit meinen 19 Jahren natürlich noch nicht so richtig überblickt.

Poloshirts! Diese Dinger sind so hässlich und gehen einfach nicht tot, ich versteh’ das gar nicht! Allein, wie diese Kragen sich immer so rundbiegen… Und dann dieser furchtbare Pikeestoff… – Und jetzt komm’ mir bitte keiner mit praktisch! Mülltüten sind z.B. auch praktisch (schließlich will man seinen tropfenden Müll nicht gern in der bloßen Hand runter tragen), aber anziehen will sie richtigerweise trotzdem keiner. Überhaupt, wer seine Kleidung nach praktischen Gesichtspunkten auswählt, hat auch als Erwachsener noch Klettverschlüsse an den Schuhen und trägt Brustbeutel. Ach, auch ganz schlimm: Seersucker-Hemden. Am besten noch Kurzarm.

Sowas alles findet man überall in der Stadt, wenn man losgeht, um sich ein schlichtes, weißes T-Shirt zu kaufen. Nur ein T-Shirt findet man nicht. Eins, das vielleicht sogar einen schönen Rundhals-Ausschnitt hat und leicht tailliert ist. Und: blickdicht.

Gibt’s aber nicht. Es gibt keine blickdichten, weißen Shirts.

Die meisten sind sowieso mit irgendeinem „Motiv“ bedruckt. Ich werd’ ja nie verstehen, warum Leute freiwillig mit Beschriftung herumziehen, aber bitte. Ich möchte bloß mal ein schlichtes T-Shirt, das Geheimnisse wahren kann. Was ich „drunter“ trage, geht schließ- lich nur sehr wenige Menschen was an, da bin ich irgendwie ganz altmodisch. Und ich glaube zudem, es ist kein Zufall, dass man seit 2-3 Jahren wieder Westen trägt. Das ist sicher nur, weil die T-Shirts so durchsichtig sind! Ich teste das beim Stöbern übrigens immer so: ich schiebe das Etikett unter den Stoff, und wenn ich dann trotzdem noch den Preis lesen kann, weiß ich, dass man quasi auch bei mir alles „lesen“ könnte.

Umfragen im Freundinnenkreis ergaben übrigens erstens volle Zustimmung und zweitens spürbar erschöpfte Resignation. Gerüchte kursieren zwar, welche Marken „gerade noch so gehen“, aber der Überprüfung halten sie dann oft doch nicht Stand.

Und neulich hatte ich dann tatsächlich sogar den Fall, den Freundin S. schon mal am Telefon dunkel vorausgeahnt hatte: sie prophezeite, dass selbst die letzte tragbare Res- source, nämlich die schwarzen Hemdchen, wahrscheinlich demnächst auch nicht mehr blickdicht seien. Und was soll ich sagen? Nur wenige Tage später stand ich in einer Kabine und konnte es nicht fassen… Ich schöre, mein Kinn hätte fast gezittert!

Da fällt mir ein: wieso ist das eigentlich kein Wahlkampfthema?

Also, eine Partei, die mir endlich ein gut geschnittenes, unverziertes, blickdichtes weißes T-Shirt bietet, würde ich vielleicht eventuell unter Umständen glatt wählen; – so verzweifelt bin ich nämlich schon. Fast.